02 Willkommen zur ersten
Ausgabe von boeses:oesterreich!
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Gepostet von: Rosa Antifa Wien, raw@swi.priv.at
Dies ist unser neuer monatlicher Newsletter, der ueber die aktuelle
Situation in Oesterreich (und ueber die Auswirkungen der neuen Regierung)
informieren soll. Entschlossen haben wir uns dazu, da wir bemerkt haben,
dass die Wissenslage ueber den realen Zustand in Oesterreich speziell in
anderen Laendern sehr gering ist. Die Regierung hat es geschafft, dass mit
der Diskussion ueber die EU-"Sanktionen" der alltaegliche Wahnsinn dieses
Landes aus dem Blickfeld der internationalen Oeffentlichkeit verschwindet.
Dem wollen wir entgegenarbeiten, um zu verhindern, dass es zu einer
"Normalisierung" der rechts-rechtsextremen oesterreichischen Regierung
kommt. Das tun wir auch aus ganz egoistischen Gruenden, ist doch die
internationale Beobachtung etwas, dass uns im Moment noch vor Schlimmeren
bewahrt. Gerade darum ist es auch aeusserst erwuenscht, dass dieser
Newsletter so breit wie moeglich verteilt wird, damit so viele Menschen wie
moeglich von den Zustaenden in Oesterreich erfahren. Also: Verbreiten,
verbreiten, verbreiten! Natuerlich ist es auch moeglich dieses Material
(auch auszugsweise) fuer Zeitschriften zu verwenden, schickt uns halt
zumindestens ein Mail, wenn ihr dies tut.
Eintrag in die Mail-List unter raw@swi.priv.at
03 Spuren des migrantischen
Widerstands / TEIL 1
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von Manuela Bojadzijev und Vassilis Tsianos (Kanak Attak)
gepostet von: Ljubomir@magnet.at
Der Artikel ist erschienen in der Nr. 244 der nord-südpolitischen
Zeitschrift iz3w (informationszentrum dritte welt-Freiburg). Mehr zu Kanak
Attak auf ihrer Homepage: www.kanak-attak.de
In der antirassistischen Szene ist es mittlerweile ein Allgemeinplatz, den
zivilgesellschaftlichen Multikulturalismus als Rassismus zu kritisieren. Der
gesellschaftlich anerkannten Präsentation von kulturellen Unterschieden -
z.B. kulinarische bei Stadtteilfesten, brasilianischer Fußballzauber in der
Bundesliga - steht häufig eine antirassistische Praxis gegenüber, die
versucht, rassistische Zuschreibungen durch eine andere Bewertung von
migrantischen Identitäten produktiv zu wenden (z.B. hybride
Gegenidentitäten, siehe hierzu die Beiträge von Hess/Lindner, iz3w 226/23,
und die Kritik daran von Felix Kurz, iz3w 227 und Udo Wolter, iz3w 229).
Dabei geht es um die Frage nach der (korrekten) Repräsentation von
nicht-deutschen Menschen und um die Frage nach Identität und Gegenidentität.
Gegen diese antirassistische Theorie und Praxis wurden im Laufe der
neunziger Jahre verstärkt Stimmen laut, Stimmen, die den gängigen Antirassis
mus pauschal als Identitätspolitik kritisierten. Es wurde eingewandt, dass
vor lauter Repräsentationspolitik die sozialen und ökonomischen Aspekte des
Rassismus aus dem Blick gerieten (die so genannte Verdrängung des Sozialen).
Der folgende programmatische Text aus einem Diskussionszusammenhang der
Gruppe Kanak Attak schlägt deshalb einen Perspektivwechsel vor: Die
(durchaus notwendige) Kritik am Zelebrieren von Gegenidentiäten sei zu
pauschal, sie führe den migrantischen Antirassismus nicht weiter. Demge-
genüber sei über die Suche nach der Geschichte des migrantischen Widerstands
zum einen gewährleistet, dass das verdrängte Soziale wieder in die Analyse
des Rassismus aufgenommen wird. Zum anderen sehen die Autorin und der Autor
in dieser Geschichte Spuren eines Widerstands, der Rassismus auf der
Alltagsebene bekämpft. Diese Spuren gelte es freizulegen, um den »Kämpfen
und den Menschen ihre ,Würde' zurückzugeben.«
Migrantischen Antirassismus pauschal als »Identitätspolitik« zu kritisieren,
war in den neunziger Jahren genauso verbreitet wie problematisch. Das
gleiche trifft auf repräsentationspolitische Analysen des Rassismus zu. Mit
großer Beliebtheit verhandelte man Rassismus allein als ideologisches
Phänomen, das entweder über eine (Neu-)Bewertung der migrantischen
Identitäten oder über ihre stärkere Repräsentation zu bekämpfen sei.
Rassismus lässt sich aber überhaupt nicht verstehen, wenn man ihn allein als
ein partikulares oder allgemeines System der Repräsentation konzipiert und
die Frage nach der Herrschaft erst retrospektiv stellt. Diese Frage ist
immer schon in das theoretische Konzept mit einbezogen.
Sucht man einen Ausweg aus rassistischen Verhältnissen mit einer
Machtanalyse, wie sie repräsentationspolitische Analysen vorgeben, bleibt
man bei dem Problem der stereotypisierenden Gruppenkonzeptionen hängen.
Rassismus gilt dann als separat von anderen Herrschaftsverhältnissen für
bekämpfbar, weil die Macht der diskursiven Durchsetzbarkeit der
Gruppenkonstruktionen irrtümlichweise mit der Macht zur Aufrechterhaltung
der Bedingungen des antagonistischen Verhältnisses, in dem sie zueinander
stehen, gleichgesetzt wird. Rassistische Macht befindet sich weder im Besitz
einer dominanten Gruppe, noch erschöpft sie sich in den konkreten Modi ihrer
Ausübung. Sie ist in den Kräfteverhältnissen verankert, die sie
kontrollieren muss, um überhaupt existieren zu können. Die aktuelle
staatliche Flüchtlingspolitik zum Beispiel, ist nicht nur in ihrer Ausübung
rassistisch, sie ist auch Ausdruck einer gelungenen Politik der ethnischen
Stratifikation. In der reduktionistischen Machtkonzeption der
Repräsentationspolitiken taucht Widerstand deshalb im besten Fall als
abstraktes, appellatives oder moralisierendes Prinzip auf. Die
antirassistische Praxis ist darin fortwährend im Begriff, sich zwischen
Stilllegung und voluntaristischem Wunsch nach Veränderung einzuschließen.
Obwohl inzwischen als allgemeiner Topos gilt, dass Rassismus kein
universalgeschichtliches Phänomen ist, bleibt in den meisten
Rassismustheorien die Frage nach den historisch bestimmten politischen und
ökonomischen Bedingungen offen. Rassismus, besser: Rassismen, funktionieren
sowohl auf politischer, sozialer wie auf ökonomischer Ebene als Ein- und
Ausschlussmodi, die sich im institutionellen System verdichten und durch
staatliche Institutionen weiter ausgearbeitet werden. Für unseren
Zusammenhang ist entscheidend, dass durch den staatlichen Rassismus nicht
nur stereotypisierende bzw. stereotypisierte Gruppen hervorgebracht werden,
sondern dass darüber hinaus auch deren Verhältnis als Antagonismus reguliert
wird.
Die repräsentationsorientierte antirassistische Analyse macht einen Umweg:
Sie identifiziert und autorisiert erst einmal identitäre Subjekte und
Gruppen, um diese daraufhin zu dekonstruieren. Das Dilemma solcher häufig
postmodern orientierter Ansätze ist, dass sie zwar
ie »Antworten« historisieren, aber nicht die »Fragen« auf die diese eine
Antwort erst darstellen. So kommt es denn auch unter dem Motto »für und mit
Ausländern Politik machen« machmal zur Bereitschaft, »kulturelle
Identitäten« von Migrantinnen und Migranten zu zelebrieren. Dabei wird über
die Präsentation dieser Identitäten a priori deren antirassistischer Gehalt
unterstellt. Unsere Kritik des antirassistischen Wissens und seiner
Ambivalenzen besteht auf einen feinen Unterschied: Man muss den
migrantischen Antirassismus als einen Prozess ohne Subjekt denken und darf
Widerstand nicht als einen Reflex auf Rassenkonstruktionen, sondern als
konfliktuellen Prozess der Herausbildung und Entwicklung von
Rassenkonstruktionen selbst begreifen. In diesem Prozess realisiert sich
nicht nur der Rassismus, sondern in ihm muss sich auch der Antirassismus
verorten. Rassismus darf deshalb nicht getrennt von Antirassismus verstanden
werden.
