Dienstag, 08.07.2003

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01 Aktionstag gegen Rassismus
From: linkswende@yahoo.com
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02 Freiheit für die Gefangenen - eine Kampagne gegen Isolationshaft
From: noisolation@gmx.at
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03 Demonstration 320 Jahre Transgender Hatz in Wien
From: heike.keusch@wuk.at
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KOMMENTARE - MELDUNGEN
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04 Biometrie-Standard für EU-Pässe
From: fewor@no-racism.net
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05 Progressive Overthrow
From: wadi_wien@hotmail.com
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06 Generalstreik in Nigeria
From: piquetero_resistencia@hotmail.com
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07 France: Cultural workers to strike in holiday
From: www.workerspower.com
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08 Top Secret Iraqui Documents
From: wadi_wien@hotmail.com
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09 Ireland Display of Militancy at the Special Olymipics
From: www.workerspower.com
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REZENSION
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10 Denunziert
From: Karl Pfeifer
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REDAKTIONELLES:
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Ihr könnt Euch die Beiträge extra schicken lassen:
Mail an widerstand@no-racism.net genügt.

 




Quelle: www.popo.at


Und für nächsten Donnerstag:
Das Rechtshilfe-Manual
...und was mache ich eigentlich gegen rassisten?
online-diskussion

Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.

Bitte weitersagen:
Für Personen ohne Internetzugang gibt es aktuelle Terminankündigungen
unter der Rufnummer 589 30 22 12 (Demoforum)
 


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01 Aktionstag gegen Rassismus
From: linkswende@yahoo.com
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Aktionstag gegen Rassismus - Sa., 26. Juli 2003
13-15 Uhr, Infostände entlang der Mariahilferstr.
15 Uhr DEMO, Treffpunkt Europaplatz/Westbahnhof
Beim EU-Gipfel in Thessaloniki wurden Millarden Euro
für die Abwehr von Flüchtlingen bereitgestellt. Jetzt
wird Propaganda gegen Flüchtlinge mit der
italienischen Übernahme des EU-Vorsitzes noch weiter
verstärkt! Die Zeitungen sind voll von Illustrationen,
die den angeblichen Massenandrang von Flüchtlingen
nach Europa untermauern sollen. Mit Kanonen auf
Flüchtlingsboote zu schießen, empfiehlt das
italienische Regierungsmitglied Bossi. Und aus Worten
werden weitere Taten: Ein Flüchtlingsabwehrpaket mit
Lybien. Lybien verhindet die Abreise von
Flüchtlingsbooten und bekommt dafür Wirtschaftshilfe.
Was für ein dreckiges Geschäft!
Wir können uns darauf einrichten, dass rassistische
Argumente für die nächsten 6 Monate auf der
Tagesordnung stehen. Eine Situation, die Innenminister
Strasser für das Durchpeitschen restriktiver
Asylgesetze in Österreich nutzen will, nachdem er im
ersten Anlauf erst einmal gescheitert ist. Wir wollen,
dass er wieder scheitert und dass es der Regierung
nicht möglich wird, von ihrer Verantwortung für die
soziale Misere in Österreich mit rassistischer
Sündenbockpolitik abzulenken!
Dazu wollen wir mit einem Aktionstag gegen Rassismus
am Sa., 26.Juli 2003 einen Beitrag leisten!
Geplant sind:
1) Eine "antirassistische Meile" auf der
Mariahilferstr. Mit vielen Infoständen, die Rassismus,
Verschärfung der Asylgesetze & Perspektiven dagegen
thematisieren
13-15 Uhr
2) DEMO: Treffpunkt Europaplatz/Westbahnhof
15 UhrAlle, die Interesse haben, den Aktionstag
mitzugestalten sind herzlich willkommen. Bitte meldet
Euch bei Linkswende (linkswende@yahoo.com; 0676
9465410), damit wir Anmeldungen & sonstige Aktivitäten
koordinieren können.

