widerst@ndMUND vom Dienstag, 12.9.2000
|
|
01 Das Leben ist keine Handelsware
From: Jalv Panchayat, cs@t0.or.at
Das Leben ist keine Handelsware Alternativen zur WTO-, WB-, IWF-Politik aus der Sicht von Frauen, Kindern und der Natur. Frauen, auf nach Prag. Vom 26. - 28. September findet die 55. Jahreskonferenz der Weltbank (WB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Prag statt - zum ersten Mal in einem Land des ehemaligen Ostblocks. Zusammen mit der Welthandelsorganisation (WTO) bilden beide Institutionen die "Unheilige Trinität", die die Dogmen der neoliberalen, ökonomischen Globalisierung heute in der ganzen Welt verbreitet. Die WB und der IWF sind berüchtigt wegen ihrer Strukturanpassungsprogramme (SAPs), die sie den verschuldeten Ländern des Südens als "Medizin" für ihre Wirtschaft aufzwingen. Diese "Medizin" bedeutet, dass diese Länder sich für ausländische Importe, Investoren und Spekulanten Öffnen, dass staatliche Ausgaben für Gesundheit, Schulbildung und Hilfsprogramme für die Ärmsten gestrichen, Löhne gesenkt und Preise erhöht werden. Die SAPs zwingen die Regierungen, die neoliberale Politik der Globalisierung, Liberalisierung und Privatisierung (GLP-Politik) zum Vorteil der Multinationalen Konzerne zu akzeptieren. Die Folgen dieser GLP-Politik sind überall katastrophal. Einheimische Kleinbauern und Kleinbetriebe mußten mit Multinationalen Konzerne konkurrieren und wurden so ruiniert. In vielen Fällen brach die ganze Wirtschaft zusammen. Frauen und Kinder waren die Hauptopfer, denn das Öffentliche Gesundheits- und Bildungswesen wurde genau so aufgegeben wie die Sozialversorgung. Millionen von Jobs, besonders von armen Frauen, wurden vernichtet. Die folgende Ökonomische Krise führte zu sozialer Polarisierung und Gewalt, besonders gegen Frauen. Der internationale Sex-Handel und neue Formen sexueller Sklaverei sind eine direkte Folge neoliberaler Politik. Weitere Konsequenzen sind die Ausweitung des Waffen- und Drogenhandels, soziale Spannungen, Kriege, Flüchtlingsströme und überall eine dramatische Zerstörung der Natur (vgl. Afrika, Russland, Ex-Jugoslawien, Asien). Obwohl die negativen Folgen dieser Politik inzwischen selbst der "Unheiligen Trinität" bekannt sind, wird sie diese Politik nicht nur im Süden weiter verfolgen, sondern durch ihre Konferenz in Prag wird sie das neoliberale Credo des globalen "Freien Handels" auch in den Ländern Zentral- und Osteuropas verbreiten. Die Sparpakete, die diesen Ländern verordnet werden, sind nichts anderes als die SAPs, die den Ländern des Südens aufgezwungen wurden. Sie werden ähnliche Folgen haben. Die Einbindung Zentral- und Osteuropas in die neoliberale Globalisierung, wird jedoch nicht nur von WB, IMF und WTO betrieben, sondern ebenso von der EU. Besonders Deutschland und Frankreich sind Vorreiter der neoliberalen EU-Osterweiterung. Vor allem die EU-Kommission in Brüssel garantiert, dass die geplante EU-Osterweiterung unter neoliberalen Bedingungen geschieht. Dabei ist die EU-Kommission genau so undemokratisch wie die WTO, die unter anderem deshalb im November 1999 in Seattle scheiterte. Frauen, Bauern und indigene Völker im Süden haben sehr früh erkannt, dass sie von den neoliberalen "Reformen" nichts zu erwarten hatten. Sie starteten viele lokale, nationale und internationale