Montag, 19. Februar 2001

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01 Geburtstagswünsche der besonderen Art an den MUND
von julius, jot.julius@gmx.at
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02 Theaterschließung/Villach
von aktionstheater@aon.at, www.aktionstheater.at
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03 Neue ZiviTROIKA im Kampf gegen das Unrecht
von Feedback Zivildienst (CT), feedback@zivildienst.at
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04 checkpoint opera - gegen die instrumentalisierung des widerstandes /
re auf SMASH AUSTRIA Beitrag 08 im MUND vom Fr, 16.2.00

von Johannes, j_knoebl@teleweb.at
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05 inter>face Jahresprogramm 2001 erschienen
von Özcan Yildirim, o.yildirim@interface.or.at
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06 Rede zur Wieder-in-Dienst-Setzung der Moerder Omofumas
von Gemeinsam gegen Rassismus, gemeinsam@action.at
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07 Scheitern mit Stil / von Hito Steyrl
von Ljubomir Bratic, ljubomir@magnet.at
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SOLIDARITÄT WELTWEIT
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08 Kosovo postum II: Krieg, Lügen und Videos...
von Gewerkschaft hbv, la@hbv-th.de
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09 Glosse/Demo/Irak: Bushs Routine; Termin 19.2.
von akin, akin.buero@gmx.at
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10 Schweizer Provider sperren Zugang zu amerikanischer Website
von info@linkeseite.de
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11 SIND WIR LEDIGLICH OPFER der WTO?
von HELGA Köcher, helga.koecher@chello.at
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12 Wien: Protest ggn Angriff auf Irak
von aik@antiimperialista.com
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Wie der MUND entsteht ....

Schickt uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen.
E-Mail-Adresse der Redaktion:
widerstand@no-racism.net

Im MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen" wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Ihr könnt Euch die Beiträge extra schicken lassen:
Mail an widerstand@no-racism.net genügt.


nicht vergessen:

22.02.2001
OPERNBALL




Quelle: www.popo.at


Und für nächsten Donnerstag:
Das Rechtshilfe-Manual

...und was mache ich eigentlich gegen rassisten?
online-diskussion

Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.

Bitte weitersagen:
Für Personen ohne Internetzugang gibt es aktuelle Terminankündigungen
unter der Rufnummer 589 30 22 12 (Demoforum)

01 Geburtstagswünsche der besonderen Art an den MUND
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von julius, jot.julius@gmx.at

ihr seid die grössten arschlocher der repuplik österreich.
verbraucht das steuergeld der anständigen bürger, ihr linken arschlöcher.


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02 Theaterschließung/Villach
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von aktionstheater@aon.at, www.aktionstheater.at

"Keine Millionen für linke Denkfabrik" mit dieser Erklärung Jörg Haiders,
als Reaktion auf das neue Konzept des aktionstheater ensemble
Wien/Vorarlberg,
für die Bühne Villach, ist einem weiteren Theater der Todesstoß versetzt
worden. Die Bühne Villach ist geschlossen.

Nach monatelanger Planungsphase, haben die neuen künstlerisch Beauftragten
der Bühne Villach, Martin Gruber, Leiter des Aktionstheater Ensemble, und
Maximilian Achatz die erste Premiere für Mai dieses Jahres fixiert:
Verträge mit SchauspielerInnen, Bühnen- und KostümbildnerInnen,
MusikerInnen,
TechnikerInnen, etc. sind unterschrieben, die neue Corporate Identity
ausgearbeitet und die Umsetzung der Werbemaßnahmen im Laufen. "Seit nunmehr
etlichen Wochen arbeiten Maximilian Achatz, Martin Ojster und ich an einem
neuen, wie ich denke künstlerisch wegweisenden und wirtschaftlich
effizienten
Modell für die Bühne Villach", so Martin Gruber. "Die Subventionsabsage
Haiders steht in krassem Gegensatz zu der kürzlich von ihm geforderten
Prämisse einer Wirtschaftlichkeit des Villacher Theaters."

Nach massiven medialen Verbalattacken seitens des freiheitlichen
Landeshauptmanns und massiven Druck auf die Politiker der Stadt Villach
muss die Villach Bühne nun geschlossen werden. Lachender Dritter in diesem
kulturpolitischen
Skandal ist wiederum Jörg Haider - der seiner Vorstellung von freiheitlicher
Kulturpolitik wieder ein Stück näher gekommen ist.

"Die Entscheidung von Kärntens Rechtspopulisten und Landeshauptmann Jörg
Haider hat wieder einmal mehr gezeigt, was wir von ihm zu halten haben.
Einer
seit 30 Jahren bestehenden Institution die Subventionierung zu verweigern,
steht nur in vermeintlichem Gegensatz zur des öfteren von der FPÖ mit
Robin-Hood-Getue propagierten "Enparteipolitisierung" Kärntens bzw.
Österreichs. In Wirklichkeit passiert selbstverständlich das Gegenteil:
Sukzessive wird unliebsamen, kritischen Künstlern und Intellektuellen der
existentielle
Boden entzogen. Auch da lüften sich die Masken. Am 5. März beginnt das
aktionstheater ensemble ,in Wien, mit den Proben für Giordano B Ketzer. Die
Uraufführung
mit einem Text des in Kärnten lebenden Autors Andreas Staudinger behandelt
die Geschichte eines Philosophen, der aufgrund seiner Ideen unterdrückt und
letztlich liquidiert wurde - aktueller denn je." (Martin Gruber z.zt auf
Malta)

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ojster

aktionstheater@aon.at, www.aktionstheater.at aktionstheater ensemble.
Turmburggasse 4-6, 1060 Wien

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03 Neue ZiviTROIKA im Kampf gegen das Unrecht
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von Feedback Zivildienst (CT), feedback@zivildienst.at

"Das verordnete Chaos in den Griff bekommen".
Joseph Mussil beim "Wiener Kongress" zum Zivildiener-Sprecher gewählt.

Zum Abschluss des Bundeskongresses der Zivildiener wurde gestern, Samstag,
Joseph Mussil zum neuen Bundessprecher der Zivildiener gewählt. Angesichts
der "verheerenden Situation, in die die Zivildiener Österreichs von der
Regierung mit der Gesetzesdoppelwatsche der letzten Monate getrieben
wurden", tritt Mussil an, um "das bewusst herbeigeführte Chaos in den Griff
zu bekommen und wieder für faire Verhältnisse zu sorgen". Der neue
Bundessprecher der Zivildiener zeigt sich offensiv: "Die Zivildiener werden
der unverholen
zivildienstfeindlichen Abschreckungspolitik gemeinsam entgegentreten und
sich endlich Gerechtigkeit verschaffen!"

"Schlichtweg unfassbar, wie hemmungslos uns diese Regierung in ihrem ersten
Jahr zunächst das letzte Hemd ausgezogen hat, um uns danach auf die Straße
zu jagen", zieht Rainer Sittenthaler, Mussils Amtsvorgänger, Bilanz. Seit
Inkrafttreten der letzten Novellierung des Zivildienstgesetzes am 01. Jänner
2001, mit der sich der Staat gänzlich aus der Verantwortung für seine
Pflichtdiener gestohlen hat, ist jeder Zivildiener noch drastischer als
bisher von der Willkür seines Vorgesetzten
abhängig.

So ist es möglich, dass heute manchen Zivildienern ein Essensentgelt von
155.- S am Tag zugestanden wird (wie das noch bis Mai 2000 für alle galt),
während andere mit 50.- S krass unterversorgt sind - Präsenzdiener übrigens
erhalten bis zu 172.- S, wenn sie nicht naturalverpflegt werden können.

Insgesamt war der "Wiener Kongress" (nach Salzburg und zuletzt St.Pölten)
von der Entschlossenheit der Zivildiener gekennzeichnet, den Schikanen, mit
denen offenbar die Gewissensfreiheit untergraben werden soll, ein Ende zu
bereiten: jahrelange, lebensbremsende Wartezeiten auf einen Dienstplatz, die
vom Innenminister (einem Ex-Zivi, der es seinerzeit noch deutlich leichter
hatte) angekündigte Privatisierung der Verwaltung der rechtlosesten und
billigsten Arbeitskräfte des Landes und zahlreiche kleinere, aber
schmerzhafte Nadelstiche wie zuletzt die Streichung der
Tarifreduktion machen die gänzlich lobbylosen Zivis zu "schwerst getroffenen
Opfern des derzeit stattfindenden Amoklaufs sozialer Treffsicherheit"
(Mussil).

Joseph Mussil, 20 Jahre alt und VWL-Student, leistet seit 1. Februar seinen
Zivildienst bei den Wiener Kinderfreunden ab (Betreuung sozial bedürftiger
Kinder). Gemeinsam mit Mag. Tobias Schweitzer (25), Oliver Krammer (24) und
dem Ersatzmitglied Robert Habersam (20) bildet Mussil die
völlig neu zusammengesetzte dritte ZiviTROIKA, die selbstorganisierte
Interessensvertretung der österreichischen Zivildiener. Mittelfristiges Ziel
sei, nach der politischen endlich auch die (zuletzt nur noch vom gar nicht
zuständigen Verteidigungsminister kategorisch verweigerte) formale
Anerkennung der Zivildiener- (und Präsenzdiener-) Vertretung zu erreichen,
um wirkungsvoller und abgesicherter agieren zu können.