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02 Freiheit für die Gefangenen - eine Kampagne gegen Isolationshaft
From: noisolation@gmx.at
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FREIHEIT FÜR DIE GEFANGENEN
An alle Revolutionären Gefangenen und GenossInnen:
Solange es in der Welt Rechtswidrigkeit, Ungerechtigkeit und Ausbeutung
gibt, wird es auch den Widerstand dagegen geben. Solange es Widerstand gibt,
werden auch jene, die sich in diesem Widerstand befinden mit den
Gefängnissen konfrontiert sein. Es wird also gemeinsam mit dem Widerstand
bis zum Sturz des Systems, welches die Welt beherrscht auch die
revolutionären Gefangenen geben. Neben jenen, die ihr Leben im Kampf
verlieren, sind es die revolutionären Gefangenen, die den höchsten Preis im
patriotischen und revolutionären Kampf bezahlen. Der Widerstand endet nicht
mit der Gefangenschaft.
Sie sind bereit ihr ganzes Leben dafür zu geben, um ihre Gedanken und
politische Identität zu wahren und dem Widerstand draußen beizusteuern.
Unter dieser Betrachtung sind jene, die drinnen Widerstand leisten, unsere
"innere" Seite des Kampfes.
Es bedeutet nicht, dass unsere Gefangenen, die trotz aller Repressionen an
ihren Gedanken festhalten, "unfrei" sind, weil sie sich zwischen vier Wänden
oder hinter Gitterstäben befinden. Sie sind "FREIE GEFANGENE", ""UNSER
SELBST HINTER MAUERN", die unter Aufrechterhaltung ihrer Gedanken und ihres
Kampfes leben.
GenossInnen, der Kampf und der Widerstand dauert an. Haltet durch, unsere
KämpferInnen in den Bergen und Städten existieren.
Wieder werden weltweit Widerstände unter der Forderung nach Recht und
Freiheit organisiert. Sie werden unendlich weitergehen.WELTWEIT GREIFT DER IMPERIALISMUS AN, AUCH WIR MÜSSEN UNSERE
ORGANISIERUNG UND UNSEREN WIDERSTAND AUF DIE GANZE WELT AUSBREITEN
Auf der ganzen Welt greift der Imperialismus "UNSER SELBST HINTER DEN
MAUERN" mit seinen Gefängnispraktiken, der Folter, Willkür und Isolation
an. Auch wir müssen drinnen und draußen gegen diese Angriffe Widerstand
leisten und uns organisieren.
Wenn wir von Organisierung sprechen, dann meinen wir damit natürlich nicht
die Leugnung der politischen Identität, über die ohnehin alle politischen
Gefangenen verfügen. Die politische Organisierung auf nationaler Ebene,
ebenso wie die Organisierung im Rahmen der Gefangenenorganisationen in jedem
Land soll weitergehen. Aber es besteht auch Bedarf auf eine Organisierung
auf internationaler Ebene.
Es existieren einige Organisationen, die dieses Bedürfnis erfüllen können.
Allerdings ist es ihnen nicht möglich, dieses vollkommen zu erfüllen. Das
größte Hindernis stellt die Kommunikation mit den Gefangenen dar. Es ist im
wesentlichen das 'SPRACH'problem, welches der Kommunikation im Wege steht.
So ist zum Beispiel schlicht aufgrund des Sprachproblems die Kommunikation
zwischen Gefangenen aus der Türkei und dem Baskenland oder Gefangenen aus
Irland und Frankreich, unmöglich machen.
Wir, die Internationale Plattform gegen Isolation haben ein neues Projekt
gestartet, um dieses Problem zu lösen und die Solidarität und Organisierung
der Freien Gefangenen auf internationaler Ebene zu stärken.'UNSER SELBST HINTER MAUERN'
Tatsächlich könnte das "Sprach"problem auch beseitigt werden, indem alle
Gefangenen in der Welt mehrere Sprachen lernen. Aber das ist nicht
realistisch. Die realistischste Methode: Alle Gefangenen senden ihre Briefe
gegebenenfalls in internationalen Sprachen oder in ihrer eigenen Sprache an
eine zentrale Adresse auf internationaler Ebene.
Von dieser zentralen Adresse wird der Brief in der jeweiligen Sprache der
Person, die den Brief erhalten soll, übersetzt und weitergeleitet.
Als Internationale Plattform gegen Isolation fühlen sind wir BewerberInnen
diese Aufgabe. Wir benötigen allerdings internationale Unterstützung für
diese Arbeit.
Unterstützung wird in folgenden Bereichen benötigt:
- Informationen wie Namen, Adressen, die Länge der Haftzeit und die
Sprachkenntnisse aller Freien Gefangenen. Bei Gefängnisverlegungen sollten
diese Daten mit den neuen Adressen aktualisiert werden.
- Personen, die entsprechend des Ausmaßes des Briefwechsels in verschiedenen
Sprachen übersetzt und die Übersetzung beispielsweise über e-mail an unsere
Plattform sendet.
- Kooperation aller, auf nationaler und internationaler Ebene organisierten
Strukturen, um die Kommunikation der Gefangenen regelmäßig zu gewährleisten.
- Rasche und rechtzeitige Weiterleitung von Briefen und finanzielle Hilfe
für Publikationen und Briefwechsel, um gemeinsame Initiativen der Gefangenen
zur Aktion werden zu lassen.
Parallel dazu, die Beziehungen in eine organisierte Form zu bringen und zur
Schaffung eines regelmäßigen Kommunikationskanals, Herausgabe einer
internationalen Gefangenenzeitung, welche Briefe und Texte von Gefangenen
enthalten und gemeinsame politische Aktivitäten und Solidarität herstellen
soll. Um den Druck, die Veröffentlichung und Verteilung dieser Publikation
zu ermöglichen, bedarf es materieller und moralischer Unterstützung. Wir
möchten dieser Publikation den Namen "UNSER SELBST HINTER MAUERN' geben.
Natürlich können alle, die an unserer diesbezüglichen Arbeit interessiert
sind, ihre Vorschläge einbringen.
Vergessen wir nicht, der Grund für die Gefangenschaft ist, jene, die gegen
das System Widerstand leisten von der gesellschaftlichen Produktion
zurückzuhalten und ihre Beziehung zum Widerstand zu trennen. Das System
versucht eine/n Gefangene/n zu kreieren, die oder der sich nicht an der
gesellschaftlichen Produktion beteiligt, an der oder dem das Leben einfach
so vorbeiläuft , ihre Lebenumstände nicht beeinflussen können, die oder der
von der Welt und vom Widerstand isoliert ist. Nur dann, wenn das System dies
erreichen kann, hat es tatsächlich "UNSER SELBST HINTER MAUERN" gebrochen.
Die Beteiligung der Gefangenen an der gesellschaftlichen Produktion, also an
der politischen Aktivität zu ermöglichen und die Isolation, die man um sie
aufzubauen versucht zu brechen; wird den Sieg des Kampfes gegen das Ziel,
die Gefangenen durch Gefangenschaft und Isolation zu brechen, bedeuten.
In welchem Gefängnis der Welt auch immer, diesen Sieg zu erleben, wird allen
Freien Gefangenen Widerstandskraft schenken.
Wir möchten die Stimme der Freien Gefangenen sein. Wir möchten die Stimme
der Freien Gefangenen der ganzen Welt hören lassen. Deshalb wünschen wir uns
Vorschläge und Unterstützung von allen Freien Gefangenen, sowie Personen und
Organisationen, die auf nationaler und internationaler Ebene im Zusammenhang
mit Gefangenen aktiv sind.
NEIN ZUR ISOLATION
ES LEBE DER KAMPF DER FREIEN GEFANGENEN
3. Juli 2003
INTERNATIONALE PLATTFORM GEGEN ISOLATION
Kontaktadresse:
Rue Stevin 190,
1000 Brüssel, Belgien
00.32.2.230.08.66
isolation@post.com

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03 Demonstration 320 Jahre Transgender Hatz in Wien
From: heike.keusch@wuk.at
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>From: "heike keusch" <heike.keusch@wuk.at>
>Subject: Demonstration 320 Jahre Transgender Hatz in Wien
>
>
>
>Pressemeldung
>
>Wien: Große Transgender Aktionswoche, 7.7. - 14.7.03
>320 Jahre TransGender-Hatz
>
>Vor 320 Jahren wurde in Wien während der zweiten Wiener Türkenbelagerung
>eine
>Transgenderperson unschuldig von der Menge gelyncht. Bis heute fallen
>TransGender-Personen Gewalttaten zum Opfer - Im Internet sind inzwischen
>280,
>vorwiegend in den USA verübte Morde an TransGender-Personen verzeichnet
>(www.gender.org/remember).
>
>WUK und TransX wollen gemeinsam mit
>zahlreichen unterstützenden Organisationen in dieser Aktionswoche
einerseits
>dessen gedenken, andererseits aber auch feiern und positiv in die Zukunft
>blicken.
>
>Speziell möchten wir auf den Gedenkzug am 14. Juli hinweisen
>
>Montag 14. 7. 2003, 19:00:
>Gendenkzug zum 320. Jahrestag der Ermordung einer TransGender-Person
>Um würdevolle Teilnahme wird gebeten
>Treffpunkt: 1010 Wien, Mölkerbastei. Zug zum Hof und zur Peterskirche
>

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KOMMENTARE - MELDUNGEN
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04 Biometrie-Standard für EU-Pässe
From: fewor@no-racism.net
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der Text auf www.no-racism.net:
http://no-racism.net/migration/biometrie_standards070703.htm

Während die EU noch überlegt, welche biometrischen Daten wie in die
Reisepässe
aufgenommen werden sollten, werden auf der Ebene der internationalen
Standardisierung von Biometrie bereits vollendete Tatsachen geschaffen.
Im "Joint Technical Committee 1" (JSTC1), das von der International
Standards
Organization (ISO) gemeinsam mit dem International Engineering Consortium
(IEC)
getragen wird, beschäftigen sich allein zwei Arbeitsgruppen des JSTC1 mit
Standards für biometrische Daten auf Smartcards und maschinenlesbaren
Ausweisen.
Diese Standards sollen einem global interoperablen System biometrischer
Identifikation auf maschinenlesbaren Dokumenten zugrunde liegen, das die
jüngst
vorgelegten Anforderungen diverser US-Behörden erfüllt.
Wie das US-Ministerium für Heimatsicherheit im Mai 2003 bekannt gegeben
hatte,
soll die Identität aller Einreisenden in die USA ab dem 1. Januar 2004 mit
einem
neuartigen Kontrollsystem überprüft werden.
Anfang Juni 2003 berieten die EU-Gremien bereits über die Einführung
biometrischer Merkmale in Reisepässe und Visa.
Vom 22. bis 24. Juli 2003 treffen VertreterInnen des "Joint Technical
Committe
1" in London mit ExpertInnen der ICAO (International Civil Airline
Association)
zusammen, um über "kontaktlose Chiptechnologie auf maschinenlesbaren Pässen"
zu
diskutieren.
Auf schnellstem Wege solle ein weltweit interoperables System für
maschinenlesbare Pässe erstellt werden, heißt es in der Einladung zum
"BioDentity"-Treffen.
(Quelle: orf.at)

