widerst@ndMUND vom 23.4.2000
 
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Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.
Für die Zusammenstellung dieser Ausgabe verantwortlich:

Susanne Hosek, suho@magnet.at

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Die HelferInnen
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Der zeitgenössischen Beziehung zwischen den MigrantInnen und
Einheimischen liegt ein Element der Schwäche inne. Je mehr die
Einheimischen sich als HelferInnen gebärden und die Rolle der
moralischer Kritiker der Aufnahmegesellschaft einnehmen, um so
weniger erreichen sie. Wir stehen vor der Situation, alles - in tausend
Variationen - gehört zu haben. Es scheint mir, daß sich der Klang
eines Textes langsam an die Stelle des Inhaltes drängt. Es scheint, daß
die AutorInnen des gleichbleibenden Texte in unzähligen
Wiederholungen mehr daran interessiert ist, wer der zukünftige
Fortsetzer ist als an der Botschaft, die vermittelt gehört.

Immer diffuser wird der Wunsch nach Moral, immer wehleidiger klingen die
Appelle, immer unschlüssiger die Handlungen. Das Dasein
der KlägerInnen wird mehr und mehr von einem diffusem Nebel umgeben. Wo
ist der Mittelpunkt, um den ein Vorgang der Hilfe kreisen
soll? Warum leben wir in dieser Unsicherheit? Warum sollen wir ständig
auf dem Sprung sein? Wie wenn wir seit es jeher so gewollt
hätten, da zu stehen, laut zu schreien und nichts, aber gar nichts zu
bewirken. Aber wir fühlen uns trotzdem als Subjekte unserer
Handlungen.

Wir glauben zu wissen, was wir machen und dann fällt uns ein, daß wir
selten genau wissen, wohin die Zug fährt. Wir wissen selber
nicht, welche die Ziele sind, die über die alltagsregulativer
Handlungen, für die Anderen gepredigt werden. Es zahlt sich aber nicht
aus,
auszusteigen. Das Gebot heißt dranbleiben. Und Gut sein.

Für die HelferInnen ist diese Situation des Ausgeliefertsein natürlich
anstößig. Nicht zu wissen was man tut, daß kann doch nur für
jemand gelten, der nicht denkt, nicht aber für uns, die sich als die
Leitfiguren im Spiel um die Ressourcen ausgeben. Nicht das Kleine ist
unseres, daß Große ist das, was wir anstreben. Trotz der Begrenztheit
unserer Einsichten, trotz dem Wunsch nach mehr Klarheit, trotz
der Fragmentierungen der Wirklichkeit und trotz der Kürze unseres
Engagements. Am liebsten hätten wir unsere Hilfe auch an diese
Imperative gebunden gesehen.

Es läßt sich alles weiter fortsetzen. Es ist aber eine Schwäche zu
konstatieren, eine Schwäche des Protests, Schwäche des Widerstands
und Schwäche der Guten. Auch wenn so jemand von Zeit zur Zeit einen sehr
wichtigen gesellschaftlichen Auftrag erfüllt, der Mahner und
der Blitzableiter, trotzdem leidet er daran, daß er keine klare
Perspektive hat. Ein(e) HelferIn weiß nicht was kommen wird. Er/sie weiß

nicht, was seine/ihre gute Absicht verursachen kann und weiß auch nicht,
oder will es nicht wissen, daß sein/ihr Helfen nur deswegen
einen Platz hat, weil die Gesellschaft, in der er/sie lebt, ihn/sie
braucht. Ein integraler Bestandteil des Systems, daß ist und war der/die

HelferIn immer. Natürlich ist er/sie ein Relikt der europäischen
Tradition, die seit Jahrhunderten mit Brot und Peitsche ein Stück der
Welt
nach dem anderen erobert. Die einen halten das Schwert, die anderen
bringen die Arzneimittel, um die Wunden zu heilen. Denn ein toter
Anderer ist für niemandem von Gebrauch, ein schwacher aber sehr wohl.
Ein Fremder hat immer einen Platz, er ist entweder ein
Vorzeigeobjekt, ein Symbol oder ein Sprachloser. Dazwischen ist nichts.
Und der Helfer ist derjenige, der das Vorzeigeobjekt pflegt. Für
die Sprachlosigkeit sorgt das System.

Daß man diese Situation spürt, das macht das Unbehagen der HelferInnen
aus. Daß man die Erfahrung eines Entweder-Oder braucht,
um auf der richtigen Seite zu sein, das kann sich ein(e) HelferIn nicht
vorstellen. Er/sie lebt noch in einem allumfassenden System und
wünscht sich auch nicht, dieses zu ändern. Er/sie hilft doch, weil
er/sie der Meinung ist, dadurch das System zu verbessern. Der/die
HelferIn liebt die Spannung, die er/sie erzeugt und kontrolliert. Er/sie
hat nicht wie früher die großen gesellschaftlichen Brüche zu
bewältigen. Alle Ereignisse erscheinen als Vergangenheit. Ihm/ihr bleibt
die kleine Welt, die er/sie moralisch so meistert, daß er/sie aus
dem Ganzen als SiegerIn hervorkommt. Natürlich, denn er/sie befindet
sich auf der richtiger Seite, auf der Seite derjenigen, die
benachteiligt sind. Er/sie gibt sich als ihr Sprachrohr, aber läßt sie
selber nicht sprechen. Das würde zu weit gehen. Denn sie kennen
sich doch nicht aus. Er/sie weiß zwar nicht, wie es anders sein könnte,
aber er/sie gibt sich als ErneuererIn.