Rückfragehinweise:

Joseph Mussil 0676 / 705 61 51
Mag. Tobias Schweitzer 0664 / 505 32 51
Dipl.Ing. FH Oliver Krammer 0676 / 6688 629

alle: bundessprecher@zivildienst.at

http://www.zivildienst.at


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04 checkpoint opera - gegen die instrumentalisierung des widerstandes /
re auf SMASH AUSTRIA Beitrag 08 im MUND vom Fr, 16.2.00
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von Johannes, j_knoebl@teleweb.at

gegen eine instrumentalisierung - für aktives mitgestalten

liebe/r smash austria oder was auch immer,

grundsätzlich gebe ich dir recht, wenn du das problem ansprichst, dass mit
diesem aufruf die dodemo da einfach instrumentalisiert wird. aber bezüglich
deiner anmerkungen zur demo 3.2. möchte ich einiges nicht unwidersprochen
lassen ...

ich halte es auch für problematisch, die dodemo mit dem checkpoint opera so
zu verbinden - wahrscheinlich aber aus anderen motiven als du: ich fand die
opernballdemonstration schon immer eine äusserst eigenartige sache, die ich
mir nur mit einer generellen liebe zur tradition auch auf seiten der linken
erklären kann. die erste opernball-demo machte total sinn - es war ein
protest im gegen starke einsparungsmassnahmen, und es war pervers, dass die
sparmeister - kurz nach verkündung ihres pakets zum tanzen luden ... und
dann war auch noch franz josef strauss eingeladen - ein guter grund für alle
wackersdorfgegner, diesen herrn nicht ungestört feiern zu lassen ... die
demo ein jahr danach machte ebenfalls sinn - es war ein legitimer protest
gegen das harte durchgreifen der polizei im jahr davor. aber dann hat das
für mich irgendwie den sinn und inhalt verloren - klar findet sich in der
langen liste von gründen gegen "die macht", gegen einen kapitalistischen
staat, etc. zu protestieren, auch jeweils gute themen, die dann im rahmen
der opernballdemo thematisiert werden können. aber es kam mir immer vor, als
ob dieser termin einfach dar war - jedes jahr - und es irgendwie zur
tradition wurde, gegen diesen ball zu protestieren. (aber nichtmal zur
abschaffung des balls wurde je aufgerufen - dann wäre es ja noch
verständlich solange eine gegendemo zu machen, bis das durchgesetzt ist ...)

klar - "die reichen" feiern - die anderen protestieren. aber irgendwie ist´s
halt einfach ein stückchen tradition. opernball=demo - auch wenn eigentlich
nicht mehr klar ist, warum genau dann ...

ich persönlich sehe zwar keine besondere symbolhaftigkeit in diesem ball -
so wie mir bälle generell eigentlich relativ wurscht sind. da gibt es andere
gründe, anlässe und symbole genug - aber bitte - tradition ist vielleicht
einfach nur tradition - und es geht darum, sie stets aufs neue mit inhalten
zu füllen - hüben wie drüben ...

die donnerstagsdemos damit einfach zu verbinden halte ich daher nicht für
besonders geglückt - es beschleicht dabei wahrscheinlich nicht nur mich das
gefühl, dass einige diese vielen menschen, die so stetig und dauernd auf die
strasse gehen, als ein "potential" sehen dass sich für die jeweils eigenen
projekte mobilisieren läßt ... und da ist´s dann wirklich nicht mehr weit
zur instrumentalisierung.

aber deine anmerkungen zur demo am 3. februar will ich nicht unwidersprochen
lassen. ich habe bei der vorbereitung mitgeholfen und habe die website
www.rassismus.at/demo zusammengestellt.

ich weiss nicht, was du mit "kaderorganisationen" meinst - ich selbst bin
jedenfalls bei keiner partei, bei keinem verein und die initiative, diese
demo zu organisieren ging von einzelnen personen aus, und hat eine längere
vorgeschichte. im rahmen des projekts rosa flieder wurden eine reihe von
offenen treffen veranstaltet, die versuchten möglichst breit neue projekte
und aktionen zu besprechen. die organisation einer weiteren grossen demo war
dabei auch immer ein thema - und als klar wurde, dass eigentlich niemand
etwas zum jahrestag der regierung plant, wurde damit begonnen diese demo
vorzubereiten.

eine offene einladung bedeutet natürlich auch, dass mitglieder von parteien
und gruppen eingeladen sind - aber im rahmen der diskussionen zur
vorbereitung waren diese stets einzelpersonen.

das mit der themenauswahl und mit den grundsatzdiskussionen ist so eine
sache: es gab eine breite einigung, dass vier zentrale themen im rahmen der
demo thematisiert werden sollen:

# weg mit dieser regierung und ihrem programm
# gegen rassismus und sexismus
# gegen sozial- und bildungsabbau
# gleiche demokratische rechte für alle

gut. und jetzt ist´s natürlich ein leichtes zu argumentieren: aber ihr habt
das und jenes nicht ausreichend thematisiert ... (antisemitismus,
neoliberalismus, ...) ja bitte das stimmt ...

und im rahmen von treffen, die dazu dienen sollen, etwas konkretes in
möglichst breiter zusammenarbeit zu organisieren, bietet auch nur
beschränkten raum für grundsatzdiskussionen. es sind viele gruppen und
personen beteiligt, die eine lange tradition der auseinandersetzung
miteinander haben - es ist weder der widerspruch zwischen trotzkisten und
orthodoxen kommunisten, zwischen autonomen und parteimitgliedern, zwischen
.... ach, es gibt da wirklich viele, viele positionen, die sich zwar für
manchen aussenstehenden als kleinigkeiten darstellen mag - intern aber zu
sehr heftigen und emotionellen diskussionen führt.

wenn es eine gute lösung gäbe, wie es möglich ist, möglichst breit etwas zu
organisieren - aber ohne grundsatzdebatten, die ab einem bestimmten punkt
einfach nichts mehr bringen - wären wir alle einen grossen schritt weiter.
einfach zu sagen: und dann haben "wir" (wer ist das?) uns zurückgezogen,
weil das ohnedies mainstream ist, ist auch keine sehr gute lösung. aber wenn
eine bildung von allianzen zur gemeinsamen organisierung einer aktion nicht
tragbar für dich ist, ist so ein rückzug wahrscheinlich das beste im sinne
aller beteiligten - schade halt, aber scheinbar unvermeidlich.

zu den texten: da war nichts "einfach geklaut" - das war eine anfrage an
no-racism.net, fewor und ANAR, ob sie texte haben/schreiben und rednerInnen
für diese demo nominieren wollen. ljubomir bratic war dann einer der redner
auf der demo und zu den texten wurde ich einerseits auf diesen text
verwiesen (den ich auch persönlich für wichtig und gut halte) sowie auf den
text von Asyl in Not (den ich nach rücksprache mit michael genner auch
verwendet habe) also nix klauen ... nix drüberfahren ...nix kader ....

und das mit der rosauerkaserne ist mehr passiert, als dass es eine grosse
verschwörung gewesen wäre, das dann doch nicht zu thematisieren um
"mainstreamiger" zu bleiben. der redner für diesen demopunkt war auch
einfach nicht mehr erschienen ...

zur tradition: ich glaube die kontinuität von rassismus in diesem land wurde
keineswegs ignoriert. gerade daher habe ich auch den angesprochenen text
gerne aufgenommen - und gerade daher lausche ich auch den reden vom ljubomir
immer mit besonderem interesse ... ich denke auch, es war gut und wichtig,
dass er das thematisiert hat ...

ich denke, gerade die texte die ich über die homepage (und auch in einer
pressemappe) im zusammenhang mit der demo versucht habe weiterzuverbreiten,
sind eben nicht mainstream-themen von wahlwerbenden parteien ... aber ich
kann sicherlich nicht die generelle linie der grünen wesentlich mit
beeinflussen ... ich fand das eher spassig, sowas auch im zusammenhang mit
ihrem namen und z.t. mit ihrem geld weiterzuverbreiten ...

klar wurde auf ältere strukturen zurückgegriffen - und es sind auch viele
menschen beteiligt, die schon viel früher politisch aktiv waren ... was soll
die aussage? nicht nur du bist der meinung, dass die FPÖ nicht einfach vom
himmel gefallen ist, nicht nur du sieht die faschistische tradition
österreichs als wichtiges thema ... und trotzdem finde ich die art und
weise, wie du diese punkte darstellst und einforderst ziemlich öde ...

es provoziert mich nicht - ich finde deine kritik nur etwas flach - und die
konsequenz "dann habe ich mich zurückgezogen" auch nicht sonderlich
heroisch - auch wenn du dich so fühlen magst ...

manchmal kommt es mir so vor, dass viele so nahe beieinander liegen würden -
zumindest was kurz- und mittelfristige ziele betrifft - aber so in ihrem
reflex der abgrenzung verhaftet sind, dass eine breitere allianz
verändernder kräfte sehr schwierig wird.

es ist halt doch noch immer die judäiische volksfront gegen die volksfront
von judäa - und nicht gemeinsam gegen die römische okkupation ...

alles liebe
johannes


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05 inter>face Jahresprogramm 2001 erschienen
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von Özcan Yildirim, o.yildirim@interface.or.at

Liebe Leute!

Endlich ist es da, das inter>face Jahresprogramm 2001 mit vielen neuen und
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Zu finden unter http://www.interface.or.at oder einfach telefonisch
bestellen unter 01 / 524 50 15.

Einen schönen Tag wünscht Euch das inter>face Team

Özcan Yildirim
inter>face
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1070 Wien
Tel. +43 (0)1 524 50 15 - 21
Fax. +43 (0)1 524 50 15 - 15
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inter>face ist ein Projekt des Wiener Integrationsfonds
gefördert aus Mitteln der EU


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06 Rede zur Wieder-in-Dienst-Setzung der Moerder Omofumas
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von Gemeinsam gegen Rassismus, gemeinsam@action.at

Rede zur Wieder-in-Dienst-Setzung der Moerder Omofumas
Donnerstagsdemo 15.02.2001

Der Grund, warum wir hier vor dem Wiener Landesgericht stehen, ist, dass
am Montag den 5. Februar 2001 die Suspendierung der drei
Fremdenpolizisten, die schwer belastet werden, am 1. Mai 1999 den
nigerianischen Asylwerber Marcus Omofuma waehrend seiner Abschiebung zu
Tode gefoltert zu haben, aufgehoben wurde.
Diese Beamten koennen nun bei vollen Bezuegen wieder ihre "Arbeit"
verrichten!

Zur Erinnerung:
Die drei Polizisten, die jetzt wieder ihren Dienst versehen, sollten
Marcus Omofuma auf seinem Abschiebeflug nach Nigeria "begleiten". Zu
diesem Zweck verschnuerten sie ihn - laut ZeugInnenaussagen - "wie eine
Mumie" vom Unterleib bis zum Kinn mit Klebeband, verklebten ihm den Mund
und teilweise die Nase und zurrten ihn unter Gelaechter mit einem Gurt
ueber dem Brustkorb mit aller Kraft am Flugzeugsitz fest.

Bei der Zwischenlandung in Sofia war Marcus Omofuma bereits tot -
erstickt, wie der bulgarische Gerichtsgutachter, Univ.Prof. Radanov,
zweifelsfrei feststellte. Omofuma weise die ganz typischen Merkmale eines
Erstickungstodes auf, ausserdem konnten auf seiner Nase Klebereste
festgestellt werden (was sich auch mit Beobachtungen von PassagierInnen
deckt) und die brutale Fesselung des Brustkorbes verhinderte zusaetzlich
ein normales Atmen.

