Montag, 5 . März 2001

AKTIONEN UND ANKÜNDIGUNGEN

01 Pressekonferenz der "Parallelwahlen"

02 Veranstaltung zum Internationalen Frauentag / Uni LInz

03 Protestnote der Eltern, Angehörige und FreundInnen der bei der Anti-Opernball-Demo Verhafteten gepostet von: www.no-racism.net

SOLIDARITÄT WELTWEIT

04 Protestadresse zur Zersdtörung von Buddhastatuen in Afghanistan
gepostet von: mailto:birgit.kellner@aon.at

05 [UK_Left_Network] Picket GlaxoSmithKline!
gepostet von: "info", info@unitedpeoples.net

06 Noch nicht aufgespießt: Ministerpräsident Vogel vor dem Rücktritt?
gepostet von: angelo lucifero, angelo.lucifero@hbv-th.de

07 AIDS/Südafrika/HOSI Wien
gepostet von: Kurt Krickler, office@hosiwien.at

08 "BürgerInnen beobachten den BGS" / Dortmund
gepostet von: aktuell@nadir.org

DISKUSSION

09 frauendiskussion
gepostet von: Csuss Jacqueline, j.csuss@xpoint.at

10 Beitrag zu "Das Zentrum verschieben! (Von Hito Steyerl)" im MUND vom 4.3.01
gepostet von: Christian Apl, a9503809@unet.univie.ac.at

LINKS/VERWEISE

Leitkultur Ligth - Einführung in die "abendländisch-österreichische Kultur": www.topone.at/tschuschenpower.htm
Der Standard, 27.02.01: "Abendländische Kultursuche": http://www.derstandard.at/standard.asp?channel=WEBSTANDARD&ressort=INNOVATIO%20
Die Presse" (Hr. Unterberger) entdeckt neue Horizonte in der "Ausländer-Debatte": http://www.diepresse.at/archiv.taf?_function=read&_id=729830

EINGELANGT ABER NICHT AUFGENOMMEN

Für diese Ausgabe nicht aufgenommen: 1 posting.
Diese Rubrik ist eine Konsequenz aus der Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische Beiträge nicht zu veröffentlichen, ohne jedoch stillschweigend Zensur zu üben. Unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen" wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme geliefert. (Weitere Gründe einen Beitrag nicht aufzunehmen sind z.B.: Attachments, kein erkennbarer Bezug zu den breit gestreuten Themen des MUND, Werbesendungen, sinnlose Kettenbriefe.) Die AbsenderInnen der betroffenen Beiträge werden hiervon informiert. Im Sinne einer "gläsernen Zensur" könnt ihr Euch die Beiträge gerne extra schicken lassen: Ein kurzes Mail an widerstand@no-racism.net genügt.


Wie der MUND entsteht ....

Schickt uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen.
E-Mail-Adresse der Redaktion:
widerstand@no-racism.net

Im MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische BeitrŠge nicht zu veršffentlichen, einerseits, die Problematik von Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen" wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene BeitrŠge hingewiesen und eine kurze BegrŸndung der/des Tagesredaktuers fŸr die Nichtaufnahme geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Ihr kšnnt Euch die BeitrŠge extra schicken lassen:
Mail an widerstand@no-racism.net genŸgt.

Bild des Tages:

KURIER vom 4.März, Seite 9


Den widerst@nd-MUND gibt´s

täglich als e-mail.

Bestellung unter

widerstand@no-racism.net




Quelle: http://www.popo.at/


Und für nächsten Donnerstag:
Das Rechtshilfe-Manual

...und was mache ich eigentlich gegen rassisten?
online-diskussion

Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.

Bitte weitersagen:
Für Personen ohne Internetzugang gibt es aktuelle Terminankündigungen
unter der Rufnummer 589 30 22 12 (Demoforum)

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01 Pressekonferenz der "Parallelwahlen"
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Donnerstag, 15. März 2001, 10:00 Uhr, Café Nil, 1070 Wien, Siebensterngasse 39

1 Mensch - 1 Stimme!
Bei den kommenden Wiener Gemeinderatswahlen werden über 200 000 in Wien
lebende Menschen wieder vom Wahlrecht ausgeschlossen sein. EU-BürgerInnen
müssen sich mit dem Wahlrecht auf Bezirksebene begnügen. MitbewohnerInnen
ohne EU-Pass wird ihr Recht zu politischer Mitbestimmung gänzlich entzogen.
Das ist nicht Demokratie. Das ist Rassismus!
Erst wenn politische Partizipation für alle gewährleistet ist, werden die
wahlwerbenden Parteien alle BewohnerInnen Wiens als AdressatInnen ihrer
Politik verstehen. Sie werden beginnen, die Bevölkerung als Ganzes in ihre
politischen Konzepte einzubeziehen. Darüber hinaus werden die Menschen
erkennen, dass sie viel mehr verbindet, als sie gedacht hatten.
Wir fordern daher das aktive und passive Wahlrecht auf Bezirks- und
Gemeindeebene für alle BewohnerInnen Wiens!
Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, veranstalten wir Parallelwahlen:
Am Samstag vor den Gemeinderatswahlen werden der Brunnenmarkt, der
Naschmarkt und der Meiselmarkt als "Parallelwahlplätze" fungieren.
Nicht-wahlberechtigte PassantInnen werden eingeladen, symbolisch ihre Stimme
für eine der wahlwerbenden Parteien abzugeben. Wahlberechtigte Personen
werden dazu eingeladen, eine entsprechende Unterschriftenliste zu
unterzeichnen.

1 Mensch - 1 Stimme!
Kontaktadresse: Bunte Demokratie für Alle, 1150 Wien, Meiselstraße 46/4
Email: bdfa@gmx.at
Tel 0699 1 11 69 841

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02 Veranstaltung zum Internationalen Frauentag / Uni LInz
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Veranstaltung zum Internationalen Frauentag in Zusammenarbeit mit dem ÖH
Frauenreferat der JK-Uni Linz und der Kunstuni:

Am 07. März 2001, um 20.00 (Einlaß: 19.30) im Mensakeller der JK-Uni.