Rassistischer Teufelskreis
Uns interessieren zwei Fallen dieses reduktionistischen Antirassismus, der
in genau den rassistischen Teufelskreis verstrickt ist, den er durchbrechen
will. Dieser entfaltet seine Wirksamkeit zum einen über seine ein- und
ausschließenden Effekte. So wird beispielsweise die Bedingung der
Möglichkeit einer partiellen Teilnahme der Migrantinnen und Migranten an
einer antirassistischen Politik über einen unterordnenden Einschluss
hergestellt. Der Antirassismus reproduziert darin zwei einander ergänzende
Wahrnehmungsmuster: Migrantinnen und Migranten tauchen nur als Problem
und/oder als zu beschützendes Opfer auf, in jedem Fall als Objekt.
Zum anderen funktioniert der Teufelskreis als Mechanismus, den migrantischen
Widerstand als »Identitätspolitik« per se zu bewerten - sein Wissen, seine
Praxen und Wirkungen an- oder abzuerkennen. Doch die abstrakte Kritik an
Identitätspolitiken ist in der antirassistischen Diskussion zu einem
Allgemeinplatz verkommen. Der prinzipielle Anti-Essentialismus kritisiert
die im Kampf entstehenden Identitäten; der Grund ihres Entstehens und das,
was sie angreifen, bleiben unerwähnt. Insofern bleibt die Diskussion um »Pro
und Contra Identität« in genau dem Rassismus verfangen, der ihren
Ausgangspunkt darstellt. Die favorisierten Lösungen
wie »Hybridität« oder »Identitätsguerilla« verlegen ihren Ausgangspunkt auf
eine Kritik der Repräsentation und ignorieren die sozialen Kämpfe gegen den
Rassismus. Nicht zuletzt geben sie die vom Rassismus erzeugte Aporie an die
den Rassismus bekämpfenden Subjekte als Vorwurf zurück. Der Vorwurf
der »Identitätspolitik« gerät aber auch leicht zu einer Bezeichnungspraxis
mit dem Ziel, die Klärung der tatsächlich problematischen Ambivalenz der auf
der Basis zugeschriebener und einverleibter identitärer
Herkunftsmarkierungen und minoritärer Strategien mehr oder weniger
provokativer Selbstermächtigungspraxen von Migranten durch einen pauschalen
Disziplinierungsvorwurf zu umgehen. Dieser Vorwurf eignet sich ideal dazu,
der eigenen kulturalistischen Verstrickung offensiv zu entgehen. Die Frage
wer über wen die Definitionsmacht besitzt, wird verschwiegen.1 Dabei geht
die Herausforderung eines kanakischen Selbstvertretungsanspruchs verloren.
Demgegenüber muss man die historischen Formen der Identitätspolitik mit den
Bedingungen ihres Entstehens und den politischen Anliegen in Beziehung
setzen. Man wäre nicht mehr gezwungen, Identitäten entweder (strategisch) zu
akzeptieren oder aber kategorisch zurückweisen, sich zwischen Essentialismus
und Nominalismus zu entscheiden, sondern kann historische Kriterien zur
Beurteilung des Nutzens bestimmter Politiken entwickeln. Wir meinen, dass es
darum geht, die Mechanismen, die Zwänge, die Begrenzungen und Ambivalenzen,
die der migrantische Antirassismus trotz »bester Absichten« hervorbringt,
betonen zu müssen.
Primat des Widerstands
Wir wollen also einen Perspektivwechsel vorschlagen. Als Bezugspunkt unserer
Überlegungen im Kontext des ambivalenten Zusammenspiels von Antirassismus
und Identitätspolitik ist das Primat des Widerstands immanent aus der
Geschichte über die real-empirische Existenz der Ethnifizierten
voranzutreiben. Der Antirassismus ist in einer Krise, die für uns mit den
Formen bisheriger linker wie auch migrantischer antirassistischer Politik zu
tun hat. Bezüglich der antirassistischen Kämpfe von Migrantinnen und
Migranten lassen sich in den neunziger Jahren drei unterschiedliche Stränge
sehr kurz und typologisch benennen.
Man könnte den migrantischen Lobbyismus als Identitätspolitik par excellence
betrachten. Entstanden in den siebziger Jahren und im Kontext der
Entradikalisierung migrantischer Arbeits- und Wohnkämpfe, mobilisierte eine
breite Schicht von bis dato »apolitischen« Migrantinnen und Migranten
kollektive Praxisformen. Der per Ausländergesetz festgeschriebene Ausschluss
von politischer Partizipation, das ganze Repertoire perfider
Schwierigkeiten, die die Nachkriegs-BRD den Migrantinnen und Migranten
machte, die rückkehrorientierten Regulationsmodi des Aufenthaltsstatus
(Saisonarbeiter, Gastarbeiter), d.h. die historisch spezifischen Formen der
rassistischen Ausgrenzung, lieferten den Rahmen, in dem sich der
migrantische Widerstand formieren konnte.
Für die Aktivistinnen und Aktivisten der ersten Generation boten sich zwei
Möglichkeiten an, all diese Schwierigkeiten zu umgehen. Die erste bestand im
Aufbau von Community-Infrastrukturen, die auf der Basis der
Selbstorganisation die in der Migration entstandenen Beziehungsstrukturen
mobilisierten, um etwa die »Kettenmigration« hinter dem Rücken des
Ausländergesetzes (z.B. durch Familiennachzug) zu organisieren bzw. die
Exilpolitik trotz ihrer anfänglichen Inkriminierung voranzutreiben. Von den
Arbeitervereinen Anfang der siebziger über die Eltern-, Sport- und
Kulturvereine der achtziger bis zu den stark diffamierten religiösen
Vereinigungen der neunziger Jahre: Alle diese migrantischen
Organisationsstrukturen spiegeln entscheidende Momente der Selbstbehauptung
wider.
Die zweite Möglichkeit bestand in der Suche nach einem starken
zivilgesellschaftlichen Partner (Parteien, Gewerkschaften, paritätische
Wohlfahrtsverbände, Kirchen). Im Rahmen der zivilgesellschaftlichen
Institutionen ließen sich jedoch die institutionalisierten Wirkungen des
Rassismus durch die Unterordnung lobbyistischer Forderungen unter die
übergeordneten Interessen der Großinstitutionen selten neutralisieren. Durch
eine Mixtur von ritualisierter Stellvertreterpolitik und
selektiver »Integration« von Minderheitenaktivistinnen alias
Vorzeige-Kanaken - meistens Angehörigen der inzwischen herausgebildeten
kanakischen Mittelschicht - kulminierte dieser Prozess der
selektiv-repräsentativen »Integration« in der Zivilgesellschaft in einer
Affirmation identitärer Zwangsverhältnisse für alle. Trotz der eindeutigen
Verdienste des kanakischen Lobbyismus, blieb dieses gegenidentifikatorische
Selbstbehauptungskonzept der »steinernen Jahre« auf die einfache Umkehrung
seiner Zuschreibungsformen angewiesen, um überhaupt bestehen zu bleiben. Die
absoluten Grenzen dieses kanakischen Pazifismus dokumentierte jüngst die
Unfähigkeit, die Novellierung des Staatsbürgerschaftsrechts zu verhindern.
Eine andere Form antirassistischer Politik trägt das
Label »Selbstorganisierung«. Die Präsenz »selbstorganisierter
igrantinnen« bei den Antira-Plenen Anfang der neunziger Jahre sorgte für die
dubiosesten Beschuldigungen seitens der linken Antira-Aktivistinnen. Die
Vorwürfe der anti-essentialistischen Linken gegen die selbstorganisierten
Gruppen wie FeMigra, Antifa Gençlik, Café Morgenland, KöXüs u.a. reichten
von Separatismus bis zu »umgekehrtem Rassismus«.