Dieses Untersuchungsergebnis, das auch durch zahlreiche Interventionen der
oesterreichischen Botschaft in Bulgarien und des Chefaerztlichen Dienstes
des oesterreichischen Inneministeriums (z.B. man solle Omofuma doch auf
Drogenkonsum untersuchen) nicht verhindert werden konnte wurde auch in
einer ersten Ueberpruefung vom Wiener Neuropathologen Prof. Budka
bestaetigt: Omofuma habe schon mindestens eine halbe Stunde vor seinem Tod
unter schwerem Sauerstoffmangel gelitten.

Doch dem Gericht Korneuburg, das fuer die Untersuchungen gegen die
beschuldigten Beamten zustaendig ist, passte das offenbar nicht ins
Konzept. So wurde bei Prof. Reiter aus Wien ein zweites Gutachten
geordert.
Der konnte ploetzlich keine Erstickunssymptome mehr erkennen, dafuer
entdeckte er allerlei vorher nie diagnostizierte Krankheiten als moegliche
Todesursache: Herzmuskelentzuendungen, Gefaessverengungen,
Atemwegsinfektionen und Lungen-Fettembolie.

Beide Befunde wurden u.a. vom Berner Prof. Dirnhofer ueberprueft, der die
augenscheinlich korrekte Befundaufnahme des bulgarischen Gutachtens
betonte, waehrend er das Wiener Gutachten - gelinde gesagt - zerpflueckte.
Zitat: "Vor der Abschiebung war er (also Marcus Omofuma; Anm.) klinisch
gesund."

Da das Gericht Korneuburg aber nach wie vor nicht gewillt ist, das
Verfahren auf den mehrfach bestaetigten Befund aus Sofia zu stuetzen,
musste jetzt - Anfang Februar - ein drittes Gutachten bestellt werden.
Diese weitere Verfahrensverzoegerung kann den armen Polizisten, die immer
auf freiem Fuss waren, aber offenbar nicht mehr zugemutet werden: Die
Disziplinarkommission des Innenministeriums entschied am 5. Februar, sie
bei vollen Bezuegen wieder in den Dienst aufzunehmen.
Auch 21 Monate nach dem Tod Omofumas ist ein Prozess gegen seine Moerder
in weiter Ferne!

Der Mord an Marcus Omofuma ist, so wie der Mord an Imre B., Ahmed F. und
allen anderen Polizeiopfern, aber nur eine Spitze eines Eisberges, eines
Eisberges von taeglicher rassistischer Polizei- und Staatsgewalt: Taeglich
werden in Wien AfrikanerInnen nur aufgrund ihrer Hautfarbe verhaftet, fast
taeglich finden Prozesse gegen AfrikanerInnen statt, bei denen jeder
Anschein eines fairen Verfahrens mit Fuessen getreten wird. Beinahe
taeglich werden Unschuldige wegen angeblichen Drogenhandels zu
langjaehrigen Haftstrafen verurteilt.

Diese Demonstration versteht sich als Teil der Widerstandsbewegung gegen
die Regierungsbeteiligung der FPOe. Der Mord an Marcus Omofuma und die
Operation Spring, um nur zwei Beispiele zu nennen, fanden aber unter einem
sozialdemokratischen Innenminister und unter sozialdemokratischer
Regierungsfuehrung statt.
Rassismus, Staatsrassismus, Polizeigewalt, Ueberwachungsstaat, Sparpakete,
Demontage des Sozialsystems, sukzessive Verlagerung der Abgabenlast von
Profiten auf Lohneinkommen, Ausverkauf des Kollektiveigentums,
Diskriminierung von Frauen und Minderheiten, all das gibt es nicht erst
seit die FPOe in der Bundesregierung ist und all das wird es auch nach
einer freiheitlichen Regierungsbeteiligung weiterhin geben.

Der Widerstand dagegen muss auf jeden Fall weitergehen, egal wie die
Regierungszusammensetzung gerade aussieht!

Verein Gemeinsam gegen Rassismus
United Against Racism
Waehringerstrasse 59
A-1090 Wien


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07 Scheitern mit Stil / von Hito Steyrl
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von Ljubomir Bratic, ljubomir@magnet.at
mit freundlicher Genehmigung der Autorin

Scheitern mit Stil
Seit einem Jahr wird gegen die blau-schwarze Regierung in Österreich
demonstriert.
von hito steyrl, wien

Die Demonstranten sind vergnügt. Dabei gibt es
nicht den geringsten Grund dazu. Genau ein Jahr
nach dem Amtsantritt der blau-schwarzen
Koalitionsregierung aus Volkspartei (ÖVP) und
Freiheitlicher Partei (FPÖ) stolpern am ersten
Februarwochenende ein paar tausend
Demonstranten in dichtem Schneetreiben durch
Wien. Vielleicht sind es 5 000, vielleicht sogar 8
000, wie die Veranstalter später behaupten. Genau
ist das nicht zu schätzen, zumal die
TeilnehmerInnenzahl wegen des Wetters heftig
fluktuiert. Etwa 60 Gruppierungen haben zum
Protestmarsch »Ein Jahr Widerstand« aufgerufen.
Die großen und einflussreichen liberalen
Gruppierungen haben sich jedoch vom Aufruf
ferngehalten. So ist vor allem das übliche Personal
der schon zur Tradition gewordenen
Donnerstagsdemonstrationen anwesend.
Neben dem Soundpolitisierungsmobil der
ausdauernden Volkstanzleute aus der Wiener
Elektronikszene sind hauptsächlich grüne und
kommunistische Fahnen zu sehen. Der vierstündige
Gewaltmarsch ist eine Art Demo-Jogging durch
halb Wien. Die TeilnehmerInnen sind jedoch nach
einem Jahr anhaltender Protestwandertage schon
gegen solche Strapazen immunisiert.
Auch Selbstzweifel wegen der mäßigen
TeilnehmerInnenzahlen und des nahezu
vollständigen Desinteresses der Medien an den
Protestaktionen können die Marschierer nicht mehr
aus der Ruhe bringen. Sie scheinen gegen jedes
Widernis abgehärtet zu sein. Trotzig hält einer ein
Transparent in die Höhe, das die Lage auf den
Punkt bringt: »Ein Jahr Widerstand ist
cklos.«
Vergleicht man die heutige Situation der
außerparlamentarischen Opposition Österreichs mit
der vorjährigen, scheint sie zunächst tatsächlich
fatal. Standen vor einem Jahr noch über 200 000
Demonstranten auf dem Wiener Heldenplatz, so
sind es heute gerade noch ein paar Prozent davon.
Sie haben sich auf den angrenzenden Ballhausplatz
zurückgezogen, der wie das Vorzimmer des
bevorzugten Massenaufmarschplatzes der
Österreicher wirkt.
Doch auch er ist nicht voll. Angesichts des
grauenhaften Potpourris aus Toleranzgedudel und
vergreistem Bänkelsang ist das auch egal. Es ist
ohnehin zu kalt. Auf dem Heldenplatz steht im
Dämmerungszwielicht verloren der Sattelschlepper
vom Volkstanz. Vermummte Gestalten zappeln und
rutschen im Schneegestöber umher. »Breughel on
speed«, kommentiert ein Teilnehmer das
verzweifelte Idyll.
Aber Masse ist nicht Klasse. Und an Klasse haben
die trotzigen Überbleibsel der ehemaligen
Massenbewegung, die sich hochtrabend Widerstand
nannte, in gewissem Sinne gewonnen. Die
Politisierung derjenigen, die jetzt noch
demonstrieren, hat sich verändert. Viele junge
Leute sind dabei, die sich vom hysterischen Gezeter
freiheitlicher Politiker gegen die Demos nicht
einschüchtern lassen. Kaum noch zu sehen sind
hingegen die Künstler und Intellektuellen, die noch
vor einem Jahr die Kundgebungen geprägt haben.
Während einige mittlerweile offen mit der
Regierung kollaborieren, fehlt es anderen am Mut,
der einstweiligen Niederlage ins Gesicht zu sehen
und sich zu unpopulistischer Politik zu bekennen.
So ist auch die Distanzierung der größeren
Initiativen von d
er Aktion zu verstehen. Die
demokratische Initative, vor einem Jahr noch
Mitveranstalter
in der Demo, ließ verlauten, dass sie
an der Feier von Jahrestagen nicht interessiert sei.
Dabei plant sie mit weiteren Organisationen eine
Großdemonstration am 17. März anlässlich der
Wiener Wahlen. Auf diese Weise verlieren die
Protestaktionen zwar quantitativ an Gewicht, das
politische Profil der einzelnen Initiativen wird
jedoch klarer. Aber auf solche Details kommt es
angesichts einer Regierung, die fester denn je im
Sattel sitzt, auch nicht an.
Interessanter an den Aktivitäten der verbliebenen
Oppositionellen ist jedoch ein anderes Problem.
Wie zu erwarten war, verteidigen sich nunmehr
verschiedene Interessengruppen gegen den
neoliberalen Abbau des Sozialstaates - Lehrer,
Zivildienstleistende, Sozialversicherte,
StudentInnen. Alle kämpfen um ihre jeweiligen
sozialstaatlichen Vergünstigungen. Jenseits des
puren Verteilungskampfes konkurrieren jedoch
auch zwei implizite politische Tendenzen in der
Opposition, die sich bislang gegenseitig
blockierten.
Während sich ein Teil der Opposition auf
antifaschistische Politik konzentriert, stellt der
andere die antirassistische Politik in den
Vordergrund. In Österreich sind beide Positionen
keineswegs kongruent. Während für die
antifaschistischen Gruppen die Beteiligung der FPÖ
an der Regierung weiterhin ein Gräuel ist, fällt sie
für diejenigen, die sich hauptsächlich
antirassistischen Anliegen verpflichtet fühlen,
weniger ins Gewicht.
So würden die Antifaschisten auch mit dem
protektionistischen Flügel der Sozialdemokratischen
Partei (SPÖ) oder dem ÖGB (Österreichischer
Gewerkschaftsverband) paktieren, um die
freiheitliche Regierungsbeteiligung zu behindern,
für die antirassistischen Gruppen jedoch
unterscheiden sich SPÖ-Positionen kaum von denen
der amtierenden Regierung.
Dieser Konflikt wurde bislang kaum artikuliert, und
er wird von Seiten der liberalen Oppositionellen
auch gerne mit humanistischer Rhetorik
verschleiert. Hinzu kommt, dass die liberale
Opposition bislang mit Ansätzen hantierte, die aus
der Ära des Protests gegen den ehemaligen
österreichischen Präsidenten Kurt Waldheim und
dessen Nazivergangenheit datieren. Angesichts der
herrschenden Variante völkischer New Economy
und der rasanten Dekonstruktion der fordistischen
Nationalwirtschaft wirken diese Methoden jedoch
recht verstaubt.
Das Problem besteht umgekehrt aber auch auf
Seiten etwa der Selbstorganisationen der
Migranten, die die Vorliebe der Österreicher für
antisemitische Formationen der Volksgemeinschaft
unterschätzen. Eine Vermittlung beider Ansätze
schien bislang aussichtslos. Neuerdings entwickelt
der Protest jedoch ein gewisses Faible für
aussichtslose Anliegen, sowie ein Talent, auch das
Scheitern mit Stil zu bewältigen. Im letzten Jahr
wurde zwar nicht die Regierung beseitigt, dafür
aber das Selbstmitleid. Das ist schon ein Anfang.
Aus: Jungle World 08/2000, 14.02.2001



SOLIDARITÄT WELTWEIT

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08 Kosovo postum II: Krieg, Lügen und Videos...
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von Gewerkschaft hbv, la@hbv-th.de

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Koehlinger, Joerg [mailto:Joerg.Koehlinger@igmetall.de]


Wer die Sendung in der ARD vom 8.2. nicht sehen konnte oder wollte:
Hier kann man sie nachlesen.

