widerst@ndMUND vom 24.3.2000

 
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ARCHIV

Inhalt:
 
Editorial

 

Lesbisch/Schwule AktivistInnen besetzen portugiesische Botschaft in Wien

Kinderscheckmodell ist rassistisch

Das 3. Herzl-Symposium in Wien im Rückblick: Eine laue Veranstaltung

DIE WIENER JUDEN in der Zeit von 1945 bis heute.

Dirk Stermann und Christoph Grissemann auf FM4



Alle Forderungen richten sich an die nächste Regierung. Von dieser rechts-rechtsextremen Koalition fordern wir nur den Rücktritt!

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Editorial
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Lesbisch/Schwule AktivistInnen besetzen portugiesische Botschaft in Wien
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von Christian Hoegl  HOSI WIEN < office@hosiwien.at

Liebe Freunde!
Anbei unsere Presseaussendung zur heutigen Aktion. Vielleicht könnte die
heutige Donnerstags-Demo aus Solidarität an der portugiesischen
Botschaft vorbeiziehen?
Liebe Grüße,
Christian
___

Eine Gruppe von Lesben- und SchwulenaktivistInnen hat heute vormittag,
23. März 2000, die portugiesische Botschaft in der Wiener Innenstadt
besetzt, um gegen die massiven Menschenrechtsverletzungen an
Homosexuellen in Österreich aufmerksam zu machen. Im folgenden die
Stellungnahme der Gruppe (auch im Internet zu finden: www.hosiwien.at).
Die AktivistInnen sind unter folgender Handy-Nummer erreichbar: 0664-57
67 466.


ERKLÄRUNG
ANLÄSSLICH DER
FRIEDLICHEN BESETZUNG DER PORTUGIESISCHEN BOTSCHAT IN WIEN
AM 23. MÄRZ 2000
DURCH LESBEN- UND SCHWULENAKTIVIST/INNEN


Eine Gruppe von unbewaffneten Lesben- und SchwulenaktivistInnen hat
heute vormittag die portugiesische Botschaft in Wien friedlich besetzt,
um anläßlich des EU-Gipfels in Lissabon auf die massiven
Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen in Österreich aufmerksam zu
machen und der erst vor einer Woche (16. März 2000) vom Europa-Parlament
verabschiedeten Aufforderung an Österreich, § 209 StGB aufzuheben und
alle wegen dieser Bestimmung inhaftierten Personen unverzüglich
freizulassen, Nachdruck zu verleihen.

Durch die Aufrechterhaltung des diskriminierenden Mindestalters für
homosexuelle Beziehungen unter Männern (es liegt bei 18 Jahren, während
es für Heterosexuelle und Lesben bei 14 Jahren liegt) verstößt
Österreich gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Ein
derartiges unterschiedliches Mindestalter wurde von der Europäischen
Menschenrechtskommission 1997 aufgrund einer britischen Beschwerde als
Konventionsverletzung eingestuft. 1998 hat auch der UNO-Ausschuß für
Menschenrechte Österreich zur Streichung des § 209 StGB aufgefordert.
Österreich hat nicht nur die Entscheidungen dieser beiden
internationalen Menschenrechtsorgane ignoriert, sondern auch
entsprechende Aufforderungen des Europäischen Parlaments. Insgesamt
fünfmal hat das EP ausdrücklich und namentlich an Österreich appelliert,
diese menschenrechtswidrige Bestimmung abzuschaffen, zweimal hat das EP
Österreich aufgefordert, alle nach § 209 StGB inhaftierten Personen
unverzüglich zu begnadigen und freizulassen (eine detaillierte
Chronologie findet sich im Anhang).

Hier liegt also eine schwerwiegende und anhaltende
Menschenrechtsverletzung vor. Für diesen Fall sieht Artikel 7 EU-Vertrag
die Suspendierung von bestimmten Rechten des betreffenden
Mitgliedsstaates vor.