Kampagnen gegen diese Politik, gegen GATT, WTO, TRIPs, Gentechnik in der Landwirtschaft, Patente auf Leben und die Multinationalen Konzerne. Sie verstanden, dass diese Politik ihr überleben, ihre Kontrolle über ihre Ressourcen, ihre Demokratie und ihre Würde gefährdete. Obwohl sich auch für Frauen in Europa die Lebensbedingungen durch die neoliberale Globalisierungspolitik sichtbar verschlechtert haben, hat die Frauenbewegung bisher jedoch noch nicht angemessen auf diese Gefährdung der Natur, der Frauen, der Demokratie und des Friedens durch die GLP-Politik reagiert. Die Europäische Frauenbewegung ist im Zusammenhang der weltweiten Proteste gegen WTO, Globalisierung und Konzernherrschaft noch kaum in Erscheinung getreten. Es ist Zeit, dass wir von den Frauen, den Bauern und den indigenen Völkern der "Dritten Welt" lernen! Es reicht nicht, dass wir weiterhin darüber klagen, dass wir noch nicht "gleichberechtigt" sind und dass die Beschlüsse der UN-Frauenkonferenzen bisher Papier geblieben sind. Es reicht nicht, dass wir Menschenrechte, Bildung und Arbeitsplätze von Regierungen fordern, die eher die Interessen der Konzerne als die der Menschen vertreten. Es reicht auch nicht, dass wir, wie immer nach Kriegen und Katastrophen, den Opfern helfen, ohne darüber nachzudenken, wie diese Kriege und Katastrophen zu verhindern wären. Es ist Zeit, dass wir den Zusammenhang sehen zwischen einer Wirtschaft, die die ganze Welt zur Handelsware erklärt und der Gewalt gegen Frauen, Kinder und Natur und den neuen Kriegen überall. Das internationale Netzwerk DIVERSE WOMEN FOR DIVERSITY (DWD) kämpft seit Jahren weltweit gegen diese neoliberale Politik und für den Erhalt der kulturellen und biologischen Vielfalt, für Nahrungssouveränität und Selbstbestimmung lokaler Gemeinschaften über ihre Ressourcen, gegen Patente auf Leben und gegen "Biopiraterie", für einen neuen Internationalismus auf der Grundlage von Gewaltlosigkeit und lebendiger Demokratie, die auch das nichtmenschliche Leben umfasst. Wir wollen in Prag ein Zeichen setzen, durch unsere Präsenz, durch unsere Teilnahme an den Protestaktionen und durch eine eigene Veranstaltung am 27. September 2000 in Prag. Thema DAS LEBEN IST KEINE HANDELSWARE; ALTERNATIVEN ZUR WTO-WB-IWF-POLITIK AUS DER SICHT VON FRAUEN, KINDERN UND DER NATUR. Wir werden unter anderem folgende Themen behandeln: 1. Die Politik der "Unheilige Trinität" von WB/IMF und WTO als Krieg gegen Frauen, Natur und Demokratie. 2. Die Rolle der Multinationalen Konzerne in diesem Krieg. 3. Was bedeutet die EU-Osterweiterung für Frauen, die Natur und die Demokratie in Ost- und Westeuropa? 4. Ökonomische Globalisierung und Militarisierung. 5. Gen-Nahrung, Biopiraterie und die Privatisierung unseres Wassers. 6. Was können wir vom Süden lernen? Auf dem Weg zu einer neuen Demokratie, einer "Lebens-Demokratie". DIVERSE WOMEN FOR DIVERSITY, Secretariat, A-60 Haus Khas New Delhi - 110 016 India, Tel.: 0091 11 656 1868, Fax.: 0091 11 656 2093, E-mail: divwomen@ndf.vsnl.net.in; divwomen@del6.vsnl.net.in; www.vshiva.org. Kontaktadresse für DWD-Aktivitäten in Prag: Marie Halsova, bei Angentura Gaia, Lublansk· 18, CZ-120 00 Praha 2, Cesk· Republika, Tel.: 00420-2-22519734, 0604-946516, Fax: 00420-2-22251-8319, E-Mail: gaia@ecn.cz, www.ecn.cz/gaia
02 Neues bei den CeiberWeibern