FR Kosovo Es begann mit einer Lüge

http://wdr.de/online/news/kosovoluege/

Es begann mit einer Lüge
Wie die Nato im Krieg um Kosovo Tatsachen verfälschte und Fakten
erfand / Ein Film in der ARD von Jo Angerer und Mathias Werth

Deutsche Politiker haben sich der Falschinformation und der Lüge
bedient, um die Beteiligung der Bundeswehr am Nato-Bombardement in
Jugoslawien gegenüber der Öffentlichkeit zu legitimieren. Zu diesem
Ergebnis sind Jo Angerer und Mathias Werth in ihrem Filmbeitrag zum
Krieg um Kosovo mit dem Titel "Es begann mit einer Lüge" gekommen.
Nach der Ausstrahlung in der ARD vor ein paar Tagen hat eine
kontroverse Debatte um den Beitrag eingesetzt. Wir dokumentieren in
Auszügen das Textmanuskript zum Film. Es ist in voller Länge unter der
Internetadresse (www.wdr.de/online/news/kosovoluege) zu finden.
Gerhard Schröder (24. März 1999): "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
heute Abend hat die Nato mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in
Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und
systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine
humanitäre Katastrophe im Kosovo verhindern. Der jugoslawische
Präsident Milosevic führt dort einen erbarmungslosen Krieg. Wir führen
keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen eine friedliche Lösung im
Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen."
Dieser Film zeigt, wie schon vom ersten Tag des Kosovo-Krieges an die
Bevölkerung getäuscht wurde. Dieser Film zeigt auch, wie Tatsachen
verfälscht und Fakten erfunden, wie manipuliert und auch gelogen
wurde. Dieser Film zeigt, weshalb Bomben auf Belgrad fielen.
Die Nato sagt, sie habe die Bomben geworfen, um das Leben der
Kosovo-Albaner zu schützen - vor den Serben. Doch als die ersten
Bomben einschlugen, waren es diese Bilder, die man sah. Man sah
Serben, die voller Angst in ihre Keller und in die wenigen Bunker der
Stadt flohen. (. . .)
Welche Macht den Bildern zukommt, wusste der oberste Nato-Sprecher
damals sofort. Jamie Shea, Nato-Sprecher: "Das Wichtigste ist, dass
der Feind nicht das Monopol auf die Bilder haben darf, denn das rückt
die Taktik der Nato in das Licht der Öffentlichkeit und nicht die
bewusste Brutalität von Milosevic: Etwa ob wir eine perfekte
Organisation sind, oder ob wir einen perfekten Luftkrieg führen und so
weiter. Viele Journalisten sagten: Milosevic hat die Bilder - und
Jamie Shea hat nur Worte. Wem sollen wir glauben? Den Bildern oder den
Worten? Beim nächsten Mal, wenn die ARD, CNN oder die BBC ein Bild von
einem zerschossenen Flüchtlingstreck zeigen, dann will ich sagen
können: Ja, das stimmt. Ich entschuldige mich, ich kann das erklären.
Aber sehen Sie hier: Ein Massengrab, Leute, die absichtlich umgebracht
und in dieses Grab geworfen wurden! Auf welcher Seite stehen Sie
also?"
Aber Bilder von Massengräbern zum Beispiel standen der Nato nicht zur
Verfügung. (. . .)
Verteidigungsminister Rudolf Scharping erklärte 1999, weshalb er
deutsche Soldaten in den Kosovo-Krieg geschickt hat. Rudolf Scharping
(27. März 1999): "Wir wären ja auch niemals zu militärischen Maßnahmen
geschritten, wenn es nicht diese humanitäre Katastrophe im Kosovo gäbe
mit 250 000 Flüchtlingen innerhalb des Kosovo, weit über 400 000
Flüchtlingen insgesamt, und einer zurzeit nicht zählbaren Zahl von
Toten."
Nicht zählbare Tote schon vor Beginn der Nato-Bombardierung? Die OSZE,
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, müsste davon
doch gewusst haben. Denn ihre Beobachter hatten penibel die
Vorkommnisse im Kosovo gemeldet. Ihr Fazit für den März 1999: 39 Tote
im gesamten Kosovo - bevor die Nato-Bomber kamen. Drohte also eine
"humanitäre Katastrophe"?
Der damals leitende deutsche General bei der OSZE und eine
amerikanische Diplomatin, die damals im Kosovo war, erinnern sich.
Heinz Loquai, General a. D. - OSZE: "Die Legitimationsgrundlage für
die deutsche Beteiligung war die so genannte humanitäre Katastrophe,
eine solche humanitäre Katastrophe als völkerrechtliche Kategorie, die
einen Kriegseintritt rechtfertigte, lag vor Kriegsbeginn im Kosovo
nicht vor."
Norma Brown, US-Diplomatin im Kosovo: "Bis zum Beginn der
Nato-Luftangriffe gab es keine humanitäre Krise. Sicher, es gab
humanitäre Probleme, und es gab viele Vertriebene durch den
Bürgerkrieg. Aber das spielte sich so ab: Die Leute verließen ihre
Dörfer, wenn die Serben eine Aktion gegen die UCK durchführten - und
kamen danach wieder zurück. Tatsache ist: Jeder wusste, dass es erst
zu einer humanitären Krise kommen würde, wenn die Nato bombardiert.
Das wurde diskutiert: In der Nato, der OSZE, bei uns vor Ort und in
der Bevölkerung."
Ein eindeutiges Urteil! Gewalt im Kosovo - in keinem einzigen Bericht
der OSZE findet sich auch nur ein Indiz für eine drohende humanitäre
Katastrophe. Was die internationalen Fachleute beobachteten, waren
Situationen wie diese: Rebellen der so genannten
Kosovo-Befreiungsarmee UCK kämpften gegen reguläre jugoslawische
Truppen. Ein Bürgerkrieg - so die
OSZE. Vor diesen Kämpfen flohen die Dorfbewohner. Später kehrten sie
dann meist in ihre völlig zerstörten Häuser zurück.
Die Nato in Brüssel kannte die Berichte der OSZE. Sie deckten sich mit
ihren eigenen Beobachtungen, bleiben aber intern. Diese Erkenntnisse
wurden damals nicht auf einer der vielen Nato-Pressekonferenzen
veröffentlicht. Mehr noch: Auf der letzten Tagung des Nato-Rates vor
Kriegsbeginn, am 14. März 1999, wurde berichtet: Die Gewalt gehe eher
von terroristischen Aktionen der UCK aus, die Serben übten dann
allerdings mit unverhältnismäßiger Härte Vergeltung. Dennoch drohte
die Lage im Kosovo zu der Zeit nicht außer Kontrolle zu geraten. Denn
die Nato-Führung bereitete sich längst auf einen Angriff gegen
Jugoslawien vor.
Zur gleichen Zeit im deutschen Verteidigungsministerium: Auch dort war
keine Rede von einer drohenden humanitären Katastrophe: In den
Unterlagen des Bundesministers für Verteidigung zur Lage im Kosovo
stand nämlich etwas ganz anderes als Rudolf Scharping in der
Öffentlichkeit verkündet hatte. Zitat aus den geheimen Lageberichten
des Verteidigungsministeriums: "In den vergangenen Tagen kam es zu
keinen größeren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen
serbisch-jugoslawischen Kräften und der UCK . . . Die serbischen
Sicherheitskräfte beschränken ihre Aktionen in jüngster Zeit auf
Routineeinsätze wie Kontrollen, Streifentätigkeit, Suche nach
Waffenlagern und Überwachung wichtiger Verbindungsstraßen."
Dennoch: Hinter dieser Tür, dem mehrfach gesicherten Eingang zur
militärischen Organisationszentrale, liefen die Vorbereitungen für den
Angriff weiter. Als dann jedoch die ersten Bomben fielen, sank in den
Nato-Ländern die Unterstützung für den Krieg. Die Stimmung in der
Bevölkerung drohte sogar zu kippen.
Jamie Shea, Nato-Sprecher: "Die politischen Führer spielten nun die
entscheidende Rolle für die öffentliche Meinung. (. . .) Rudolf
Scharping machte wirklich einen guten Job. Es ist ja auch nicht
leicht, speziell in Deutschland, das 50 Jahre lang Verteidigung nur
als Schutz des eigenen Landes gekannt hatte, statt seine Soldaten weit
weg zu schicken. Psychologisch ist diese neue Definition von
Sicherheitspolitik nicht einfach. Nicht nur Minister Scharping, auch
Kanzler Schröder und Minister Fischer waren ein großartiges Beispiel
für politische Führer, die nicht der öffentlichen Meinung
hinterherrennen, sondern diese zu formen verstehen. Es stimmt mich
optimistisch, dass die Deutschen das verstanden haben. (. . .) Wenn
wir die öffentliche Meinung in Deutschland verloren hätten, dann
hätten wir sie im ganzen Bündnis verloren."
Der Kampf um die öffentliche Meinung war härter geworden. Und die
Gangart auch. Schlichte Meinungsmache, Kriegspropaganda für den
Hausgebrauch - das reichte jetzt nicht mehr.
Pristina, die Hauptstadt des Kosovo, war Schauplatz einer perfiden
Propagandageschichte: Im Mittelpunkt stand das Fußballstadion. Rund um
das Stadion sind die Zerstörungen bis heute zu sehen, und oben auf den
Tribünen verwittert der Beton. Doch der Rasenplatz unten wird gehegt
und gepflegt, und die Jugendmannschaft trainiert hier wie eh und je.
Doch damals, vor zwei Jahren, sollen die Serben hier ein KZ für
Kosovo-Albaner betrieben haben - ganz nach Nazi-Manier.
Mit dieser Behauptung ging Rudolf Scharping im April 1999 an die
Öffentlichkeit. Rudolf Scharping (28. März 1999): "Viel wichtiger ist
die Frage, was geschieht jetzt im Kosovo: Wenn ich höre, dass im
Norden von Pristina ein Konzentrationslager eingerichtet wird, wenn
ich höre, dass man die Eltern und die Lehrer von Kindern
zusammentreibt und die Lehrer vor den Augen der Kinder erschießt, wenn
ich höre, dass man in Pristina die serbische Bevölkerung auffordert,
ein großes ,S' auf die Türen zu malen, damit sie bei den Säuberungen
nicht betroffen sind, dann ist da etwas im Gange, wo kein
zivilisierter Europäer mehr die Augen zumachen darf, außer er wollte
in die Fratze der eigenen Geschichte schauen."
