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Powered by public netbase t0 -- please sign Wie der MUND entsteht ....Schickt
uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen. Im
MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen
Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische
Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von
Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen"
wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen
und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme
geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Quelle: www.popo.at Und für nächsten Donnerstag: Das Rechtshilfe-Manual ...und was mache ich eigentlich gegen rassisten? online-diskussion
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01 Wichtiges Anliegen Ihres Finanzministers
von: <karl-heinz.grasser@bmf.gv.at>
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Sehr geehrte
Österreicherinnen und Österreicher!
Als Bundesminister für Finanzen unserer Republik fällt es mir nicht
leicht
ansehen zu müssen wie erhebliche Steuergelder verwendet werden für
"absolut fragwürdige" militärische Ankäufe in Milliardenhöhe.
An dieser
Tatsache können auch miteingebundene Kompensationsgeschäfte, nicht
wirklich wesentliches ändern. Als Österreicher stehe ich an der Seite
einer Mehrheit von Staatsbürgern die den Ankauf von Abfangjägern
zum jetzigen Zeitpunkt aus volkswirtschaftlichen Gründen ablehnen.
Ich bitte Sie daher unseren demokratischen Volkswillen zu diesem
Thema unter Mithilfe von www.diedemokraten.at absolut durchzusetzen.
Mein zweites Anliegen an Sie betrifft die angespannte Budgetsituation.
45,5 % Steueraufkommen jährlich sind nahezu unerträglich. Eine
mittelfristige Verbesserung eigentlich "nicht wirklich" in Sicht.
Wir
können dieses Steueraufkommen sofort um wirtschaftlich überlebensnotwendige
12,2 % Punkte herabsetzen wenn es uns Österreichern gelingen würde
die
derzeitigen Aktiv und Ruhensbezüge unserer Beamten auf das Arbeiter und
Angestelltenniveau herabzusetzen. Dies unter Berücksichtigung eines zu
ermittelnden Leistungsfaktors von tatsächlich erbrachten Leistungen
zwischen Beamten und zivilen Arbeitnehmern. Dass ist jedoch nur mit dem
massiv gebündelten Ausdruck eines Volkswillen erreichbar und nicht bei
Verhandlungen zwischen Ressort und Regierungsbeamten.
Der verfassungsrechtliche
Gleichheitsgrundsatz ist gegeben. Wir
Österreicher sollten unsere Beamten nun mal massiv daran erinnern, dass
sie ausschließlich die Interessen unseres Volkes zu vertreten haben, bei
gleichzeitiger Berücksichtigung bestehender Gesetze.
Ihr
Karl Heinz Grasser
karl-heinz.grasser@bmf.gv.at
PS: Meine Dienststelle lasse ich dementieren!
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02 Re: Wichtiges Anliegen Ihres Finanzministers
von: "Miriam Lehner" <miriam.lehner@gmx.at>
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Sehr geehrter Herr Bundesminister!
Ich bin ganz Ihrer
Meinung, was die Abfangjäger betrifft. Ich finde es
geradezu obszön, in Zeiten wie diesen, wo viele gute Sozial- und
Gesundheitsprojekte um die notwendige Unterstützung von Seiten des
Bundes und der Länder kämpfen müssen, auch nur darüber
nachzudenken, das Verteidigungsbudget in den nächsten zehn Jahren
mit jährlich 300 Mill. Euro aufzustocken!
Was die Diskussion
um die Kürzung der Bezüge von BeamtInnen betrifft,
so gewinne ich in der letzter Zeit immer mehr den Eindruck, dass die
amtierenden PolitikerInnen offensichtlich vergessen haben, dass die
Pragmatisierung in den meisten Fällen mit einem erheblichen
Einkommensverzicht von Seiten der BeamtInnen gekoppelt war und ist.
Das Lohnniveau ist in der Privatwirtschaft erheblich höher.
Wenn Sie nach Möglichkeiten
suchen, unseren Staatshaushalt zu
sanieren, so würde ich vorschlagen, endlich die Kapitalerträge in
Österreich effektiver zu besteuern, anstatt auf Seiten der Sozialleistungen
immer massivere Kürzungen vorzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Mag. Miriam Lehner
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AKTIONEN UND ANKÜNDIGUNGEN
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03 Agrarbündnis Österreich bittet um Unterstützung
von: "gerhard hovorka" <gerhard.hovorka@gmx.at>
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Sehr geehrte Kollegin,
sehr geehrter Kollege,
das Fest des Phoenix geht weiter (siehe auch Informationen und Festfotos
unter wwww.bergphoenix.at ).
Das Agrarbündnis Österreich nimmt das "Internationale Jahr der
Berge"
zum Anlass für die Forderung, die Bundesanstalt für Bergbauernfragen
aufzuwerten und zu einem "Europäischen Zentrum für Berggebiete
und
ökologisch sensible Zonen" auszubauen. Sie macht dazu eine Aktion
mit Fototermin und Interviewmöglichkeit am Mittwoch, 10.7.2002 um
10:15 vor dem Parlament.
Es würde uns sehr freuen, wenn Sie an dieser Aktion teilnehmen könnten.
Es würde uns
aber auch sehr helfen, wenn Sie einen Brief an Herrn
Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer (Stubenring 1, A-1010 Wien)
schreiben könnten, in dem Sie sich dafür aussprechen, die Bundesanstalt
für Bergbauernfragen zu einem "EUROPÄISCHEN ZENTRUM FÜR
BERGGEBIETE UND ÖKOLOGISCH SENSIBLE ZONEN" auszubauen
(siehe beiliegende Einladung).