From: Alexandra, alexandra@ceiberweiber.at
Ganz neu bei uns: Bericht vom Widerstandstreffen am 9.9. unter http://www.ceiberweiber.at/wahl/widerstandstreffen.htm "Was ist Widerstand? Gespräch mit Fritz Molden" http://www.ceiberweiber.at/wahl/molden.htm Alexandra =
From: Angelika, a9505409@unet.univie.ac.at
Idee zur Donnerstagsdemo Nach der Sommerpause gehe ich nun wieder auf die "alldonnerstägliche" Demo; während der letzten Demo fiel uns eine Idee ein - denn ich bin der Meinung, dass die Größe der Menschenmasse natürlich auf dem ersten Blick wichtig ist, doch - nun kommt es: wie wäre es, wenn wir statt einen lauten, teils wild herumschreienden Menschenzug, einmal einen Schweigemarsch veranstalten würden? Dass es schwierig ist einer so großen Masse den das Sprechen und so weiter zu verbieten ist klar, aber es wenigstens einmal zu versuchen, wäre wunderbar. Ich gehe "mit meinen Leuten" generell am Ende des "Zuges" und hier stören mich die vier nebeneinander fahrenden - uns beinahe anschiebenden - Polizeilastwägen sehr. Ordnung muss sein, aber doch nicht auf so eine Art und Weise, wir bewegen uns ja vorwärts, keine Angst! Und nun stellt Euch vor: Diese Wägen machen sehr viel Lärm - sogar auf eine bestimmte Weise beängstigend - und verbreiten Ihre Abgase wie ein Konvoi von Lkws; rings um uns die übrigen Polizeieinheiten, die Motorgeräusche von sich geben, manche Passanten, die Ihre Kommentare zu der Demonstration abgeben, und nicht zu vergessen der allbekannte Stadtlärm. Und dann die schweigende Menschenkette. Mir ist es wirklich ernst, obwohl sich meine Erzählung etwas schwülstig anhören sollte, aber es gäbe wieder vermehrt Reaktionen, die Passanten hätten weniger Grund derb herum zu schreien, die Polizisten müssten ebenfalls vorsichtiger mit ihren Kommentaren umgehen. Eine stille Masse ist viel eindrucksvoller als eine brüllende. Es würde mich sehr freuen, eine Reaktion auf mein e-mail zu erhalten; ich wäre auch bereit bei solch einer: 'Aktion-Schweigen' mitzuhelfen. Schöne Grüße Angelika
04 SK Rapid und Austria Wien zeigen Rassismus die rote Karte!
From: Kurt Wachter, wachter@vidc.org
SK Rapid und Austria Wien zeigen Rassismus die rote Karte! Der Fußball leistet einen wichtigen Beitrag zur Integration und besitzt Vorbildwirkung für die Gesellschaft. Wie erfolgreich MigrantInnen und ihre Nachkommen sein können, hat man bei der diesjährigen EURO gesehen. Auch bei den beiden Wiener Großklubs tragen Menschen verschiedenster Herkunft zum Erfolg der Vereine bei. Rapid und Austria Wien veranstalten daher gemeinsam mit der Initiative FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel im Rahmen der max.Bundesliga Stadionaktionen gegen Rassismus. Termine: Sa, 16.9.00 SK Rapid Wien - SV Wüstenrot Salzburg, 15.30 Uhr, Hanappi-Stadion (U4 Hütteldorf) Sa, 23.9.00 FK Austria Memphis Magna - VFB Admira Wacker Mödling, 15.30 Uhr, Franz Horr Stadion (U1 Reumannplatz, dann 67 bis Altes Landgut) Jede/r StadionbesucherIn erhält ein Mannschaftsposter und das neue FairPlay Magazin überreicht. Ermäßigungen Rapid-Gutscheine über 50 öS auf jede Eintrittskarte der Tribüne OST Austria-Gutscheine über 30 öS auf jede Eintrittskarte der Tribünen OST und NORD. Die Gutscheine senden wir gerne kostenlos zu: Tel. +43 1 713 35 95, Fax.: +43 1 713 35 95 -73 