In der Präambel zum ÖVP-FPÖ-Koalitionsabkommen bekennt sich die neue
Regierung zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit
Österreichs. Das muß auch für die homosexuellen Opfer des NS-Regimes
gelten. Noch 1995 haben ÖVP und FPÖ jedoch eine
Wiedergutmachungsregelung für die wegen ihrer sexuellen Orientierung
Verfolgten im Opferfürsorgegesetz verhindert. Wir fürchten daher, daß
ohne Druck vom Ausland dieses Bekenntnis für die lesbischen und schwulen
Opfer des Nationalsozialismus folgenlos bleiben wird.

Die friedlichen BesetzerInnen fordern daher:
Eine öffentliche Zusicherung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel,
1. alle nach § 209 inhaftierten Personen innerhalb eines Monats aus den
Gefängnissen zu entlassen, alle gerichtsanhängigen Verfahren nach § 209
unverzüglich einzustellen und § 209 bis Ende April 2000 im Parlament
aufzuheben, und
2. noch vor der Sommerpause die Bestimmungen des Opferfürsorgegesetzes
auf die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten Personen
auszuweiten oder eine eigene gleichwertige gesetzliche Regelung zu
schaffen.

Die BotschaftsbesetzerInnen werden die Botschaftsräume erst dann
freiwillig verlassen, wenn Bundeskanzler Schüssel eine entsprechende
öffentliche Erklärung abgegeben hat.


Außerdem verlangen die BesetzerInnen, mit dem derzeitigen
EU-Ratspräsidenten, dem portugiesischen Premierminister António Guterres
in dieser Angelegenheit zu telefonieren, um ihn persönlich über die
Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen in Österreich zu informieren
und ihn aufzufordern, sich aus diesem Grund im Europäischen Rat, der zur
Zeit in Lissabon tagt, für die Einleitung eines Verfahrens gegen
Österreich nach Artikel 7 EU-Vertrag einzusetzen.

Die 14 EU-Partner Österreichs haben erklärt, die Menschenrechtslage in
Österreich beobachten zu wollen und im Falle deren Verletzung aktiv zu
werden. Durch die Beibehaltung und fortwährende Anwendung des § 209 StGB liegt
bereits eine schwerwiegende und anhaltende
Menschenrechtsverletzung vor, die die 14 Staaten nicht ignorieren
können, nur weil diese Homosexuelle betrifft. Die BesetzerInnen
verlangen daher, daß die EU-Staaten entsprechenden Druck auf Österreich
ausüben, damit diese massive Menschenrechtsverletzung durch Österreich
raschest beendet wird. Allein um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen
müssen die 14 Staaten gegen diese massive Menschenrechtsverletzung
vorgehen.

DIE FAKTEN

1. Juni 1995: Eine Novellierung des Opferfürsorgegesetzes zur
Erweiterung des Begünstigten-kreises auf wegen ihrer sexuellen
Orientierung Verfolgte scheitert im Nationalrat an ÖVP und FPÖ. Am
selben Tag beschließt das Parlament die Gründung des "Nationalfonds für
die Opfer des Nationalsozialismus". Wegen ihrer sexuellen Orientierung
verfolgte Personen werden darin zwar berücksichtigt, allerdings
begründet der Fonds kein Recht auf Entschädigung, sondern kann bloß
bedürftigen Opfern eine einmalige Summe gewähren.

27. November 1996: ÖVP und FPÖ stimmen einen Gesetzesvorlage zur
Streichung des § 209 StGB, des diskriminierenden Mindestalters für
schwule Männer, nieder.

8. April 1997: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen Bericht
und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in der
Europäischen Union für das Jahr 1995 (Dokument A4-0112/97), dem ersten
Jahr der Mitgliedschaft Österreichs in der EU. In Ziffer 140 der
Entschließung fordert das EP Österreich auf, das unterschiedliche
Mindestalter für schwule Beziehungen aufzuheben.