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05 Progressive Overthrow
From: wadi_wien@hotmail.com
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Progressive Overthrow
Weil die Katastrophe im Irak ausgeblieben ist, befindet sich Deutschland auf
der Flucht vor der Realität
Von Thomas Uwer
Ein Termin im Ministerium für Zusammenarbeit, anwesend die Ministerin, die
Experten sowie ein Entwicklungshelfer als Protokollant, der folgendes zu
Papier bringt. "Fazit der Runde: Der Krieg hat mehr Probleme geschaffen als
er gelöst hat. ... Deutschland wird sich an der humanitären Hilfe für den
Irak beteiligen, sich mit Blick auf weitergehende Wiederaufbauleistungen
jedoch zurück halten. Mit der Frage der Aufhebung der Sanktionen sollte klug
umgegangen werden. Nichts tun, was den nicht legitimierten Krieg
nachträglich gutheißen könnte... Wichtig ist, dass das Öl im Besitz des
irakischen Volkes bleibt. Wer freilich das Volk ist ..., ist noch nicht klar
erkennbar." Noch prägnanter läßt sich die deutsche Haltung zum Irak nach dem
Sturz Saddam Husseins nicht zusammenfassen. Seit am 9. April in Bagdad die
Statuen fielen und mit ihr die Diktatur Saddam Husseins befindet sich
Deutschland auf der Flucht vor der Realität. Mit der gleichen Verbissenheit,
mit der deutsche Experten zuvor vor einem Flächenbrand und Hunderttausenden
Toten gewarnt hatten, hält man nun an den Analysen und Prophezeiungen fest,
die sich längst als falsch erwiesen haben. Jede Tatsache, die der eigenen
Erwartung widerspricht, muß ignoriert werden, das unbestreitbare wird
eingefügt in das bereits existierende Bild. Am 14. Mai wurde das Protokoll
einer "erweiterten Leitungsbesprechung zur Lage im Irak" unter Punkt 4 eines
Rundmails des entwicklungspolitischen Dachverbandes VENRO versandt. Am
selben Tag hoben Schaufelbagger in al-Mahawil südlich von Bagdad eine Grube
mit den sterblichen Überresten mehrerer Tausend Menschen aus. Zuvor waren in
Hillah zwei Gruben mit jeweils über 2.000 Leichen gefunden worden, fünf
weitere im Südirak bereits Anfang Mai. "Der Krieg hat mehr Probleme
geschaffen, als er gelöst hat", das "Volk" leidet, wer das Volk aber ist,
läßt sich freilich nicht so einfach sagen.
Wer also ernsthaft glaubte, hinter der Ablehnung des Krieges stünde einzig
die Sorge um die irakische Bevölkerung, der dürfte seit dem Fall von Bagdad
eines Besseren belehrt sein. Es geschah dort, womit keiner der deutschen
Nahost Experten jemals ernsthaft gerechnet hätte. Der angekündigte
Flächenbrand, der mit dem Krieg im Irak den gesamten Nahen Osten entfachen
würde, blieb einfach aus und anstelle einer verzweifelten
Verteidigungsschlacht boten die Irakis Bilder der Freude über den Sturz des
Regimes, den sie ohne fremde Hilfe nicht erledigen konnten. Seitdem wird der
Bevölkerung übel genommen, daß sie sich nicht als jenes aufgehetzte
Kollektiv zürnender Massen verhielt, als das man sie hier beständig
wahrgenommen hatte. Daß Irakis einfach dem gesunden Menschenverstand
folgten, als geschossen wurde zuhause blieben, Uniformierten mißtrauten und
die arabische Nation nicht in totaler Selbstaufgabe bis zur letzten Granate
verteidigten, wird ihnen nicht verziehen. Anarchisten und Linksradikale, die
noch jeden Ladendiebstahl als einen Akt revolutionärer Umverteilung
verbrämen, echauffieren sich über Plünderer, die Junge Welt schimpft auf das
"Lumpenproletariat", das in die reichen Viertel Bagdads eindringt, um sich
schadlos zu halten an dem, was zuvor ihrer Unterdrückung diente. Was
geschieht, wenn man diese Leute sich selbst überläßt, ahnte Franziska
Augstein bereits vor dem Sturz Saddams. "Die meisten Irakis können, ohne
Schaden zu nehmen, eine Straße überqueren. Das ist nicht viel. Aber wird man
das auch von den Zuständen sagen können, die im Land herrschen werden,
nachdem die Amerikaner dort aufgemischt haben? Allenthalben wird befürchtet,
dass ein neuer Golfkrieg und Saddams Sturz nicht Demokratie und Friede mit
sich brächten, sondern Bürgerkrieg und Anarchie." Der größte Feind des
Volkes ist die Freiheit.
So melden sich nunmehr auch jene zurück, die in der Diktatur schon immer
eine adäquate Herrschaftsform sahen. Professor Walter Sommerfeld ist
Vorsitzender der Deutsch-Irakischen Gesellschaft, die vor zwei Jahren noch
einen Solidaritätsflug mit Jamal Karsli nach Bagdad organisierte. Im
vergangenen September sollte er gemeinsam mit dem außenpolitischen Sprecher
der Ba'th-Partei, Dr. Hashimi, und einem Vertreter der irakischen
"petrochemischen Industrie" vor deutschen Unternehmern im Heidelberger Crown
Plaza Hotel auftreten. Heute berichtet Sommerfeld aus Bagdad und beschreibt,
was der ARD Kulturreport als "Vernichtung des Weltkulturerbes" bezeichnete -
die "Plünderung" des irakischen Nationalmuseums, nachdem dieses in "die
Hände der Amerikaner fiel". "Die Plünderer brachen ungestört die Magazine
auf, deren Bestände insgesamt über 170.000 Inventarnummern umfassten... der
größte Teil der Kollektionen dürfte geraubt sein." Irakis, die ihm dies
berichteten, wollten "lieber anonym bleiben, weil sie sich vor Repressionen
fürchten".
Die Meldung machte schnell die Runde, aus der Vermutung wurde Gewißheit, aus
der "Vernichtung" in der Süddeutschen ein "Verbrechen gegen die
Menschlichkeit". Was half es da, daß ein großer Teil der verschwundenen
Exponate wieder aufgetaucht, das Nationalarchiv nicht, wie zuvor behauptet
wurde, verbrannt ist und Bagdader Bürger Hunderte mitgenommener Gegenstände
wieder zurückgebracht haben - inklusive dem, was vorher im Museumsshop lag?
Was zählt schon das Leben Hunderttausender, die ermordet wurden, angesichts
des "unschätzbaren Wertes" einiger Tonscherben aus Nebukadnezars Zeiten?
"Seit dem Fall von Bagdad herrscht in der 5-Millionen-Stadt Anarchie",
schreibt Sommerfeld. "Unter Saddam war es schlimm, aber jetzt ist es noch
schlimmer."
Die Rede von dem Chaos im Irak zeugt dabei längst nicht mehr nur vom Wunsch
der Experten, ihre Horrorszenarien könnten am Ende doch noch wahr werden.
Die notwendig falsche Wahrnehmung der deutschen Experten, die in der
Redewendung zum Ausdruck kommt, der Friede sei schwerer zu gewinnen als der
Krieg, trachtet zugleich danach, das Zerrbild des Irak in Wirklichkeit zu
überführen. Denn das Scheitern der anglo-amerikanischen Bemühungen um den
Aufbau einer föderalen Regierung, die den nationalstaatlichen Rahmen des
Irak unberührt lässt, stellt die zentrale Voraussetzung dar für die Rückkehr
Deutschlands in die Politik des Irak.
