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Powered by public netbase t0 -- please sign Wie der MUND entsteht ....Schickt
uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen. Im
MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen
Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische
Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von
Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen"
wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen
und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme
geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Quelle: www.popo.at Und für nächsten Donnerstag: Das Rechtshilfe-Manual ...und was mache ich eigentlich gegen rassisten? online-diskussion
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ENDLICH EIN LICHTBLICK !
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01 Viel Liebe und Kraft
Von: Ljubomir Bratic
================================================Liebe Leute,
da ich selber einer der RedakteurInnen des MUND war und trotz inhaltlicher
Auseianandersetzungen innerhalb der Redaktion (eigentlich war das eine von
Anfang an ununterbrochen andauernde elektronische Redaktionssitzung, die in
irgendeinem Buch der Rekorde schon ihren Platz finden wird) mich erst wegen
Zeitmangel zurück gezogen habe, erachte ich auch als notwendig, mich in
den
Disput um den Streik herum einzuschalten und einige Bemerkungen zu machen.
Die Unabhängigkeit des MUND ist auf Grund von Vermutungen immer wieder
in
Frage gestellt worden. Unlängst haben sich nun aber besonders um die Frage
der neuen Intifada Vorfälle gehäuft, die kaum mehr Zweifel offen lassen,
dass es vielerorts politische Rationalität der AktivistInnen mit Emotionen
getauscht wurden und überdies Interessenkonflikte entweder nicht erkennen
oder in leichtfertigen Manier überspielt werden. Das war auch der Grund
für
mich dem Prinzip der "gläsernen Zensur" doch zuzustimmen obwohl
ich mich
eher einer libertärer Tradition verpflichtet fühle und eher dem Prinzip
der
inhaltlichen Auseinandersetzung den Vorzug geben möchte. Diese ist aber
wie
es scheint, innerhalb der heutigen hegemonialen Verhältnissen schwierig,
oder nur in einem überschaubaren Rahmen herstellbar. Es ist absurd von
Gleichberechtigung oder Prinzipien der Reziprozität zu sprechen wenn wir
uns
in der Situation befinden, dass die einen die materiellen und ideelen
Voraussetzungen im Überfluss zur Verfügung haben und die anderen auf
einen
Kampf für die Existenzsicherung angewiesen sind. In dieser Situation ist
jeder Ruf nach Gleichberechtigung der Wortäußerung (ohne einen Angriff
auf
die strukturellen Bedingungen) eine Heuchelei, mehr noch, es ist eine
perfide Unterstützung der herrschenden Entmächtigungen aller minoritären
politischen Subjekten, ein Ruf der für sich noch dazu die Windhöhen
der
moralischen Unabhängigkeit beansprucht. Darum also die gläserne Zensur.
Nun wie schaut es innerhalb der Redaktion aus: Trotz der seit nunmehr
zweieinhalb Jahren sinkenden Beteiligung am Widerstand gegen Rassismus
finden sich Menschen, die bereit sind, die Arbeit (mittlerweile allen
LeserInnen bekannt) zu machen. Dafür gehört Ihnen meine Anerkennung.
Insbesondere wenn von Seiten des Innenministeriums die Projekte, in denen
ehemalige MUND-MitarbeiterInnen arbeiten, mit Geldentzug bedroht werden. Ich
will hier die Menschen nicht hochstilisieren. Die Tatsache aber, dass sie
jederzeit bereit sind zu reflektieren, insbesondere dass sie die kritische
Situation erkannt haben und bereit waren, in einen Streik einzutreten, sind
als positiv zu bewerten. Auch dann, wenn manche politische Analysen im MUND
sichtlich auf Verblendungen beruhen und Teile der Linken sich als ein Haufen
NeurastenikerInnen entlarven, auch dann scheint die Redaktion die Hoffnung
auf einen Durchbruch nicht aufzugeben. Und das ist gut so.