Programm:
Begrüßung und Eröffnung:
Univ. Profin. Ursula Floßmann
Univ. Profin. Gerti Kappel Leider abgesagt!
Professorin der Kunstuni

Kabarett "Glück gehabt" von und mit Regina Hofer
anschließend Buffet, DJ-Line und Party im LUI!

Auf Euer / Ihr Kommen freut sich das ÖH-Frauenreferat!

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen / Euch gerne zur Verfügung!
Ich bitte um Weiterleitung dieser Information. Danke!

Karten: ÖH-Sekretariat (070-2468-8535)
Kartenbüro Pirngruber (070-772833)

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03 Protestnote der Eltern, Angehörige und FreundInnen der bei der
Anti-Opernball-Demo Verhafteten
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gepostet von: http://www.no-racism.net/


(ANMERKUNG: Diese Protestnote wurde auf einer Versammlung von Eltern,
Angehörige und FreundInnen der bei der Anti-Opernball-Demo Verhafteten
verabschiedet)

Protestnote
Wir Eltern, Angehörige und FreundInnen protestieren auf das Schärfste gegen
die maßlose Gewaltanwendung seitens der Polizei im Zuge der
Donnerstagsdemonstration, die am Tag des Opernballs (22.2.2001) stattfand.
Bereits um 21 Uhr startete die Polizei am Schwarzenbergplatz ohne
gerechtfertigten Grund einen
Sturmangriff auf die DemonstrantInnen. Es gab hier bereits zahlreiche, zum
Teil schwere Verletzungen. Im weiteren Verlauf der Demonstration wurden die
TeilnehmerInnen, aber auch unbeteiligte PassantInnen und JournalistInnen in
Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit in wiederholten Treibjagden mit
weiterer exzessiver Gewaltanwendung seitens der Polizei durch die Stadt
getrieben. Eingeleitet wurden diese Jagden mit Schildertrommeln und Gebrüll
der Beamten. Meist erwischte es die Langsamsten und Schwächsten. Vor allem
auf am Boden liegende Menschen wurde mit Knüppeln eingeprügelt und mit
Stiefeln auf ihre Köpfe eingetreten. Auffällig sind die vielen Kopf- und
Gesichtsverletzungen. Leute, die den Mißhandelten zu Hilfe kamen, wurden
ihrerseits verprpügelt und teilweise sogar festgenommen.
Diese schweren Menschenrechtsverletzungen führten zwangsläufig zu weiterer
Eskalation. Es gibt keinen Grund und es ist nicht hinzunehmen, daß Menschen
weit von der Demonstration entfernt verfolgt, geschlagen oder festgenommen
wurden. Es gibt keinen Grund, unbeteiligte PassantInnen zu verprügeln oder
festzunehmen. Es ist nicht hinzunehmen, daß JournalistInnen während ihrer
Arbeit verprügelt
werden. Es gibt keinen Grund, unrechtmäßig das Ernst-Kirchweger-Haus zu
stürmen und es kann nicht
hingenommen werden, daß eine Zeitungsredaktion grundlos gestürmt, durchsucht
und verwüstet wird.
Letztendlich waren 800 unbewaffnete Menschen (und weitere PassantInnen) 1100
bewaffneten Polizisten in Kampfausrüstung (Helme, Schilder,
Körperprotektoren, schwere Stiefel, Spezialknüppel, Pfeffersprays,
Tränengasgewehre, Pistolen und nicht zuletzt Wasserwerfer) ausgesetzt. Von
der Deeskalationsstrategie des Innenministers Strasser war nichts zu sehen.
Im Gegenteil: wir halten die Polizei, vor allem die Spezialeinheiten wie die
WEGA, für die Eskalation für verantwortlich. Aufs Schärfste protestieren wir
gegen die Berichterstattung in den meisten Medien, die die DemonstantInnen
vorbehaltlos und teilweise schon im Vorfeld der Demonstation als Chaoten
denunziert und diesen menschenverachtenden Polizeieinsatz gelobt haben. Oder
ist die Freiheit der Presse bereits so weit herabgekommen, daß sie vor der
permanenten Klageflut seitens der Polizei gegenüber KritikerInnen in die
Knie gehen? Wir wenden uns gegen jegliche Einschränkung des
Demonstrationsrechts. Wir fordern die Einstellung aller Verfahren und die
Freilassung des noch Inhaftierten!

SOLIDARITÄT WELTWEIT


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04 Protestadresse zur Zersdtörung von Buddhastatuen in Afghanistan
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gepostet von: birgit kellner, birgit.kellner@aon.at

Da im "Mund" nun schon mal von der Zerstörung der Buddhastatuen von Bamiyan
durch die Taliban die Rede war, könnte vielleicht auch die folgende Adresse
von Interesse sein, an die Protestschreiben gerichtet werden können (obwohl
es dafür allem Anschein nach schon reichlich spät sein dürfte):

Mullah Rahmatullah Kakayzada Khybanay Shamsheer
Consul-General
Consulate of the Taliban Islamic Movement of Afghanistan
Karachi Defence Housing Association (D.H.A.)
Bungalow No. 33
Street No. 27
District 11, Phase V (five)
Karachi
PAKISTAN

mit freundlichen Gruessen,

Birgit Kellner
Institut für Tibetologie und Buddhismuskunde
Universität Wien

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05 [UK_Left_Network] Picket GlaxoSmithKline!
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gepostet von: "info", info@unitedpeoples.net


PATENTS KILL!

PICKET GLAXOSMITHKLINE!

Read and circulate...

GlaxoSmithKline are leading a court action against the South African
government to impose patents on their HIV/AIDS treatments. This would
make cheap AIDS drugs illegal, and condemn thousands of South
Africans to a slow and painful death.

GSK, along with 41 other pharmaceutical companies are proving with
this court case that they prioritise their profits over human life.
Nelson Mandela himself is in the dock! GSK made a profit of $7.6
billion in 1999. It is not true they need these super-profits to fund
research - they invested just $3.75 billion in research this year.

STOP GSK MAKING SUPER PROFTS OUT OF DEATH! THE COURT CASE MUST BE
STOPPED!

Picket GSK: Monday 5th March, 8-10am - Great West Rd, Brentford TW8.

BR: Syon Lane - four trains an hour from Waterloo.