oder maraszto@vidc.org bei persönlicher Abholung: FairPlay-vidc, Weyrgasse 5, 1030 Wien (täglich 9-17 Uhr) Weitere Infos: www.vidc.org/fairplay Zu den FairPlay Spielen sind alle, besonders Jugendliche und Erwachsene mit Migranten-Background, sehr herzlich eingeladen. Let's kick racism out! P.S. Wer keine Mail-Sendungen von FairPlay wünscht oder wer Mehrfach-Mails bekommt, möge uns das bitte kurz mitteilen. Kurt Wachter, FairPlay-vidc, Football Against Racism in Europe (FARE) Weyrgasse 5, A-1030 Vienna, Fon.: +43 1 713 35 94-83 Fax.: +43 1 713 35 94 73, www.vidc.org/fairplay, www.furd.org/far
From: ulthar@metacrawler.com
An die DonnerstagsdemonstrantInnen! An alle RegierungsgegnerInnen! Dringender Vorschlag, auf Äußerungen des Herrn Schüssel beim Sommergespräch auf der nächsten Donnerstag-Demo (14.9.2000) mit Flugblättern, Plakaten/Transparenten und auch in weiterer Folge mit Infoarbeit und so weiter direkten Bezug zu nehmen. Generell: 1. War es nicht gespenstisch, wie sich Interviewter und Redakteurin darin einig waren, die lautstarken Proteste draußen zu ignorieren, nicht einmal mit einem meinetwegen ironischen Nebensatz zu erwähnen, so als wären sie Regengeprassel oder Windgepfeife. So etwas Banales wie eine Wettererscheinung kann doch die Konzentration von zwei Gesprächspartnern bei so ernsthaften Themenerörterungen gar nicht stören, ja sie wird nicht einmal wahrgenommen. In anderen Worten: Regierungsgegner sind mittlerweile Luft. Dies bezeugt den konsequent fortschreitenden Realitätsverweigerungsprozess bei Herrn Schüssel im besonderen und dieser Regierung im allgemeinen. Das bringt mich zum nächsten Punkt ... 2.Scheinbar sind zwei Weisenberichte im Umlauf. In dem Weisenbericht, den ich gelesen habe, stehen unter anderem die Absätze 89, 90; 93-101; 103-106. In dem, den Herr Schüssel gelesen hat, dürften sich diese Absätze nicht befinden, oder irgendwie anders formuliert sein. Konkret zum Sommergespräch: Ich habe folgende Sätze mitgeschrieben. Anderen werden natürlich andere Sätze aufgefallen sein. Wichtig ist: Diese - und alle - (Wort)-(Un)Taten der uns Regierenden dürfen nicht der Leere des Vergessens anheimfallen, oder bloß in irgendwelche Sagersammlungen (Zitaten-Museen) kommen, sondern sollen, ganz im Gegenteil, aktuell (siehe oben) und laufend thematisiert werden. Und zwar nicht nur heute und morgen und bei der nächsten Donnerstagsdemo, sondern wann immer es der lebendige Kontext verlangt, in nächster und in fernerer Zukunft. "... Die überwältigende Mehrheit der Regierungschefs sind für Aufhebung der Sanktionen ... Dieser Europaminister ist eher ein linker Sozialist ... Wir haben uns [bei Verhängung der Sanktionen] sehr zurückhaltend verhalten ... In Österreich ist jetzt [nach Vorliegen des Weisenberichts] über die Unrechtmäßigkeit der Sanktionen so etwas wie ein Konsens vorhanden ... Im Gegensatz zu den EU 14 haben sich die Nachbarn: Schweizer Slowaken Ungarn Slowenen Rumänen Bulgaren sehr behutsam verhalten ... die Tschechen vielleicht ausgenommen ... Der israelische Botschafter bedauert es wahrscheinlich selbst, dass er in einem Hotelzimmer in Zagreb sitzt ... Wahrscheinlich ist die Bedeutung der parlamentarischen Immunität 99 Prozent der Österreicher nicht bewusst ... Mir geht es darum, dass das Gesicht der Frau Europa unbeschädigt