Die »Selbstorganisierung« versuchte Anfang der neunziger Jahre sich gegen
die alltäglichen Formen des Rassismus zur Wehr zu setzen. Mit dem
praktizierten Recht auf Selbstverteidigung wurde jede Form der Entmündigung
seitens des linken deutschen Antirassismus und der zivilgesellschaftlichen
Komplizenschaft kanakischer Lobbyisten aufgekündigt, die versucht hatten,
über die »richtigen« und »angemessenen« Formen des Widerstands
paternalistisch zu belehren. Das Konzept der »Selbstorganisierung der
Migrantinnen« geht auf zwei wichtige Momente der Konstituierung radikaler
migrantischer Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungsstrategien zurück.
Ende der achtziger Jahre und im Kontext feministischer Politmilieus
kündigten feministische Migrantinnen demonstrativ die Zusammenarbeit auf und
thematisierten zum ersten mal den Rassismus der Linken. Parallel dazu und im
Zuge einer Politikwende innerhalb der radikalen türkischen Exil-Linken
formierten sich migrantische Aktionszusammenhänge, die sich von der
Exilpolitik abwandten und den Rassismus in Deutschland zur Hauptaufgabe
ihrer Politik machten. Antifaçist Gençlik wendete anfänglich diesen Ansatz
erfolgreich in Kreuzberg an und erreichte einen hohen Mobilisierungsgrad
unter kanakischen Jugendbanden, die sich der aktiven Selbstverteidigung
anschlossen.
Der Antagonismus zwischen Täterkollektiv und Migrantinnen und Migranten
bildete den Ausgangspunkt politischer Gegenidentifizierung. Oft wurde der
Widerstand auf eine Reaktion gegen den Rassismus reduziert. Die
anti-deutsche Haltung, die in ihrer letztlichen Einschätzung des Rassismus
und der damaligen politischen Konjunktur grundsätzlich richtig war,
verhinderte es, die Entwicklungen zu historisieren und legte sie auf eine
abstrakte Kritik fest, die zwar kurzfristig politisierend wirkte, auf Dauer
aber den sich auch in der Reaktion auf den Widerstand wandelnden
Funktionsweisen des Rassismus nichts Elementares entgegensetzen konnte. Ende
der neunziger Jahre gerieten die Übriggebliebenen durch ihren
selbstgerechten Solipsismus und durch ihre Selbststilisierung als Opfer in
die Krise. Die politisch begründete Gegenidentifikation geriet ins
Identitäre. Damit wurden den Widersprüchen der Status von Spaltungen
verliehen und die Kritik auf der Basis eines moralistischen
Wahrheitsmonopols belassen, das für die Analyse der Kräfteverhältnisse nicht
herhalten konnte.
Ende der neunziger Jahre hörte man im Zuge der allgemeinen Kulturalisierung
plötzlich von einer Kanak Chiceria, die einige Titel der Sonderausgaben von
Zeitungen vor allem im Zusammenhang mit der Berliner Republik schmückte. Auf
einmal sollte es jene geben, die es trotz Rassismus und gegen ihn geschafft
hatten, zu einigem Ansehen oder (finanziellem) Erfolg zu kommen. Man muss
festhalten, dass es das bisher noch nicht gegeben hatte. Unabhängig davon,
ob die Protagonistinnen und Protagonisten durchaus ihre Zähne öffentlich
fletschen dürfen, werden sie meist auf ihr Musterschülerdasein reduziert2,
woran sie nicht ganz unschuldig sind. Der von vielen gehegte Wunsch, selbst
endlich einen anerkannten Platz in Almanya haben zu können, lässt sie sich
gerne von der Geschichte der Migration abkoppeln und so tun, als seien sie
vom Himmel gefallen. Und der ist gegen jede Realität multikulturell.
Authentisch ist man zwar immer noch, aber nicht mehr authentisch anders,
sondern authentisch hybrid. Mit Migrantenkultur hat das wenig zu tun, viel
dagegen mit dem Zerrbild einer angeblich hybriden Kultur. Und die glaubt man
im Sinne einer Innovation der Gesellschaft erfolgreich repräsentieren zu
können. Die Chiceria gibt vor, etwas anderes als die Kanaken zu sein, etwas
anderes zu repräsentieren, wobei sie eigentlich gar nichts repräsentiert,
außer ihr eigenes Vorankommen. Was in Almanya nicht wenig ist. Sie
interessiert sich in den meisten Fällen nicht für die Politik, die für sie
nur jene rassistische Erniedrigungen bietet, die sie ohnehin erfahren.
Rassismus ist für sie ein Tabu, über das man besser nicht spricht.
Vortsetzung am 07.06.00
04 Pierre
Bordieus Manifest - neue soziale Bewegung in Europa: raisons d
'agir Für die Einberufung von Generalständen der sozialen Bewegung in Europa
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Gepostet von: Angelo Lucifero angelo.lucifero@hbv-th.de
Dieses Manifest, hervorgegangen aus vielen Diskussionen in den
verschiedensten europäischen Ländern während der letzten Jahre, versteht
sich als Versuch, die intellektuellen und institutionellen Voraussetzungen
für eine Sammlungsbewegung aller kritischen und progressiven Kräfte in
Europa ins Leben zu rufen. Es wird zum 1. Mai in Deutschland, Frankreich,
Spanien, Italien und anderen Ländern Europas, Lateinamerikas und Asiens
veröffentlicht und sollte der Beginn einer großen gemeinsamen Anstrengung
sein, Grundsätze für echte politische Alternativen zu einer neoliberalen
Politik zu erarbeiten, die sich heute, auch unter sozialdemokratischen
Regierungen, immer weiter durchsetzt, und vor allem auch die
organisatorischen Rahmenbedingungen für einen gemeinsames Vorgehen gegen
diese Politik zu schaffen. Ein erster Schritt dazu wird der während einer
Reihe von Arbeitstreffen auszuarbeitende Entwurf einer europäischen
Sozialcharta sein, und in den nächsten Monaten dann die Einberufung einer
großen Versammlung aller sozialen Bewegungen in Europa.
Alle, die sich für dieses Vorhaben einsetzen wollen, das bereits von vielen
Vertretern aus den Gewerkschaften und anderen Organisationen, von Künstlern,
Schriftstellern und Wissenschaftlern unterstützt wird, möchten wir bitten,
ihre Unterschrift, auch mögliche Vorschläge und Bemerkungen, über die
Adresse www.raisons.org weiterzuleiten. Dort stehen
Ihnen weitere
Informationen zur Verfügung, unter anderem die vorläufige Liste der
Unterzeichner.
Pierre Bourdieu
Jene soziale Bewegung, wie sie zumindest in Europa während der letzten Jahre
erkennbar wurde, steht vor einer wichtigen Entscheidung. Will sie eine
feste, anerkannte und Ernst zu nehmende Größe werden, dann ist es
unabdingbar, all die betroffenen Gruppen, zunächst auf europäischer Ebene,
in einem noch zu gründenden Netzwerk zu sammeln und miteinander ins Gespräch
zu bringen, einem Netzwerk, das in der Lage wäre, diese Kräfte zu bündeln,
ihre Ziele aufeinander abzustimmen und schließlich ein gemeinsames Vorgehen
zu erarbeiten: Gewerkschaften, die Bewegung der Arbeitslosen, Obdachlosen
oder Staatenlosen, Frauengruppen, Homosexuelle, Umweltvereinigungen und
viele andere.
Denn diese Bewegungen haben trotz all ihrer Unterschiede, trotz der manchmal
bestehenden Meinungsverschiedenheiten, zumindest eines gemeinsam: sie
verteidigen jene, die heute von der neoliberalen Politik immer mehr einem
ungewissen Schicksal preisgegeben werden, und greifen gleichzeitig all die
gesellschaftlichen Probleme auf, die diese Politik dabei zurückgelassen hat.
Es sind dies Probleme, die auch und gerade von den sozialdemokratischen
Parteien verharmlost oder verdrängt werden, von sozialdemokratischen
Regierungen, die sich gegenwärtig vor allem darum bemühen, die bestehende
Wirtschaftsordnung zu verwalten und hinter einem letzten Rest staatlicher
Handlungsfreiheit verschanzen, und sich dabei immer bedenkenloser mit den
wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheiten, mit allgemeiner
Arbeitslosigkeit und der Prekarisierung ganzer Bevölkerungsgruppen
abgefunden haben. Gerade deshalb brauchen wir eine wirkliche kritische
Gegenmacht, die imstande ist, diese Probleme immer wieder auf die politische
Tagesordnung zu setzen, durch neue, insbesondere symbolische Formen des
Handelns, um immer wieder, wie es auch in Seattle geschehen ist, die
grundlegendsten Wünsche der Bürger zum Ausdruck bringen.