1. Juli 1997: In der Beschwerde # 25186/94 - Euan Sutherland gegen das
Vereinigte Königreich - stellt die Europäische Menschenrechtskommission
in Straßburg fest, daß keinerlei objektive und vernünftige
Rechtfertigung für die Beibehaltung eines höheren Mindestalters für
homosexuelle als für heterosexuelle Handlungen bestünde (Randnummer 66
der Entscheidung), und schließt, daß im vorliegenden Fall eine
Verletzung des Artikles 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention in
Verbindung mit Artikel 14 der Konvention vorliege (Randnummer 67). -
Gegner einer Reform der ähnlichen österreichischen Bestimmung im § 209
bringen das formale Argument vor, diese Entscheidung betreffe das
österreichische Gesetz nicht, da es sich um eine britische Beschwerde
handelte, und daß sie vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
nicht bestätigt worden sei (die britische Regierung akzeptierte die
Entscheidung der Kommission und hat sie daher nicht vor den Gerichtshof
gebracht).

17. Februar 1998: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen Bericht
und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in der
Europäischen Union für das Jahr 1996 (Dokument A4-0034/98). In Ziffer 69
der Entschließung fordert das EP Österreich abermals auf, das
unterschiedliche Mindestalter für schwule Beziehungen aufzuheben.

17. Juli 1998: In voller Kenntnis der Entscheidung der Europäischen
Menschenrechtskommis-sion und der zwei EP-Entschließungen vom 8. April
1997 und 17. Februar 1998 stimmen ÖVP und FPÖ im Nationalrat eine
weitere Gesetzesvorlage zur Aufhebung des § 209 nieder.

17. September 1998: Das Europäische Parlament verabschiedet eine
Entschließung zur Gleichberechtigung von Homosexuellen und Lesben in der
Europäischen Union (Dokument B4-0824 und 0852/98). "In der Erwägung, daß
EU-Mitgliedsstaaten wie Österreich aus Gründen der Glaubwürdigkeit
gegenüber den Beitrittsstaaten, wenn sie von ihnen die Achtung der
Menschenrechte fordern, ihre eigenen diskriminierenden Bestimmungen
gegenüber Lesben und Schwulen aufheben müssen, insbesondere Bestimmungen über
das Mündigkeitsalter" (Erwägung C) und "im Bedauern darüber, daß es das
österreichische Parlament am 17. Juli 1998 abgelehnt hat, die Aufhebung des
Paragraphen 209, der ein höheres Mündigkeitsalter für
homosexuelle Männer vorsieht, zu beschließen, und damit bewußt sowohl
den Beschluß im Fall Sutherland als auch die vom Europäischen Parlament
in seinen vorstehend erwähnten Entschließungen vom 8. April 1997 und 17.
Februar 1998 nachdrücklich an Österreich gerichteten Anforderungen
ignoriert hat" (Erwägung G), fordert das Europäische Parlament in dieser
Entschließung "die österreichische Regierung und das österreichische
Parlament auf, Paragraph 209 des Strafgesetzbuchs unverzüglich
aufzuheben und alle Personen, die aufgrund dieses Artikels
Gefängnisstrafen verbüßen, unverzüglich zu begnadigen und freizulassen"
(Ziffer 1).

5. November 1998: Nach seiner Befassung mit dem dritten von Österreich
gemäß Artikel 40 des  Internationalen Pakts über politische und
bürgerliche Rechte vorgelegten periodischen Bericht stellt der
UNO-Ausschuß für Menschenrechte in seinen abschließenden Bemerkungen
fest, daß die bestehende Gesetzesbestimmung über das sexuelle
Mindestalter in Hinblick auf männliche Homosexuelle eine Diskriminierung
aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung darstelle. Der
Ausschuß verlangt die Änderung des Gesetzes zum Zwecke der Beseitigung
solcher diskriminierender Bestimmungen (Randnummer 13).

17. Dezember 1998: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen
Bericht und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in
der Europäischen Union für das Jahr 1997 (Dokument A4-0468/98). In
Ziffer 53 der Entschließung wiederholt das EP die Forderung an
Österreich, § 209 aufzuheben.

16. März 2000: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen Bericht
und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in der
Europäischen Union für die Jahre 1998-99 (Dokument A5-0050/2000). In
Ziffer 60 der Entschließung fordert das EP Österreich einmal mehr auf, §
209 aufzuheben und alle nach dieser Bestimmung inhaftierten Personen
freizulassen.