bleibt, denn da gehören wir auch dazu ... Böhmdorfer ist kein Politiker ... er ist Anwalt ... er würde diesen Fehler heute nicht mehr machen ..." Na also. Laut Herrn Schüssel sind die ÖsterreicherInnen politisch so desinteressiert und ignorant, dass etwa 99 Prozent von ihnen die Bedeutung der parlamentarischen Immunität nicht kennen. Nehmen wir ihn beim Wort. Informieren wir! Auf den Donnerstags-Demos und überall! Basteln wir Transparente, Plakate, alles mögliche! Versuchen wir uns als MalerInnen: zeichnen/malen wir das Gesicht der Frau Europa! Fertigen wir Flugzettel mit dem Wortlaut der Absätze des Weisenberichts an, in denen die FPÖ scharf kritisiert wird! Für Personen ohne Internet: dieser Text liegt bei der Botschaft der Besorgten BürgerInnen, Ballhausplatz 1A, 1010 Wien, auf. LEBEN IN ÖSTERREICH HEISST WIDERSTAND
06 Rücktrittsaufforderung vom 09.09.2000
From: Gerhard Botz, Gerhard.Botz@univie.ac.at
Rücktrittsaufforderung vom 09.09.2000 Die drei "Weisen" haben der schwarz-blauen Regierung einen"Persilschein" ausgestellt, nicht aber der FPÖ. Sie wird als "rechtspopulistisch mit radikalen Elementen" und als fallweise NS-verharmlosend bezeichnet. Explizit wird das Verhalten von Justizminister Böhmdorfer scharf kritisiert. Obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, richtet sich diese Kritik auch gegen Landeshauptmann Haider, der bekanntlich skandalösen Vorschläge zur Mundtotmachung von gegnerischen Politikern gemacht hat und Haider-kritische Wissenschaftler und Journalisten durch eine gerichtliche Klageflut einzuschüchtern versucht. Wir wiederholen daher eindringlich unsere schon im Mai dieses Jahres erhobene Aufforderung an den Kärntner Landtag, dem Landeshauptmann Haider das Misstrauen auszusprechen. Und wir fordern Bundeskanzler Schüssel und Bundespräsident Klestil dringend auf, sich an die eigene Präambel zur Regierungserklärung und an den "Weisenbericht" zu halten und Bundesminister Böhmdorfer sofort zu entlassen. Für den Vorstand: Univ.-Prof. Dr. Gerhard Botz Univ.-Prof. Dr. Edith Saurer Univ.-Prof. Dr. Richard März Univ.-Prof. Dr. Peter Weinberger O. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Botz Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien Spitalgasse 2 - 4 / I, A-1090 Wien Tel.: +43-1-4277-41206, Fax: +43-1-4277-41299
From: Alexander Muth, Alexander.Muth@blackbox.net
Zum Koordinationstreffen Die Leute haben geredet und sich zugehört, und trotzdem wurden Fronten artikuliert. Eine gewisse Dominanz der KPÖ, was die formale Gesprächskultur betraf, war nicht zu übersehen. Ein sehr konkretes Resultat war der Beschluss, eine wahrliche Print-Redaktion zu schaffen, die zum Teil auch auf den Erfahrungen des MUND aufbauen soll. Der Ort steht schon fest, es ist das Literaturhaus, der Termin wird vermutlich Freitag der 15. September sein, muss aber noch bestätigt werden. Das ist insofern bemerkenswert, als bisher in der Bewegung eher eine postmoderne Abneigung gegen gedruckte Äußerungen zu bemerken war - wenn man von Flugblättern absieht. Die Redaktion ist etwa so heterogen wie der MUND selbst. Da in zahlreichen Arbeitsgruppen die Kontinuität der Wirtschafts- und Polizeipolitik von der Sozialdemokratie bis hin zur jetzigen Regierung angeprangert wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Präsenz