Das "S" zum Schutz der Serben hat in Pristina auf keiner einzigen Tür
geprangt. Auch nicht in den Katakomben unter den Stadiontribünen, wo
Serben das KZ betrieben haben sollen. Hierher hat sich höchstens mal
ein Weitschuss der Fußballjugend verirrt. Vielleicht rauchten die
Jungs nach dem Spiel hier unten ihre erste Zigarette, tranken heimlich
Cola und Schnaps. Aber Rudolf Scharping berichtet sogar noch in seinem
späteren Kriegstagebuch über den Nato-Einsatz im Kosovo von mehreren
tausend Leuten, die hier interniert gewesen seien. Und der deutsche
Außenminister Joschka Fischer bemühte sogar mehrfach den Vergleich
zwischen Serben und Nazis und rief zum Krieg mit den Worten: "Nie
wieder Auschwitz!" Bis heute bleiben Joschka Fischer und Rudolf
Scharping bei ihrer Darstellung.
Rudolf Scharping: "Ich habe mich so geäußert, dass der Verdacht
besteht, dass im Stadion von Pristina Menschen festgehalten werden.
Das beruhte auf Zeugenaussagen, die sich bezogen auf entsprechende
Internierung in den Gängen des Stadions, in den Geschäften, die
unterhalb der Tribünen waren. Wir haben versucht, das aufzuklären.
Bilder davon konnten wir nicht gewinnen. Aber die Zeugenaussagen
standen." Zeugen aus Pristina also. Wenn einer aber etwas mitbekommen
hat, dann müsste es Shaban Kelmendi gewesen sein, kosovarischer
Politiker. Sein Haus liegt direkt am Stadion und während des Krieges
hat er Pristina keinen Tag verlassen. Shaban Kelmendi, Augenzeuge:
"Wie Sie sich selbst überzeugen können, blickt man von hier aus genau
auf das Stadion. Man kann alles sehen. Es hat damals dort keinen
einzigen Gefangenen oder eine Geisel gegeben. Das Stadion hat immer
nur als Landeplatz für Helikopter gedient." (. . .)
Heinz Loquai, General a. D. - OSZE: "Hier muss ich mich wirklich
beherrschen, weil der Vergleich mit Auschwitz und der Situation im
Kosovo eine ungeheuerliche Behauptung ist. Man muss sich als Deutscher
schämen, dass deutsche Minister so etwas getan haben, denn ein
normaler Mensch, ein normaler Deutscher, wird vor Gericht zitiert,
wenn er in derartigem Ausmaße Auschwitz verharmlost. Und dass ein
deutscher Minister von KZs im Kosovo sprach, ist auf der gleichen
Linie, denn KZs sind Einrichtungen einer bestimmten historischen
Situation, nämlich der nationalsozialistischen Zeit in Deutschland.
Und ich finde es im Grunde genommen ungeheuerlich, dass gerade
Deutsche diese Vergleiche gewählt haben."
Nicht die einzige Kriegslüge, die man in die Welt setzte, um die
Unterstützung der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten. Beispiel: Rugovo,
ein kleines Bauerndorf im südlichen Kosovo. Im Krieg blieb der Ort
weitgehend unzerstört. Jetzt zwei Jahre danach, wird die Ernte wieder
eingebracht, normaler Bauern-Alltag. Und doch hat Rugovo für den
Kosovo-Krieg eine besondere Bedeutung. Begonnen hatte die Geschichte
auf dem Bauernhof von Shefget Berisha. Eine Geschichte, die später im
fernen Deutschland Schlagzeilen machte. Es war der 29. Januar 1999,
zwei Monate vor Beginn der Nato-Luftangriffe. Plötzlich hörten die
Nachbarn von Shefget Berisha Schüsse. Was war passiert?
Remzi Shala, Augenzeuge: "(. . .) Morgens kurz nach fünf ging es
drüben im Haus meines Nachbarn Shefget Berisha los. Es waren Schüsse
aus Maschinengewehren, drei oder vier Stunden lang. Wir waren wach
geworden und hörten das alles, ja, erst nach drei oder vier Stunden
hörte die Schießerei auf. So gegen zehn Uhr kam eine Gruppe Polizisten
aus dieser Richtung dort auf uns zu. Mein Vater und ich haben sie
gesehen. Als sie dann so ungefähr bis auf fünfzig, sechzig Meter an
mich herangekommen waren, blieb mir nur noch wegzulaufen. Ich lief weg
in die andere Richtung."
Dieser zerschossene rote Kleinbus erinnert noch heute an jenen Tag.
Doch was war genau in Rugovo geschehen? Ein Massaker der Serben an
unschuldigen Zivilisten, sagte Rudolf Scharping. Zwei Monate später,
am 27. April 1999, präsentierte der Verteidigungsminister seine
Beweise. Rudolf Scharping (27. April 1999): "Was wir Ihnen hier
zeigen, ich hatte ja schon gesagt, man braucht starke Nerven, um solch
grauenhafte Bilder überhaupt ertragen zu können, sie machen aber
deutlich, mit welcher Brutalität das damals begonnen wurde und seither
weitergegangen ist. Wenn Sie sich mal solche Fotos anschauen, dann
werden Sie auch sehr, sehr unschwer erkennen können, dass das in einem
gewissen Umfang auch beweissichernd sein kann. Die Uniformen, die Sie
da sehen, dass sind Uniformen der serbischen Spezialpolizei. Das macht
auch deutlich, dass Armeekräfte und Spezialpolizei, später dann auch
im Fortgang nicht nur diese, sondern auch regelrechte Banden
freigelassener Strafgefangener und anderer, an solchen Mordtaten
beteiligt sind. Es sind erschütternde Bilder. Und ich muss mir große
Mühe geben, das in einer Tonlage zu schildern, die nicht gewissermaßen
zur Explosion führt."
"Deshalb führen wir Krieg", titelte auch die Presse und
veröffentlichte die Bilder Scharpings. Doch seine eigenen Experten
wussten es schon damals besser: Dies war kein Massaker an Zivilisten!
Aus dem geheimen Lagebericht: "Verschlusssache - nur für den
Dienstgebrauch. Am 29. Januar '99 wurden in Rugovo bei einem Gefecht
24 Kosovo-Albaner und ein serbischer Polizist getötet."
Also ein Gefecht unter Soldaten - kein Massaker an Zivilisten, wie der
Verteidigungsminister behauptet? Diese Fernsehbilder, aufgenommen von
einem westlichen Kamerateam unmittelbar nach den Ereignissen in
Rugovo, liefern Hinweise, wie es tatsächlich war: Gewehre neben toten
Albanern, die angeblich Zivilisten waren. Die Toten tragen
Militärstiefel. Sie haben Mitgliedsausweise der UCK und tragen deren
Rangabzeichen. Doch wurden diese Bilder vielleicht arrangiert - von
den Serben, und vor dem Eintreffen der westlichen Kamerateams?
Frage: "Bei dem Beispiel Rugovo, auf welche Quellen haben Sie sich
dabei berufen?"
Rudolf Scharping: "Auf OSZE-Beobachter, die als Erste am Ort waren."
Frage: "Waren diese Schilderungen, die damals gemacht worden sind zu
den Vorgängen in Rugovo, aus ihrer Sicht heute korrekt und sind nach
wie vor so gültig?"
Rudolf Scharping: "Ja, die sind völlig korrekt."
Der erste OSZE-Beobachter vor Ort, das war dieser Mann, ganz links im
Bild. Es ist der deutsche Polizeibeamte Henning Hensch.
Henning Hensch, OSZE-Beobachter: "In jedem Fall ist es richtig, dass
der Verteidigungsminister noch am Tage der ersten Veröffentlichung,
die ich selber auch gesehen habe in der Deutschen Welle, von mir
darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, dass die Darstellung, die da
abgelaufen ist, so nicht gewesen ist."
Sein offizieller Ermittlungsbericht zu Rugovo. Das Ergebnis: Kein
Massaker an Zivilisten.
Henning Hensch, OSZE-Beobachter: "Am Tatort fanden wir einen roten
Van, zerschossen, mit offenen Scheiben und insgesamt vierzehn Leichen
in diesem Fahrzeug, und drei Leichen lagen außerhalb des Fahrzeuges.
In der ,Garage' genannten Stallung auf der Rückseite der Farm befanden
sich fünf UCK-Fighter in den typischen Uniformen, den dunkelblauen mit
dunkelgrün oder grün eingefärbten Uniformen, die dort im zehn
Zentimeter hohen Wasser lagen. Und dann ging es noch etwa 300 Meter
weiter zu einem zweiten Tatort, an dem wir wiederum vier Leichen
fanden, und darüber hinaus sind die Leichen, die der
Verteidigungsminister zeigen ließ, dort von den serbischen
Sicherheitsbehörden und von mir und meinen beiden russischen Kollegen
abgelegt worden, weil wir sie von den verschiedenen Fundorten oder
Tatorten zusammengesammelt hatten."
So also entstanden diese Bilder einer angeblichen Exekution, die der
Minister präsentierte. Bilder, die mit den tatsächlichen Ereignissen
nichts zu tun hatten. (. . .)
April 1999. Bei den Vereinten Nationen wird um den Krieg gestritten.
Zur gleichen Zeit fliegen Nato-Bomber bereits Angriff um Angriff,
6000-mal - und immer ohne UN-Mandat.
Ganz überraschend ist das nicht, denn bei den Vereinten Nationen kennt
man nicht erst seit heute die amerikanische Regierungspolitik, und
deren kaum verhüllte Geringschätzung der Vereinten Nationen. Bereits
1993 hatte US-Präsident Bill Clinton die Grundzüge dieser
US-amerikanischen Außenpolitik in einem geheimen Regierungsdokument
festgelegt. Der Titel: "Mit den Vereinten Nationen wenn möglich, ohne
sie wenn nötig." "Die Nato", heißt es darin, "soll die
Entscheidungskriterien für die UN festlegen und nicht umgekehrt." Der
Kosovo-Einsatz ohne UN-Mandat - ein klarer Bruch des Völkerrechts. Der
deutsche Verteidigungsminister hat ihn mitgetragen.
Doch warum? Einer der wichtigsten politischen Berater der
US-Regierung, Wayne Merry, hatte Zugang zu geheimen Planungsunterlagen
der US-Regierung.
Wayne Merry, Berater der US-Regierung: "Manche Regierungsleute aus dem
Außenministerium reden davon, dass Kosovo nur der Auftakt ist für
zukünftige Kriege der Nato, die noch viel entfernter sein werden. Für
Washington ging es nicht um die Demonstration der amerikanischen