Kinderscheckmodell ist rassistisch
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Presseinformation Die Grünen / Kinderscheck/ Rassismus**
Donnerstag, 23. März 2000


Grün-Landessprecher Michael JOHANN:
"Kinderscheck verletzt Geist der Präambel"


Klagenfurt/Ljubljana - "Die von FPÖ und ÖVP beschlossene
Kinderscheck-Version ist zutiefst rassistisch," erklärt
Grün-Landessprecher Michael JOHANN. Ausländische, nicht aus der EU
stammende Mütter werden nach dem Willen von FPÖ und ÖVP den Scheck erst dann
erhalten, wenn sie mindestens vier Jahre in Kärnten wohnen.

"Diese Ungleichbehandlung aufgrund der Herkunft ist eine rassistische
Diskriminierung, wie sie deutlicher nicht sein kann," stellt JOHANN
fest. Ein Mißbrauch der Kinderscheckregelung sei ja ausgeschlossen, weil
Ausländer aufgrund der menschenverachtenden Zuzugsquote (60 Personen im
Jahr 2000) gar keine Möglichkeit haben, legal nach Kärnten zu kommen, um
die Förderung zu beantragen.

"Die Regelung widerspricht klar dem Geist der Präambel des
Regierungsabkommens, wo sich die Koalition gegen Rassismus ausspricht.
Der nationale Schulterschluß bekommt durch Haider eine neue Bedeutung,
indem Menschen anderer Nationalitäten in Kärnten ausgegrenzt werden.
AusländerInnen müssen in Kärnten dieselben Rechte haben, weil sie auch
dieselben Pflichten haben und auch dieselben Steuern an den Fiskus
abliefern," fordert JOHANN.

Weitere Informationen: Michael JOHANN 0663/9144448
 


Das 3. Herzl-Symposium in Wien im Rückblick: Eine laue Veranstaltung
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ANTON LEGERER-Jüdische Rundschau (Basel)-23.3.2000 <?xml:namespace
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Wien / Wissenschaft - Vom 13. bis 15. März lud die Stadt Wien nach 1996
und 1997 zum dritten Theodor-Herzl-Symposium unter dem diesjährigen
Motto «Schalom - Friede» in das kathedrale Wiener Rathaus.  Den -
entgegen den allgemeinen Erwartungen - so zahlreich wie im Vorjahr
erschienenen Besuchern bot sich eine Veranstaltung, die besser nach
einem anderen grossen jüdischen Zuwanderer nach Wien, nämlich Sigmund
Freud, benannt worden wäre und das Thema «Konflikt und Tabu» behandelt
hätte. Die Verzögerung des Friedensprozesses in Israel und die
innenpolitische Lage in Österreich sabotierten das ursprüngliche
thematische Vorhaben, sodass sich «Die Situation in Österreich»
dominierend ins Programm drängte.