Supporters include: Action for South Africa, Peter Tatchell
(Outrage!), John Pilger (campaigning journalist), George Monbiot
(writer and campaigning journalist - Guardian), Beth Aze (NUS LGB
Officer) and more...

Contact Globalise Resistance on 07956 681 328, email
globaliseresistance@hotmail.com.

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06 Noch nicht aufgespießt: Ministerpräsident Vogel vor dem Rücktritt?
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gepostet von: angelo lucifero, angelo.lucifero@hbv-th.de

Folgende Meldung ist in den Medien merkwürdigerweise noch nicht
erschienen:

Nachdem der Thüringer Ministerpräsident Vogel in der Welt am Sonntag
zugegeben hat, dass er in seiner Jugend gewalttätig war, hat er
Joschka Fischer ein Angebot gemacht: Sie treten gemeinsam zurück.
"Wie wohl jeder habe ich als Jugendlicher gelegentlich hingelangt.
Zugelangt habe ich auch bei der Bekämpfung
linksradikaler Spinner unter meinen Kommilitonen und Professoren an
der Uni Heidelberg."

Kein Wunder, dass die Thüringer Landesregierung Probleme bei der
Bekämpfung rechter Gewalt hat.
:-)

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07 AIDS/Südafrika/HOSI Wien
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gepostet von: Kurt Krickler, office@hosiwien.at

Presseaussendung der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien vom 4. März 2001

AIDS/Südafrika/HOSI Wien

HOSI-Wien-Generalversammlung:
AIDS-Medikamente für alle in der Dritten Welt
Helga Pankratz neue HOSI-Wien-Obfrau

Die Homosexuelle Initiative Wien unterstützt die weltweite Kampagne
zugunsten Südafrikas im Rechtsstreit mit internationalen Pharma-Konzernen,
der morgen vor einem Gericht in Pretoria beginnen wird.

"Am 5. März 2001 beginnt das von 39 der größten Pharma-Multis der Welt,
darunter Boehringer-Ingelheim, GlaxoSmithKline, Merck, Bristol-Myers Squibb
und Roche, gegen die südafrikanische Regierung angestrengte Verfahren. Sie
bekämpfen ein Gesetz, das vom südafrikanischen Parlament verabschiedet und
von Nelson Mandela bestätigt wurde und das den Import lebensrettender
Medikamente aus Ländern, wo diese billiger sind, erlaubt. Die Firmen
behaupten, das Gesetz würde ihre Patentrechte verletzen.

Fast fünf Millionen SüdafrikanerInnen leben mit HIV. Aber nur wenige können
sich jene Medikamente leisten, durch die AIDS in reicheren Ländern von einer
tödlichen zu einer beherrschbaren Krankheit geworden ist.

Diese Firmen schützen mit Hilfe einiger westlicher Regierungen ihre Monopole
auf Kosten der Gesundheit von Millionen armer Menschen. Dieser Rechtsstreit
zeigt, daß die Pharma-Industrie mehr darum besorgt ist, Konkurrenz
auszuschalten und ihre hohen Gewinnspannen zu sichern, als tatsächlich für
einen besseren Zugang zu Medikamenten zu sorgen.

Wir sind der Ansicht, daß diese Klage rechtlich bedenklich und moralisch
verwerflich ist. Wir appellieren an die beteiligten Firmen, ihre Klage
zurückzuziehen, und an die westlichen Regierungen, die südafrikanische
Regierung bei der Bewältigung der akuten HIV/AIDS-Krise zu unterstützen."

So lautet ein weltweit verbreiteter Aufruf, den zahlreiche Persönlichkeiten
und Organisationen, darunter die HOSI Wien, unterzeichnet haben und der in
der kommenden Woche in vielen Zeitungen der Welt veröffentlicht werden soll=

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08 "BürgerInnen beobachten den BGS" / Dortmund
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gepostet von: aktuell@nadir.org

"BürgerInnen beobachten den BGS"
Von : Dortmunder BürgerInnen beobachten den BGS
Ort : Dortmund
Datum: 04.03.2001