Bereits im März veröffentlichte die Bertelsmannstiftung das Strategiepapier
"Towards a European Strategy in Iraq", das keinen Zweifel daran ließ, daß
die erste Auseinandersetzung in der Frage der Gestaltung des Irak verloren
ist. "Die Anerkennung der Tatsache, daß ein Regime Change im Irak sicher
bevorsteht", schicken die Autoren des Papiers voraus, "bedeutet nicht, daß
der Krieg oder die Politik der jetzigen US-Administration gutgeheißen
würde." Es gehe vielmehr darum, in der Zeit nach dem unabwendbaren
Regimewechsel, Europa zurückzuführen zu der Rolle einer gestaltenden
Großmacht in Nahost, dem "Hinterhof der EU". Eine Rolle, die Europa ohnehin
zustehe. "Die Bevölkerung der EU wird von heute 371 Millionen auf 539
Millionen wachsen - mehr als doppelt groß also wie die der USA. Das
Bruttoinlandsprodukt liegt etwa 15 % über jenem der USA. Dieses Potential
könnte den Status einer Weltmacht sichern - rund 35 % der Weltproduktion
(USA 27%) und 30% des Welthandels (USA 18%) liegen in Europäischen Händen."
Frankreich und Deutschland müßten nur wieder gemeinsam "den weltpolitischen
Horizont in den Blick nehmen".
Um das Potential gegen Amerika ausspielen zu können, empfehlen die Autoren
nach dem Sturz des Regimes einen "progressive overthrow" im Irak. Was damit
gemeint ist, erläutert Werner Weidenfeld, führender Experte der Stiftung.
Die territoriale Integrität des Irak, so Weidenfeld, könne nur pro-forma
erhalten bleiben, während eine langfristige Neuordnung darauf zielen sollte,
"die administrativen Grenzen der Region zügig zu zerschlagen" (to speedily
demolish administrative frontiers in the region), um das eigentliche
Kernproblem des Nahen Ostens anzugehen, "die artifizielle Teilung der Region
in Nationalstaaten." Eine Neue Ordnung im Irak, die den europäischen
Interessen entspricht, werde nur über eine Neuordnung der gesamten Region zu
erreichen sein. Nationale Grenzen, so das Papier, hätten sich als untauglich
erwiesen, Stabilität und Sicherheit zu garantieren.
Das Papier erinnert verhängnisvoll an die Strategien, die von der
Bertelsmannstiftung bereits angesichts der "Neuordnung des Balkan"
entwickelt wurden. Die Nationalstaaten Osteuropas galten damals als
Hindernis auf dem Weg zu einer "deutschen Vormachtstellung" auf dem Balkan.
Hegemonialpolitik, so das Konzept damals wie heute, müsse die destruktiven
Kräfte von Ethnien und Völkern nutzen. Es ist ein leichter Weg, wie sich
erwiesen hat - und einer, der dem deutschen Gerechtigkeitssinn
entgegenkommt. Wie bereits auf dem Balkan, so fußt auch die Wahrnehmung des
Orients auf der Vorstellung eines Primats ethnischer und religiöser
Selbstbestimmung gegenüber dem Prinzip von Nationalstaatlichkeit und
Individualrechten. Konflikte, so die Logik, entspringen der Künstlichkeit
von Nationalstaaten und nationalen Grenzen sowie der "Inkohärenz" von
Staaten und Gesellschaften, innerhalb derer die naturgemäß widerstreitenden
Kollektive nicht ihr Recht auf Selbstbestimmung erhalten können, ohne das
gesamte Staatsgefüge in Frage zu stellen. Die feste Überzeugung, ein Sturz
des irakischen Regimes werde unweigerlich zum Ausbruch innerirakischer
Kämpfe und dem Zerfall des Staates führen, speiste sich sicherlich auch aus
diesem Mißverständnis, daß Befreiung mit der Durchsetzung des
Selbstbestimmungsrechts gegen den Staat gleichzusetzen sei. Die politischen
Handlungsoptionen, die sich daraus ergeben, bewegen sich zwischen den
Extremen diktatorischer Unterdrückung der aus dem Streben nach
Selbstbestimmung herrührenden Konflikte oder aber der radikalen Zuspitzung
ethnischer Differenzen, mit dem Ziel der vollständigen Auflösung von
Staaten.
So erklärt sich die einführende Erläuterung, der Regime Change im Irak sei
eine zu akzeptierende Tatsache, von alleine. Im Falle des Irak hatte Europa
bekanntlich darauf gesetzt, die Diktatur zu erhalten. Da dies nunmehr
mißglückte, stören Amerikanische Flugzeugträger den Ausblick auf den
weltpolitischen Horizont genauso, wie ein funktionierender irakischer
Nationalstaat. Dies mag erklären, warum Bundeskanzler Schröder, zuvor die
führende Stimme der weltweiten Proteste gegen eine Intervention im Irak,
nunmehr der prominenteste Anwalt ist für eine vollständige Fremdverwaltung
des Landes. Nichts anderes nämlich ist das geforderte UN-Mandat. Denn
partizipieren werden Frankreich und Deutschland in Zukunft nur, wenn die
Irakis selbst nicht zu bestimmen haben. Daß die Strategien der
Bertelsmannstiftung zur Errichtung einer deutsch-europäischen
Vormachtstellung sich bis dato immer als wenig erfolgreiche Hyperkrisie
entpuppt haben, vermag angesichts dessen kaum zu beruhigen. Im Kosovo und in
Bosnien kann studiert werden, wie wirkungsvoll deutsche Völkerpolitik
bestehende gesellschaftliche Strukturen zu zerschlagen in der Lage ist.
Viel Überzeugungsarbeit wird die Bertelsmannstiftung nicht betreiben müssen,
um ihre Strategie in Deutschland durchzusetzen. Schon längst wird jeder
Zwischenfall im Irak in der deutschen Presse mit dem Kommentar goutiert, die
Amerikaner würden halt die Völker des Orients nicht verstehen. "Während in
Afghanistan Gefolgschaft seit jeher erkauft werden kann, ist das in dem
weniger archaischen Irak, wo Schiiten, Kurden und Sunniten miteinander
hadern, nicht so leicht zu machen," weiß Franziska Augstein. Und Heribert
Prantl führt den Gedanken fort. "Die Amerikaner haben mit ihrem Krieg gegen
den Irak den Halys überschritten. ... Der Staat Amerika handelt wie einst
der Titan Kronos, der seine eigenen Kinder gefressen hat, aus Angst, sie
könnten ihm gefährlich werden." Hätte nur der Krösus Bush nicht dem Kronos
Bush die Kinder serviert, sondern statt dessen den Orakeln aus Deutschland
gelauscht, dann wäre alles anders ausgegangen. Ein Reich wäre erhaltern
geblieben, die Museen intakt und die Straßen wären so sicher, wie das Öl im
Besitz des irakischen Volkes. Nunmehr aber ist alles in Frage gestellt.
Konkret 6/2003
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Wadi e.V. - Aussenstelle Wien
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06 Generalstreik in Nigeria
From: piquetero_resistencia@hotmail.com
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Seit Montag (30.6.03) stehen in Nigeria alle Räder still. Der Nigeria Labour
Congress NLC rief zum Generalstreik auf, nachdem die Regierung Obasanjo, um
den Forderungen des IWF zu entsprechen, erklärte, den Benzinpreis im Land -
dem laut junge welt fünftgrössten Erdölexporteur weltweit - zum wiederholten
Mal um mehr als 50% erhöhen zu wollen.