Unter dem Motto: Sinnvoll ausbauen, statt zusperren! Ihren Brief können
sie
natürlich auch per e-mail versenden: wilhelm.molterer@bmlfuw.gv.at
Mit freundlichen
Grüßen
Gerhard Hovorka
Personalvertretung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen
Anbei der Text der Aussendung des Agrarbündnisses:
AGRARBÜNDNIS
ÖSTERREICH
Bündnis von KonsumentInnen und
Bäuerinnen und Bauern
A-1150 Wien, Herklotzgasse
7/21
Tel.: 01-8929400, Fax: 01-8932927
mobil: 0664-2427450
EINLADUNG
zum Fototermin im Rahmen JAHR DER BERGE Alpenkonvention
mit widerspenstiger Turbokuh und Interviewmöglichkeit
"Das andere
ALPENGLÜHEN"
für einen Ausbau der Berggebietsforschung
am Mittwoch, dem
10. Juli 2002
um 10.15 Uhr
beim Rathauspark/Parlament Vorderseite
Das Agrarbündnis Österreich nimmt das "Internationale Jahr der
Berge"
zum Anlass für die Forderung, die Bundesanstalt für Bergbauernfragen
(BABF)
aufzuwerten und zu einem "EUROPÄISCHEN ZENTRUM FÜR BERGGEBIETE
UND ÖKOLOGISCH SENSIBLE ZONEN" auszubauen. Die Bundesanstalt für
Bergbauernfragen hat sich national und international einen Namen
gemacht, indem sie wirtschaftliche und soziale Alternativen für die
Berggebiete im Rahmen internationaler Kooperationen erarbeitete und
grundlegende Studien über die Möglichkeit zur Schaffung von
gentechnikfreien Zonen, die ländliche Armut oder die Stellung der Frau
im ländlichen Raum verfasste.
Auch in der Alpenkonvention,
insbesondere im Protokoll zur
Berglandwirtschaft, wird darauf hingewiesen, dass die "für die
Berglandwirtschaft spezifische agrarwissenschaftliche Forschung
verstärkt, praxisnah und gebietsbezogen fortzuführen" sei.
Eine bäuerliche
Landwirtschaft in den Berggebieten, gesunde
Nahrungsmittel für die KonsumentInnen und eine nachhaltige Entwicklung
in den gebirgigen Regionen Österreichs haben nur Zukunft, wenn sie von
einer starken Forschung, die in Zeiten der Globalisierung auch
international vernetzt sein muss, begleitet werden.
Deshalb fordert
das Agrarbündnis Österreich, dass heute im Parlament der
Antrag auf Ausbau der BABF zu einem "Europ. Zentrum für Berggebiete
und
ökologisch sensible Zonen" positiv abgestimmt wird.
Eine große
(über 2 Meter hohe) "kaum zu bändigende Turbokuh" und
"feurige Fackeln" werden mit Nachdruck darauf aufmerksam machen.
Für nähere Informationen: DI Elisabeth Baumhöfer - Tel.: 0664-2427450
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04 ARTE Themenabend 16.7.02: Aktivismus heute
von: "AG3F Hanau" <ag3f@comlink.org>
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ARTE Themenabend,
Dienstag 16.7.02
WAS TUN? AKTIVIMUS HEUTE
Fast auf den Tag genau, ein Jahr nach den Protesten von Genua, stellt
der ARTE-Themenabend die Frage: Was tun? Vorgestellt werden neue Formen
demokratischen Engagements und politischen Aktivismus, die äußerst
flexibel und mit vielfältigen Strategien operieren sowie einen
zeitgemäßen Begriff von Solidarität und Selbstbestimmung.
20.45
EINE WELT ZU ERFINDEN
Dokumentation · 40 MIN · VPS 20.45
von Florian Schneider, Deutschland 2002, Deutsche und französische
Erstausstrahlung
Was soll man anfangen mit dem Wissen um all die Ungerechtigkeiten, mit
dem unbedingten Wunsch nach Veränderungen? Was tun mit der Frage "Was
tun?" Im Eröffnungsfilm erörtern vier führende Theoretiker
die
brennenden Fragen einer Bewegung, die vorschnell mit dem Etikett
"Globalisierungsgegner" abgestempelt wurde. Die Soziologin Saskia
Sassen
aus Chicago hat mit ihren Studien zur "Global City" die Forschung
zur
Globalisierung entscheidend geprägt. In der Protestbewegung seit Seattle
sieht sie eine neue politische Architektur entstehen, die durch die
Vervielfachung lokaler Bezugspunkte eine Politik des Globalen erst
denkbar und möglich macht. Franco Bifo Berardi, notorischer Querdenker
aus Bologna, ist flammender Verfechter einer Kultur der Vernetzung. Er
plädiert für einen neuen Begriff von Freundschaft als Grundlage von
Beziehungen, die sich jenseits der alten Logik von Markt und Wettbewerb
formieren. Michael Hardt und Toni Negri haben mit ihrem Bestseller
"Empire" das politische Manifest einer globalen Bewegung vorgelegt.
Der
junge US- amerikanische Literaturprofessor und der
Staatsrechtstheoretiker aus Rom überlegen, wie sich aktuelle politische
Formationen, die sie mit dem Begriff der "Multitude" ("Menge"
/
"Vielfalt") zu fassen versuchen, von ihren Vorläufern unterscheiden.
"Im
Gegensatz zur Masse, die immer passiv bleibt, ist die ,Multitude' aktiv.