Bürger wehren sich gegen BGS-Schikanen

Nachdem es in der letzten Zeit zu erschreckend vielen Übergriffen durch
Beamte des Bundesgrenzschutz am Dortmunder Hauptbahnhof kam, hat sich
wie in Aachen ein Bündnis gegründet, welches "die Machenschaften des
Bundesgrenzschutzes konkret beobachten möchte".
Für die Initiatoren sei es unerträglich, daß "der BGS tagtäglich
rassistische Kontrollen an Menschen nichtdeutscher Herkunft" durchführe
und "alles mögliche tue, um die politische Linke zu kriminalisieren", so
eine Sprecherin des am Bündnis beteiligten Wissenschaftlich-humanitären
Komitee (WHK).
Nach Informationen des WHK sei es nach mehreren antifaschistischen
Demonstrationen zu Übergriffen auf linke Jugendliche durch Beamte des
BGS am Dortmunder Hauptbahnhof gekommen.
So hätten die Beamten anreisende Neofaschisten unbeteiligt ihre
menschenverachtenden Parolen rufen lassen und GegendemonstrantInnen
vorbeugend in Gewahrsam genommen.
Desweiteren würden immer mehr Berichte über rassistisch-orientierte
Personenkontrollen am Dortmunder Hauptbahnhof bekannt, welchen der
Stadtratsabgeordneten des "Linken Bündnis Dortmund", Astrid Keller
mitgeteilt würden.
Erst jetzt wurde ein junger Mann vom Dortmunder Amtsgericht verurteilt,
welcher BGS-Beamte bei einer sogenannten "verdachtsunabhängigen
Kontrolle" von ausländischen Mitbürgern gefragt hatte, ob der Eindruck
der Wahrheit ensprechen würde, daß "der BGS eher nach Hautfarbe, denn
nach anderen Gesichtspunkten Menschen kontrolliere" der Wahrheit
entsprechen würde.
Die Grenzschützer hatten den Passanten im Juli des letzten Jahres
daraufhin auf die Wache gezerrt (JW berichtete) und gesagt, daß sie
"nicht nur nach Hautfarbe, sondern auch nach Meinung" kontrollieren
würden.
Desweiteren unterstellten sie ihm, daß er sie mit der Waffen-SS
verglichen und sie als "Ausländerjäger" bezeichnet habe.
In einem Gespräch mit der Abgeordneten Keller, wieß der junge Mann die
Vorwürfe energisch zurück.
Er habe nur "die schikanöse Behandlung der Bürger nichtdeutscher
Herrkunft stoppen" und endlich "auf den tagtäglichen Terror des
Bundesgrenzschutz aufmerksam machen" wollen.Desweiteren erklärte er, daß
er "kritisch nach dem Grund der Kontrolle gefragt, die Beamten jedoch
nicht beleidigt, geschweige denn beschimpft" habe.
Das er jetzt zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 30,- DM
verurteilt wurde, bezeichnete der Passant als "völlige Willkürmaßnahme"
Seiner Einschätzung nach, würde "wohl jeder, der sich den
ausländerfeindlichen Maßnahmen in den Weg stellen" würde, "auf dem
finanziellen Wege kaltgestellt".
Außerdem, sei es wohl "kaum zu akzeptieren, daß Bundesgrenzschutzbeamte
durch vermeintliche Lügen und durch die Rückendeckung ihrer Kollegen
einen Freibrief für staatlichen Terror bekommen" würden.
Neben dem WHK zeigen auch die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen (DFG/VK), das Büro der
PDS-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke und die örtliche Antifa Interesse
an der Arbeit des Bündnisses.
So seien auch der Antifaschistischen Aktion Dortmund "die rassistischen
Kontrollen und Übergriffe auf kritische und unliebsame DortmunderInnen
seit langem bekannt".
Man habe daher in einem Aufruf gegen die fortlaufenden
Neonazi-Aufmärsche des Faschistenkaders Christian Worch aus Hamburg auch
auf die Rolle des Bundesgrenzschutzes aufmerksam gemacht.
So heißt es in einem Aufruf, der sich gegen den Nazi-Aufmarsch am 3.
März richtete, daß "MigrantInnen ständig mit der Gefahr konfrontiert"
seien, "von der Polizei oder dem BGS gehetzt und aufgegriffen zu
werden".
Der paramilitärisch-organisierte BGS kontrolliere "jeden Menschen, der
in die rassistisch strukturierten Vorstellungen der BeamtInnen passt".
Desweiteren setze "das rassistische Kollektiv die schaurige Drohung
"Deutschland den Deutschen" tagtäglich in die Tat um:
Die Bürgerwehren, die den BGS an der deutschen Ostgrenze bei der
Menschenjagd unterstützen und die Taxifahrer, die beim BGS Meldung
machen, sobald sie Nichtdeutsche transportieren", seien genauso
Bestandteil dessen wie ein Soziologie-Professor, "der bei einer
Diskussion über die neuen "Quellen des Rechtsextremismus" im Dortmunder
Rathaus" festgestellt habe, das Problematische am sogenannten
Asylkompromiss "sei das lange Zögern der PolitikerInnen gewesen, daß
schließlich mit der Stabilisierung der deutschen Ostgrenzen behoben
worden sei".
Das Bündnis "Dortmunder BürgerInnen beobachten den BGS" fordert
unterdessen alle BürgerInnen auf, Beobachtungen jeglicher Art entweder
an die email-Adresse bgs-beobachtung@gmx.de oder an die Postadresse
"Dortmunder BürgerInnen beobachten den BGS, c/o DFG/VK, Braunschweiger
Straße 22, 44145 Dortmund zu senden.

DISKUSSION

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09 frauendiskussion
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gepostet von: Csuss Jacqueline, j.csuss@xpoint.at

liebe alexandra,
ich würde sogar noch weiter gehen: der typus f-frau ist die antisolidarität
auf dem buckel der bürgerlich reaktionären övp-frauen, die sie zwar schweren
herzens, aber auf befehl und gemäß den von dir beschriebenen mustern
mittragen. wir haben es mit einer führer-partei zu tun, die sich mit ihrer
frauen-quote in der politik brüstet und als hauptproblem daher kommt.
rückschritt? nein, eben nicht.

parteipolitik ist mir suspekt - punkt. mit ein grund, warum ich die grünen
noch nie wählen konnte - ihnen habe ich machenschaften jeder art immer
besonders übel genommen, wahrscheinlich, weil ich sie unter der maske des
alternativen habitus besonders abscheulich fand. nebenbei frage ich mich
seit den anfängen, wer sich denn da aller unter dem grünen mäntelchen
tummelt.

versuche in den 70ern und frühen 80ern, patriarchale strukturen nicht nur im
alltag, sondern auch im politischen aufzubrechen, ließen frau damals zwei
möglichkeiten: sie konnte sich mit pseudo-emanzipierten männern
herumschlagen oder radikal-feministischen ansätzen anschließen. mir paßte
weder die eine noch die andere option.

wirklich verändert hat sich seither nicht viel, schon gar nicht auf
gesellschaftspolitischer ebene - es sind immer noch wenige frauen, die den
diskurs vordergründig mitbestimmen, und wie gesagt, viele, die leider noch
immer viel zu bereitwillig die knochenarbeit leisten.

und jetzt, wo es zum ersten mal so was wie eine apo-bewegung gibt (betonung
auf "so was wie" und mit allen österreich-spezifischen
begleiterscheinungen - siehe die unappetitliche häme der "repräsentativen"
intellektuellen, etwa den mann liessmann, der sich als intellektuellen unter
intellektuellen plaziert), in der sich, würde ich mal behaupten, die
mehrheit nicht mehr vereinnahmen läßt, solche tendenzen aber dennoch
sichtbar sind, möchte ich an den grabenkämpfen manchmal schier verzweifeln.
daß sie uns nichts nützen, versteht sich von selbst. andererseits spiegeln
sie ja nur wieder, was auf offizieller politischer ebene alltag ist.

wer sich vereinnahmen läßt, wird entweder infolge eingeforderter und somit
nicht authentischer solidaritätsbekundungen zerrieben oder geht der eigenen
eitelkeit auf den leim.