Das wirkt sich bereits jetzt in vielfach verteuerten Fahrpreisen diverser
Transportunternehmen aus und in Brennstoffen, die zum Kochen benötigt
werden, aber für die meisten Menschen nicht mehr bezahlbar sind.

Bei Strassenblockaden und Zusammenstössen mit Polizei und Militär sind nach
Medienberichten bisher zumindest 8 Menschen getötet worden. Die bürgerlichen
Medien machen sich hingegen mehr Sorgen um den Erdölpreis und die
bevorstehende Afrika-Rundreise von US-Präsident Bush, der nächste Woche auch
in Nigeria Halt machen will - dieser bleibt angesichts von Streik und
Staatsterror gelassen und kündigte an, sein "Hotelbett notfalls auch selber
zu machen" (zit. Vanguard 4.7.).

Nach Angaben von Gewerkschaften und Tageszeitungen findet der Streik eine
breite Basis in der Bevölkerung. In den meisten Städten, wie Lagos, Abuja
und Port Harcourt, steht der Betrieb in Fabriken, Häfen, Banken, Schulen,
Ämtern und Geschäften still, ebenso der Verkehr. Landesweit gibt es in
mehreren Städten Demonstrationen und Strassenblockaden.
(http://allafrica.com/stories/200307010001.html). Die UN-Nachrichtenagentur
IRIN berichtet unter Berufung auf Polizeiangaben, dass am Montag in Lagos
und in der südöstlichen Stadt Enugu die Kontrolltower des Flughafens von
Streikenden besetzt wurden, um auch den Flugverkehr lahmzulegen
(http://allafrica.com/stories/200307030643.html) .

Die Aussage von Präsident Obasanjo, er werde die streikenden ArbeiterInnen
bis zur Ermüdung treiben, so wie auch schon beim sechsmonatigen Streik der
Universitätsangestellten geschehen, wird in einer Stellungnahme des NLC als
Kriegserklärung angeklagt. Obasanjo mache damit deutlich, dass er immer noch
in militärischen Kategorien denke und jede Opposition im Rahmen eines
Krieges verstehe, die mit allen Waffen bekämpft werden müsse
(http://allafrica.com/stories/200307020182.html).

Nach Angaben der Zeitung Daily Independent wurden bis Dienstag in mehreren
Städten bei Angriffen der Polizei auf Versammlungen von Streikenden vier
Menschen getötet und 88 Menschen verhaftet
(http://www.socialistnigeria.org/statements/2003/020703.html). Reuters
(1.7.) meldet unter Berufung auf AugenzeugInnen, dass allein in der
Hauptstadt Abuja acht Menschen getötet wurden.
Der NLC-Vorsitzende Adams Oshiomhole, der gegen die Repression der Polizei
protestierte, wird von Reuters mit den Worten zitiert: "Die selbstherrliche
und ungerechtfertigte Gewalt ... hat zur Erschiessung von vier unschuldigen
und unbewaffneten DemonstrantInnen geführt." Den massiven Einsatz von
scharfer Munition und Tränengas bezeichnete er als einen "deutlichen
Rückfall in die dunklen Zeiten der Militärherrschaft".
Nachdem der Polizeichef zunächst den Tod von vier Menschen zugegeben hatte,
zogen die Behörden diese Aussage wenig später wieder zurück - plötzlich
seien Berichte über Tote bei den Protesten "unwahr" oder "nicht bekannt
(http://allafrica.com/stories/200307020562.html).

Die Tageszeitung Vanguard (2.7.) berichtet, dass bei den brutalen Angriffen
der Polizei neben unzähligen Streikenden und PassantInnen auch mehrere
JournalistInnen, u.a. von internationalen Agenturen wie AFP, verletzt und
ihre Kameras zerstört wurden, eine Korrespondentin des Vanguard wurde
verhaftet (http://allafrica.com/stories/200307020531.html). Der Tageszeitung
Thisday (2.7.) zufolge verprügelten Polizisten einen Reporter von Associated
Press so schwer, dass er jetzt im Koma liegt
(http://allafrica.com/stories/200307020395.html).

Laut Vanguard (3.7.) kam es am Mittwoch in Lagos und Abuja zu massiven
Konfrontationen zwischen DemonstrantInnen und der Polizei. In Abuja löste
die Stürmung eines Marktplatzes eine Massenpanik aus, bei der zahlreiche
Menschen verletzt wurden (http://allafrica.com/stories/200307040035.html).
Die junge welt (3.7.) schreibt: "Als die Polizei am Montag eine
Demonstration von über 1000 Streikenden vor den Regierungsgebäuden in Abuja
angriff, wurden mindestens drei Journalisten und eine unbekannte Zahl von
Gewerkschaftern verletzt. »Die Polizei hat viele unserer Leute verprügelt.
Ich wurde selbst mit Tränengas besprüht«, berichtete Adams Oshiomhole, der
Vorsitzende des nigerianischen Gewerkschaftsdachverbandes NLC.
(http://www.jungewelt.de/2003/07-03/006.php).
In Port Harcourt (Niger-Delta) wurde eine Demonstration von 3.000
SchülerInnen und StudentInnen, die eine Hauptstrasse blockierten, von der
Polizei mit scharfer Munition und Tränengas angegriffen - Verletzte soll es
dabei laut Reuters (3.7.). nicht gegeben haben. Hingegen berichtet IRIN
(3.7.), dass bei der Demonstration in Port Harcourt mindestens drei Menschen
von der Polizei erschossen wurden
(http://allafrica.com/stories/200307030643.html).

Die Preiserhöhung, die auch Diesel und Kerosin betrifft, wird von der
Regierung Obasanjo damit gerechtfertigt, dass der Benzinpreis "ohnehin
niedrig" sei und nur auf diesem Weg eine regelmässige Versorgung mit
Brennstoffen und neue Kapitalinvestitionen möglich seien. Die trotzkistische
Democratic Socialist Movement DSM stellt dazu fest, dass diese Argumentation
von den Befürwortern der neoliberalen Liberalisierungspolitik seit Jahren
wiedergekaut werde, welche die Politik sämtlicher (bis 1999 fast
ausschliesslich Militär-) Regierungen kennzeichne, seit der Durchsetzung der
IWF-Strukturanpassung 1986 unter General Babangida. Folgerichtig begründet
die DSM ihre Unterstützung für den Streik damit, dass die Preiserhöhungen
einen weiteren Schlag gegen die verarmte Mehrheit der Bevölkerung und die
ArbeiterInnenklasse Nigerias bedeuten, während allein die herrschende Klasse
und die mit ihnen verbündeten Erdölkonzerne (Shell, Chevron, Mobil,
Total-Elf u.a.) davon profitieren
(http://www.socialistnigeria.org/paper/2003/july-aug/3.html).