Beim Thema Antisemitismus allerdings scheinen die Widerspruche der gesamten
Bewegung immer wieder zu kumulieren. So wie es bei den Wolken der Fall ist,
scheint die Szene immer wieder durch die Hitze zu kumulieren und regen zu
produzieren (manchmal auch Hagel). Allerdings ist nie gesichert, ob das was
herunter fällt einen wohltuenden oder eher einen giftigen Einfluss haben
wird. Auseinandersetzungen um dieses Thema scheinen genau dieser Funktion
einerseits der Entleerung und andererseits etwas im Gang zu bringen zu
haben. Meine aktivistische Seite sagt mir, dass so etwas positiv sein kann
und auch dass jeder Konflikt, egal wie abstrakt, Energien freisetzt, die wir
alle mehr als notwendig haben. Meine theoretische Seite sagt mir aber, dass
es manchmal unterträglich ist, immer wieder mit der Argumentation ganz
am
Anfang anzufangen und allen den herumstreuenden Deppen die Augen
ununterbrochen öffnen zu müssen. Manchmal würde ich auch gerne
zu einem
Baseballschläger greifen, so wie die Subwaykrieger der Warriors in einem
meiner Kindheitsfilme. Aber dann überlege ich mir, wer der/diejenige ist,
der/die dieser Schläge bekommen sollte, eigentlich eine/r die/der sich
auf
den Disput einlässt. Und somit komme ich zu dem was ich sagen möchte:
innerhalb des politischen Raums, in dem wir uns befinden, ist nichts, aber
gar nichts, selbstverständlich. Jede Kleinigkeit kann verdecken, verstecken,
auf die Seite schieben, genauso wie auch eröffnen, weiterleiten und bewegen.
Darum ist sie auch so wichtig, darum entstehen Auseinadersetzungen und wenn
diese Arbeit an Kleinigkeiten für manche zu mühselig ist, dann sollen
sie
mindestens dafür sorgen, nicht alles den Bach runter zu schmeißen.
Die
Freude bei diesem Prozess entsteht nur im Lager der gemeinsamen Dritten,
eben dort wo alle im Konflikt beteiligten eine Veränderung wünschen.
Obschon sich die politische Landschaft in Österreich seit Beginn des
Projekts MUND geändert hat und vieles klarer erscheint als es früher
der
Fall war, trägt die Redaktion, die eben nur aus weissen Männern besteht,
nach wie vor eine Möglichkeit, die allen zur Verfügung gestellt wird.
Grund
für den Streik ist die eindeutige Ablehnung dieser hegemonialen
Verhältnisse, die aber trotzdem die Redaktion beherrschen. Darüber
kann es
keinen Zweifel geben. Die Gründe warum das so weit kommen konnte, wären
zu
analysieren und präsent gemacht zu werden. Insofern wäre ein Teil
der
Diskussion innerhalb der Redaktion öffentlich zu machen. Die Beleidigungen
im nachhinein, Aufrufe gegen die totalitären Verhältnisse innerhalb
der
Redaktion finde ich fehl am Platz. Der richtige Platz dafür wäre der
Kampf
damals, und zwar offensiv, gewesen. Das Ungleichgewicht zwischen
verschiedenen Redaktionsmitgliedern ist früher vor Allem mit gegenseitiger
Achtung gelöst und begründet worden. Insofern haben die Goschatten
zu
schweigen, wenn die Stillen das Wort ergreifen. Punkt.
Wenn nicht dann kommt es zu keinen Allianzen. Die entstehen eben dort, wo
sich die zwei, und mehrere andere hier nicht erwähnten, gegen etwas richten.
Tun sie das nicht, dann zerfleischen sie sich gegenseitig. Jeder mit seinen
eigenen Machtpotenzialen. Und das ist ein bissi der Schicksal des MUND.
Erstens eine Abnahme der widerständischen Aktionen. Zweitens Stabilisierung
der FPÖVP, drittens interne Szenenkonflikte (denn MUND war immer parteiisch,
auch dann wenn diese Parteilichkeit ihn bis heute die Unterstützung
bestimmter MultiplikatorInnen kostet), viertens Dummheiten und fünftes,
in
dieser sicher unvollständigen Aufzählung, die langsame Abnahme der
Projektionsfläche, des Gegenüber, des kraftgebenden Feindes. Denn
um diese
Definierung des Gegenüber geht es fast in allen Beiträgen im MUND.