Es geht um die Fähigkeit, bei aller Unterschiedlichkeit gemeinsam
handeln zu können." (Michael Hardt)
21.25
GANZ IN WEIß - TUTE BIANCHE
Dokumentation · 30 MIN · VPS 21.25
von Adonella Marena, Italien 2002, Deutsche und französische
Erstausstrahlung
"Tute blu" heißt im Italienischen der Blaumann, die traditionelle
Arbeitskleidung des Facharbeiters, der nicht nur einen Job hat, sondern
vor allen Dingen stolz auf seine Tätigkeit ist, seine Rechte kennt und
dafür auch zu kämpfen versteht. Doch ein solches Selbstbewusstsein,
das
immerhin die Grundlage der Arbeiterbewegung, der größten sozialen
Bewegung des 20. Jahrhunderts, bildete, ist heutzutage vom Aussterben
bedroht. Als Ende der 90er Jahre die Arbeitslosenproteste aus Frankreich
herüberschwappten, organisierte sich in Norditalien ein Aktionsbündnis
mit dem Namen "Tute bianche" quer zu den traditionellen politischen
Formationen. "Tute bianche" machte den "weißen Overall"
zu seinem
Erkennungszeichen. Damit sollte denjenigen ein Erscheinungsbild
verliehen werden, die in der heutigen Gesellschaft unsichtbar sind, die
kein Gesicht und keine Stimme haben: Arbeitslose, Rechtlose, Illegale,
Gelegenheitsarbeiter, Obdachlose - kurz: die Gesamtheit aller an den
Rand gedrängten Menschen. Weit über die spezifischen, italienischen
Verhältnisse hinaus repräsentierten die "Tute Bianche" einen
ebenso
riskanten wie energiegeladenen Ansatz politischer Praxis, der von
kleinen Aktionen im Wohnviertel vor Ort bis hin zu spektakulären
theatralischen Auftritten und Aktionen auf den Demonstrationen gegen die
verheerenden Auswirkungen der Globalisierung reichte. Ob in Seattle,
Prag oder Genua - die "Tute Bianche" waren überall dabei. Nach
den
schweren Krawallen während des G8-Gipfels in Genua, stellt sich jedoch
für die "Tute Bianche", wie für viele andere Globalisierungskritiker
die
Frage, welcher Formen sich der Protest gegen die Missstände vor Ort und
in der globalen Welt nun bedienen kann.
21.55
"DEPORTATION CLASS"
Dokumentation · 26 MIN · VPS 21.55
von Kirsten Esch, Deutschland 2002, Deutsche und französische
Erstausstrahlung
"Was können Sie tun?" liest man in einem Aufruf einer
Lufthansa-Broschüre "Sie fühlen sich vielleicht ohnmächtig,
wenn Sie an
Bord eines Flugzeuges an Händen und Füßen gefesselte Menschen
sitzen
sehen, die in Begleitung von Zivilpolizisten sind. Sie glauben, nichts
tun zu können, um die gewaltsame Abschiebung aufzuhalten. Irrtum!"
Seit
wann protestiert die Lufthansa gegen ihre eigenen Abschiebungsflüge? Bei
genauerem Hinsehen entpuppt sich die Broschüre als täuschend echte
Fälschung: "Deportation Class" lautet der ironische Absender
der
Broschüre. "Deportation Class" ist der Name einer Kampagne gegen
Zwangsabschiebungen. Der gewaltsame Erstickungstod des sudanesischen
Flüchtlings Mohammed Aamir Ageep an Bord einer Lufthansa Maschine war
vor drei Jahren der Auslöser für das bundesweite Netzwerk "Kein
Mensch
ist illegal", eine Kampagne gegen die Abschiebungen durch
Fluggesellschaften zu starten. Ziel dieser Kampagne ist es, die an den
Abschiebungen beteiligten Fluglinien soweit unter öffentlichen Druck zu
setzen, dass sie den Transport von Zwangspassagieren künftig verweigern.
Die Lufthansa mit den in der Zahl meisten Abschiebungen ist dabei
verstärkt in der Kritik. Für ihre Kampagne haben sich die Aktivisten
der
"Deportation Class" bisher eines Satzes vielfältiger Methoden
bedient,
die nicht den Konzern an sich, sondern bestimmte, leicht verwundbare
Stellen seines Image im Visier haben: Von aufwändig gestalteten
Websites, die die Konzern- Ästhetik parodieren, über täuschend
echt
gestaltetes, gedrucktes Werbematerial, das in Call- Centern, vor
Flugschaltern und in Reisebüros für Verwirrung sorgt, bis hin zu
Performances bei Aktionärsversammlungen und Informationsveranstaltungen
der Fluggesellschaft. Das Unternehmen Lufthansa als schwächstes Glied in
der langen Kette deutscher Abschiebepolitik ist ein konkretes und gut
erreichbares Ziel der Anti-Image- Kampagne "Deportation Class". Schon
jetzt ist die Kampagne wesentlich erfolgreicher als herkömmliche
Protestformen wie Kirchenasyl, die dazu neigen, immer wieder gegen
dieselbe Wand zu rennen. Und dafür ernteten die Aktivisten in
Fachkreisen breite Anerkennung, die bis hin zum Wall Street Journal
reicht.
22.25
DIE UNORGANISIERBAREN
Dokumentation · 32 MIN · VPS 22.25
von Florian Schneider, Deutschland 2002, Deutsche und französische
Erstausstrahlung
Unterbezahlte Arbeiter in Textilfabriken, Putzkräfte ohne gültige
Aufenthaltspapiere, temporär Beschäftigte in der High-Tech-Industrie:
Die Protagonisten einer neuen Welle von betrieblichen
Auseinandersetzungen in Kalifornien galten bis vor kurzem schlichtweg
als unorganisierbar. Heute bilden sie eine neuen Generation von
Arbeitskämpfen, in denen der extrem prekäre Status der Arbeitskraft
nicht Hinderungsgrund, vielmehr der Ausgangspunkt für vielfältige
Formen
gewerkschaftlicher und außer- gewerkschaftlicher Organisierung ist. Der
Film stellt in Kurzporträts drei verschiedene Kampagnen vor: Im Garment
Worker Center in Los Angeles organisieren sich Textilarbeiter aus
unterschiedlichsten Ländern, um ihre Löhne einzufordern und für
bessere
Arbeitsbedingung zu kämpfen. Gegen ihre Arbeitgeber haben sie oft keine
Chance, deswegen wenden sie sich an die Modehäuser, die die unter
elenden Bedingungen gefertigten Kleidungsstücke vertreiben. Wie
erfolgreich der Kampf um die eigenen Rechte sein kann, beweisen
ausgerechnet die Reinigungskräfte, die sogenannten "Janitors".