Nachdem der Gewerkschaftsdachverband NLC die Preiserhöhung für unannehmbar
erklärt hatte, wurde für den 30.6. der Generalstreik angesetzt. Der NLC
beharrte zunächst auf der Beibehaltung des alten Preises von 26 Naira, der
ohnehin unter der Regierung Obasanjo schon mehrmals hinaufgesetzt wurde.
Schon 2000 und 2002 reagierte der NLC darauf mit Streiks, die aber nach
Aushandlung von Kompromissen, sprich: Hinnahme von geringeren
Preiserhöhungen durch den NLC, schnell wieder abgeblasen wurden. Der
Generalstreik vom Januar 2002 wurde nach zwei Tagen abgebrochen, nachdem ein
Gericht den Streik für "illegal" erklärt hatte
(http://www.labournet.de/internationales/ng/nigeria.html).
Die Verhandlungen zwischen NLC und Regierung sind bisher ergebnislos
verlaufen, dennoch ist der NLC bereits von seiner ursprünglichen Forderung
abgerückt und zeigt sich "gesprächsbereit" über eine geringere Preiserhöhung
(32 Naira). Der NLC-Generalsekretär John Odah wird von Reuters (3.7.) mit
den Worten zitiert: "Wenn der Streik in die zweite Woche tritt, dann werden
wir ab Montag die Massenaktionen im ganzen Land verstärken." Als nächster
Schritt werden dabei Aktionen des zivilen Ungehorsams angedacht.

Die beiden Gewerkschaften der ErdölarbeiterInnen, NUPENG und PENGASSAN, die
schon den politischen Streik 1994 gegen die Diktatur von General Abacha
wesentlich getragen hatten
(http://www.greenleft.org.au/back/1998/325/325p20.htm), haben angekündigt,
sich dem Streik anzuschliessen. Während Anfang der Woche ArbeiterInnen von
NUPENG bereits begonnen haben, schrittweise die Arbeit auf den
Förderstationen (grösstenteils im Niger-Delta) niederzulegen, macht die
Gewerkschaftsführung einen völligen Arbeitsstop vom Fortgang der
Verhandlungen abhängig (http://allafrica.com/stories/200307050206.html).
Thisday berichtet (2.7.), dass zumindest in Port Harcourt (Rivers State),
mit Ausnahme der Angestellten der staatlichen Nigeria National Petroleum
Corporation (NNPC), die ArbeiterInnen in sämtlichen Erdölbetrieben,
inclusive Chevron und Shell, streiken
(http://allafrica.com/stories/200307020429.html) - was von der
Unternehmensführung bestritten wird.
PENGASSAN richtete an die Regierung ein Ultimatum bis Sonntag (6.7.) - dann
werde bei ergebnislosen Verhandlungen eine totale Stilllegung der
Erdölindustrie erfolgen. PENGASSAN fordert weiters von der Regierung,
innerhalb der nächsten 6 Monate die vernachlässtigten Raffinerien in Nigeria
wieder in Betrieb zu nehmen und die Korruption in diesem Sektor zu bekämpfen
(http://allafrica.com/stories/200307020182.html).

Gleichzeitig erklärten auch militante Gruppen im Niger-Delta ihre
Unterstützung für den Streik. Deren politische und soziale Forderungen
gegenüber Ölkonzernen und Staat werden von den bürgerlichen Medien
gewöhnlich hinter dem Schlagwort der sog. "ethnischen" Konflikte vernebelt.
So kritisierte die Ijaw Monitoring Group IMG, dass sie vom Streik-Beschluss
des NLC viel zu spät informiert wurde um für Proteste zu mobilisieren.
Jedoch bestehe bei Fortdauer des Streiks ja noch die Möglichkeit, die
Erdöl-Terminals im Niger-Delta zu besetzen
(http://allafrica.com/stories/200307020561.html).

Solidaritätserklärungen und aktive Unterstützung für den Streik kommt
weiters vom Joint Action Council Against Hike in Fuel Price (JACAHFP)
(http://www.socialistnigeria.org/campaigns/fuel30-6-03.html), von
Menschenrechtsgruppen, StudentInnen- und Jugendorganisationen wie auch von
Oppositionsparteien wie der linken National Conscience Party NCP
(http://www.socialistnigeria.org/paper/2003/july-aug/1.html).
In einer Stellungnahme der National Coalition of Youth Movements in Nigeria
NACYMN heisst es: "Die Benzinpreise wurden mehr als 15 mal und während der
Regierung Obasanjo drei mal erhöht, ohne bei der Entwicklung von
Infrastruktur irgendwas vorweisen zu können. Die Raffinerien sind
unproduktiv geblieben, obwohl eine riesige Menge an Geld in ihre Erhaltung
gesteckt wurde. Wie können wir erklären, dass die Regierung Nigerias, trotz
der gigantischen Einnahmen durch das Erdöl, über die Jahre nicht fähig
gewesen ist, die vier Raffinerien effektiv zu erhalten, geschweige denn neue
zu bauen?" NACYMN ruft die Bevölkerung daher auf, den Kampf für ihre Rechte
fortzusetzen (http://allafrica.com/stories/200307020333.html).

Auch United Action for Democracy UAD ruft zur Verstärkung von Massenaktionen
auf. Die UAD bezeichnete die durch die Benzinpreiserhöhung ausgelöste Krise
als grösste Bedrohung für die Demokratie und forderte den Rücktritt des
Präsidenten sowie die Einsetzung einer souveränen nationalen Konferenz:
"[..] Mit Schmerzen stellen wir fest, dass das Regime mit Gewalt auf den
gegenwärtigen Widerstand der Bevölkerung gegen die Preiserhöhungen
antwortet. Wir verurteilen einstimmig: die Ermordung von unbewaffneten
DemonstrantInnen im ganzen Land durch die Armee und Sicherheitskräfte, vor
allem durch die Polizei; die Schikanierung und Verhaftung von
GewerkschafterInnen, AktivistInnen und auch JournalistInnen [..]; die
Besetzung von Büros des Nigeria Labour Congress (NLC) in Abuja, Ogun State
und weiteren Teilen des Landes und die Drohung von General Obasanjo, die
Bevölkerung Nigerias zu besiegen, so wie er ASUU [die Gewerkschaft der
Universitätsangestellten] besiegt hat.
(http://allafrica.com/stories/200307040037.html)

Wohl aus ganz anderen Gründen erklärte auch die All Nigeria People´s Party
ANPP ihre Unterstützung für den Streik - die ANPP, zweitstärkste Partei und
im wesentlichen die politische Vertretung der konservativen Oberschicht und
des Militärs im Norden, anerkennt die Wiederwahl Obasanjos im vergangenen
April nicht und reichte bereits eine Gerichtsklage wegen Wahlfälschung ein
(http://www.jungle-world.com/seiten/2003/18/807.php -
http://www.jungle-world.com/seiten/2003/15/677.php).

