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Powered by public netbase t0 -- please sign Wie der MUND entsteht ....Schickt
uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen. Im
MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen
Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische
Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von
Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen"
wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen
und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme
geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Quelle: www.popo.at Und für nächsten Donnerstag: Das Rechtshilfe-Manual ...und was mache ich eigentlich gegen rassisten? online-diskussion
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01 Re: widerst@nd! - MUND: Donnerstag, 5.9.2002
From: Robert Reischer <reischer.robert@aon.at>
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Lieber MUND!
Ich habe viele interessante Nachrichten hier erhalten und vieles gesehen,
was mich persönlich nicht so sehr interessiert hat. Ich habe jedoch die
Idee des MUND als sehr gut und als notwendig Ergänzung zur
demokratiepolitisch bedenklichen Lage der mangelhaften Medienvielfalt
empfunden. Auch die beiträge aus internationalen Zusammenhängen,
die nicht direkt mit der ursprünglichen gegen-schwarz-blau Intention zu
tun haben, fand ich sehr wichtig, weil sonst nicht erhaltbar.
Ich gestehe allerdings, dass ich nicht viel bis gar nichts zur Arbeit und
Gestaltung beigetragen und mich nur als zufriedener Konsument gesehen
habe, ich sehe auch keine wirkliche Möglichkeit dies wesentlich zu
verändern. Ich fände es aber schade, den MUND nicht mehr zu erhalten.
Zur konkreten Auseinandersetzung mit den Inhalten möchte ich aus
meiner eigenen Lebenserfahrung berichten, dass ich aus einem sehr
österreichisch / katholischen Elternhaus mit niemals ausgesprochenem
antisemitischen Grundmister stamme. Ich bin mir bewusst, dass vieles
von meinem unreflektierten Verhalten aus dieser Färbung stammt und
ich weiß daher, dass ich nicht der Beste bin, antisemitische Äußerungen
als solche zu bewerten. Es muss aber meines Erachtens möglich sein,
das Bemühen um eine Verbesserung der Bewusstseinslage und den
Willen, etwas dazu zu lernen anzuerkennen. Wenn ich davon ausginge,
dass alle alles wissen und sich immer nur richtig und bewusst verhalten,
dann könnten wir alle bildnerischen und erzieherischen Maßnahmen
bleiben lassen, weil die Welt nur aus Weisen und Unbelehrbaren
bestünde.
Ich wünsche euch alles Guite bei der Auseinandersetzung und hoffe
auf ein Weiterbestehen des MUND.
Gruß
Robert Reischer
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02 für (gemässigte) zensur im mund; und warum das nicht das problem
ist
From: "Claudia Volgger" <aon.964446421@aon.at>
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für (gemässigte) zensur im mund
und warum das nicht das problem ist.
zur erinnerung: antisemitismus, rassismus, sexismus sind nicht nur etwas
widerliche, aber doch letztlich irgendwo und irgendwie in "uns allen"
vorhandene psychische phänomene. es handelt sich um ausschlussmechanismen.
dementsprechend geht es beim weglassen rassistischer, antisemitischer,
sexistischer mails auch nicht primär darum, den lesas der
mehrheitsbevölkerung die lektüre vorzusortieren, egal ob das jetzt
als
überfürsorglich, als bevormundend oder als netter service aufgefasst
wird.
sondern darum, klare position auf seiten der menschen zu beziehen, die hier
beleidigt und beschimpft werden. wer in egal welchem rahmen immer wieder
beleidigt und beschimpft wird, fühlt sich nämlich wahrscheinlich auf
dauer
nicht wirklich erwünscht. was mich immer wieder fasziniert, ist, wie
unglaublich schwer es offenbar menschen ohne akute
diskriminierungserfahrung, also etwa weissen mitteleuropäischen
heterosexuellen männern der mittelschicht, fällt, solche an sich eigentlich
nicht übertrieben hohe ansprüche an den intellekt stellenden vorgänge
nachzuvollziehen bzw. sich annähernd vorzustellen. schuldabwehr?
(man spare sich bitte die mühe, jüdische österreicherInnen, die
antisemitismus, frauen, die sexismus, und migrantInnen, die rassismus
eigentlich tolerierbar finden bzw. nobel darüber hinwegsehen können
oder
auch solches in a oder gar im mund noch nie wahrgenommen haben, als
kronzeugInnen gegen das oben gesagte aufzutreiben: die werden sich
sicher finden. das ändert nichts. es geht nicht um die, die _keinen_ anstoss
nehmen.)
im übrigen glaube ich nicht, dass es zufall sein kann, wenn sich die
zensurdebatte immer wieder an antisemitischen mails entzündet. sondern
ich
sehe hier das unbewältigte erbe am werk, in einer interessanten
verschiebung: nicht der antisemitismus ist nunmehr das problem, sondern der
ausschluss antisemitischer mails sei totalitär, verhindere dringend
erforderliche diskussionen, beleidige die absendas, ohne nachzufragen, ob
sie das auch wirklich so meinen...