Diese kritische Gegenmacht gegen die internationalen Mächte des Marktes muß
selbst international sein, und die Europäer können hier einen Anfang machen.
Weil es diese Bewegung mit konservativen und restaurativen Kräften zu tun
hat, Kräften, die sich insbesondere mit ihren Versuchen eines Abbaus, wenn
nicht gar der letztendlichen Zerstörung des "Wohlfahrtsstaates" auf eine
Wiederherstellung der Vergangenheit richten, muß sie eine mächtige,
bewegende Kraft sein, die erst dann, wie die sozialen Bewegungen des
neunzehnten Jahrhunderts, Staaten und Regierungen drängen könnte und müßte,
wirksame Maßnahmen für eine Kontrolle der Finanzmärkte zu ergreifen und eine
gerechtere Verteilung des Reichtums der Nationen, in ihnen und zwischen
ihnen durchzusetzen.
Deshalb schlagen wir vor, bis Ende des Jahres 2000 Generalstände der
sozialen Bewegungen in Europa einzuberufen, mit dem Ziel, eine gemeinsame
Charta auszuarbeiten, und Grundlagen für eine internationale Struktur zu
schaffen, die alle möglichen organisatorischen und intellektuellen Formen
des Widerstandes gegen die neoliberale Politik bündelt, gleichzeitig aber
ihre Unabhängigkeit gegenüber den Parteien und Regierungen, insbesondere
gegenüber den Regierungsparteien bewahrt.
Diese Generalstände müßten zunächst einen offenen Austausch über
unterschiedliche Vorstellungen und Ziele gesellschaftlicher Veränderung
ermöglichen können, die sich alle den gegenwärtig beobachtbaren ökonomischen
und sozialen Prozessen (Flexibilisierung, Prekarisierung, Pauperisierung)
entgegenstellen und die damit einher gehende Politik der "inneren
Sicherheit" bekämpfen, mit der heute fast alle europäischen Regierungen die
Auswirkungen dieser Prozesse einzudämmen versuchen. Zweitens sollen sie
Gelegenheit geben, dauerhaftere und festere Beziehungen zu knüpfen, die eine
schnelle Mobilisierung aller beteiligten Gruppen im Hinblick auf gemeinsame
oder aufeinander abgestimmte Aktionen ermöglichen, ohne dabei irgendeine
Form zentralistischen Zwangs einzuführen, und ohne den ungeheuren Reichtum
zu zerstören, den die einzelnen Gruppen mit ihrer jeweiligen Eigenart und
ihrer unterschiedlichen Geschichte in eine solche Bewegung einbringen
könnten. Drittens schließlich könnten diese Treffen gemeinsame Ziele für
ihre Aktionen auf nationaler und internationaler Ebene ausarbeiten und
abstimmen, die alle auf die Schaffung einer solidarischeren Gesellschaft
gerichtet sind, deren Grundlage die Anerkennung, Vereinheitlichung und
Erweiterung ihrer sozialen Errungenschaften bilden.
Eine solche Sammlung all jener Kräfte, die in ihrem tagtäglichen Kampf gegen
die verhängnisvollsten Auswirkungen der neoliberalen Politik ein praktisches
Wissen um deren zerstörerisches Potential und die kreativen Möglichkeiten
des dagegen aufgebrachten Widerstandes erworben haben, könnte auf diese
Weise einen gemeinsamen schöpferischen Prozess in Gang bringen, und so den
vielen Menschen, die sich in dieser Welt nicht mehr erkennen, eine
realistische Utopie eröffnen, in der sich durchaus manchmal unterschiedliche
und eigenständige, aber dennoch auf gemeinsame Ziele hinwirkende Bemühungen
im Kampf um ein selbstbestimmtes Leben wiederfinden und verbünden könnten.
Die Entstehung von Raisons d´agir
Die Gruppe Raisons d'agir entstand zunächst in Frankreich, als Antwort auf
das Erscheinen der sozialen Bewegungen des November und Dezember 1995.
Damals reifte bei einigen Wissenschaftlern und Intellektuellen die
Erkenntnis, daß ihre Möglichkeiten, sich ins politische Feld einzumischen,
durch ganz bestimmte, immer mächtigere Entwicklungen bedroht war: die
Abschließung des politisch-medialen Mikrokosmos, dessen Spiele den Bürgern
immer undurchsichtiger wurden; der ständige Hinweis auf die scheinbar
unangreifbare Autorität einer "Wirtschaftswissenschaft", die sich den
drängenden sozialen Fragen verschloß; die wachsenden finanziellen Zwänge in
allen Bereichen der Geistesarbeit... Die Tatsache, daß den Intellektuellen,
die sich 1995 mit den sozialen Bewegungen solidarisiert hatten, eine
wirkungsvolle Organisation fehlte, hat dann eine kollektive Reflexion über
das Selbstverständnis der Sozialwissenschaften und ihren politischen
Handlungsbezug in Gang gebracht; im Anschluß an Arbeiten wie die unter
Leitung von Pierre Bourdieu durchgeführten und 1993 in La Misère du Monde
(Das Elend der Welt, Konstanz 1997) veröffentlichten Untersuchungen
entstanden andere Initiativen, die Association de réflexion sur
l'enseignement supérieur et la recherche (ARESER), oder das internationale
Schriftstellerparlament.
Unser Ziele
Es geht uns also darum, eine neue Art des Handelns der Intellektuellen zu
erfinden, die mit dem Modell des "organischen Intellektuellen" oder des
"Weggefährten" der Arbeiterklasse, des medialen Intellektuellen oder des
"Experten" bricht. Es geht darum, einen "kollektiven Intellektuellen"
zu
schaffen, der unsere Energien bündeln kann, darum, auf nationaler und
internationaler Ebene Informationen und Analysen zu verbreiten, um der
Hegemonie des neoliberalen Denkens etwas entgegensetzen zu können. Das durch
die sozialen Bewegungen orffenkundig gewordene Bedürfnis nach einer
grenzüberschreitenden Reflexion und Diskussion über verschiedenste soziale
Probleme, denen sich Gewerkschaften und andere Vereinigungen und Gruppen
gegenübersehen, hat zweifellos gezeigt, daß die Überwindung nationaler
Denkmuster und ethnozentrischer Diskurse, in denen wir immer noch gefangen
sind, gerade angesichts der neuen Weltlage die einzige Art bleibt, mit
Erfolg und Vernunft politisch zu handeln.
Unsere Arbeitsweise
Vor dem Hintergrund einer solchen Perspektive versucht Raisons d'agir neue
Formen der Verbreitung sozialwissenschaftlicher Forschungen voranzubringen,
die in den öffentlichen Debatten eine zugleich kritische und konstruktive
Funktion ausüben können. Der Verein stützt sich dabei auf eingespielte
Netzwerke von Arbeitsgruppen, deren Ziel es ist, kleinere Untersuchungen
durchzuführen, die zugleich den Ansprüchen strenger Wissenschaftlichkeit
genügen und dabei doch politische Wirkungen versprechen. Das Vorbild ist
auch hier jene Verfahrensweise, die bei der Studie Das Elend der Welt
handlungsleitend war.
Trotzdem schien uns auch immer wieder notwendig, nach gemeinsamer und
reiflicher Überlegung, unmittelbar in politische Auseinandersetzungen
einzugreifen, z.B. mittels Veröffentlichungen, die sich befassen mit
· dem demagogischen Diskurs über Jugend und Ausländer,
· der Haltung der Intellektuellen, der politischen und medialen Behandlung
der Arbeitslosenbewegung, oder
· der Politik einer sogenannten "pluralistischen Linken".