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07 France: Cultural workers to strike in holiday
From: www.workerspower.com
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>>FRANCE: CULTURAL WORKERS TO STRIKE IN HOLIDAY PERIOD
Workers Power Global, Paris
If you're planning on going to a cultural festival in France this summer,
or even on taking the kids to EuroDisney, think again: for the first time
in decades, the class struggle is disrupting that most sacred period of the
year – the holidays.
More than 100,000 workers in France's huge cultural sector are
demonstrating and taking strike action, with the inevitable cancellation of
concerts and shows, and even of whole festivals, such as the Montpellier
Dance festival, which was abandoned by its organisers due to the threat of
strike action.
On Tuesday 8 July there will be a general strike of all cultural sector
workers. This is also the day that the massive and prestigious Avignon
theatre festival opens. If Avignon is cancelled, this will be a huge blow
to the Chirac government's pretence to have restored social peace after the
tumultuous strikes over pensions and teachers' conditions that took place
in Spring.
The strikers – actors, dancers, technicians, administrators, Mickey Mouse
"cast members" – all work on short-term contracts, hence their French name
"intermittents du spectacle". Because they have long periods of
unemployment between jobs, they have a special system which gives them
relatively decent benefits when they are unemployed.
The number of intermittents has doubled over the last decade, as large
numbers of workers, including people such as full-time technicians at the
Paris Opera or TV cameramen, have been stripped of their old status and
have been reclassified as "intermittents" in order to reduce the bosses'
contributions to health and unemployment benefits. Furthermore, because the
capitalists have been refusing to pay sufficiently into the benefit funds,
these funds are massively in debt and being continually bailed out by the
state.
All that is about to change thanks to a "reform" imposed by the bosses and
the government. By decreasing from 12 to 10 months the period in which
intermittents must have worked a given number of hours to be able to get
their unemployment benefit, the "reform" will drive tens of thousands of
workers out of the sector (the CGT union estimates the figure at 30% of all
intermittents), or will oblige them to accept a massive reduction in their
living standard, which is already extremely low.
Like the whole of France's unemployment benefit system, that of the
intermittents is run jointly by bosses, government and trade unions. In
other words, the unions end up being drawn into a system that, in times of
crisis, can only be run to the benefit of the bosses and to the detriment
of the workers. In other words, it is a trap, a living expression of the
dangers of class collaboration.
As in the dispute over pensions that rocked the country earlier in the
year, the CFDT union once again decided to play the role of boss's toady,
and to sign up to a blatantly anti-working class deal, arguing that
otherwise the whole system would collapse. The idea that the bosses should
pay rather than the workers could never occur to these wretches!
However, the CFDT and the other unions that signed up to the deal represent
a very small minority of workers in the sector. The CGT, the main union
representing intermittents, has denounced the deal and – perhaps hoping to
regain prestige lost over the pensions debacle – has launched a major
campaign against it.
With the enthusiastic support of and pressure from the intermittents, it
seems unlikely that the movement will stop in time to allow the Avignon
festival to go ahead, despite the government's promise of some last minute
"improvements", which should be announced on Monday.
Other cancellations due to strikes and demonstrations will undoubtedly
follow for as long as the government continues with its attack.
The importance of this movement should not be underestimated. The cultural
sector is far more important than might first appear - the rash of
festivals that breaks out each summer is a vital part of France's tourist
industry, which is the biggest in the world and worth billions of dollars.
Above all, however, this is a strike of enormous political importance.
After the collapse of the fightback against the pensions "reform" and the
defeat of the teachers over the key part of the plans for "decentralising"
education, the Raffarin government hoped that it had weathered the worst of
the storm and that it might be able to impose social peace.
The intermittents are showing that will not happen and proving that the
government is not so strong as it likes to make out. With the teachers and
the public sector workers promising to be back on the streets in September,
the intermittents look as though they are going to keep the class struggle
pot boiling over the summer months.
However, as with the previous movements, the intermittents must not trust
their union leaders, no matter how radical they may seem. Only workers'
democracy and workers' action, based on rank and file control of the
movement, can put an end to the government's plan.

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08 Top Secret Iraqui Documents
From: wadi_wien@hotmail.com
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Top secret Iraqi document reveals Kurdish girls sent to harems and
nightclubs in Egypt
02/07/2003 KurdishMedia.com
London (KurdishMedia.com) 02 July 2003: A document was recently captured in
the Kurdish city of Kirkuk, which reveals atrocities of the Iraqi regime
conducted during the Anfal genocide campaign against Kurds.
The document is dated 10 December 1989, classified as "top secret express"
and issued by the Directory of Intelligence city of Taamim [Kirkuk] and sent
to the General Directory of Intelligence in Baghdad. It reveals that the
Iraqi regime detained a number of Kurds, among them "a group of girls aged
between 14 to 29," the document notes.
"We have sent a group of these girls to the harems and nightclubs of the
Arab Republic of Egypt. In reply to your response, we have enclosed the
names and ages of every one in this group. With regards." The document is
singed by the directory of Intelligence city of Taamim [Kirkuk].
Anfal was the genocide campaign of Kurds designed by the Iraqi regime to
provide the final solution to the Kurdish issue in South Kurdistan. No one
yet has understood what Anfal exactly was, how many people were killed,
where their graves are and the fate of survivors. No compensation has been
given to the families of the victims nor is there any plan of doing so.
This document is a vital piece of the Anfal jigsaw. For the first time,
there is evidence that shows the involvement of another Arab state in the
Iraqi regime´s genocide of Kurds. Ironically, it is a country known to be
sympathetic towards the Kurds and which shares historical links with the
Kurds since the days of Saladin. The Kurdish political parties and their
leaders are in good terms with Egypt. This at the same time also raises
another question: how many other Arab states were involved in the Anfal
genocide?
Egypt now is responsible for tracing the girls whose names appear in the
document. Egypt must also declare its involvement in the Kurdish genocide
and how many more people were transferred to Egypt during the Anfal
operation.------------------------------------------------
Wadi e.V. - Aussenstelle Wien
Spendenkonto in Österreich:
Kontonummer 56001 069 352
Bank Austria Creditanstalt BLZ 12000
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Website mit weiteren Informationen zu Projekten von Wadi e. V. und
politischen Hintergrundinfos: www.wadinet.de

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09 Ireland Display of Militancy at the Special Olymipics
From: www.workerspower.com
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>>IRELAND: DISPLAY OF MILITANCY AT THE SPECIAL OLYMPICS
Workers Power Global, Galway
The Special Olympics have just ended in the 26 counties. They were a great
success. The government, up to its neck in savage cuts, had the propaganda
tables turned against them several times as the anti-government forces
repeatedly pointed out that they were opportunistically jumping on the
Special Olympics bandwagon to gain a much needed bit of good publicity.
However there were forces hostile to the moves to equality for people with
disabilities most notably multi-millionaire manager of the dick-head pop
groups Boy Zone and Westlife -Louis Walsh. This Culchie did point out that
Ahern and Co were jumping on a bandwagon; and that the Olympics over, they
would carry on the neglect of the special Olympic athletes and their
families and services.
Walsh – a smaller and younger version of Dennis Thatcher - then went on to
condemn the Special 0lympics saying the last thing present day Ireland
wanted was such a funeral-like event. But the Special Olympics turned out
to be the polar opposite of a funeral due to the spirit of the athletes,
the often unmentioned heroism of their parents their families, their health
workers, and the massive support they enjoyed in the Irish population. And
they did two other very important things.
First. they boosted the confidence of the athletes to speak out – many of
them arguing militantly for a combination of full equality and special
services adequately financed by the government.
Second, they struck a major blow against incipient and rising Irish racism.
The population, especially working people in town and country, women, youth
and students, rallied in every town and city district to welcome them. They
organised welcoming committees without the slightest worry about race,
colour or creed. And Special Olympic athletes with variously-sized support
groups came from every country on earth.
One event also showed what the athletes and their masses of supporters
thought of Louis Walsh. An elephant that was part of a support march near
Waterford relaxed on the motorway and took a big dump. Immediately the
Special Olympic athletes christened it "Louis Walsh" and, pointing to the
massive heap of shite, shouted his name at it for at least 5 minutes.
Meanwhile, Ireland's postal workers – long an element of the vanguard of
the Irish working class – walked out en mass in an unofficial hour strike
against a racist attack in Galway GPO on Nigerian asylum seekers on 26
June. The immediate trigger for their strike action was in opposition to a
man who kept shouting racist abuse at the black asylum seekers.
The racist management in the GPO condemned the strike as a "...a
disgraceful piece of work" which "...left pensioners in the lurch". These
hypocrites only shed tears for their customers when workers' strikes or
struggles are being planned or underway.
The postal workers also attacked the government for their savage cuts and
their plans to starve the public sector towards privatisation. Due to this
there was not enough staff to deal promptly with events like the attack on
the Nigerians – and a drastic lack of security staff.
This strike, small and all as it was in space and time, shows a key way for
workers of the world to give a lead in fighting the divisive poison of
racism wherever it raises its reactionary head.