Der Mentor der bisherigen Herzl-Symposien, Wiens ehemaliger
Bürgermeister Helmut Zilk, deckte in seinem Eröffnungsstatement die
österreichische und seine eigene Befindlichkeit ab, und eröffnete dem
erstaunten Publikum die zwei Seelen in seiner Brust: jene seiner dem
Nationalsozialismus huldigenden Mutter und jene seines dagegen
Widerstand leistenden Vaters. Er rechnete «Zehntausende» Nazis mit
«Zehntausenden» Widerstandskämpfern auf, verwies auf die unter seiner
Patronanz entstandenen jüdischen Einrichtungen (Museum, Schulen), wollte
jeden einzelnen jüdischen Bürger «mit Gold aufwiegen», und zuletzt, wohl
mit der Stimme seines Vaters, donnerte Zilk seine Ablehnung der
gegenwärtigen Regierung von ÖVP und FPÖ vor die Versammelten.  Aus
Anlass des 62. Jahrestages des Anschlusses, stellte sich der amtierende
österreichische Bundespräsident Thomas Klestil in die Nachfolge seines
Vorgängers vom März 1938, Wilhelm Miklas, der sich geweigert hätte, den
Anschluss mit seiner Unterschrift zu legitimieren, und zurücktrat.
Klestil äußerte Verständnis für die Sorge, dass «Rassismus, Intoleranz,
Fremdenhass und Antisemitismus wieder wachsen könnten - nicht nur bei
uns, sondern auch in anderen Ländern und Regionen». Zum eigentlichen
Thema - dem Friedensprozess im Nahen Osten - äußerte sich Klestil nicht.
Der erste große Vortrag wurde von Hannes Androsch, dem ehemaligen
Finanzminister unter Kreisky und späteren Generaldirektor der
Creditanstalt-Bankverein, zum «Stand der Dinge» gehalten, und der
ehemals mächtige sozialdemokratische Politiker konnte von der
Notwendigkeit einer «abschliessenden, rechtsverbindlichen und globalen
Lösung» der Entschädigungsfrage reden, ohne sich der Frage stellen zu
müssen, warum er selbst in seinen früheren Funktionen dazu nichts
beigetragen hatte.  Auch der zweite Tag («Der Friedensprozess im Nahen
Osten») enttäuschte. Zuerst mit einer holprigen Rede des ehemaligen
Jerusalem Post-Chefredakteurs Ari Rath über die Zerreißprobe der
israelischen Gesellschaft, wobei es seiner Meinung nach kein «Zurück»
mehr gäbe, dann mit einer schwachen Diskussionsrunde über «die Rolle der
Jugend im Friedensprozess», die ausschließlich von Mitgliedern der aus
Israelis und Palästinensern bestehenden Friedensbewegung «Dor Shalom»
bestritten wurde. Mangels Diskussionspartner blieben die Stellungnahmen
der vier Mitt-Zwanziger auf einem oberflächlichen Niveau und
unbeantwortet. Einigkeit herrschte über den Wunsch nach friedlicher
Koexistenz unter Wahrung der jeweiligen eigenständigen Identität und
über die Vermittlung derselben durch das Schulwesen. Die Frage der aus
Wien stammenden britischen Journalistin und Wiesenthal-Biographin Hella
Pick über die Regelung jüdischen Siedlungsbaus musste die
Podiumsteilnehmer zwangsläufig überfordern. Am besten reagierte Nisreen
Jareedy, die meinte, die jüdischen Siedlungen im Westjordanland wären
nun schon einmal da, man solle bloß keine neuen auf umstrittenem Boden
bauen.  Der in Neuseeland geborene und in Wien aufgewachsene israelische
Historiker Yair Hirschfeld spannte seinen Vortragsbogen dann wieder von
Herzl und dem Nahen Osten zur gegenwärtigen österreichischen Lage.
Hirschfeld, vom syrisch-deutschen Soziologen Bassam Tibi als
«diplomatischer Architekt von Oslo» bezeichnet, gab zu bedenken, dass es
in Österreich an Leidensdruck mangle - ohne den ja niemals etwas bewegt
werden könne. Dieser Leidensdruck wäre der Antrieb Theodor Herzls und
auch der Motor der Nahost-Verhandler gewesen. Mit «Religion und Frieden»
am dritten Tag zeigte die wenig überraschende Einigkeit der Theologen
Ernst Ludwig Ehrlich, Helmut Schüller und Bassam Tibi in Fragen des
Verhältnisses von Religion und Politik sowie der Notwendigkeit
interkonfessioneller Begegnung und Auseinandersetzung.

Das Resümee: die Veranstalter bewiesen erneut, und nunmehr schon zum
dritten Mal, dass hoher finanzieller Aufwand und die Einladung bekannter
und renommierter Vortragender allein nicht ausreichende Zutaten für ein
mehrtägiges Symposium sind.

Sollte es zu einem weiteren Herzl-Symposium kommen, sollte es
unter dem Thema «Konflikt und Tabu» stehen. Vielleicht sind
damit auch mehr Teilnehmer anzulocken, die noch nicht das
Pensionsalter erreicht haben.

von Anton Legerer / anton@hagalil.com <mailto:anton@hagalil.com>

Jüdische Rundschau Nr. 11 vom 23. März 2000


DIE WIENER JUDEN in der Zeit von 1945 bis heute. 
BUCHTIP- Evelyn Adunka- Die Vierte Gemeinde -
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Die Historikerin und Publizistin Evelyn Adunka beschreibt im Buch, das
Teil einer sechsteiligen Serie

Des Instituts zur Erforschung der Geschichte der Juden In Österreich von
Prof :Klaus Lohrmann