von Mainstream-SozialdemokratInnen in der Redaktionsgruppe wohl einen Konflikt erzeugen wird, wenn radikale Kräfte hinzustoßen werden. Wie die trotzkistischen Alliierten der KPÖ im Nachmittagsplenum gut zusammenfassten, wird die Energie der Bewegung sich jetzt auf einige Herbsttermine konzentrieren müssen: auf die Mobilisierungen in Kärnten aber auch auf die Lohnrunde, die im Herbst anstehen wird. Es wurden weiters dezentrale Aktionstage im September und außerdem wieder eine Megademo in Wien vorgeschlagen. Dafür setzte sich der offiziöse Vorsitz ein. Zu stark aber war die Aversion gegen Mega-Events und Spektakel. Die Erfahrung des 19. Februar, wo die radikale Linke auf der Tribüne kein Rederecht bekam (sehr wohl aber die Vertreterin des KSV), und die Feministinnen sich das Mikrophon erst erkämpfen mussten, sitzt zu tief. Gegenüber der moderaten Linken - die die Konferenz in der Hand hatte - herrscht ein profundes Misstrauen. Die Abstimmung war ein Erfolg für die Gegner des Show-Wesens. Nur drei Personen votierten für eine zentrale Mobilisierung im Oktober. Dafür wiederholte der Vorsitz die Abstimmung, die bereits stattgefunden hatte. Das zweite Mal waren sechs Stimmen dafür, dagegen 23, eine Enthaltung. Nun versuchte man es durchs Hintertürl! Eine andere Person stellte den Antrag, nämlich den, dass im Koordinationsausschuss ein Komitee gebildet wird, das - so wörtlich - sich um einen Termin kümmert. So kann man´s auch nennen. Vor der zweiten Abstimmung durfte kein Beitrag oder Kommentar gehalten werden. Mit der Finte wurde erreicht, dass alle wie Schafe dafür stimmten, niemand dagegen, nach Enthaltungen wurde nicht gefragt. Auch bei der Schlussresolution, einem abschließenden politischen Dokument, das bereits vorbereitet war, wurde ein wenig gemogelt. Es wurde zwar höflich um Vorschläge gebeten, in einem ersten Anlauf wurden aber die Annahme von Formulierungen weder abgestimmt, noch unmittelbar zugesichert. Die Formel hieß jeweils "Wir versuchen, das aufzunehmen" oder "Wir können das versuchen". Das war ein billiges Verfahren. Die Arbeitsgruppen hingegen, drei am Vormittag, drei am Nachmittag, waren von Diskursfähigkeit geprägt. Einige wesentliche Punkte aus den ausführlichen Diskussionen: die Kritik an den unpolitischen Donnertagsdemonstrationen, das mangelnde Interesse für gewerkschaftliche Fragen, die zentrale Bedeutung der Frauenfrage, die Notwendigkeit, bei anderen Gruppen präsent zu sein, etwa den HausmeisterInnen und sie auch mit der eigenen Infrastruktur zu unterstützen, verstärkte Informationstätigkeit auf der Straße, eine stärkere Unterstützung der kriminalisierten DemonstrantInnen. Sowohl politische Organisationen als auch Privatpersonen boten materielle Unterstützung und Know-How an. Von ImmigrantInnengruppen war bloß ein einziger - aber sehr bereichernder - Vertreter anwesend. Ein Plenarteilnehmer forderte regelmäßige Plena. Aug und Ohr bei Radio Orange am 10. 9. Gesendet
From: Bewegung für Soziale Befreiung (BsB), bsb@magnet.at
Die Republik gegen Eva L.
Am Dienstag, den 5. September wurde Eva L. in Erster Instanz zu fünf Monaten
bedingt auf drei Jahre verurteilt. Wegen "Versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt"
und "Sonstiger Beitragstäterschaft zum versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt."