"Justice
for Janitors" fordert Gerechtigkeit für Menschen, die meist illegal
über
die Grenze kommen und seit der Rezession in den 80er Jahren von den
Unternehmen als bereitwillige Lohndrücker benutzt wurden. In Los Angeles
ist es der Dienstleistungsgewerkschaft Local SEIU mit der systematischen
Organisierung lateinamerikanischer Putzkräfte gelungen, das Vorurteil
der "Unorganisierbarkeit" nicht nur zu widerlegen, sondern in das
glatte
Gegenteil zu verkehren. "Debugging" heißt im High-Tech Slang
die
Überprüfung eines Produktes auf etwaige Mängel und Schwachstellen
hin.
Debug ist seit kurzem aber auch der Name einer Initiative von
Beschäftigten bei Zeitarbeitsfirmen im Silicon Valley. "De-bug"
ist eine
Plattform für neue Organisierungsformen, die auch in einer Umgebung
funktionieren, in der allein schon das Aussprechen des Wortes
"Gewerkschaft" die fristlose Kündigung nach sich zieht.
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MELDUNGEN UND KOMMENTARE
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05 Fahrrad und Marktwirtschaft
von: "heinz blaha" <heinz-blaha@chello.at>
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Die "Streifzüge" 2/2002 sind fertig. Ein Beitrag von Franz Schandl.
> Vienna City-bike <
>>> Fahrrad und Marktwirtschaft <<<
> Wenn die
etablierte Politik mal eine gute Idee hat oder sie sich
> von irgendwoher borgt, soll man das auch durchaus anerkennen
> und unterstützen.
Von Franz Schandl
Die Gratisfahrräder
der Gemeinde Wien sind sogar eine ausgezeichnete Idee.
Auf den Drahtesel aufzusteigen, einfach wohin zu fahren, und ihn dort
wieder anzubinden, ohne sich weiter um ihn kümmern zu müssen, was
will man
mehr. 1500 Fahrräder wollte man ursprünglich für die inneren
Bezirke zur
Verfügung stellen. Die einzige Zumutung ist, dass man als Reklameträger
der
Krone auftritt. Aber da könnte man sich ja durchaus eine Umwidmung
einfallen lassen. Wer hindert einen, diese Werbeflächen anderweitig zu
nutzen?
Nun aber droht
der Versuch an den marktwirtschaftlich dimensionierten
Menschen zu scheitern. Die wissen nämlich überhaupt nicht, wie man
damit
umgehen soll, betrachten das Fahrrad als privatisierungswürdiges Eigentum
oder als Gegenstand, der dazu da ist, sich einfach abzureagieren. Dass man
etwas gratis erhält, was man benützen kann, will nicht so recht in
die
bürgerliche Birne, daher werden die Räder entwendet, entführt
oder
ruiniert. Der Destruktivität sind keine Grenzen gesetzt. Und es ist nicht
bloß ordinäre Habgier, sondern wohl auch eine gehörige Portion
reiner
Zerstörungs"lust", die die Fehlnutzer da auszeichnet. So eine
Art
Scheiß-Drauf-Gefühl: Mach kaputt, weil Du kaputt bist!, so in etwa
dürfte
der Imperativ der kleinen Unwesen lauten.
Sie führen
sich auf wie die Depperten. Sie verhalten sich geradewegs so,
als wäre es objektive Aufgabe und subjektive Pflicht, diesem Impuls den
Garaus zu machen. Und es sind nicht bloß "unbelehrbare Vandalen"
oder gar
"G'frasta", es sind ganz normale Warenkörper, denen das Konkurrenzsystem
zwei Grundbedingungen der Existenz gelehrt hat: abstauben und ausschalten,
kurzum: rauben und vernichten.
Wer schließlich
auf so eine blöde Idee wie Gratisfahrräder kommt, ist
selber schuld. Karl Timmel (ÖVP), stellvertretender Bezirksvorsteher in
Wien-Wieden sagt es ganz deutlich: "So gut sind die Menschen, auch wenn
sie
Radfahrer sind, nicht", ohne uns jedoch zu sagen, wo diese unguten Menschen
herkommen. "Diese Aktion kann nur im Chaos enden" (Wiener Bezirkszeitung,
Ausgabe 8/2002, S. 14), befürchtet er sich freuend. Schadenfreude scheint
ein Charakteristikum der Warensubjekte zu sein, die anderen alles
missgönnen, was nicht marktkonform ist: Bezahlt werden muss! Gratis ist
lediglich der Tod. Auf Kosten der Steuerzahler strampeln, das geht nun
wirklich nicht. Steuergelder mögen für Abfangjäger und Autobahnen,
ja sogar
stellvertretende Bezirksvorsteher ausgegeben werden, für Fahrräder
und
weniger Autos: nein!
Die Leute sind
es einfach nicht gewohnt, ein zweckentsprechendes Verhalten
an den Tag zu legen, meint die Meinungsforscherin Helene Karmasin in der
mitternächtlichen Nachrichtensendung ZiB3 am 30.Mai. Es sei eher
erstaunlich, wie viele Räder überhaupt zurückgegeben wurden.