Angesichts des starken Widerhalls auf diese Wortmeldungen hat sich die
Gruppe entschlossen, informelle Kontakte mit den verschiedensten
Organisationen der "sozialen Bewegung" aufzubauen -mit Vereinen,
Gewerkschaften, oder politischen Parteien- und sich an kritischen und
konstruktiven Initiativen zu beteiligen, wie beim gemeinsamen Vorgehen gegen
das AMI, in der Gruppe ATTAC, im Rahmen von Vorträgen, in Interviews, ohne
dabei ihre Autonomie aufs Spiel zu setzen. Die Gruppe ist als Verein
gegliedert. Ein Verein Raisons d'agir-Grenoble besteht seit 1996 und hat die
Rencontres internationales contre la précarisation (Internationale
Begegnungen gegen die Prekarisierung) durchgeführt, in Deutschland wurde
Raisons d _agir vor kurzem ins Leben gerufen. Vereine oder Gruppen Raisons
d'agir entstehen gerade in den unterschiedlichsten Ländern wie Belgien,
Griechenland oder Marokko.
Raisons d'agir ist keine politische Partei und mischt sich nicht in den
politischen Wahlkampf ein. Der Verein will auf andere Weise "Politik
machen", er stützt sich bewußt auf sozialwissenschaftliche Arbeiten, ohne
die sozialen Akteure ersetzen oder für sie sprechen zu wollen, er führt
eigene Untersuchungen durch, etwa über die wachsende Prekarität der Jugend
in Europa oder die neuen Formen der Behandlung von Devianz, er arbeitet
eigene Vorschläge aus, nach seinen eigenen Bedingungen, ohne sich bestimmte
Fragen oder die Art und Weise des Vorgehens aufzwingen zu lassen. Raisons
d'agir kann sich allein auf die intellektuelle oder künstlerische Arbeit
selbst stützen und auf jene besondere Autorität, die sie den Intellektuellen
und Künstlern zuteil werden läßt. Sie beruht auf der Autonomie der Forschung
gegenüber jeder politischen oder sonstwie organisierten Vereinnahmung.
Kommunikation und Organisation
Raisons d'agir will nicht nur die sozialen Bewegungen mit
sozialwissenschaftlicher Sachkunde unterstützen, sondern sich auch selbst
auf diese sozialen Gruppen stützen, will bei der Bildung wirkungsvoller
Netzwerke mitwirken, die das politische Handeln bündeln. Das setzt voraus,
daß man mit den sozialen Bewegungen vertraut ist, also theoriebildend und
koordinierend arbeitet. Diese Stellung des "teilnehmenden Beobachters"
könnte, entgegen allen Routinen der Apparate, die Reflexivität und im
gleichen Zug die Organisierung voranbringen. Es gilt dabei nicht bloß eine
neue Botschaft zu erfinden, sondern Strukturen, in denen sich die neue
Botschaft selbst erfinden kann. Raisons d'agir geht es nicht darum, wie bei
der Internationalen, eine Gruppe von "wissenschaftlichen Denkern" zu sein,
sondern bestimmte Formen der Umgangs und des Austausches untereinander zu
schaffen, und dabei immer wachsam zu bleiben. Unsere Zusammenarbeit mit den
sozialen Bewegungen geschieht also entlang zweier großer Achsen:
Kommunikation und Organisation. Auf der einen Seite: die Tätigkeit von
Arbeitsgruppen wie ARESER und ihre Untersuchungen über das Bildungswesen,
die Presse oder die neue Verlagslandschaft. Hier geht es um die
Universalisierung der Bedingungen des Zugangs zum Universellen.
Auf der anderen Seite: direkte und persönliche Einmischung in politische
Fragen, ohne sich dabei als "Führer" oder "Apparatschik" zu
verstehen, wo es
sich nur darum handelt, Wortmeldungen zu konzertieren, und dabei nicht nur
die ungleiche Verteilung kulturellen Kapitals in der Kommunikation, sondern
auch die Monopolisierung der Ausdrucksmittel durch die professionellen
Meinungsmacher organisatorisch zu bekämpfen. Die Autonomie der
intellektuellen Arbeit ist so vielleicht in der Lage, die Autonomie der
sozialen Bewegungen zu stärken
Freitag 22, 26. Mai 2000: Im Gespräch Permanenter Angriff des Staatsadels
LINKE IN FRANKREICH
Frédéderic Lebaron, Ko-Autor von Pierre Bourdieu, über die Metamorphosen der
Regierung Jospin und die Chancen für eine "linke Linke"
Das Collège de France, die akademische Krone der Republik, ist wild
entschlossen, eine neue Französische Revolution loszutreten. Für den
Soziologen und Polit-Querschläger Pierre Bourdieu haben nationale Parteien -
besonders die sozialdemokratischen - ausgespielt, seine Option gilt
transnationalen Bewegungen von gewerkschaftlichen Zusammenschlüssen bis zur
Vernetzung von Erwerbsloseninitiativen. Die Politik in Europa - rechts wie
links - sei vor der neoliberalen Doktrin in die Knie gegangen und zerstöre
den Wohlfahrtsstaat. Nach Auffassung Bourdieus gilt das inzwischen auch für
die Regierung des sozialistischen Premiers Lionel Jospin, den die
Präsidentschaftswahl 2002 in den Elysée-Palast bringen soll. Der sich
liberal gebärdende Finanz- und Wirtschaftsminister Laurent Fabius verspricht
Steuererleichterungen für Bestverdiener und nebenbei noch die Abschaffung
der Sonderabgabe auf Vermögen. Andererseits schlägt er Ermahnungen der
EU-Kommission in den Winde und will neue Privatisierungsgewinne in die
Rentenkassen umleiten und nicht zur Verringerung des Haushaltsdefizits
verwenden. Wie links ist Frankreichs Linksregierung noch? Frédéric Lebaron,
Professor für Soziologie am Collège de France, zieht vor dem Hintergrund des
Bourdieu'schen Manifests seine Bilanz.
FREITAG: Von außen besehen, bietet die politische Kontroverse in Frankreich
ein merkwürdiges Bild: Auf der einen Seite steht ganz im Sinne Bourdieus ein
kleiner Teil der Gesellschaft, der regelmäßig auf die Straße geht - die
Lehrer, die Krankenhausangestellten, die Beamten der öffentlichen
Verwaltung -, auf der anderen Seite die Regierung, die scheinbar Politik je
nach Protestlage des öffentlichen Dienstes macht: Wer am lautesten schreit,
hat Recht. Ist das Ihr Konzept?
FREDERIC LEBARON: Das scheint mir zu kurz gegriffen. Nicht nur der
öffentliche Dienst demonstriert immer wieder, eine ganze Reihe anderer
Gruppen tut das auch, die Bauern der Confédération Paysanne zum Beispiel,
die noch nie so stark war wie jetzt, oder der große konservative
Bauernverband FNSEA. Demonstrieren gehört zu seiner Tradition, und die
Proteste werden übrigens von viel weniger polizeilicher Gewalt begleitet als
die der sans-papiers, einer anderen Gruppe, die ebenfalls immer noch
regelmäßig auf die Straße geht. Das sind die Gruppen, von denen Bourdieu
spricht - aber ist es denn ein Zeichen für das Versagen des Staates, wenn
beispielsweise Jospin jetzt eine Reform zurückzieht wie die der
Finanzverwaltung? Ich glaube es nicht. Es ist doch eher positiv, wenn sich
eine Regierung den Forderungen anpasst, die auf der Straße formuliert
werden. Erst recht, wenn - wie an den Schulen und Universitäten - eine Krise
erst durch Spar-Reformen eines früheren Ministers (Claude Allègre - die
Red.) entstanden ist. Es ist der "ständige Angriff des hohen Staatsadels auf
den niederen Adel", wie Bourdieu es einmal genannt hat: Die Pariser
Technokratie greift die kleinen Beamten an, und die wehren sich. Aber
vielleicht ist der gesellschaftliche Widerstand gegen die neo-liberale
Ideologie dort auch am stärksten.
Dabei gilt der lange Streik des öffentlichen Dienstes vom Dezember 1995
immer noch als eine Art unüberschreitbarer Horizont für die Politik. Die
Rechte ist letztlich deswegen abgewählt worden, die Linksregierung Jospin
hat aus dem Missmanagement des Staates damals ihre moralische Autorität
gezogen.