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt. Die Vorwürfe des Staatsanwaltes und
der Polizei bezogen sich auf den Wurf eines Sperrgitters gegen Polizisten auf
der diesjährigen Demonstration anlässlich des Opernballes und auf angeblichen
Widerstand gegen den amtshandelnden Polizisten der Sondereinheit SEK bei der
Festnahme. Zur Frage des Tretgitters: Hat Eva L. das Tretgitter geworfen? möchte
der Richter wissen. Auf im Gerichtssaal gezeigten Videos von dem Wurf ist niemand
zu erkennen, der Eva ähnlich sieht. In Bezug auf eine unkenntlich vermummte
Person fragt der Richter den Polizeizeugen: "Könnte sie nicht diese gewesen
sein?" "Nein." Meint der Polizist. Eva hat also kein Tretgitter geworfen. "Vielleicht
hat sie es vorher getragen?" Die Polizei ist sich nicht sicher. Aber sie hat
telefoniert, sogar mit Handys, zweifellos um Anweisungen zu geben, meint der
observierende Beamte. Der hat Eva nämlich lückenlos observiert. "Ab 17 Uhr."
Eva war bis 17.45 in der Ettenreichgasse und hat dafür eine Bestätigung einer
staatlichen Bildungseinrichtung. Der Fall ist klar: Eva war zwar am Wurf des
Tretgitters nicht beteiligt, aber sie hat die Sache geplant. Beweis: Anwesenheit
auf einer Demonstration und "offenkundige Mitgliedschaft im harten Kern". Beitrag
zum Widerstand gegen die Staatsgewalt, verkündet der Richter. Zur Frage des
Widerstandes bei der Festnahme: Eva befindet sich auf dem Weg nach Hause, als
ein verwahrloster Zivilist aus einem Taxi springt und versucht sie in selbiges
zu zerren. Eva schreit um Hilfe, ("um andere Demonstranten herbeizuholen?",
fragt der Richter) kann den Polizisten nicht als solchen erkennen. Der besteht
darauf in der einen Hand die ganze Zeit die Dienstmarke gehalten zu haben. Das
Taxi nimmt auf jeden Fall Reißaus, vielleicht erkennt der Lenker auch keine
Polizeiaktion und möchte nicht Komplize einer Entführung werden. Als ein weiterer
Beamter und einige Demonstranten am Ort der Amtshandlung eintreffen ist vom
Widerstand gegen die Staatsgewalt nichts mehr zu bemerken. Tut nichts zur Sache,
der Richter glaubt dem Polizisten. Wäre Eva wirklich der Meinung gewesen es
handle sich um eine Entführung oder einen Überfall "hätte sie sich mehr wehren
müssen." (und in diesem Fall wohl eine Verurteilung wegen "versuchter schwerer
Körperverletzung" dazubekommen). "Versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt",
urteilt das Gericht. Das Urteil gegen Eva, stützt seinen, für Unbescholtene
außergewöhnlich hohen Strafrahmen (üblich wäre bei Erstverurteilung eine Geldstrafe,
im Wiederholungsfall drei Monate bedingte Haft) auf keinen einzigen Sachbeweis,
einzig und allein auf widersprüchliche Zeugenaussagen der Polizei. Evas Täterschaft
wird aufgrund der "offenkundigen Mitgliedschaft im harten Kern" im Vorhinein
angenommen und auch damit begründet. Ein für uns offenkundiger Fall von Gesinnungsjustiz,
der unserer Meinung nach jeder gesetzlicher und rechtsstaatlicher Grundlage
entbehrt. Das Urteil legitimiert auch die Arbeitsweise der heftig umstrittenen
Sondereinheit SEK, die mittlerweile formell aufgelöst wurde und reformiert wird.
Verhaftungen durch verwahrloste Zivilisten und versuchte Verschleppungen in
Taxis, finden Richter und Staatsanwalt "ganz normal." Hier wird der Rechtsstaat
offenkundig mit Füßen getreten. Die Vorgangsweise der Justiz bedroht das Recht
auf freie Meinungsäußerung sowie das Demonstrationsrecht. Nähere Informationen:
Bewegung für Soziale Befreiung (BsB), Meiselstrasse 46/4, A-1150 Wien, Tel/Fax
+43 1 924 31 61, Mobil +43 6991 924 31 61, E-Mail bsb@magnet.at, www.vorstadtzentrum.net
=============================================== B) Termine Dienstag, 12. September
Redaktionsschluß:
11. September, ca. 22.00 Uhr
Fehler möge frau/man mir nachsehen!