So kann man es
natürlich auch sehen. Man vernimmt fast überall den obligaten Sermon,
dessen Stehsätzchen ungefähr so lauten: Der Mensch ist nicht so.
Zwangsbeglückung scheitert. An solchen Dingen ist auch der Sozialismus
zugrunde gegangen...
Eilfertig treten
die Propagandisten der Marktwirtschaft auf, etwa der
Standard-Autor Helmut Spudich, für den das Ganze nur "eine flächendeckende,
lebensnahe Lehrveranstaltung über das Versagen kollektiver Eigentumsmodelle
versus die funktionierende kapitalistischen Organisationsformen" darstellt.
(Standard, 18. Mai 2002, S. 40) Dass die Funktionäre der kapitalistischen
Organisationsform da nichts anderes sind als die Marodeure der Fahrräder,
will ihm absolut nicht auffallen. Im Gegenteil: Die mutwillige Zerstörung
öffentlichen Guts und das Bekenntnis dazu ist Grundlage seiner irren
Argumentation. Dass gerade die individuellen Eigentumsverhältnisse an PKWs
das Leben erschweren (Lärm, Gestank, verparkte Flächen, Schadstoffe,
Unfälle etc.), an sowas denken die Spudichs nicht. Hauptsache es rechnet
sich für Auto- und Ölfirmen. Wer behauptet, dass der Kapitalismus
funktioniert, funktioniert nicht mehr, höchstens als besoldeter
Ideologiesekretär der Marktwirtschaft, die er blind jeder konkreten
Entwicklung zu verteidigen hat.
Ausserdem, so Spudich,
"verdirbt die Injektion von Gratisrädern das
bisherige Marktverhalten: Wer will schon Räder kaufen, wenn es sie gratis
gibt?" Merke:
Nicht Räder
benutzen, ist das Ziel der Marktwirtschaft, sondern Räder
kaufen! Nicht Autos verwenden, ist das Ziel der Marktwirtschaft, sondern
Autos erwerben. Nicht Essen zu haben, ist das Ziel der Marktwirtschaft,
sondern Nahrungsmittel zu erstehen. Nicht in Wohnungen zu leben, ist Ziel
der Marktwirtschaft, sondern Immobilien zu veräußern. Man könnte
das
fortsetzen. Der Propagandist legt es ja offen, aber niemandem fällt es
auf,
wie unverschämt dieser Unsinn, der zur Rationalität des Lebens geworden
ist, eigentlich ist.
Es darf einfach
nicht gelingen, was den gängigen Marktkriterien nicht
entspricht. Die Destrukteure (seien es gewöhnliche Diebe, Journalisten
oder
ÖVP-Politiker) verhalten sich so wie die Köter des Kapitals, um ja
keinen
Moment den Gedanken aufkommen zu lassen, Menschen wären zu solidarischem
Handeln fähig - noch dazu abseits des Privateigentums! Das geht nicht.
Das
darf nicht sein. Wo kämen wir denn da hin? Da könnte zweifellos jemand
auf
so hinterlistige Gedanken kommen, dass solcherlei auch in anderen
Bereichen, ja möglicherweise in allen funktionieren könnte. Um Gottes
Willen, das riecht verdächtig nach Kommunismus. Da gilt es aufzupassen.
Nur
niemanden auf den Geschmack kommen lassen! Bloß nicht! Halt!
Man könnte
das System etwa auf Autos ausweiten. Man stelle sich nur vor,
wie schön Wien wäre, würde es nur die tatsächlich benötigten
Fahrzeuge
geben, was meint, dass ein Großteil der Stehzeuge wegfallen würde.
Unvorstellbar? Natürlich, im Kapitalismus ist vieles unvorstellbar, was
leicht anstellbar wäre, gäbe es ihn nicht. Mit einer Gesellschaft,
wo jedem
förmlich der Privat-PKW (soweit leistbar) aufgezwungen wird, ist das
allerdings unvereinbar. Da halten wir gar keine Gegenrede. "Was in der
Marktwirtschaft nicht läuft, läuft nicht"; ist aber ein völlig
falscher
Satz, korrekt lautet er: Was im Kapitalismus nicht geht, geht nur im
Kapitalismus nicht!
Nachdem jedes dritte
Fahrrad entwendet und jedes vierte beschädigt worden
ist, haben die City-bike-Betreiber vorerst kapituliert. Das System soll
nachjustiert und Anfang Juli neu gestartet werden. Kontrolle und
Handy-Zwang werden das lockere Pfandsystem (2 Euro) ersetzen. Das soll so
laufen: "Der Rechner registriert die User-Telefonnunmmer und gibt über
Handydisplay einen vierstelligen Nummerncode (den auch das Terminal erhält)
bekannt. Diese Zahlenkombination ist in das digitale Nummernschloss (werden
auf den Terminals eingebaut) einzugeben. Schon löst sich der Schlitten
aus
der Verankerung, das Rad kann entlehnt werden. Die Nutzungszeit der
Viennabikes ist auf vier Stunden beschränkt. Wer überzieht, bekommt
ein
Erinnerungs-SMS geschickt. Erfolgt nach acht Stunden keine Reaktion, kommt
ein Anruf der Zentrale. Findet der Rechner nach zehn Stunden das Rad immer
noch nicht in einem Terminal, wird Anzeige erstattet." (Kurier, 30. Mai
2002, S. 11)
"Schluß
mit lustig", so der Organisator Michael Kühn heisst freilich nichts
anderes, als dass jetzt der kapitalistische Ernst begonnen hat. Die
Ausleihbedingungen werden auf jeden Fall verschärft und verkompliziert.