für mich sind die oppositionsparteien nach wie vor KEIN teil dieser
bewegung, bzw. nur so weit teil, so weit sie sich für unsere anliegen nutzen
lassen. wollen sie sich einbringen, bitteschön, aber nach unseren regeln,
die immerhin ein anderes demokratieverständnis beinhalten und zu leben
versuchen. im herbst, als rosaflieder versuchte, eine art koordination in
die bewegung reinzubringen, ließ sich das schön beobachten. und es hätte
auch klappen können, wäre unsere bewegung koordiniert vorgegangen.

was wir aber auch erreicht haben, ist, von gewissen kreisen in den parteien
ernst genommen zu werden. mit uns müssen sie rechnen, das haben sie kapiert.
der politische diskurs in der öffentlichkeit, der jetzt im wahlkampf
deutlich zu beobachten ist - und ich meine nicht die diskussionen in den
medien oder die plakate, sondern die direkt geführten gespräche, haben eine
neue qualität. das seh ich schon als erfolg. oder wenn ich an die diskussion
beim bourdieu-symposion zurück denke (und da kamen viele hin, die sonst
daheim bleiben), war da im publikum ein politisches selbstbewußtsein zu
spüren, das vor zwei jahren unvorstellbar gewesen wäre. insofern ist die
"rotgrüne euphorie", wie du das nennst, im club nachvollziehbar. muß ich sie
deshalb aber übernehmen?

der schluß, den ich für mich ziehe, ist der, daß ich mich einbringe, wo es
für mich richtig ist, und darüber hinaus für persönliche feldzüge jeder art
immer unempfänglicher werde. das sehe ich übrigens auch als erfolg und als
basisdemokratisches selbstverständnis, das sich - übertragen auf eine
gesellschaft - so entwickeln könnte, daß es die mächtigen, ganz egal, wo sie
sind, das fürchten lehren könnte.

liebe grüße, jacqueline

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10 Beitrag zu "Das Zentrum verschieben! (Von Hito Steyerl)" im MUND vom
4.3.01
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gepostet von: Christian Apl, a9503809@unet.univie.ac.at

Aus: "Texte, Beiträge und Diskussionen zum Thema: Chiapas und die Linke"

Postmoderne Aufstände - Für eine Abwicklung des Nordens (Christoph Spehr)

gefunden auf:
http://www.nadir.org/nadir/archiv/Internationalismus/Mexico/chiapas_und_die_
linke/ch06.htm

Postmoderne Aufstände

Das 20.Jahrhundert endete am 31.Dezember 1993 in Chiapas, wie die
mexikanischen
Historiker Antonio und Liza García de León bemerkt haben. An diesem Tag
beschloß
die Bevölkerung der Region Chiapas, ein mexikanischer Bundesstaat etwa von
der
Größe Bayerns, "dem Imperium keinen Tribut mehr zu zahlen", wie es in einem
der
späteren Kommuniqués heißt, und begann den Aufstand. Ihre bewaffnete
Organisation, die zapatistische Befreiungsarmee EZLN, besetzte die
wichtigsten
Ortschaften und erlangte die militärische Kontrolle über das Gebiet, die sie
bis
heute nicht wieder verloren hat. Dies ist vor allem dem Umstand zu
verdanken,
daß es bereits in den ersten Tagen des Aufstands zu Massendemonstrationen in
Mexico City kam, die gegen den Einsatz der mexikanischen Armee
protestierten,
und daß sich die mexikanischen Intellektuellen mit der Aufstandsbewegung
solidarisierten - mit wenigen Ausnahmen wie etwa dem Schriftsteller Octavio
Paz,
der um die Zukunft der Moderne bangte. Zwei Wochen nach Aufstandsbeginn bot
die
mexikanische Regierung den ersten Waffenstillstand an. Seither befindet man
sich, immer wieder von Kampfhandlungen begleitet, in Verhandlungen.
Der Aufstand in Chiapas ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Die Politik
der
EZLN, der soziale Aufbruch der zapatistischen Bevölkerung, die nationale
Solidarität und die internationale Reaktion verbinden sich zu einem Phänomen
Chiapas, das nicht zu Unrecht als "postmoderne Revolution" bezeichnet worden
ist. Die EZLN hat den Aufstand mit politischen Offensiven für eine
demokratische
Umgestaltung Mexicos verklammert und ihre eigene Rolle als Katalysator
dieser
Umgestaltung definiert, nicht als ihr alleiniges Sprachrohr und schon gar
nicht
als Hüter der einzigen Wahrheit. Im Verlauf der Auseinandersetzung hat sie
sich
ein Marketing geschaffen, das wenig auf kämpferische Parolen und viel auf
Höflichkeit, Selbstbewußtsein und Ironie setzt. Sie ist weder an einer
militärischen Entscheidung interessiert, noch hat sie bisher ein konkretes
eigenes Forderungsprogramm vorgelegt. Sie verfolgt nicht das klassische
Ziel,
den Staatsapparat zu übernehmen und eine gesellschaftliche Neuordnung "von
oben"
nach ihren Vorstellungen durchzusetzen. Stattdessen appelliert sie an die
mexikanische Bevölkerung, sich ihre eigenen Gedanken zu machen und ihre
eigenen
Vorstellungen in eine politische Umgestaltung einzubringen.
Der Aufstand in Chiapas ist die erste Revolution jenseits des
20.Jahrhunderts,
weil sie nicht mehr das Ziel verfolgt, das Projekt der Modernisierung und
Entwicklung zu vollenden, sondern es zu beenden. Nicht von ungefähr hat die
Aufstandsbewegung die Einführung der nordamerikanischen Freihandelszone
(NAFTA)
als Datum für den Aufstand gewählt. Die EZLN ist keine antimodernistische
Gegenbewegung, die zurück zu traditionellen Verhältnissen will. Sie steht
nur
jenseits der Moderne und ihren hohl gewordenen Versprechungen. Sie
verspricht
sich nichts mehr von der Entfesselung der Produktivkräfte, sondern eher von
deren vernünftiger Begrenzung; sie will ein Ende des "Krieges", als den der
mexikanische Autor Gustavo Esteva die staatliche Entwicklungspolitik
bezeichnet
hat. Der Aufstand in Chiapas ist eng mit den Strukturen der indigenen
Selbstorganisation verbunden und benutzt deren Sprache und Bilderwelt. Aber
die
Organisation der EZLN ist eine progressive Alternative zur patriarchalen
Sozialordnung der indigenen Gemeinden, was ihr vor allem den Zulauf der
Jungen
und insbesondere der Frauen gebracht hat. Die EZLN verteidigt die Autonomie
der
dörflichen Gemeinden und ihre wirtschaftlichen Subsistenzstrukturen gegen
die
"Modernisierung" und "Entwicklung". Aber sie findet auch, daß es in Chiapas
mehr
Fernseher geben sollte.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich, daß der postmoderne Aufstand auch in
anderen
Regionen stattfindet. Die Entwicklung in Nigeria zum Beispiel weist mit der
in
Mexiko verblüffende Ähnlichkeiten auf. Das nigerianische Chiapas ist das
Niger-Delta. Es ist die am wenigsten "erschlossene" und industrialisierte
Region, die zugleich am meisten ausgeblutet, ökologisch und sozial ruiniert
wird. Aber für die soziale, politische und ökologische Umgestaltung des
Landes
ist das Niger-Delta die Avantgarde. Wie in Chiapas gibt es dort Öl, das hier
in
großem Stil u.a. von Shell gefördert wird, mit verheerenden Konsequenzen für
die
ansässige Bevölkerung. Die Bevölkerung des Niger-Deltas besteht aus
ethnischen
Minderheiten, die sich vor einigen Jahren in der Ogoni-Bewegung
zusammengeschlossen haben. Die Ogoni-Bewegung wendet sich mit
Massenkundgebungen
und zivilem Widerstand gegen Vertreibung, Morde und Plünderung und gegen die
ökologische Zerstörung ihres Landes und ihrer Felder.
Die Ogoni-Bewegung besaß mit dem im November 1995 von der nigerianischen
Regierung ermordeten Schriftsteller Ken Saro-Wiwa eine charismatische
Führungspersönlichkeit, der einen eigenen Medienkonzern dirigierte, eine
landesweite Fernsehsendung produzierte und seine Schriften bewußt nicht im
lokalen Dialekt, sondern in "rotten English" veröffentlichte - der einzigen
Sprache, in der alle NigerianerInnen sich miteinander verständigen können.
Der
MOSOP, der politische Dachverband der Ogoni, verfolgt eine gleichermaßen
radikale wie pragmatisch-undogmatische Politik. Er fordert regionale
Autonomie
und Mitsprache bei der demokratischen Umgestaltung des gesamten
Nationalstaates,
Schutz für die lokale Subsistenzwirtschaft und Beteiligung an den
Erdöl-Einnahmen. Er beruft sich auf ethnisch-kulturelle Traditionen und
bedient
sich gleichzeitig völlig selbstverständlich der modernsten Formen einer
medienorientierten Politik. Er bildet keine ideologische Einheit und findet
seinen gemeinsamen Nenner in der Forderung nach regionaler Selbstbestimmung
und
nach Deeskalation der politisch-militärischen Situation im Land.