Das ist offizielle Rhetorik und gehört zum politischen Marketing von Lionel
Jospin. Und jetzt heißt es, mit der Rückkehr der Mitterrand-Minister Fabius,
Lang und Sapin in das Kabinett sei dieses Kapitel zu Ende. Ich denke, das
stimmt nicht, denn Jospin steckt in einer Zwangslage - gewissermaßen
zwischen Hammer und Amboss: Er muss die europäische Sozialdemokratie
zufrieden stellen, von Schröder, Blair bis zu Aznar, der mittlerweile auch
in diese Sozialdemokratie passt. Gleichzeitig erwartet ein Großteil der
französischen Gesellschaft von ihm eine andere, eine entschiedene
Wirtschaftspolitik. Denn der Widerstand vom Dezember 95 ist immer noch
lebendig. Eine Vereinigung wie ATTAC (*) zum Beispiel ist in Frankreich auf
27.000 Mitglieder angewachsen. Das mag als nicht allzu viel erscheinen, ist
es aber in einem Land, das so organisationsunwillig ist wie Frankreich.
Längst hat sich auch die Linksregierung für die ständige Ausweitung der
Flexibilisierung entschieden. Niemand spricht noch von einer europäischen
Wirtschaftsregierung wie zu Beginn von Jospins Amtszeit. Auch das Gesetz zur
35-Stunden-Woche ist stark abgemildert worden, verglichen mit dem
ursprünglichen Entwurf von Arbeitsministerin Aubry. Die Linksregierung ist
zudem mit ihren Verhandlungen über die Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen
Dienst gescheitert - eine schwere Niederlage. Sie zeigt die Unfähigkeit, im
Herzen des Staates selbst neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Bourdieu plädiert nach wie vor für die Bildung einer linken Linken - "une
gauche de gauche". Im Europaparlament haben die französischen Trotzkisten
derweil eine Resolution zur Tobin-Steuer vereitelt. Recht weit her scheint
es mit dieser linken Linken nicht zu sein.
Ich will die Haltung von Krivine und Laguiller (trotzkistische
Europaabgeordnete - die Red.) nicht rechtfertigen. Meiner Meinung nach war
es ein strategischer Fehler, die Möglichkeit dieser Resolution nicht zu
nutzen.
Selbst der Liberale François Bayrou hat die Resolution unterstützt.
Richtig. Es passieren zur Zeit interessante Dinge in Frankreich, es gibt
Mehrheiten im Sinne Bourdieus, die über die regierende Linkskoalition
hinausgehen. Die Idee einer Regulierung der Finanzströme ist kein Tabu mehr.
Was diese "linke Linke" allerdings angeht, so hat sie immer noch keine
organisierte Form. Doch ihre Anhänger finden sich auch im Regierungslager,
bei den Grünen oder den Sozialisten, die sehr genau wissen, dass sie nicht
auf der Höhe der Erwartungen sind, die die Bevölkerung an sie stellt. Man
nehme die geplanten Steuererleichterungen für die mittleren Schichten -
einmal mehr ein Sieg des neoliberalen Denkens. Das Schröder-Blair-Papier hat
seine Nachwirkungen, wie man sieht. Und die europäische Sozialdemokratie ist
dabei, ihre Grundlagen zu zerstören.
Gleichzeitig ist in Frankreichs Großstädten ein absonderliches Wettrennen
von Kandidaten gleicher Parteien für die Kommunalwahlen in einem Jahr in
Gang gekommen. Man hat den Eindruck, die Politik sei in ein feudales Stadium
zurückgefallen: Die Barone suchen sich ihr Schloss aus.
Die Städte sind zum Schauplatz persönlicher Kämpfe der Politiker geworden.
In Paris und Lyon treten derzeit jeweils fünf rechte Kandidaten
gegeneinander an, in Marseille waren es fünf Sozialisten. Das feudale Modell
kommt der Realität der französischen Städte schon recht nahe. Aber es hat
auch mit der politischen Konjunktur zu tun: die Rechte ist nach wie vor
zersplittert, die Linke hat zu einem Großteil die Doktrin der Neoliberalen
übernommen. Statt programmatischer Sammlung kommt es zu einer Vermehrung von
Kandidaten. Jeder rechnet sich Chancen aus, denn die Wähler sehen ja die
Brüche in den Programmen. Selbst Tony Blair ist es in London nicht gelungen,
den Sieg von Ken Livingston zu verhindern. Aber das zeigt auch einen Teil
der Wahrheit über den Blairismus - seine autoritäre Seite. "Livingston muss
ja ohnehin in der Nahe von Labour bleiben", hat Blair gemeint, es gäbe links
keine Alternative. Welcher Zynismus! Natürlich muss man nicht bleiben. In
Frankreich könnte man sich ATTAC anschließen. Es ist absolut entscheidend,
denke ich, dass sich solche transnationalen Organisationen gründen -
außerhalb der konventionellen Parteien und um sich gegen die internationalen
Weichenstellungen der Wirtschafts- und Finanzpolitik stellen zu können.
Das Gespräch führte Markus Bernath
(*) ATTAC, Association pour une Taxation des Transactions financières pour
L'Aide aux Citoyens (Internationale Bewegung für die demokratische Kontrolle
der Finanzmärkte und der dazugehörigen Institutionen).
05 Österreichisches Theater in
Frankreich
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Gepostet von: Brigitte Rapp, br@literaturhaus.at
Neue Welt und alte Dämonen - 16. - 25. Juni 2000
Österreichische Nacht am 17. Juni, 18h - 2h
Zitat aus Horvath, Italienische Nacht
- ... solange kann die Republik ruhig schlafen.
- Gute Nacht!
4. Februar 2000 : Zum ersten Mal seit 1933 kommt eine rechts-extreme Partei
auf demokratischem Wege an die Macht. In Österreich. Seither entwickelt sich
eine grosse Protestbewegung in diesem Land und in Europa.
Aus diesem Anlass erging in Frankreich und Österreich im März ein Aufruf an
Autoren. Von rund hundert eingegangenen Texten, die sich sowohl mit der
Gegenwart als auch der europäischen Geschichte befassen, wählte das Comitée
Autriche im Rahmen der Rencontres à la Cartoucherie (dem 6. Treffen zum
Thema Theater, Politik, Gesellschaft) ein Dutzend für das Programm
"Österreichische Nacht" aus. Die kurzen Stücke werden je dreimal während der
Rencontres aufgeführt, andere, ebenfalls für diese Veranstaltung verfassten
Stücke, werden in Lesungen vorgestellt.
In dieser Nacht des 17. Juni werden mehrere Theater in Frankreich das
gleiche Programm realisieren, im Herbst folgen dann noch andere nach, um den
Stücken - über das einmalige Ereignis hinaus - Resonanz zu verschaffen.
06 Novellierung des Fremdengesetzes
von 1997
[zurück]
gepostet von: Ökologische Linke, oekoli_wien@gmx.net
Im neuen, am 23. Mai im Innenausschuß des Nationalrats abgesegneten Entwurf
zur Novellierung des Fremdengesetzes von 1997 ist nun plötzlich noch eine
weitere Verschärfung geplant, die bisher nicht vorgesehen war.
Künftig sollen sich auch legal in Österreich befindliche Personen strafbar
machen, die eineN SchlepperIn dafür bezahlen müssen um ihre
Familienangehörigen nach Österreich bringen zu können.
Demensprechend wurde auch ein Passus des Gesetzesentwurfes gestrichen, der
wie in der Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen,
Konventions-Flüchtlingen die illegal über die Grenze kommen Straffreiheit
zusichert.
Wir protestieren gegen diese weitere Verschärfung des bereits unter SPÖ
immer rassistischer gewordenen Fremdenrechtes und rufen alle dazu auf, auf
den
Donnerstagsdemos (jeden Donnerstag 19.00h, Ballhausplatz) diesen Aspekt
konkreter, rechtsextremer Politik verstärkt zu thematisieren!
07 Situation von Flüchtlingen in
Österreich
[zurück]
Gepostet von: a9406230@unet.univie.ac.at
Die SJ Alsergrund hat für Dienstag, 6. Juni, einen Mitarbeiter der
Asylkoordination eingeladen, um über die Situation von Flüchtlingen in
Österreich zu berichten.