Sie
machen wohl das ganze ursprüngliche Vorhaben kaputt, sind nur
Zwischenstufen auf dem Weg zur Abschaffung oder zur Monetarisierung einer
Dienstleistung. Eines jedenfalls sollten wir und nicht einreden lassen:
Nicht das Gratisrad ist an der Marktwirtschaft gescheitert, sondern die
Marktwirtschaft am Gratisrad!
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06 Wettbewerbsnachteil für Bahn!
von: "Helmuth Zink" <glb-zink@apanet.at>
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Wettbewerbsnachteil für Bahn!
Utl.: GLB warnt vor "Öko-Schwindel" =
Wien - OTS - "Nicht
überall, wo Öko draufsteht ist auch wirklich Öko
drin!" merkt der Vorsitzende des Gewerkschaftlichen Linksblock in der
Gewerkschaft der Eisenbahner, Theo Schneider, an. Schneider bezieht sich
dabei auf die so genannte "Ökostrom-Regelung", die den ÖBB
eine rund
17-prozentige Abgabenerhöhung bescheren wird.
"Wenn man
in Rechnung stellt, dass die Bahn die einzig realistische
ökologische Alternative zur Straße darstellt, dann mutet es schon
seltsam
an, wenn ausgerechnet auf Basis einer vorgeblichen Öko-Regelung den ÖBB
der
Wettbewerb erschwert wird. Die Bahn fährt nun einmal mit Strom, der aus
sauberer Wasserkraft gewonnen wird", meint Schneider und merkt an, dass
eine
Ausweitung der Verkehrsleistungen der Bahn, vor allem auf dem
Gütertransportsektor, bei gleichzeitigem Energiesparkurs die sprichwörtliche
Quadratur des Kreise darstellen würde. Auch dürften bei derzeitigem
Stand
der Technik die Einsparpotentiale nicht überschätzt werden.
Der Gewerkschaftliche
Linksblock kritisiert generell die Kurzsichtigkeit der
Politik in Fragen der Ökologie. Bei Lenkungsmaßnahmen, die insgesamt
zu
ökologischen Effekten führen sollen, könne man nicht am
Energieverbrauchskriterium allein ansetzen. Was notwendig wäre, sei eine
umfassende Ökologiebilanz von großen Unternehmen wie den ÖBB.
Neben dem
Verbrauch an Energie sei die Form der Energie und nicht zuletzt die
Auswirkung der Tätigkeit eines Unternehmens auf das gesamte Ökosystem
zu
erfassen. "Würde man so an die Sache herangehen, dann müsste
die Bahn sogar
noch entlastet werden. Im gegenständlichen Fall aber stellt die erhöhte
Abgabe eine Strafe für ein sauber arbeitendes Unternehmen dar!" meint
Theo
Schneider und verlangt eine Ausnahmeregelung für die ÖBB sowie ein
Umdenken
in Richtung ganzheitliche Sicht von Ökonomie und Ökologie. Vor allem
gehe es
darum, die Tätigkeit der Bahn auszuweiten und zu fördern, anstatt
sie in
Wettbewerbsnachteil zu bringen.
"Es ist politischer
Ettikettenschwindel, wenn unter dem Titel der
Ökologisierung Steuern und Abgaben erhöht werden, ohne die tatsächlichen
Auswirkungen zu rechnen!" wirft Schneider der Politik vor.
Rückfragehinweis:
Gewerkschaftlicher Linksblock in der GdE
Tel.: 0676 777 07 25
mailto: theo.schneider@telering.at
http://www.glb.at
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07 Die verhängnisvolle Kinokarte
von: "RA Univ.-Lekt. Dr. Helmut Graupner" <hg@graupner.at>
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http://derstandard.at/Print/Frame/20020709/143.asp
DER STANDARD
Dienstag, 9. Juli 2002, Seite 27 Kommentar der anderen
>>> Die verhängnisvolle Kinokarte <<<
Vom politischen
Missbrauch einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung: Wie
die ÖVP den als rechtswidrig aufgehobenen § 209 durch die Hintertür
wieder
einführen will - und mit dieser Art von "Jugendschutz" Betroffene
nicht
schützt, sondern gefährdet.
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Helmut Graupner*
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Es ist erstaunlich:
Noch in einem Ministerratsbeschluss vom 28. 10. 1992
formulierten auch die VP-Regierungsmitglieder, darunter der damalige
Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel, wörtlich: "Die geltenden
Strafbestimmungen des Strafgesetzbuches zur Hintanhaltung von sexuellem
Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sind nach einhelliger
Expertenmeinung ausreichend, sodass in diesem Bereich kein Regelungsbedarf
besteht."
Kaum war das Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofs zu § 209
veröffentlicht, fiel es wie Schuppen von den Augen: "Schutzlücken"
gefährdeten unsere Jugend. Stellt sich bloß die Frage: Wo war die
ÖVP in
den letzten 50 Jahren? Hat sie geschlafen? War sie blind? Oder haben ihre
VertreterInnen ein halbes Jahrhundert lang gar sehenden Auges den
Missbrauch von Generationen heterosexueller Jugendlicher geduldet?
Natürlich nichts von alledem.
>> Nebulose Begriffe
Wer und was hier
im Visier des neuen § 209 ist, sieht der sprichwörtliche
Blinde mit Stock. Mit uferlosen nebulosen Begriffen soll durch die
Hintertür derselbe Effekt erzielt werden wie mit dem nicht mehr haltbaren
§
209. Und wenn es dabei auch heterosexuelle (und lesbische) Beziehungen
treffen muss, dann soll es eben so sein. Hauptsache, schwule Jugendliche
erhalten nicht dieselbe Selbstbestimmung wie sie heterosexuelle Jugendliche
seit über 200 Jahren und lesbische seit nun mehr als 30 Jahren problemlos
genießen. "Was Unrecht ist, muss Unrecht bleiben" (Zitat Fekter).