Abwicklung und postmoderne Revolte

Es gibt einen Typus der postmodernen Revolte, der alle Aussichten hat, zum
prägenden Modell für künftige Auseinandersetzungen um eine emanzipatorische
Lösung der globalen sozial-ökologischen Krise zu werden. Sein
Organisationsprinzip läßt sich am besten mit der von Esteva verwendeten
Terminologie beschreiben. Der postmoderne Aufstand beruht primär auf
autonomen
sozialen Basisorganisationen, die nicht in einer straffen Organisation
zentralistisch verbunden sind, sondern ein lockeres Netzwerk bilden. Diese
Vernetzung ist so wenig institutionalisiert wie möglich, weshalb Esteva von
diesem Netz als der "Hängematte" spricht: man kann sie benutzen, wenn man
sie
braucht, aber wenn man sie nicht braucht, hat sie so gut wie kein Gewicht.
Man
kann sie überallhin mitnehmen und überall aufhängen. Diese gemeinsame
soziale
Praxis der Basisorganisationen, der solidarische Raum, den sie schaffen,
braucht
allerdings einen "Schutzschirm" nach außen. Was dieser Schutzschirm ist, ist
je
nach der politischen und gesellschaftlichen Situation ganz verschieden. Er
kann
darin bestehen, sich pragmatisch der herrschenden Institutionen und
Organisationen zu bedienen, um die Freiräume der Bewegungen und
Basisorganisationen zu schützen und Interventionen gegen sie zu behindern.
In
Chiapas ist der Schutzschirm die bewaffnete regionale Selbstverteidigung
durch
die EZLN, aber auch die Solidarität großer Teile der mexikanischen
Zivilgesellschaft. Der Schutzschirm ist jedoch ein nachgeordnetes Element,
ein
Notnagel; er kann Räume freihalten, aber er kann sie nicht selbst gestalten.
Die postmoderne Revolte ist sich darüber im klaren, daß sie die rein
militärische Konfrontation gegen den staatlichen Gewaltapparat immer
verlieren
würde. Deshalb ist ihre Militanz defensiv und regional, aber ihre Politik
offensiv und national, sogar international. Indem sie ihre Sache mit der
Forderung nach einer innergesellschaftlichen "Abrüstung" und Deeskalation
verbindet, gelingt es ihr, die an sich ungünstigen Kräfteverhältnisse zu
überspringen.
Die postmodernen Aufstände sind Aufstände im Zeichen der Abwicklung. Sie
haben
keine einheitliche ideologische Grundlage. Was sie zusammenhält, ist der
Gedanke
eines "Breaks", einer Unterbrechung der zerstörerischen gesellschaftlichen
Entwicklungslogik. Sie verweigern sich der herrschenden Logik, die
sozial-ökologischen Krisenerscheinungen durch eine immer schnellere
Entwicklung,
durch immer wahnsinnigere Wechsel auf eine unsichere Zukunft lösen zu
wollen.
Ihr Nährboden ist eine weitverbreitete Stimmung, daß die gesellschaftliche
Situation in einen Zustand der Überspannung, der Exaltiertheit, der
wahnhaften
Risikobereitschaft geraten ist. Ihr Slogan ist das "Ya Basta" der EZLN. "Es
reicht". Nicht noch mehr vom Selben. Nicht noch mehr schreckliche Illusionen
zu
einem immer unbezahlbareren Preis. Genug, Schluß, Aufhören. Keine
Superman-Politik mehr. Bilanzziehen und Neuordnen. Die Maschine
herunterfahren,
die Verkrampfungen lösen, die Brutalität abrüsten.
Die postmoderne Revolte ist das genaue Gegenteil der herrschenden Öko-Panik,
die
schnell noch weitere Mega-Strukturen und Technikprojekte aufbauen will, um
die
angeblich so drängenden, ganz großen Probleme zu lösen. Das Programm der
postmodernen Aufstände ist die Abwicklung: nicht intervenieren, nicht auf
die
globalen Geschäfte setzen, mit der sozialen Neuordnung von unten beginnen.
Ihre
ökologische Philosophie ist nicht die intelligente Optimierung, sondern das
"calming down", das Herunterfahren. Ihre emanzipatorische Philosophie zielt
nicht darauf, die "gute Gesellschaft" ein für alle mal einzuführen. Die
Philosophie der postmodernen Revolte im Zeichen der Abwicklung ist: Die
bestehende Gesellschaft von innen übernehmen, indem man sie nach außen
begrenzt.
Der Selbstorganisation Raum verschaffen, indem die Verwicklung in den
globalen
Entwicklungskrieg zurückgenommen wird.
Die postmodernen Aufstände unterscheidet sich auch diametral von der
modischen
Politik des "Alternativen", des "jeder kehre vor seiner eigenen Tür". Sie
beharren darauf, daß die Probleme nur gemeinsam gelöst werden können. Sie
gestalten nicht Nischen, sondern wollen ein Gesamtprogramm stoppen. Sie
predigen
nicht die individuelle alternative Verrenkung, sondern schaffen eine
Situation,
die die Verrenkung überflüssig macht. Sie formulieren keine individuelle
Lebenshilfe, sondern einen alternativen Entwicklungsweg für eine ganze
Region
einschließlich der dafür notwendigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Regionen in diesem Sinne sind nicht isolierte Landstriche oder kleine
alternative Flecken. Die kritische Größe liegt in der Größenordnung von
Bundesländern bzw. Bundesstaaten.