Führungsrolle in der Nato. Die wurde nie bestritten. Man wollte
zeigen, dass die Nato überhaupt noch einen Zweck hat. Und dieser Zweck
ist etwas ganz anderes, als die rein defensiven Aufgaben, für die die
Nato gegründet wurde." (. . .)
Besonders in Deutschland wurde die Öffentlichkeit gegenüber der
Nato-Politik nun spürbar kritischer.
Anfang April 1999 im Nato-Hauptquartier: Jetzt ist Schadensbegrenzung
gefragt.
Jamie Shea, Nato-Sprecher: "Nach dem Angriff auf den Flüchtlingskonvoi
bei Djakovica, dem ersten ,Unfall' des Krieges, fiel die öffentliche
Zustimmung in vielen Ländern, auch in Deutschland, um 20 bis 25
Punkte. Wir mussten sechs Wochen hart arbeiten, um die öffentliche
Meinung zurückzugewinnen. Milosevic machte den Fehler, die Flüchtlinge
aus dem Kosovo nach Albanien und Mazedonien zu treiben. An der Grenze
waren Fernsehteams, die das Leiden filmten. Und so stellte sich die
öffentliche Meinung wieder hinter die Nato."
Und das sind die Fernsehbilder, die der Nato-Sprecher Jamie Shea
meint, und die den entscheidenden Fehler Milosevics im Propagandakrieg
dokumentieren: Bilder albanischer Flüchtlinge an der
jugoslawisch-mazedonischen Grenze. Jeden Abend und in jeder
Nachrichtensendung ist es nun zu sehen: Leid, Flucht und Vertreibung.
Doch in Deutschland haben diese Bilder offenbar nicht ausgereicht.
Jetzt hieß es: Von langer Hand hätten die Serben die Vertreibung
dieser Menschen und die ethnische Säuberung des Kosovo geplant. Mord
und Vertreibung im Kosovo erhielten einen Namen: "Operationsplan
Hufeisen".
Rudolf Scharping (7. April 1999): "Ich will Ihnen ausdrücklich auch
für morgen ankündigen eine genaue Analyse dessen, was sich auf der
Grundlage des Operationsplans Hufeisen in den Monaten seit Oktober
1998 im Kosovo vollzogen hat. Er zeigt sehr deutlich, dass in klar
erkennbaren Abschnitten die jugoslawische Armee, die jugoslawische
Staatspolizei begonnen hat, in der Zeit von Oktober bis zum Beginn der
Verhandlungen in Rambouillet, die Vorbereitungen für die Vertreibung
der Bevölkerung nicht nur zu treffen, sondern diese Vertreibung auch
schon begonnen hat. Er zeigt im Übrigen sehr deutlich das
systematische und ebenso brutale wie mörderische Vorgehen, das seit
Oktober 1998 geplant und seit Januar 1999 ins Werk gesetzt worden
ist."
Dies sollte der Operationsplan sein. Wie ein Hufeisen umschließen
serbische Truppen albanische Zivilisten und treiben sie aus dem
Kosovo. Schon seit Januar '99, also vor Beginn der Nato-Angriffe,
seien die Serben "planmäßig" vorgegangen, hieß es in der Broschüre des
Verteidigungsministeriums. Und zum Beleg dieses Foto. Doch die
Datenzeile weckt Zweifel, denn sie zeigt das Aufnahmedatum: April '99,
also erst nach Beginn der Nato-Luftangriffe, und schon deshalb ist
das, was in Randubrava, dem Dorf auf dem Foto, geschah, kein Beweis
für den Hufeisenplan.
Randubrava heute. (. . .) Shaip Rexhepi, Augenzeuge: "Die Bewohner
haben das Dorf am 25. März nach den Luftangriffen der Nato verlassen.
Abends gegen zwanzig Uhr haben wir den Befehl von der UCK erhalten,
die Bevölkerung zu evakuieren. Am 26. März hat es keine Dorfbewohner
mehr hier gegeben, wir hatten sie alle in das Dorf Mamush gebracht.
Dann erst beschossen uns die Serben mit Granaten. Wir waren
UCK-Soldaten, wir haben uns verteidigt, aber es war unmöglich. Wir
waren den Panzern und Kanonen gegenüber machtlos. Aber wir haben
standgehalten so lange wir konnten. Hier aus meinem Dorf waren wir 85
UCK-Soldaten, aber es gab auch noch andere von außerhalb. Insgesamt
waren wir hier 120 Soldaten von der vierten Kompanie der 129. Brigade
der UCK."
Mit einer "planmäßigen" Vertreibung der Zivilbevölkerung hat das wenig
zu tun. Hatte Verteidigungsminister Scharping in seiner Broschüre die
Unwahrheit verbreitet?
Frage: "Wie haben Sie sich darüber informiert, was in diesem Ort
geschehen ist?"
Rudolf Scharping: "Das sind Ergebnisse der Luftaufklärung, das ist ja
nicht so schwer, entsprechende Bilder zu bekommen, jedenfalls solange
sie keine geschlossene Wolkendecke haben. Im übrigen gibt es
Zeugenaussagen, die man heranziehen kann, es gibt Menschen, die
geflohen sind, es gibt andere, die zum Teil unter Lebensgefahr
berichtet haben. Dazu gehörte in der Zeit vor dem Ausbruch der
kriegerischen Maßnahmen auch das sehr vielfältige Informationsangebot,
will ich's mal nennen, das über die unbewaffneten Beobachter der OSZE
an uns herankam."
Doch nicht nur das Dorf Randubrava führt Rudolf Scharping in seiner
Broschüre als Beweis für den Hufeisen-Plan an. Auch ein Dorf namens
Sanhovici soll vor den Nato-Luftangriffen zerstört worden sein. Doch
auch dieses Foto entstand später: im April '99, ebenfalls nach
Kriegsbeginn. Dort hinten liegt das Dorf aus der Aufklärungsbroschüre
des Verteidigungsministeriums. Allerdings heißt der Ort nicht
Sanhovici, sondern Petershtica. (. . .)
(. . .) so steht es in der Broschüre des Verteidigungsministeriums.
Zitat: "Zunächst stellt man (also die Serben) eine brennende Kerze auf
den Dachboden, und dann öffnet man im Keller den Gashahn . . ."
Auf diese Weise also hätten die Serben hier gewütet. Ihre Aktionen -
so Scharping - seien keine Reaktion auf die Luftangriffe der Nato
gewesen, sondern, so wörtlich, "von vornherein Teil der so genannten
Operation Hufeisen", also der planmäßigen Vernichtung vor Beginn der
Nato-Bombardierung.
Doch in Petershtica erinnert man sich völlig anders. Fatmir Zymeri,
Augenzeuge: "Das war alles schon im Juni 1998 passiert. Damals waren
da eine Menge Leute von der jugoslawischen Armee, die dort vom Dorf
Zboc aus auf uns zu kamen. Aber wir hatten die Armee zurückgeschlagen.
Dann hatten sie angefangen, uns mit schweren Waffen zu beschießen -
vier Wochen lang.
Es gab so gut wie keine Stelle mehr, wo keine Granate eingeschlagen
war. So war es in diesem Ortsteil hier und im gesamten Dorf."
Die Zerstörungen also stammten bereits vom Juni 1998. Doch laut
Scharping hatte Milosevic den so genannten Hufeisenplan erst ein
halbes Jahr später, im Dezember 1998, entworfen. Und was war mit den
Kerzen auf den Dachböden und dem Gashahn im Keller, von denen
Scharping berichtete?
Fatmir Zymeri, Augenzeuge: "Nein, so gerieten die Häuser in unserem
Dorf nicht in Brand. Das passierte auf unterschiedliche Art und Weise,
aber nicht so. (. . .)
Frage: "Zum letzten Ort gab es eine Bildunterschrift, dort stand, die
Serben kommen in Dörfer, öffnen die Gashähne in den Kellern und
stellen eine brennende Kerze auf den Dachboden. Es gibt Zweifel, dass
diese Methode überhaupt funktioniert."
Rudolf Scharping: "Welche Zweifel sind das denn?"
Frage: "Wenn man in den Kellern den Gashahn aufdreht und oben eine
Kerze hinstellt, das funktioniert nicht!"
Rudolf Scharping: "Ja?"
Frage: "Nein, funktioniert technisch überhaupt nicht, weder chemisch
noch physisch noch überhaupt. Das weiß eigentlich jeder
Oberbrandmeister. Es muss also eine Information sein, die entweder von
den Zeugen, die ihnen zugetragen worden ist, nicht korrekt ist oder
nicht geprüft worden ist."
Rudolf Scharping: "Dann würde ich Ihnen raten, diesen Test noch einmal
zu machen. Aber nicht mit einem Gashahn im Keller, sondern mit einer
Flasche."
Frage: "Ja, das ist das Gleiche, das funktioniert beides nicht."
Rudolf Scharping: "Ja . .. ?" (. . .)
Der öffentliche Druck auf Rudolf Scharping wurde immer stärker. Denn
entgegen seinen eigenen Ankündigungen blieb er stichhaltige Beweise
für die Existenz des so genannten Hufeisen-Plans schuldig. Zwei Jahre
nach dem Krieg deshalb noch einmal die Frage an Rudolf Scharping: Was
war denn nun mit dem Hufeisenplan?
Rudolf Scharping: "Wir hatten geheimdienstliche Informationen, ich
erhielt sie Anfang April 1999 über den Außenminister. Ich habe dann
unsere Fachleute gebeten, nicht nur diese Informationen auszuwerten,
sondern sie zu vergleichen mit den Erkenntnissen aus der
elektronischen Aufklärung, also auch dem Abhören von Funkverkehr
serbischer Einheiten und Paramilitärs. Das ist geschehen, und erst als
dieser Abgleich gezeigt hat, dass die Informationen richtig sind,
haben wir sie auch öffentlich verwendet."
Heinz Loquai, General a. D. - OSZE: "Ich habe dann um ein Gespräch im
Verteidigungsministerium nachgesucht, das habe ich bekommen, das war
im November, und dort hat man mir gesagt, es habe kein ,Operationsplan
Hufeisen' vorgelegen, sondern was man hatte, war eine Darstellung der
Ereignisse, die im Kosovo abgelaufen sind, und diese Darstellung der
Ereignisse konnte man auf Grund der OSZE-Berichte und anderer Berichte
nachvollziehen. Aber es gab keinen ,Operationsplan Hufeisen', so
jedenfalls die Fachleute im Verteidigungsministerium."
Geflüchtete Kosovo-Albaner - ein Opfer der Serben. Aber nicht als
Folge eines Vertreibungsplans mit Namen "Hufeisen". Der war schlicht
eine Erfindung des deutschen Verteidigungsministeriums,
Kriegspropaganda wie das angebliche KZ von Pristina oder das
angebliche Massaker an Zivilisten in Rugovo. Das Elend der Flüchtlinge
aber war auch eine Folge der Nato-Bombardierung. (. . .)