Die anfänglichen
Versuche, das Mindestalter überhaupt auf 16 oder 18 zu
erhöhen, scheiterten an breitem gesellschaftlichem Widerstand.
Nun wird das Mindestalter
selbst zwar bei 14 belassen, darüber hinaus
sollen aber gewisse "Missbrauchsfälle" erfasst werden.
Derer sind drei:
(a) "Ausnutzen" einer "Zwangslage" (bis 16), (b) Kontakte
gegen "Entgelt" (sogar bis 18!) und (c) "Ausnutzen" "mangelnder
Reife"
durch "altersbedingte Überlegenheit" (bis 16).
In der Expertenarbeitsgruppe
für die Revision des Sexualstrafrechts im
Justizministerium haben wir 1996 bis 1999 (1) die Sinnhaftigkeit solcher
Bestimmungen ausführlich diskutiert und sind zum Ergebnis gekommen, dass
(b) und (c) abzulehnen und (a) problematisch, aber diskussionswürdig ist.
"Ausnutzen
mangelnder Reife" (gar durch "altersbedingte Überlegenheit")
ist
eine "Gummibestimmung" par excellence, die massive Rechtsunsicherheit
erzeugt und in einem modernen Rechtsstaat absolut nichts verloren hat.
Unter "Entgelt" wiederum wird nach der Definition des Strafgesetzbuches
jede "Gegenleistung" verstanden, die in Geld bewertbar ist, was den
Tatbestand unberechenbar macht.
Darunter fällt
nach dieser Definition auch eine Einladung zu einem teureren
Abendessen, eine Kino- oder Theaterkarte, die Bezahlung einer Urlaubsreise
und der sprichwörtliche Pelzmantel.
>> Zirkelschlüsse
Eine "Gegenleistung"
im juristischen Sinn ist auch nicht unbedingt das, was
landläufig darunter verstanden wird. So soll es im geplanten Gesetz keinen
Unterschied machen, welche Bedeutung das Entgelt im Motivationsprozess des
Täters gehabt hat, und ist ohne Bedeutung, ob das geleistete "Entgelt"
den
Tatentschluss des Entgeltnehmers beeinflusst hat.
Im Klartext: Ein
Mann, der aufgrund seines Verhältnisses mit einer
17-Jährigen (!) dieser Geschenke macht, steht mit mindestens einem Fuß
im
Kriminal.
Diskutierenswert
wäre ausschließlich die Variante "Ausnutzen der
Zwangslage", doch auch hier besteht das Problem der Unberechenbarkeit.
Definiert wird "Zwangslage" als "ernste wirtschaftliche oder
persönliche
Bedrängnis". Während eine wirtschaftliche Bedrängnis noch
einigermaßen
fassbar ist, macht die Einbeziehung der "persönlichen Bedrängnis"
den
Tatbestand uferlos.
Gerichte können
darunter alles und jedes subsumieren. Bei "ganz normalen"
Beziehungen wird das nicht so sehr der Fall sein, bei jenen zwischen
Inländern verschiedenen Geschlechts mit geringem Altersunterschied und
ähnlichem sozialen Hintergrund.
Ganz anderes steht
hingegen bei sozial ungewöhnlichen Beziehungen zu
befürchten: bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen, bei großem
Altersunterschied, bei Kontakten von Ausländern mit Inländern, bei
erheblichen Unterschieden in der sozialen Schicht der Partner.
Wenn sich eine
15-jährige Österreicherin mit einem 30-jährigen Araber (oder
gar einem Schwarzen) einlässt, wird man schnell mit der Annahme bei der
Hand sein, dies sei aufgrund einer Zwangslage geschehen. Wenn sich aber ein
30-jähriger Österreicher mit einer 15-jährigen Schwarzen einlässt,
wird
wohl weniger flink zu einer solchen Erklärung gegriffen. Und wie sieht
es
gar bei einem 30-jährigen schwulen serbischen Hilfsarbeiter aus, der mit
einem 15-jährigen höheren Schüler intim wird?
Ganz generell steht
zu befürchten, dass § 209 neu zu Zirkelschlüssen Anlass
geben wird: Wenn sich ein Jugendlicher auf eine sozial ungewöhnliche
sexuelle Beziehung einlässt, dann muss er eben "unreif" gewesen
sein, sich
in einer "Zwangslage" befunden oder nur eines Vermögensvorteils
willen
darauf eingelassen haben; ganz besonders dann, wenn, was häufig vorkommt,
ein noch nicht "geouteter" homo- oder bisexueller Jugendlicher nach
Ent-
deckung der Kontakte seine homo- oder bisexuelle Orientierung leugnet und
behauptet, stockheterosexuell zu sein. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass
jene in Polizei und Justiz, die bislang § 209 mit unerbittlicher Härte
vollzogen haben, so ohne weiteres ihre Betätigungsfelder aufgeben werden?
Schließlich hat erst letzte Woche ein Richter des Wiener
Straflandesgerichtes anlässlich einer Verurteilung nach § 209 erklärt,
dass
ihn nur interessiere, was die "Stimme des Volkes" sage, "aus
dem Bauch
heraus". Und VP-Justizsprecherin Fekter gab die erschreckende Linie bereits
vor, als sie in der "ZiB 3", darüber befragt, wann ein Jugendlicher
"mangelnd reif" sei, erklärte: ". . . wenn er nicht Nein
sagt, obwohl man
normalerweise Nein sagen müsste oder würde."