Menschen, die aus verschiedensten Gründen und unter den schwierigsten
Bedingungen nach Österreich kommen, um Hilfe und Unterstützung zu
erhalten, werden inhaftiert und abgeschoben. In der letzten Zeit häufen
sich Fälle, wo Flüchtlinge in "Bundesbetreuung" umgebracht werden oder
aufgrund fehlender Hilfeleistung sterben.
Die Veranstaltung findet im Rahmen unserer Kampagne gegen das
Schubhaftgefängnis Rossau statt.
***Dienstag, 6. Juni, 18.30 Uhr, Pramergasse 30 U4 Roßauerlände***
08 FREIHEIT
FÜR SATPAL RAM
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Quelle: Asian Dub Foundation (www.asiandubfoundation.com/satpal/)
gepostet von: Für Eine Welt Ohne Rassismus, fewor@no-racism.net
Satpal Satpal Ram sitzt eine lebenslängliche Haftstrafe ab, weil er sich
gegen einen rassistischen Überfall zur Wehr gesetzt hatte. Am 16. November
1986 ging Satpal in das Sky Blue Restaurant in Birmingham zum Essen. Satpal
wurde von einer Gruppe von sechs Weißen angegriffen, die Teller und Gläser
auf ihn warfen. Einer der Männer zerbrach ein Glas und stach Satpal damit
ins
Gesicht. Nachdem er zweimal zugestochen hatte, zog Satpal ein kleines
Messer, welches er normalerweise bei seiner Arbeit benützte um Pakete zu
öffnen, und versuchte seinen Angreifer zu warnen. Die Rassisten setzten
ihren Angriff aber fort, der sich blutend und in Angst um sein Leben
verteidigte. Während des Kampfes fügte er dem Angreifer zwei Messerstiche
zu. Der Angreifer, der ärztliche Hilfe verweigerte, starb später. Satpal
wurde verhaftet und des Mordes angeklagt.
Satpals Verteidigung
Satpal wurden nur 40 Minuten Beratung mit seinem Rechtsanwalt zugebilligt,
ein welcher ihm geraten wurde, seine in seiner statt auf "Notwehr " auf
"Provokation" zu plädieren. Satpal, der vertraute, dass der Anwalt in seinem
besten Interesse handeln würde, stimmte dem zu.
Die Verhandlung
Die meisten Zeugenaussagen kamen von der Gruppe, die Satpal angegriffen
hatten. Weil die meisten Zeugen der Verteidigung, z.B. die Angestellten
des Restaurants, nur Bengali und nicht fließend Englisch sprachen, hätte ein
Dolmetscher bereitgestellt werden müssen. Satpal Verteidiger bestand aber
nicht darauf, und daher konnte der Vorfall nicht richtig beurteilt werden.
Der Richter bot zwar an, er selbst könne übersetzen, es stellte sich aber
heraus, dass er gar nicht Bengali konnte.
Satpal wurde als Mörder verurteilt.
Wegen der Fehler des Richters und des Anwaltes, bekam Satpal keine faire
Verhandlung. Die ausschließlich aus Weißen bestehende Jury der
Geschworenen befanden Satpal für schuldig und weder die rassistische Natur
des
Überfalls, noch die Tatsache, dass Satpal in Notwehr gehandelt hatte, wurden
in
Betracht gezogen. Er wurde für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft
verurteilt. Es dauerte fast zehn Jahre bis ein Einspruch erhoben werden
konnte, diesen hat Satpal verloren. Die Richter haben nur die Aussagen der
Angreifergruppe angehört.
Satpal Ram hat beharrlich sein Urteil angefochten. Das Resultat war, das
er als "störrischer Gefangener" abgestempelt wurde. Er erlitt Einzelhaft,
Schläge und wurde von einem Gefängnis ins andere verlegt, eine Strategie,
die den Kampf unterminieren sollte. Trotzdem blieb Satpal Geist
ungebrochen.
Im Gefängnis liest er und bildet sich weiter und unterstützte andere
Kampagnen Gefangener. Erst im Dezember 1997 fand die erste Anhörung des
Bewährungskomitees statt, Satpal hatte schon ein Jahr über die empfohlene
Haftdauer abgesessen.
Satpal hatte in jeder Phase die härtesten Bedingungen. Sein Fall ist ein
Beispiel mehr, warum wir wenig Vertrauen, besonders als Schwarze oder
Asiaten, in die Gerechtigkeit des Rechtssystems haben. Wir engagieren und
in diesem Fall, weil wir Satpal frei sehen wollen. Was ihm passiert ist,
könnte uns allen passieren.
Satpal hat sich gegen einen rassistischen Angriff gewehrt und wurde
deshalb zu lebenslänglicher Haft verurteilt.
Wir sagen: SELBSVERTEIDIGUNG IST KEIN ANGRIFF
Die Kampagne für die Freiheit Satpals geht weiter. Wenn Sie
IhreSolidarität erklären wollen, schreiben Sie an:
Satpal Ram
E94 164
HMP Full Sutton
Stamford bridge
York YO4 1PS
U.K.
Wenn Sie mehr Informationen über die Kampagnee wollen, besuchen Sie die
Website der "Asian Dub Foundation":
http://www.asiandubfoundation.com/satpal/
09
Medienpräsentation von Football Against Racism in Europe (FARE) zur EURO
2000TM am 7. Juni im EU-Parlament in Brüssel
[zurück]
gepostet von: Kurt Wachter, wachter@vidc.org
Am Mittwoch den 7. Juni (18.30-20.00 Uhr) wird das erste europäische
Fußballnetzwerk gegen Rassismus "Football Against Racism in Europe-FARE" im
Europäischen Parlament in Brüssel den Medien präsentiert. Organisiert wird
die Veranstaltung von der österreichischen Initiative FairPlay. Viele
FArben. Ein Spile - vidc.
Gemeinsam mit hochrangigen Vertretern von UEFA, FIFA, EU-Parlament,
EU-Kommission, EUMC, der internationalen Fußballergewerkschaft sowie dem
holländischen, englischen und deutschen Fußballverband, sagen Vertreter von
Fanorganisationen aus England, Deutschland und Italien dem Rassismus im
Fußball den Kampf an.
Aufgrund der gewalttätigen und fremdenfeindlichen Ereignisse im europäischen
Fußball in der jüngsten Vergangenheit, will das fan-orientierte FARE
Netzwerk die Notwendigkeit für aktive Maßnahmen gegen rassistische und
rechtsextreme Tendenzen mit Nachdruck auf die Tagesordnung des europäischen
Fußballs setzten.
Der Termin unmittelbar vor Beginn der EURO 2000TM wurde bewußt gewählt, um
die Bedeutung des Fußballs für die multikulturelle und friedvolle
Integration in Erinnerung zu rufen. Anbei als Attachment (Programme FARE
launch.doc) der englische Programmablauf und die teilnehmenden Personen.
Mit den besten Grüßen - Kurt Wachter, FairPlay-vidc
posted by johanna hofinger www.ballhausplatz.at
Autor: Martin Dueller 04.06.00 15:46:19 im Online-Standard
m.dueller@utanet.at
vor einigen tagen fand im künstlerhaus in klagenfurt die preisverleihung
für die gewinner des vom ingeborg-bachmann-gymnasiums ausgeschriebenden
bachmann-preis 2000 statt. im detail will ich darüber mich nicht auslassen.
nur einige anmerkungen. am anfang wurde von einem der einleitungs-rednern
die freiheit der kunst und der literatur hochgehalten und ein richtig
schönes plädoyer dafür gesprochen. ...... ungefähr eine halbe stunde nach
beginn der veranstaltung betrat ein politiker den raum: jörg haider und
zwar mit zwei seiner braunverbrannten begleiter. er durfte in der ersten
reihe platz nehmen und wurde klatschend und recht freudig empfangen. als
ich darauf das mascherl-pickerl auf meine brust klebte, bestürmten mich
gleich die zwei braunverbrannten haider-begleiter. ich fügte dem sticker
die worte "auch in kärnten nicht"bei udn zwar aus den bekannte
lokalpolitischen gründen. das ist eigentlich ja nebenrangig. nur war ich
schon etwas erstaunt als sich ein herr der ersten reihe und also
wahrscheinlich teil der schulleitung mich mit wilden handzeichen zum
entfernen des stickers aufforderte. ..... haider durfte sich dann noch
inszenieren und lud die gewinner zu einem gemeinsamen burgtheaterbesuch
ein. (ein netter, lieber haider) und wieder wurde stürmisch geklatscht. von
widerworten bzw. demonstrativem händeverschränken war in dieser runde der
literatenfreunde nichts zu sehen. .... als dann nach der veranstaltung das
buffet eröffnet wurde, war haider schon wieder von menschen umringt.