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
Dokument erstellt am 15.02.2001 um 21:06:29 Uhr
Erscheinungsdatum 16.02.2001

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09 Glosse/Demo/Irak: Bushs Routine; Termin 19.2.
================================================
von akin, akin.buero@gmx.at

Glosse/Demo:

> Zurückhaltende Routine

George W. Bush hatte anlaeszlich seiner Inauguration erklaert,
er werde eine "zurueckhaltende Auszenpolitik" pflegen, die auf
Erhaltung des Friedens ausgerichtet ist. Jetzt, nach dem
Irak-Bombardement, erklaert er uns, daß sei eine "Routine-
Mission" gewesen.

Was sagt uns das? Es laeszt erahnen, wie George W. Bush sein
Amt sieht: "Mein Papa und der Clinton haben auch immer wieder
den Irak bombardiert. Das muß man hin und wieder tun, weil
sonst haben wir ja keine Erklaerungsmoeglichkeiten, warum unsere
Truppen da unten immer noch stehen. Man musz das immer schoen
am Koecheln halten, aber niemals dabei den Saddam stuerzen. Den
koennen wir naemlich noch lange gut als boesen Buben brauchen.
Hat mir der Colin Powell gesagt. Und der musz es ja wissen."

Das ist natuerlich alles nur eine Vermutung. Boesartige Unterstellung.
Vielleicht ist Bushs Herz und das seiner Generaele und auch das
seines Auszenministers voll der Sorge um den Weltfrieden. Und
die Herren glauben tatsaechlich selbst ihrer Propaganda und halten
sich fuer zurueckhaltend und routiniert.

Hoffentlich duerfen wir dann aber nie erleben, was passiert, wenn
die einmal richtig wild werden. -br-

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Die Antiimperialistische Koordination ruft in diesem Zusammenhang zu einer
"Protestkundgebung gegen die neuerliche angloamerikanische Aggression gegen
den Irak" fuer morgen, Montag, 19. Februar 2001, 18 Uhr am Wiener
Stephansplatz
auf. Motto: "Schluss mit der westlichen Aggression gegen den Irak! Weg mit
der mörderischen Blockade! USA raus aus dem Golf!"


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10 Schweizer Provider sperren Zugang zu amerikanischer Website
==================================================
von info@linkeseite.de

Schweizer Provider sperren Zugang zu amerikanischer Website

(von Florian Rötzer 17.02.2001)

Die Schweizer "Aktion Kinder des Holocaust" setzte Provider unter
Druck, aus "Selbstverantwortung" ihre Kunden nicht mehr auf
rassistische Webseiten zugreifen zu lassen.

Die Schweizer Aktion Kinder des Holocaust <http://www.akdh.ch/>
(AKDH) suchte bislang nach Hompages mit rassistischen,
antisemitischen oder rechtsradikalen Inhalten und meldete die
Adressen dann an Polizei und Provider weiter. Über 100 wurden bereits
vom Netz genommen. Jetzt ist die Gruppe noch weiter gegangen und hat
erreicht, dass Schweizer Provider für ihre Kunden den Zugang auch zu
einer Website gesperrt haben, die durch einen US-amerikanischen
Provider ins Netz gestellt wurde.
Die AKDH ist der Meinung, wie sie in der Erfolgsmitteilung schreiben,
dass "für Skinheads, Nazis und Rassisten das Internet die wichtigste
Informations- und Werbeplattform" ist. Jetzt aber wehe den "braunen
Gruppen in der Schweiz ein rauer Wind ins Gesicht". Man habe es
geschafft, durch "geschickte Aktionen" viele entsprechende Websites
vom Netz zu verbannen. Nachdem die Gruppe rechte Websites bei
Providern entdeckt hatte, meldete sie diese bei der Polizei, die
wiederum den Providern empfahlen, ihre Verantwortung wahrzunehmen.
Natürlich ist diesem Weg bestenfalls ein vorübergehender Erfolg
vergönnt. Viele der so bei Schweizer Providern geschlossenen Websites
siedelten einfach ins Ausland über. Angeblich suchten die meisten bei
front14.org Unterschlupf, einer von Amerikanern betriebenen
Plattform, die Webhosting und Email speziell für Rassisten anbietet,
was auch ganz explizit gesagt wird. Slogan des seltsamen
Nischenanbieters: "Online hate at its best."
Jetzt hat die AKDH die Provider Sunrise <"http://www.sunrise.ch/>,
Diax <http://www.diax.ch/> und IP-Plus <"http://www.ip-plus.ch/>, den
Internetservice von Swisscom, dazu gebracht, für ihre Kunden den
Zugang zu front14.org zu sperren: "Die meisten Internetbenutzer in
der Schweiz können nun 754 braune Sites nicht mehr öffnen." Ob alle
dort liegenden Seiten nach Schweizer Recht verbotene Inhalte
enthalten, wird nicht berichtet - und interessiert womöglich auch
nicht.
Nach der Aktion hatte Jürg Bühler vom Bundesamt für Polizei diese
Aktivitäten gegenüber dem Tagesanzeiger begrüßt und gesagt: "Wir
appellieren an die Selbstverantwortung der Provider. Ich finde es
positiv, wenn 'front14' gesperrt wird." Das aber ist eigentlich ohne
rechtliche Grundlage geschehen und könnte etwa zum Vorbild neuer
Pressuregroups werden, die dann auch versuchen könnten, anderes
Unliebsames durch solche Aktivitäten unzugänglich zu machen. Was beim
Kampf gegen den Rassismus wohl auf keinen großen Widerspruch stoßen
wird - wer will schon, wenn er Bedenken äußert, was dies für die
Meinungsfreiheit bedeuten könnte, auch gleich der Unterstützung des
Rassismus bezichtigt werden, wie dies die Befürworter solcher
Aktionen gerne machen -, könnte mithin einen bedenklichen Trend
auslösen, gleich ob es um den Schutz der Bürger vor Pornographie,
copyright-geschützten Dateien, verpönten Programmen oder ungeliebten
Meinungen geht. Selbstjustiz ist keinesfalls immer der richtige Weg,
um gegenüber politischen Feinden vorzugehen und dabei angeblich auch
die Demokratie vor diesen schützen zu wollen.
Die Provider sind dabei sicherlich in einer unangenehmen Zwicklage
und richten sich derzeit nach der überwiegenden Stimmung (bekanntlich
kann sich diese aber auch verändern!). So erklärte Rene Burgener von
Sunrise, dass seine Firma die ethische Verantwortung habe, keine
Missbräuche im Netz zu dulden (wobei Missbrauch wieder ein sehr
weiter Begriff ist, in den vieles hineingesteckt werden kann). Weil
die rechtliche Grundlage noch Lücken aufweise und niemand die
Zensurfunktion übernehme, habe er entscheiden, den Zugang zu front14
zu sperren. Wäre es nicht zumindest für jemanden, der derart
entschlossen die ethische Verantwortung übernimmt, auch sinnvoll
gewesen, zumindest gleichzeitig dieses Vorgehen rechtlich klären zu
lassen? Eigentlich sollte es uns bei solchen Nacht- und Nebenaktionen
auch unheimlich werden, auch wenn sich diese gegen die Propaganda von
Gruppen richten, die in keiner Weise an sich verteidigungswürdig
sind.
von www.heisse.de/tp/
** www.netz-antifa.com **


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11 SIND WIR LEDIGLICH OPFER der WTO?
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von HELGA Köcher, helga.koecher@chello.at

Buendnis fuer Eine Welt/OeIE
Rathausgasse 2, 9500 Villach
Tel. ++43 4242 24617; Fax: DW 4
e-mail NEU: buendnis.oeie@aon.at
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Liebe Kollegin, lieber Kollege!
Anbei übermitteln wir Dir einen Artikel zum Thema Gesundheitswesen im
Zusammenhang mit internationalen Entwicklungstrends. In loser
Reihenfolge sollen Artikel zu verschiedenen anderen Öffentlichen Gütern
folgen:
zu Bildung, zu Wasser ... Hintergrund ist die herannahende nächste Runde
der WTO-Verhandlungen, in denen der Bereich Dienstleistungen eine zentrale
Rolle spielen wird.