Detailgenau und kenntnisreich die Geschichte der Israelitischen
Kultusgemeinde in der Alpenrepublik

Nach dem 2. Weltkrieg. Kein Konflikt wird ausgelassen, wenig beachtete
Facetten werden wieder ans Tageslicht geholt. Die Waldheim-Affäre drängt
unwillkürlich zum Vergleich mit dem heutigen Stand der schwarzblauen

Widerlichkeit, auch gemeinhin Regierung genannt. Die Kreisky-Ära läßt
traurige Schlüsse auf die Vorwegnahme heutiger Entwicklungen AUCH zu. Der
Vergleich mit ähnlichen Publikationen (wie der im PICUS-Verlag erschienene
Abriss der Beziehungen Österreich-Israel Von Margit
Reiter und Helga Embacher) drängt sich auf. Evelyn Adunka hat ein
Standardwerk geschaffen, das in
Dieser Hinsicht als Maßstab felten wird. Mehr Reaktionen zum Buch sind
sehr willkomen.

Erschienen im PHILO-Verlag/ Berlin.

Samuel Laster

Laster@bigfoot.com <mailto:Laster@bigfoot.com>


Dirk Stermann und Christoph Grissemann auf FM4-
Online Petition gegen das Sendeverbot
[zurück]

   <http://www.unet.univie.ac.at/~a9706451/sg/form/bnbform.html> >> zur
Unterschriftenliste
ab jetzt erreichbar unter www.stermann-grissemann.com !
Geneigte Salonisten und -innen!

So kann's ja wohl nicht gehen! Maulkörbe werden schon wieder verteilt in
diesem Lande. Kunst, die "dem Volk" angeblich nicht dienlich ist und zum
Hinterfragen anregt, hat keinen Platz mehr in Österreichs Radiowelt,
geht es nach der FPÖ. Generalsekretär Westenthaler erwägt eine Klage
gegen das FM4-Duo Stermann und Grissenmann wegen "Aufrufs zum Mord", die
FM4-Sendung "Salon Helga" am Freitag abend wird momentan vom Band
gesendet.

Die Vorgeschichte:
Nach einem Auftritt der beiden Satiriker auf einer OÖ-Provinzbühne
Anfang Oktober 1999 gaben sie in illuminiertem Zustand (Grissemann) der
oberösterreichischen Kulturpostille rödr@nner ein Interview, wo sie auch
auf die herrschende politische Situation eingingen. Zu Jörg Haiders
Wahlsieg meinten sie damals: "Ich glaube, wenn man Haider derzeit
stoppen wollte, dann müsste man ihn erschießen." Von einer
ÖVP-Parteizeitung hoch gespielt wurde dieses Zitat zu einem Politikum
und gelangte in die ZiB und zum ORF-GI Gerhard Weis, der seine beiden
FM4-Stars suspendieren ließ "bis die rechtlichen Dinge geklärt sind".

Um aus diesen Worten einen Aufruf zum Mord herauszulesen, bedarf es
entweder einer pubertierenden Wildwest-Phantasie oder ganz einfach 15
Jahre Erfahrung im mediengerechten Verleumden und Lügen. Denn hierbei
fühlt sich genau derselbe Geist bedroht, der SS-Schergen für "anständig"
und Österreich für eine "Mißgeburt" hält. Stermann und Grissemann haben
sich in aller Form offiziell für ihr "Vergehen" entschuldigt, eigentlich
gebührt ihn auch von Jörg Haider Respekt, denn dem fällt so etwas ja
bekanntlich eher schwer.

Also, um bierernstem Meinungsterror und spießiger, schmissiger
Humorlosigkeit die Stirn zu bieten, brauchen wir Eure Hilfe! Bringt den
Link als virtuelle Flyer unter die Leute, unterschreibt die Petition,
die wir dem ORF vorlegen wollen, lasst euch nicht von der Angstmache der
FPÖ anstecken!

flo

Nur wenn wir genügend Unterschriften zusammenbringen, können wir auf die
Verantwortlichen Druck ausüben.

Danke für deine Unterstützung

Fehler möge frau/man mir nachsehen!