von Andreas Görg
Politischer Antirassismus ist in Abgrenzung bzw. zur Überwindung des moralisch
antirassistischen Diskurses der 1990er Jahre entstanden. Zentrale Aussagen des
politischen Antirassismus sind:
(1) Rassismus ist NICHT böse – Rassismus ist erlernt.
(2) Rassismus ist KEINE Krankheit - Rassismus ist leider ganz normal.
(3) Rassismus ist KEIN Individual- oder Randphänomen – Rassismus
ist überall und strukturell verankert.
(4) Rassismus ist NICHT Rechtsradikalismus – Rassismus gibt’s auch
in der Mitte und links.
(5) Rassistisch Diskriminierte sind KEINE Opfer - Rassistisch Diskriminierte
können für sich selber sprechen und kämpfen.
Dementsprechend ergeben sich die Möglichkeiten der Antirassismusarbeit:
Die Effektivität des Wirkens gegen Rassismen (= Antirassismus) lässt
sich dadurch steigern, dass permanent in sechs Bereichen gearbeitet wird:
1.) (Self)Empowerment betreiben, gemeinsame Handlungs-, Entscheidungs- und Interventionskompetenzen
der diskriminierten Gruppen als ökonomische und politische Einheiten stärken,
wirtschaftliche Kreisläufe schaffen und erhalten, politische Subjektivierung
und Selbstvertretung fördern, StellvertreterInnenpolitik delegitimieren,
verinnerlichte Rassismen bearbeiten.
2.) Normalität begreifen, das Selbstverständliche und damit Unbegriffene
der diskursiven Bearbeitbarkeit zuführen. Informationen verarbeiten. Bislang
unbegriffene oder unbenannte Realitäten durch Reflexionsarbeit, Schaffung
entsprechender Wissensobjekte und deren Einführung in Diskurse aus dem
Bereich des Unbegriffenen, der Normalität herauszuholen und sie zum Gegenstand
bewussten politischen Handelns machen.
3.) Asymmetrien im eigenen Einflussbereich benennen, Rassismen und die eigene
Position in der rassistischen Asymmetrie offenlegen, auf Ausgleich hinwirken,
im Bestehenden möglichst wenige Rassismen reproduzieren, equality targets
implementieren.
4.) Alternative Modelle entwickeln, Inputs für übergreifende gesellschaftliche
Auseinandersetzungen formulieren, Ideen beisteuern.
5.) Allianzenbildung, Motivationen und Interessen von anderen politischen AkteurInnen
ausloten, an der Attraktivität und Verständlichkeit der eigenen Position
arbeiten, in Kooperationen eintreten, an der Vorbereitung von Großveranstaltungen
teilnehmen, Institutionen durch befreundete Drehpunktpersonen
infiltrieren, Ressourcen zugänglich und verfügbar machen.
6.) Konfrontation, Konflikte positionieren bzw. inszenieren, lohnende Auseinandersetzungen
mit hohem Verbreitungsgrad suchen, die eigenen Positionen schärfen und
die eigenen Diskurse im Rahmen von weithin beobachteten Konfrontationen effektiv
verbreiten.