>> Staat im Schlafzimmer
Man führe
sich auch einmal vor Augen, was für die angeblich geschützten
Jugendlichen solche Strafverfahren bedeuten. Über ihre Köpfe hinweg
werden
Kriminalbeamte, Staatsanwälte und Strafrichter akribisch ihr Sexualleben
durchstöbern. In der Gerichtsöffentlichkeit wird im Spannungsfeld
zwischen
Anklage und Verteidigung eingehend erörtert, ob sie noch die unreife
"Unschuld vom Lande" oder bereits das reife "erfahrene Luder"
waren, und
schließlich das eine oder andere (beides für Jugendliche nicht sehr
schmeichelhaft) mit staatlicher Autorität festgestellt werden.
Es wird erörtert
werden, ob sie den sozial missbilligten Sexualkontakten
nur aus einer Zwangslage heraus zustimmten oder sie bereitwillig eingingen.
Und es wird jede Kinokarte, jedes Abendessen und jede Urlaubsreise zum
Anlass für kriminalpolizeiliche Ermittlungen werden können, ob die
Einladung hierzu für die Liebesnacht kausal war oder nicht.
Weil diese Art
von "Jugendschutz" Jugendliche nicht schützt sondern
gefährdet, hat die Große Strafrechtskommission in den angeblich so
verstaubten 50er-Jahren solche Bestimmungen (über dem 14. Lebensjahr) mit
Nachdruck abgelehnt. Zu Beginn des dritten Jahrtausends laufen wir nun
Gefahr, sogar hinter diese Positionen zurückzufallen. Wollen wir das wirklich?
*Der Autor ist
Rechtsanwalt in Wien, Kovorsitzender der Österreichischen
Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS), Sprecher der Plattform gegen
§ 209
und Mitglied der Arbeitsgruppe für die Reform des Sexualstrafrechts im
Justizministerium.
1) Justizminister
Böhmdorfer sah übrigens (bis zum 24. Juni 2002) ebenfalls
keinerlei Notwendigkeit, im Sexualstrafrecht etwas zu ändern, und berief
die Arbeitsgruppe, die bereits Ergebnisse erarbeitet hatte und kurz vor dem
Abschluss ihrer Beratungen stand, seit 1999 kein einziges Mal mehr ein.
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08 Funke News 8. Juli 2002
von: "Der Funke" <der.funke@gmx.at>
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Neues vom Funke:
>> 1. Funke Nr. 44 ist da
Seit einigen Tagen ist der neue Funke da.
> Inhalt:
<Editorial>: Streikwelle in Europa
<International>: Rechtsruck in Frankreich, Impresionen aus Israel
<Österreich>: Medienmonopol in Vorarlberg
<Gewerkschaft>: PTUDC und Frauenarbeit, Freiheit für tunesischen
Kommunistan Hamma Hammami
<Geschichte>: 75 Jahre Justizpalastbrand
<Theorie>: Was ist Trotzkismus?, Rolle des Sozialstaats, Die Heisenberg
Debatte
<Kultur>: Fußball WM
<Jugend>: Gewalt an der Schule, Lehrlingskampagne, Bericht Pfingstseminar
Der Funke Nr.44
ist bei allen Funke VerkäuferInnen erhältlich oder kann bei
uns unter der.funke@gmx.at bestellt werden.
>> 2. Reform
oder Revolution - Perspektiven für die
Antiglobalisierungsbewegung
Rote Zone, Black Block, Kessel - das waren die Modewörter des "summer
of
resistance" vor einem Jahr. Die "antikapitalistische Bewegung"
tourte durch
Europa. Ihre Stationen waren Barcelona, Göteborg, Salzburg, Bonn und der
Wendepunkt in der Entwicklung dieser internationalen Bewegung - die
Proteste gegen die G8 in Genua. Ein Jahr nach den Protesten gegen das WEF
in Salzburg und der Ermordung von Carlo Giuliani in Genua wollen wir mit
diesem Artikel die jüngsten Entwicklungen innerhalb der
antikapitalistischen Bewegung analysieren
http://www.derfunke.at/wefkamp/noglobal2002_gelb.htm
>> 3. Aufstand
der Vernunft
Nach monatelanger Arbeit haben wir es geschafft. Das Buch der englichen
Marxisten Ted Grant und Alan Woods über marxistische Philosophie und
moderne Wissenschaften "Reason in Revolt" ist übersetzt und wird
kommenden
Herbst unter dem Titel "Aufstand der Vernunft" im Promedia Verlag
erscheinen.
Das Buch ist ein wichtiger Ansatzpunkt für den ideologischen Kampf mit
dem
bürgerlichen Wissenschafts-Mainstream, der nur allzu oft der Legitimation
der herrschenden Verhältnisse dient.
Mehr Infos zum Buch sowie Artikel über Marxismus und moderne Wissenschaften
sind auf unserer Homepage zu fiinden:
http://www.derfunke.at/theorie/RiR.htm
Neben dem enormen
Arbeitsaufwand, den das Buch bedeutete, müssen wir dem
Verlag für die Herausgabe des Buches ca. 8000.- Euro bezahlen. Neben
Föderungsanträgen an verschiedene Organisationen und Institutionen
bitten
wir ganz besonders auch alle Funke LeserInnen, uns mit kleineren oder
größeren Geldbeträgen bei der Realisierung des Buchprojektes
zu
unterstützen. Ab einer Spende von 40.- Euro gilt dies, wenn nicht anders
erwünscht, als Bestellung und wir senden euch das Buch gleich nach
Erscheinen. Spenden bitte an unser Konto: PSK 60000, Kontonr. 92090509
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www.derfunke.at
Auf nach Salzburg zur Anti-WEF Demo, 15. September 2002
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Redaktionsschluss:
8. Juli 2002, 21:30 Uhr
Diese Ausgabe hat Edgar Ernstbrunner
zusammengestellt
Fehler möge frau/man mir nachsehen!