hierzu bin ich über ein hübsches zitat gestolpert:
"Was immer jedoch unternommen wurde, von Amerikanern wie von Deutschen,
eine
ernstliche Haftung für den Nationalsozialismus durchzusetzen, es diente
dem
Bolschewismus, traf genau die Falschen, verprellte die Gutwilligen,
diskreditierte die Demokratie, förderte den Antisemitismus, war Wasser
auf
die Mühlen der Nazis, ruinierte den Mittelstand, trieb die Führungsschicht
in Depression und Selbstmord, reizte zu Denunziation und Mißtrauen,
zerrüttete die Familien, zerrüttete die Wirtschaft, zerstörte
Gottesglauben
und Barmherzigkeit, verhinderte jegliche Einsicht und verführte zu
Verstocktheit, höhlte die Rechtsstaatlichkeit aus, bedrohte die
Völkerverständigung, trieb die Richtigen in die Hände der Falschen,
reizte
die Falschen zu Aufstand und Rebellion, verhinderte einen echten Neubeginn.
Wann in der Geschichte lagen äußerste Brutalität und äußerste
Wehleidigkeit
so dicht beieinander?"
das ist aus jörg friedrich, die kalte amnestie. ns-täter in der
bundesrepublik, frankfurt am main 1984, und bezieht sich auf die späten
40er - frühen 50er jahre. tja.
dieser glorreichen (und ungebrochenen) tradition der wehleidigkeit dankt
sich die mund'sche realpolitik: gemässigte zensur, das heisst: nur die
schlimmsten mails fliegen raus, und es gibt eine ganze menge
kompromissvarianten, etwa die veröffentlichung mit kommentar bzw. hinweis,
die zumindest dafür sorgt, dass arglose lesende von beiträgen, bei
denen
sich ihnen der magen umdrehen könnte, nicht vorwarnungslos erwischt werden;
und dass deutlich wird, dass hier jemand ein problem wahrgenommen hat. all
diese kompromisse dienen auch dazu, zu zeigen, dass eine redaktion die
ansprüche _beider_ seiten, nämlich der free-speech-gläubigen
wie derer, die
verschont werden sollten, unter einen hut zu bringen versucht.
na ja, und all das ist eigentlich konsens in der mund-redaktion. es gibt
nicht einen red, der nicht schon einmal zensuriert, zensur verlangt oder
herzhaft zugestimmt hätte. das hat gründe. die liegen in der praxis.
die gründe für die momentanen schwierigkeiten liegen auch in der praxis:
kurz gesagt: eine gewisse ignoranz führt, zusammen mit von der red weder
zu
beeinflussenden noch zu verantwortenden gesamtgesellschaftlichen
strukturellen schwierigkeiten, zu immer grösserer homogenität. diese
wiederum führt zu grösserer ignoranz. diese wiederum zu grösserer
homogenität, undsoweiterundsoimmerweiter...
eben nicht, sondern die red hat die notbremse gezogen: ich stimme absolut
zu, dass den mund als basisdemokratisches projekt mit einer redaktion, die
sich an diskussionen beteiligt und gelegentlich auch schritte setzt, nur der
beitritt neuer leute retten kann, die für etwas stehen und mit diesem
projekt noch etwas wollen. (ich habe mich zwar sehr über die mails an mich
und im mund gefreut, die mir diesbezüglich einiges zutrauen, fühle
mich aber
leider auch etwas überschätzt. eine einzelne person (oder auch zwei
ähnlich
gesinnte) kann/können keinen diskurs ersetzen.) ansonsten ist das projekt,
fürchte ich sehr, tot, auch wenn die leiche noch ein stück geschleppt
werden
könnte (und wenn das im reichlich mit untoten gesegneten österreich
zunächst
vielen nicht sonderlich auffallen sollte).
claudia volgger
p.s.:
nochmal für alle, die es sehr schwierig finden, (latenten) antisemitismus
als solchen zu erkennen bzw. zu vermeiden: www.ncbi.org
p.p.s.: wenn ein reiner mailverteiler gewünscht wird, als sinnvoller teil
von infrastruktur und ohne zensur: dafür, bitte, braucht es den bisherigen
aufwand nicht. das kann ein computer auch: programmiererInnen vor!
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Redaktionsschluss:
8. September 2002, 22.00 Uhr
03 weiterbestand
From: "Klaus Heidegger" <k.heidegger@tirol.com>
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liebe mund-redaktion ... jemand, der in einem tiroler dorf lebt, schätzt
es -
zugleich mit der freude einer gewissen distanz - von euch politisch auf
dem laufenden gehalten zu werden - was sich bei euch (gemeint ist damit
vor allem in wien) - das ist eben die macht des zentrums - an politischen
diskursen abspielt ... würde es also bedauern, auf eure info-quelle
verzichten zu müssen
m.l.g.
klaus heidegger
Diese Ausgabe hat Gernot Pürer widerstand@no-racism.net
zusammengestellt
Fehler möge frau/man mir nachsehen!