Auch wenn
das nicht mehr so wahrgenommen wird.
Manche meinen, dass ein erreichbares Ziel, in manchen Fällen allein der
Ärger der MitkämpferInnen, eine sinnvolle Betätigung ist. Kann
sein, dass
diese Politik der kleinen Schritte einen Sinn hat, sie ist aber nichts
anderes als das was uns der Mainstream dauernd vorgaukelt und insofern nur
eine Widerholung der Verhältnisse.
Andere ziehen sich auf das metaphysische Terrain der Sakrosanz zurück.
Einsame KämpferInnen, die wie HeldInnen von Sergio Leone im Namen der
Gerechtigkeit in einem Dorf ankommen. Die Verhältnisse zurecht biegen und
ohne Entgelt weiter reiten. Ihrer Einsichten sind unerschütterlich und
ihre
Hand soll die schnellste beim Revolver-ziehen sein. Nicht übel! Allerdings
im Unterschied zu den HeldInnen der Spaghettiwestern erledigen sie die
aktivistische Arbeit nicht sie selber sondern lassen die anderen arbeiten.
Und diese Arbeit ist halt auch mit Fehlern behaftet; wie auch der MUND
zeigt, in dem mehr als ein rassistischer Beitrag erschienen ist ... ist halt
so. Die Sakrosanz wird entweder von SiegerInnen oder von Möchtegerns
eingesetzt. Die AktivistInnen tragen immer etwas von Schlam verschiedenster
Schlachten auf ihrer Kleidung herum. Solange sie nicht völlig im Sand
versunken sind, besteht immer die Möglichkeit, sie aus dem Dreck raus zu
ziehen und das sicher nicht von Moralaposteln sondern von anderen
AktivistInnen.
Hätte die Redaktion diesen Schritt zum Streik nicht unternommen, wäre
ich
geneigt zu glauben, dass sie entweder ihre Verklärung zur Realität
gemacht
hat; oder die zermürbende Wirklichkeit ihnen den Mut Stellung zu beziehen
genommen hat. Mit diesem Schritt setzt sich eine Wille zur Gleichheit durch
und sie kann wie immer nur zwei Lössungen haben: Entweder das Aufgeben
gegenüber der offensichtlichen Unmöglichkeit oder die Möglichkeit
unter
neuen Voraussetzungen wieder anzufangen. Persönlich wünsche ich mir
die
zweite Lösung.
Es ist kein Zufall, dass MUND genau da zu zerbrechen droht, wo auch die
FPÖVP Regierung, diese Initialzündug des gesamten Projekts, an inneren
Streitigkeiten zerfallen ist. Eines ist dabei sicher: Der MUND hat schon
lange, von Anfang an sich gegen Rassismus gestellt, der ein Teil der
nationalstaatlichen Strukturen ist und egal welche Regierung, welche
Parteien, welche Interessenvertretungen demnächst die Abfangjäger
lenken
werden, ihnen wird es vor allem daran liegen, diesen Rassismus zu
legitimieren. Nicht selten übrigens auch in Koalition mit Teilen der
sogenannten Zivilgesellschaft. Diese Legitimation gilt es in Frage zu
stellen und einen Träger dieser Aufgabe möchte ich innerhalb der erbärmliche
österreichischer Medienlandschaft nicht vermissen. Insofern erkläre
ich mich
ab Dezember 2002, wo einige meiner Verpflichtungen einigermaßen erledigt
sind, wieder aller 14 Tage als Redaktionsmitglied das Projekt MUND zu
unterstützen.
Ljubomir Bratic
Redaktionsschluss:
11. September 2002, 0.00 Uhr
Diese Ausgabe hat Heinz Nessizius widerstand@no-racism.net
zusammengestellt
Fehler möge frau/man mir nachsehen!