Was werden die Demonstrationen an die Lage der MigrantInnen in
Österreich ändern? Nichts, gar nichts. Das haben die
OrganisatorInnen von Anfang an gewußt, deswegen wollen sie jetzt ein
Neuwahl starten. Eine Neuwahl heißt für mich, der nicht wählen
kann, weiterhin keine Möglichkeit der Artikulation und der
Partizipation. Die "Positivität des Widerstands", die da angestrebt
wird, gilt
wieder nur für einen Teil der Bevölkerung in Österreich. Die
MigrantInnen werden ausgeschlossen.

Die Zeit der Veränderung ist an den Inhalten zu erkennen. Nur merke ich
bis jetzt an dem, was sich abspielt, keine Inhalte. Diejenige, die
haben, werden weiter haben und diejenige, die nicht haben, werden weiter
nicht haben.

Die HelferInnen als Habende, die sich als Nichthabende ausgeben, haben
in diesem Spiel die Pufferfunktion zu bewältigen.

Ljubomir Bratic

Ljubomir@magnet.at

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Re: Die HelferInnen
from: "erol" erol.akdag@freesbee.fr

Ich wuerde Helferinnen nicht als Puffervolk zwischen Migrantinnen und
zynischen einheimischen Buergern sehen.
Diese Sicht mag verlockend aussehen, ist nicht alles Trug? Das Gute im
Boesem und umgekehrt? Da es sowieso Helferinnen
giebt darf dass System und duerfen Rassisten ruhig noch haerter und
gemeiner vorgehen? Da auch Helferinnen und Widerstaendlerinnen
Widersprueche
haben, macht ihr Tun nicht mehr viel Sinn? Gutmenschen rechtfertigen
sich selbst und somit die Boesmenschen?
NEIN!
Ohne Kampf giebt es nichts, keinen Wohlstand, Erziehung, Gesundheit,
Kultur, Behausung, Gleichberechtigung, Freizeit, Toleranz, freien Sex
usw...
Es wird immer dafuer gekaempft werden muessen wie eine Gesellschaft
auszusehen hat, da es immer welche geben wird die den anderen vorzeigen
oder aufdraengen wollen wie es sich "gehoert". Geschichte zeigt, mal
punkten die, dann wieder jene die sich dagegen mobilisieren, so ensteht
sozialer,
kultureller, moralischer Fortschritt...auch wenn sich noch viele ins
Mittelalter wuenschen, wollen dass die meisten nicht: nicht nur
Migrantinnen und
Helferinnen, aber auch Wissenschaft und Vernunft sowie die Dialektik
nach mehr. Jeder von uns ist mal Migrantin, Helferin, Egoistin,
Herscherin, Faschist
oder Heiliger, pruede oder wild...
Das Herz sagt uns wo es lang geht:
kommt nicht das Wort Courage von Coeur?
erol



demo-route donnerstag
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From: Kurto.Wendt@reflex.at (Kurto
Wendt)

hallo, ihr widerständigen!

das tatblatt und seine onlion-version leisten hervorragende dienste im
widerstand, die von allen total geschätzt werden. beim demobericht von
letztem donnerstag kommen mir 2 dinge allerdings komisch vor:
1. waren es nicht 2000 bis 2500 leute, sondern 5000 (polizeischätzung
4000!) und zweitens geht mir das ewige gekeife gegen das aktionskomitee
gegen schwarzblau am nerv. es gibt niemand der irgendwas boshaft lenken
will, sondern ihr schreibt selbst, daß es am 20. april sinnvoll war an
antifaschistischen denkmälern und am schubhäfen vorbeizugehen. das
aktionskomitee ist kein selbstzweck, sondern die lose organisierung
verschiedener linker gruppen, die eine basis dafür bietet, daß die demos

jedesmal ein anderes, sinnvolles ziel haben. die demo bei den wohnblocks

in alterlaa, der zug zum orf, der besuch der hauptpost am westbahnhof,
der
burgtheaterbesuch, die häfenumrundungen und vieles mehr wäre
"100%-spontan" nie passiert. daß es spontanitäten, wie die 2teilung der
demo am donnerstag gibt ist eine hohe qualität, die niemand von uns
verhindern will. die routenvorschläge entspringen auch nicht einem
besonders klugen gehirn, sondern werden von vielen demoteilnehmerInnen
an
uns herangetragen. so werden wir näxtes mal anläßlich der ziviproteste
zum
innenministerium zum dokumentationsarchiv des widerstands und zum akh
ziehen, am ersten donnerstag im mai wirds eine frauenaktion geben und am

11. mai anläßlich einer podiumsdiskussion wird die vhs ottakring
gestreift. wer lohnende ziele hat soll sich einfach melden, unsere
treffen
sind jeweils donnerstag um 16 uhr, wer irgendwas anzuregen oder
mitzudiskutieren hat soll einfach ein e-mail an kurto.wendt@reflex.at
schicken.

widerstand und solidarität!

aktionskomitee gegen schwarzblau


Redaktionsschluß: Samstag, 22. April 2000, 22:00
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