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REZENSION
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10 Denunziert
From: Karl Pfeifer
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Denunziert
von Karl Pfeifer
Herbert Dohmen und Nina Scholz, die Autoren dieses Buches haben ein dunkles
Kapitel der österreichischen Geschichte 1938-1945 dokumentiert. Sie
schildern anhand von trockenen Akten menschliches Versagen und Schwächen so
spannend, wie das Historiker gewöhnlich nicht tun. Die "main stream" Medien
haben in ihren Rezensionen bereits detailliert über den im Buch
geschilderten Fall einer Wienerin berichtet, die nur fünf
Volksschulklassen besuchte, Mutter von sieben Kindern, die mit einem Juden
verheiratet war und die es fertig brachte Mann und Kinder zu denunzieren.
Es gab also Denunziationen ohne jede Grundlage, um sich, wie in diesem
Fall, von einem Ehepartner und Kindern auf bequeme Weise zu trennen oder um
einen Posten zu ergattern.
Dann aber gab es Fälle, z.B. wenn in vielen Fällen im alkoholisierten
Zustand die "Errungenschaften" der Nazi angezweifelt wurden oder gar eine
judenfreundliche Bemerkung gefallen ist.
Die Autoren zeigen auf, dass die Mehrheit der Österreicher tatsächlich
empört war, "wenn jemand über den "Führer" herzog und ihn verächtlich
machte, wenn jemand abfällige Äußerungen über die Erfolge in der
Wirtschafts- und Sozialpolitik machte oder sich gar kritisch über die
allerorts als erhebend empfundenen Siege im "Blitzkrieg" äußerte. Die im
Vergleich zur Gesamtsbevölkerung gesehen wenigen Unzufriedenen,
Nichtkonformen oder gar Widerständigen wurden so sie sich äußerten als
Störenfriede erbarmungslos verfolgt, von der Bevölkerung wie von der
Führung."
Nach dem Krieg versuchte man der Welt zu erklären, dass man ja mittun
mußte, denn sonst wäre man ja in das KZ gekommen, das war Teil der
Verdrängungs- und Verteidigungsstrategie. "Die einseitige Interpretation
des Nationalsozialismus als Terrorrsystem, bei dem jeder mittun musste, ist
von der Forschung als Mythos entlarvt worden ein Mythos, bei dem der
"allmächtigen Gestapo" die Funktion eines Sündenbocks für die bereitwillige
Gefolgschaft von Millionen zukommt."
Für Österreich gab es bislang keine Publikationen über Denunziationen im
Nationalsozialismus, sieht man von der Arbeit Hans Schafraneks über V-Leute
der Gestapo und deren Erfolge bei der Unterwanderung kommunistischer
Widerstandsgruppen ab. Die Wiener Historiker Hans Safrian und Hans Witek
gaben 1988 ein Buch heraus, das Zeugnis von der Judenverfolgung in den
ersten Monaten nach dem "Anschluss" ablegt und in dem sich u.a. auch
Denunziationsbriefe an hohe NS-Stellen in Wien finden. Unumstritten ist der
atemberaubende Blick, der sich durch diese Dokumente auf die Tatsache
eröffnet, dass die jüdischen Einwohner Wiens über Nacht von zahllosen
Mitbürgern zu rechtlosen Objekten degradiert wurden, jedem Verbrechen und
jeder Gemeinheit schutzlos ausgeliefert.
Die Autoren behandeln die begriffgeschichtliche und strafrechtliche Seite
der Denunziation. Die NS-Justiz und die neu geschaffenen Gesetze, die der
Denunziation erst Tür und Tor öffneten werden eingehend beleuchtet. Die
drei Hauptquellen: Zuschriften aus der Bevölkerung an Reichskommissar Josef
Bürckel, Gerichtsankten der NS-Zeit und Gerichtsakten der österreichischen
Nachkriegsjustiz. Es wird auch die Ambivalenz des NS-Staats gegenüber dem
Phänomen der Denunziation sowie dem Zusammenhang von Denunziationen und
Gestapoerfolgen aufgezeigt.
Die Autoren haben anhand von repräsentativen wie auch einigen
außergewöhnlichen Fallbeispielen einen Einblick in die Alltagsgeschichte
des Nationalsozialismus gegeben. All das war "die Folge eines Konsenses,
der auf dem Versprechen einer wunderbaren Utopie fußte der Utopie von
einer idyllischen, weltbeherrschenden "Volksgemeinschaft", ohne Konflikte,
ohne Parteien, ohne Demokratie, von Sklaven bedient" (Yehuda Bauer vor dem
Deutschen Bundestag am 27. Januar 1998)
Die "wunderbare Utopie" beflügelte die Menschen. Die Begeisterung, die
Zustimmung, die wir aus Filmen und Fotos jener Zeit, aus Briefen und
Zeitzeugenberichten kennen und die viele nur allzu gern als pure Propaganda
entlarven würden, dürfen als echt angesehen werden. Das hat 1945 nicht
aufgehört. Man denke nur an das bis vor kurzem oft gehörte "Unter Hitler
hätte es so etwas nicht gegeben!".
Die Autoren heben nicht den moralischen Zeigefinger, sie schildern nüchtern
wie es gewesen ist, wozu viele Österreicher sich hergaben. Um so
bewunderunswürdiger sind die allzu wenigen, die sich diesem braunen Strom
entgegenstellten. Und die Verfasser haben das manchmal tragische Schicksal
von solchen Menschen, Deserteure, Kommunisten, Monarchisten, Priester,
Arbeiter, Angestellte und Hausfrauen, die Opfer der Denunziationswut
wurden, beschrieben. Sie zeigen aber auch, dass zur "Volksgemeinschaft"
gehörende "Arier" eine Chance erhielten eine Denunziation als Verleumdung
zu entlarven, Juden und Roma dagegen waren schutzlos der NS-Justiz
ausgeliefert, die meisten dieser Denunzierten überlebten nicht.
Herbert Dohmen / Nina Scholz
Denunziert
Czernin Verlag Wien, 2003,
ISBN 3-7076-0155-2, ?uro 27,-
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Redaktionsschluss: 07. Juli 2003, 23.00 Uhr
Diese Ausgabe hat Claudia Volgger widerstand@no-racism.net
zusammengestellt



Fehler möge frau/man mir nachsehen!