Radikale regionale Autonomie

Es versteht sich von selbst, daß postmoderne Aufstandsbewegungen innerhalb
der
nördlichen Industriestaaten sich weitgehend von denen in Ländern der
"Dritten
Welt" unterscheiden werden. Aber es steht außer Frage, daß es sie geben
wird.
Sie werden vielleicht in hohem Maße im Rahmen zivilgesellschaftlicher
Auseinandersetzungen stattfinden können und sich bestehender Institutionen
als
Schutzschirm bedienen. Aber sie werden ihr "Break", ihr "es reicht", mit
einer
massiven gesellschaftlichen Mobilisierung formulieren. Sie werden die
Spielregeln verändern. Sie werden Lösungen der Abwicklung für Regionen
suchen
und sie werden der Solidarisierung außerhalb dieser Region bedürfen, um
bestehen
zu bleiben. Sie werden nicht heute und nicht morgen beginnen, aber in ein
paar
Jahren.
Die postmoderne Revolte im Norden wird dort stattfinden, wo die
sozial-ökologische Krise die bisherige Rechnung der Modernisierung und
Entwicklung am ehesten zunichte macht. Man kann sich an fünf Fingern
ausrechnen,
daß dies in Deutschland zuerst auf dem Gebiet der ostdeutschen Bundesländer
der
Fall sein wird. Die Rechnung, einen sozialen und ökologischen Aufbau im
Rahmen
der bisherigen kapitalistischen Orientierung bewerkstelligen zu wollen, ist
jetzt schon aberwitzig.
Nehmen wir die ehemalige Industrieregion um Dessau und Bitterfeld. Seit der
Stillegung der dort ansässigen Großbetriebe bewegt sich die Arbeitslosigkeit
in
schwindelerregender Höhe, und es gibt keinerlei Aussichten, daß sich daran
etwas
ändern wird. Einerseits findet also ein erheblicher Finanztransfer in diese
Region statt, in Form von Mitteln aus der Bundesanstalt für Arbeit und aus
dem
Länderfinanzausgleich. Dieses Geld verschwindet auf der anderen Seite wieder
aus
der Region, da die Kaufkraft weitestgehend für Produkte ausgegeben werden
muß,
die nicht in der Region hergestellt werden. Im Lauf der Zeit führt das dazu,
daß
den Menschen ihre Region buchstäblich nicht mehr gehört, weil die
interessanteren Ressourcen und Flächen ausverkauft werden und der Rest
tendenziell wertlos ist. Wer sich aufraffen kann und will, verschwindet; wer
bleibt, findet sich mit der depressiven Situation ab. Die Region liefert
also
weiterhin per Migration Menschen in andere, reichere Gegenden: mobile, junge
Frauen und Männer für den Arbeitsmarkt im Westen oder für den westlichen
Heiratsmarkt. Die Region selbst wird zum Standort für Naturschutzgebiete
oder
für Truppenübungsplätze. Sie verkauft ihre Natur, Arbeit und Fläche, ohne
sich
aus ihrer trostlosen Lage befreien zu können.
Prinzipiell wäre es also äußerst naheliegend, das Geld, das in die Region
fließt, zum Aufbau einer regional bezogenen Produktion zu verwenden. Dies
ist
aber unter den herrschenden Bedingungen unmöglich. Eine gezielte
industrielle
Subventionspolitik ist nach den Regeln der nationalen und europäischen
Marktliberalisierung schlicht illegal. Eine staatliche Förderung und
Bevorzugung
von landwirtschaftlichen Produkten aus der eigenen Region, die Voraussetzung
für
den Aufbau einer regionalen Versorgungswirtschaft wäre, scheidet aus den
gleichen Gründen aus. Die finanziellen Zuwendungen aus nationalen
Förderprogrammen fließen in die Taschen von Unternehmen und Institutionen,
die
ihren Hauptsitz im Westen haben und die Region nur als Verschiebebahnhof
benutzen.
Dabei wäre die Bereitschaft in der Region, einen regional bezogenen
ökonomischen
und kulturellen Aufbau zu unternehmen, groß. Es gibt eine Reihe von
Projekten,
die Vorstellungen in diese Richtung entwickelt haben. Aber so, wie die Dinge
liegen, kann man nichts machen. Dafür wäre ein Programm der radikalen
regionalen
Autonomie notwendig, das den globalen Sektor weitgehend hinauswirft und sich
das
Recht nimmt, Preise, Eigentumsrechte und äußere Austauschbeziehungen der
Region
in einem hohen Maße zu kontrollieren und zu gestalten.
Die Situation trifft auf verschiedene Regionen zu, in anderen europäischen
Ländern genauso. Es kann gar nicht anders sein, als daß in einigen dieser
Regionen eines Tages eine alternative, regional bezogene Rechnung aufgemacht
wird und versucht wird, sie durchzusetzen. Und dies wird etwas ganz anderes
sein
als die Förderung von alternativen Landkommunen, wie sie die Regierung
Biedenkopf (auf Initiative von Rudolf Bahro übrigens) derzeit betreibt: eine
typische "alternative" Politik der Abfederung, die eine Art Reservate
schafft,
aber an der Entwicklungslogik nichts ändert, die die Regionen verarmen läßt.
Konflikte mit der herrschenden Marktliberalisierung und abhängigen
Zurichtung
von Regionen werden unvermeidlich sein. Es werden Konzepte einer radikalen
regionalen Autonomie artikuliert werden, die sich nicht damit
zufriedengeben,
eine Region sozialpolitischer Kostgänger zu sein, ob "alternativ"
(geförderte
Landkommune) oder "klassisch" (arbeitslos zuhause). Diese Konzepte werden
nur
funktionieren, wenn sie sich mit einer gesellschaftlichen Debatte um die
Abwicklung der wahnwitzigen nationalen Standortpolitik verbinden und die
daraus
abgeleitete regionale Zurichtung, also die moderne Produktivitäts-Apartheid
zwischen den Regionen, radikal in Frage stellen.