weiters war an diesem abend die tafel mit dem ausspruch mölzers verhängt
und soviel ich mich erinnern kann, waren auch keine lichter an. die tafel
auf der der ausspruch angebracht ist, war mit einem stabilen tuch und
festen nägeln sehr fest verhängt. ich konnte nur mit mühe die
dahinterversteckten worte lesen.
ich weiß jedoch nicht genau, warum die installation nicht "in Betrieb" war.
es ist möglich, dass die installation erst danach in betrieb genommen
wurde, da frage ich mich dann aber trotzdem, warum sie nicht genau für
diesen abend aufgedeckt wurde, wo bleiben die kritischen, widerständischen
künstler? wurde die tafel überhaupt extra nur für diesen einen
"hohen-besuch"abend verhängt? ich bitte um erklärung, das würde mich
nämliche brennend interessieren.
hatten die betreiber angst, dass die stadt ihren pachtvertraf kündigt?-
solch eine angst wäre ja auch etwas berechtigt (ein anderes künstlerkaffee,
das kaffee OM, muß wegen ihrer auslage, gestaltet von viktor rogy, um den
pachtvertrag fürchten bzw er wurde schon gekündigt.; infos:
http://www.gras.at/klagenfurt
unter den sparte AKTUELL) aber sollte man nicht doch etwas gegen diese
heuchlerei tun? gegen den kunst- udn kultur-inszenierer haider.
ich fand diesen abend und die kleinen erlebnisse schon etwas seltsam, nur
am rande auch noch,da einige gewinner des wettbewerbs NEWS-abos geschenkt
bekamen, aber vielleicht finde nur ich dies für einen
literaturveranstaltungspreis komisch.
11 TAG DER ARMUTSBEKÄMPFUNG 15. JUNI
2000
[zurück]
Gepostet von: Martin Schenk, diakonie@evang.at
VOR DEM PARLAMENT
10.00 BIS 17.00 UHR
"Armutsbekämpfung statt Treffsicherheitsversprechen"
fordert das Österreichische Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung
und weist mit einem "Tag der Armutsbekämpfung" auf die notwendigen
Reformen im Sozialsystem hin.
Leere Teller zeigen, daß man schöne Worte nicht essen kann. Der
Sozialhilfe-irrgarten führt durch den Dschungel der von Bundesland zu
Bundesland unterschiedlichen Sozialhilfegesetzgebung. Das Glücksrad gibt
Auskunft,
wer in unserer Gesellschaft gewinnt und wer verliert. Wer durch den
Treffsicherheits-Parcours geht, erfährt, daß "Treffsicherheit erhöhen"
nicht
"Armut bekämpfen" heißt. SCHULDenLOSE und Arbeits-Lose sind verfügbar.
Beim Einkaufen mit dem Einkommen sozial Benachteiligter wird der Streß
deutlich, unter dem die Betroffenen in ihrem Alltag stehen. Zum reich
gedeckten
Tisch bleibt vielen der Zugang verwehrt.
12 KENNZEICHEN D
im ZDF
[zurück]
Gepostet von: Angelo Lucifero, angelo.lucifero@hbv-th.de
Ob man Fernsehen mag oder nicht, am kommenden Mittwoch, 7. Juni, 22.15
h, sollte man es sich unbedingt antun und KENNZEICHEN D im ZDF
anschauen.
Unter anderem wird Kennzeichen D über den Thüringer Verfassungsschutz
und seine Kooperation mit "führenden" Neonazis berichten.
13
Politische Gefangene in der Türkei
[zurück]
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe FreundInnen!
Ende Juni /Juli plant der türkische Staat mit der Verlegung der politischen
Gefangenen in "F-Typ-Gefängnisse", d.h. in Gefängnisse mit Einzelzellen oder
solche für 2,4 oder 6 Personen. Aber nicht nur für die Einzelzellen, auch
für die 2- bis 6-Personen-Zellen ist Isolation in höchstem Ausmaß
geplant.Die Gefangenen sind 23 Stunden in ihren Zellen mit Toiletten und
Duschen eingesperrt.
Die Bedingungen in den F-Typ-Gefängnissen beschreibt der IHD (größter
türkischer Menschenrechtsverein) folgender Maßen:
1. Komplett weiß ausgemalte Zellen für 2, 4 und 6 Personen
2. Durchgehend leuchtendes weißes Licht
3. Ein winziges Fenster in der Zelle
4. Türen werden zu keiner Zeit geöffnet. Sogar das Essen wird unter der Tür
durchgeschoben.
5. Ein Lüftungsraum, von dem aus der Himmel nicht zu sehen ist.
6. Familienbesuch eine halbe Stunde pro Woche. Nachname muß gleich sein.
Nur Besucher, die den gleichen Nachnamen tragen, dürfen eintreten.
7. Die Besuchsräume der Anwälte sind äußerst beschränkt. Sie müssen sich
einreihen und können nur hinter Eisengittern Gespräche führen.
8. Von draußen werden keine Lebensmittel angenommen. Jeder muß von der
Kantine nehmen. Die Produkte in der Kantine sind enorm teuer.
9. Die Gefangenen können niemals Kontakt zueinander haben. Sie leben in
völliger Isolation.
Eren Keskin,eine Rechtsanwältin des IHD:
"Das Isolationsgefängnis, das System, das wir als Isolation bezeichnen,
zielt völlig darauf ab, das Individuum von der Gesellschaft zu trennen. Eine
Struktur, die zu Vereinsamung führt, Todesgefühle erweckt und letztendlich
auch in den Tod drängt."
Untersuchungen und Erfahrungen ergaben folgende Beeinträchtigung auf die
Gesundheit des Menschen durch Einzelzellen:
- Tinitus Krankheit: eine Krankheit, die durch Verstopfung zwischen
inneren Gehörgefäßen und Gehirngefäßen entsteht. Dass diese Krankheit
eine Folge von enormer psychischer Streßsituation und der
Atmosphäre ist, die in Isolation erlebt wird,
wurde bei wissenschaftlichen Forschungen in Deutschland
festgestellt.
- Gefühl der Leere und Nichtigkeit
- Konzentrationsschwäche
- Gefühl der Unerträglichkeit
- Entfremdung von der Realität, Realitätsverlust
- Halluzination
- Senkung der Gedankenkraft
- sensorische Fehler und Mißverständnisse
- Gewichtsverlust
Von 58 sich im Aufbau befindenden F-Typ-Gefängnissen sind 8 fast fertig.
1996 waren die politischen Gefangenen im Todesfasten, um nicht nach
Eskisehir, ein Gefängnis mit Einzelzellen,im Volksmund als "Sarg"
bezeichnet, verlegt zu werden.Damals wurden die Verlegungen noch einmal
zurückgenommen.Aber diesmal ist der türkische Staat fest entschlossen, das
neue Gefängnissystem zu installieren. MenschenrechtsaktivistInnen
befürchten, dass es dabei wieder zu exzessiven Gewaltanwendungen bis zum in
Kaufnehmen von Toten seitens der Regierung kommen könnte.
Prison Watch International Wien ruft alle MenschenrechtsaktivistInnen und
DemokratInnen auf, besonders wachsam gegenüber dieser Entwicklung in den
türkischen Gefängnissen zu sein und gegen die Einführung der Isolationshaft
in der Türkei zu protestieren!
In Wien trifft sich das "Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen
in der Türkei" wieder nächsten Mittwoch,am 7.6. um 18 Uhr in Wien 4,
Gußhausstraße 14!
Prison Watch International - Wien
c/o Amerlinghaus, Stiftgasse 8, A-1070 Wien
Tel.: (+43) 0699/100 68 641
Fax: (+43) 01/52 34 009
E-Mail: pwiwien@hotmail.com
Spendenkonto: P.S.K.7000113 Empfänger: SPB. 209557866
Redaktionsschluß: 5.Juni 2000, ca. 00:30
Fehler möge frau/man mir nachsehen!