Walther Schütz
SIND WIR LEDIGLICH OPFER der WTO?
Von Profiteuren und Mitläufern am Beispiel der Globalisierung des
Gesundheitssektor


Wer sich erstmals mit Fragen der Regulation der weltweiten
Wirtschaftstätigkeiten beschäftigt, den beschleicht manchmal das Gefühl der
Fassungslosigkeit: Über das MAI (Multilaterales Abkommen über
Investitionen, gescheitert 1998), die WTO mit ihren Unterbereichen ...
werden die Eingriffsmöglichkeiten von Staaten drastisch beschnitten, wird
die gesamte Weltwirtschaft zunehmend einem vereinheitlichten Marktmodell
unterworfen: Betriebswirtschaftliche Effizienz als einzige Steuerungsgröße.
Klar ist auch, dass von solchen Regeln vor allem hochproduktive,
kapitalkräftige Unternehmen profitieren. WTO, MAI ... als Verfassung einer
Weltgesellschaft, die nur eine Art von Weltbürgern, die Marktsubjekte,
kennt. So viel zum Bild, das sich einem aufdrängt. Auf den Punkt gebracht
wurde dieses Szenario durch eine Grafik im Zusammenhang mit dem Kampf gegen
das MAI, das ich aus einem Buch über Konzerne übernommen hatte: Eine
übermächtige Krake umschlingt die Erdkugel und verschlingt in den
verschiedenen Kontinenten Fabriken ...., während sich kleine Menschlein
gegen diese Attacke rund um den Globus wehren.

Doch stimmt dieses Bild des von Außen kommenden "Bösen"? Am Beispiel des
Gesundheitswesens lässt sich zeigen, dass mitnichten Staaten unschuldige
Opfer dieses neoliberalen Globalisierungsprozesses sind -
und auch die "kleinen Leute" sind alles andere als nur Opfer in diesem
Prozess!

Der ins Gerede gekommene Gesundheitsbereich (Stichwort Kostenexplosion,
Ablöse Sallmutters ...) steht durch die WTO von mindestens 2 Seiten unter
Druck.

Da ist einmal das WTO-Unterabkommen TRIPS zum sog. Schutz des sog.
Geistigen Eigentums. Für den Gesundheitsbereich bedeutet dies, dass hier
pharmazeutische Konzerne enorme Monopolprofite machen können. Dies zeigt ein
Vergleich Indien - Pakistan: Bei identen Medikamenten lag der Preis in
Pakistan zum Teil 13 mal (!!!) höher als in Indien. Dieser Unterschied
erklärt sich daraus, dass Pakistan das TRIPS mit allen Konsequenzen
unterzeichnet hat - und damit enorme Patentkosten anfallen. Aber nicht nur
im Süden, auch bei uns explodieren die Medikamentenkosten. Während der
Gesamtaufwand der Kärntner Gebietskrankenkasse von 1995 bis 2000 um 27%
stieg (von 3,8 auf 4,8 Milliarden pro Jahr), explodierten die Kosten bei den
Medikamenten um über 100% (von 0,6 auf 1,3 Milliarden pro Jahr).

(Gesundes Kärnten 4/2000). Der Verdacht drängt sich auf, dass neben anderen
Faktoren AUCH die TRIPS-Patentregelungen hier Monopolprofite ermöglichen.
Also nur Opfer in Nord und Süd? Nein, denn dieses TRIPS, das weltweit den
PatientInnen sehr viel kostet, wurde durchaus nicht gegen, sondern v.a.
durch die Regierungen des Nordens durchgesetzt. Warum? Weil eine florierende
Wirtschaft Voraussetzung ihrer Steuer-leistung und damit ihrer
Handlungsfähigkeit ist, weswegen sich die Regierungen massiv dafür stark
machen, dass IHRE Konzerne optimale Verwertungsbedingungen am Weltmarkt
vorfinden.

Das zweite WTO-Regelwerk, das sich massiv auf den Gesundheitsbereich
auswirken wird, ist das Dienstleistungsabkommen GATS, die zweite der drei
Säulen der WTO. Das GATS (General Agreement on Trade in Services) will die
Grundprinzipien des Handels mit Waren (umfassender weltweiter Marktzugang,
keine Schutzmechanismen für heimische Märkte) auch auf den
Dienstleistungsbereich ausdehnen. Dabei fallen unter den Begriff
Dienstleistungen tendenziell auch Bildung, Gesundheit, Bereitstellung von
Gütern wie Wasser... In Bezug auf den Gesundheitsbereich könnte das GATS
unter anderem wirksam werden in Bezug auf Krankenanstalten (Krankenhäuser)
und die Versicherungsanstalten.

WTO bzw. GATS schreiben fest, was läuft: einen (beinahe weltweiten) Prozess
der Privatisierung / des Raubes ÖFFENTLICHER GÜTER. Neben dem Effekt, dass
einem in Übermaßen vorhandenem Kapital Anlagemöglichkeiten zur Verfügung
gestellt werden, ist die Hauptwirkung, dass sich die Öffentliche Hand um
die Verantwortung drücken kann, weil das Risiko Krankheit individualisiert
wird. (Bisherige) Öffentliche Programme werden aus Steuermitteln bzw.
Sozialabgaben (Lohnnebenkosten!) finanziert und haben die Tendenz, allen

(meist: StaatsbürgerInnen) zuzustehen .... Sie erzeugen ein "Menschen-Recht"
auf eine Sozialleistung, heutzutage oft als "Anspruchsdenken"
verteufelt. Ganz anders bei einem privatwirtschaftlichen Gesundheitssystem:
Gesundheitsversorgung wird als Dienstleistung gesehen, die man sich eben
leistet oder nicht. Schließlich investiere ich als homo oeconomicus in
meine eigene private Lebensplanung. Die Gesellschaft und die Verteilung des
wirtschaftlichen Gesamtkuchens steht nicht zur Disposition:
Überlegungen, wie viel vom Produktivitätszuwachs etwa über steigende
Sozialabgaben,
über eine Wertschöpfungsabgabe, über eine produktivitätsorientierte
Lohnpolitik (und damit automatisch aliquot mit steigende "Lohnnebenkosten")
... in
den Sozialbereich umgelenkt werden sollten, stellen sich so gar nicht erst.
Genau hier setzen Regierungen an, die ihre Aufgabe darin sehen, z.B.
Lohnnebenkosten zu senken, um den eigenen Standort für einen (selbst
mitforcierten) globalen Wettkampf fit zu machen. Dies kündigt sich etwa
an, wenn im vergangenen Sommer Gesundheitsstaatssekretär Waneck erklärte,
die Pflichtversicherung durch eine Versicherungspflicht ablösen zu wollen.
Wie aber soll eine Regierung dieses neue Programm der eigenen
Bevölkerung verkaufen? Da gibt es Gott sei Dank die internationale Ebene:
"Die
Regierungen brauchen uns, um Programme durchzusetzen, die sie sonst
gegenüber ihrer Bevölkerung nicht durchbringen", tönt es zu Recht aus
der WTO.

UND DIE "Kleinen Leute"? Regierungen sind also keineswegs die entmachteten
Akteure im
Globalisierungsprozeß, als die sie sich gerne darstellen. Doch es gilt,
noch einen weiteren Aspekt zu beachten: Auch die "kleinen Leute" sind nicht
bloß Opfer, sondern Teil der durch WTO .... umgesetzten neoliberalen Umbaus.
Regierungen setzen eine herrschende Ideologie um, die von weiten Kreisen
der Bevölkerung geteilt wird.
Kern dieser Ideologie ist das Bild, dass der private Sektor sinnvoller,
weil effizienter sei. Übersehen wird dabei,... dass die Gesundheitsausgaben
in Österreich 8,3% des BIP ausmachen, in den USA mit ihrem wesentlich
privater organisierten System hingegen
13,9% (bei wesentlich geringerem Versorgungsgrad!); (laut Kompetenz 5/2000,
S.
8) ... dass etwa die OÖ Gebietskrankenkasse Verwal-tungskosten von nur 3,1%
hat, während private Versicherungen durchschnittlich 22 % für ihre
Bürokratie ausgeben. ... Und selbstverständlich müssen auch private
Dienstleister die
steigenden Kosten bezahlen, nur ist es dann halt (scheinbar) kein Politikum
mehr:
Bezeichnenderweise ist im Getöse um den Hauptverband völlig
untergegangen, dass die privaten Krankenversicherungen per Anfang Februar
ihre Prämien
um 3-5% erhöhen. (Laut GLB-Presseaussendung vom 31.1.2001)

Die leichte Durchsetzbarkeit einer neoliberalen Globalisierung ist
allerdings nicht nur eine Frage der Ideologie: Bislang haben wir ALLE im

"Norden" von dieser Weltwirtschaft stark profitiert. Dementsprechend
wurden Opfer des Verdrängungswettbewerbs ignoriert. Langfristige Strategien
für
eine solidarische, nachhaltige Wirtschaftsform, die auch den Menschen im
Süden eine Chance gibt, waren halt im gemeinsamen Wachstumskartell nicht
gefragt.

***
Als BÜNDNIS FÜR EINE WELT /ÖIE gehen wir davon aus, dass wir - in
Hinblick auf eine Perspektive, die den ganzen Globus im Auge haben sollte -
ein
besonderes Augenmerk auf die Mechanismen legen sollten, die HIER BEI UNS
IM NORDEN ihren Ausgangspunkt haben. Als Teil des NORDENS müssen wir HIER
BEI UNS im Sinne der Durchsetzung eines nachhaltigen Wirtschaftsmodells
ansetzen. Dies ist zwar keine hinreichende, aber eine NOTWENDIGE
Voraussetzung für eine zukunftsfähigere, solidarischere Welt.


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12 Wien: Protest ggn Angriff auf Irak
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von aik@antiimperialista.com

Protestkundgebung gegen die neuerliche angloamerikanische Aggression gegen
den Irak

Montag, 19. Februar 2001
18 Uhr, Stephansplatz, Wien

Schluss mit der westlichen Aggression gegen den Irak!
Weg mit der mörderischen Blockade!
USA raus aus dem Golf!

Wieder und wieder warnen wir vor einem Nato-Beitritt Österreichs, denn das
hieße das ständige imperialistische Massaker an den Völkern der "Dritten
Welt" nicht nur politisch (wie es heute schon der Fall ist), sondern auch
militärisch unterstützen zu müssen. Daher:

Nein zum Nato-Beitritt!
Zerschlagt die Nato!

Antiimperialistische Koordination
PF 23, A-1040 Wien, Österreich
Tel&Fax +43 1 504 00 10
aik@antiimperialista.com
www.antiimperialista.com/de


Redaktionsschluss: 18. Februar 2001, 22 Uhr


Fehler möge frau/man mir nachsehen!