Kulturen des Widerstands


Der postmoderne Aufstand der Regionen, der für eine Lösung der
sozial-ökologischen Krise durch die Abwicklung der wirtschaftlichen
Hochrüstung eintritt, wird häufig als ethnozentrisch oder provinziell
mißverstanden. Der Bezug der EZLN auf die indigene Tradition hat zu
Diskussionen geführt, daß eine Übertragung ihrer politischen Anliegen auf
die nördlichen Industrieländer daran scheitern müsse, daß ein derartiges
Konzept hier notwendigerweise rassistisch oder chauvinistisch ausfallen
würde ("Wir in Bayern" usw.).
Dies ist ein Irrtum. Das Mißverständnis liegt darin, daß der Bezug auf die
regionale Tradition in Wahrheit kein ethnischer, sondern ein kultureller und
geschichtlicher Bezug ist. Die Bevölkerung von Chiapas bildet keineswegs
eine ethnische Einheit. Am Beispiel Nigerias ist ebenfalls offensichtlich,
daß die regionale Identität "Ogoni" ein politisches Konstrukt ist, das eine
ganze Reihe von Gruppen verbindet, die sich bis dahin als selbständige
Ethnizität definiert hatten. Das "Zapotekische" oder das "Ogonische"
beziehen sich nicht auf eine wie auch immer geartete ethnische Identität.
Das, woran die EZLN oder die Ogoni-Bewegung anknüpfen, sind spezifische
Kulturen des Widerstands. Es sind die geschichtlichen Erfahrungen,
gegenseitigen Verpflichtungen und erlernten Fähigkeiten zum Widerspruch, was
damit gemeint ist. Die postmoderne Revolte im Norden wird ebenfalls an ihre
jeweiligen Kulturen des Widerstands anknüpfen müssen. Sie wird ihre
historischen Erfahrungen auswerten und aneignen müssen: die gescheiterten
Versuche, die gehegten Hoffnungen, das Repertoire alternativer Vorstellungen
von Werten, Selbstbewußtsein und Würde. In unserem Fall sind das nicht so
sehr irgendwelche mittelalterlichen Zunftaufstände oder die kulturelle
Wiederaneignung des pfälzischen Saumagens. Es ist die Aneignung der
Geschichte der sozialen Gegenbewegung von 1968 bis jetzt, in ihrer ganzen
Breite: als politische und kulturelle Geschichte, als Männer- und
Frauengeschichte, als Bezugspunkt für hiesige Erfahrungen und für
Erfahrungen von Leuten, die aus anderen Ländern zugewandert sind. Es war die
erste große Infragestellung. Die ideologischen Grundlagen, politischen
Zielvorstellungen und Organisationsphilosophien dieser Zeit sind heute
weitgehend unbrauchbar geworden. Aber es ist unsere spezifische Kultur des
Widerstands.
Diese Kultur kann nicht zelebriert werden. Als gemeinsamer Bezugspunkt ist
sie die Voraussetzung, daß sich verschiedene Stränge und Teile der sozialen
Gegenbewegung überhaupt gegenseitig erkennen und verstehen können. Sie ist
das "rotten English" dieser Bewegung. Auf ihre Attraktivität kann man sich
allerdings ebensowenig verlassen, wie auf die Attraktivität der
zapotekischen Dorfgemeinschaft. Es bedarf des Aufbaus von neuen
Organisationsformen, die sich in der Tradition dieser Kultur des Widerstands
sehen, aber gleichzeitig eine progressive, antipatriarchale Alternative dazu
darstellen. Mit den Dorfältesten der '68er-Bewegung kann man sich jedenfalls
keine gesellschaftliche Mobilisierung vorstellen. Möglicherweise sind wir
bereits in diesem Prozeß der Neufindung attraktiver, antipatriarchaler
Organisationsformen - mit Sicherheit allerdings erst am Anfang dieses
Prozesses. Die EZLN hat zehn Jahre in Chiapas gebraucht, um das dialektische
Spannungsverhältnis zwischen traditioneller Kultur des Widerstands und
progressiver Organisations-Alternative auszubalancieren. Ich glaube nicht,
daß wir schneller sind.


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Redaktionsschluss: 04. Maerz 2001, 23:00 Uhr


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