Can we work it out?

Schwarze Hintergrundgedanken zur Entwicklung einer antidiskriminierenden Betriebsvereinbarung im Rahmen des Equal Projektes open up! empowerment gegen Rassismen am Arbeitsmarkt.

von Araba E. Johnston-Arthur*


Wie der Titel ‚empowerment gegen rassismen am arbeitsmarkt’ schon sagt, hat sich das equal projekt: open up! ebendiesem Ziel verschrieben.


Doch was verbirgt sich hinter diesem Titel?
Der Projekttitel legt eine, Anerkennung der institutionalisierten Dimension von Rassismen nahe. Doch wie ist es um die Projektstruktur d.h. mit open up als ‚Institutionskonstrukt’ selbst bestellt, kann doch diese Anerkennung, nicht vor den Grenzen unserer Projekte, Organisationen und Institutionen halt machen.


Wird von der gesellschaftlichen Verankerung von Rassismus und seinen Diskriminierungsmechanismen ausgegangen, müssen wir uns diesen auch in den quasi geschützten Bereichen ‚unserer Institution’ stellen.
Was den Rassismusdiskurs betrifft konstatiert die Schwarze Gemeinschaft in Deutschland , dass dem Begriff Rassismus durch die Praxis ihn undifferenziert auf die unterschiedlichsten, gesellschaftlich diskriminierten Gruppen und Diskriminierungsmechanismen anzuwenden eine zunehmend, verwässerte Bedeutung zu kommt. Im Positionspapier der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland zur Diskussion einer nationalen Anti-Diskriminierungsgesetzgebung in Deutschland besteht sie daher: ‚auf der Kennzeichnung eines Rassismus, der vor allem oder ausschließlich gegen Schwarze Menschen/Menschen afrikanischer Abstammung gerichtet ist.’ Angesichts der in der gesamten afrikanischen Diaspora der westlichen Hemisphäre historisch verwurzelten, auch hierzulande zutage tretenden tödlichen Realitäten strukturell verankerter Gewalt gegen Menschen afrikanischen Erbes erscheint eine differenzierte Benennung dieser Gewalt als sinnvoll.


Dieses Beharren auf einer differenzierten Auseinandersetzung mit jeweils spezifischen Rassismen und den daraus für die jeweiligen rassistisch diskriminierten Gruppen ‚maßgeschneiderten’ Unterdrückungsformen ist hinsichtlich ihrer wirksamen Bekämpfung essentiell. Dabei muss aber, so glaube ich, ebendieses Bestreben nach Differenziertheit mit der Erfassung der Zusammenhänge der verschiedenen Rassismen innerhalb des Machtrepräsentationssytems des Westens in Verbindung gebracht werden. Zudem ist hier auch das Bewusstsein über das Ineinanderwirken von verschiedenen Unterdrückungssystemen wie Rassismus, (Hetero)Sexismus, Antisemitismus, ‚Klassizismus’ (im Sinne von ‚classism’) u.s.w. von grundlegender Bedeutung.


Vor dem Hintergrund dieses Spannungsfeldes bietet das bewusste Herstellen von Verbindungen von Rassismus zu anderen Formen struktureller Gewalt eine Grundlage gesellschaftliche Machtverhältnisse tiefgreifend und allumfassend offen zu legen ohne dabei den Kampf gegen Rassismus abzuschwächen oder zu verwässern. Ich glaube sogar, dass ganz im Gegenteil, ebendiese Erkenntnis der Entwicklung von dahingehend differenzierten Bekämpfungs -und Empowermentstrategien dienen kann, die der Vielschichtigkeit der Realitäten rassistischer Unterdrückung Rechnung tragen und dadurch letzten endes auch antirassistische Positionen stärken.


Nehmen wir nun unser ‚Institutionskonstrukt’ open up her. Um die den systematischen Diskriminierungen unterliegende ‚Normalität’ die es im Schlüsselbereich Arbeitsmarkt sichtbar zu machen und zu bekämpfen gilt, nicht innerhalb der eigenen Institution ‚unsichtbarerweise’ und automatisch zu reproduzieren bedarf es an fortlaufender Arbeit.
Ein zu erarbeitendes praktisches tool in diesem Prozess ist die Entwicklung einer Betriebsvereinbarung. Ganz im Sinne des dargelegten bewusst gesetzten Ansatzpunktes wollen wir hier die Minderheitendefinition unserer Trägerorganisation Initiative Minderheiten übernehmen um nicht in einer monolithischen ‚Minderheitsmasse’ sondern in ‚minoritärer Allianz’ betriebliche Arbeitsstandards zu entwickeln. Standards die uns: die wir uns als Minderheiten qualifizieren und Mehrheit disqualifizierten und unseren unterschiedlichen, gesellschaftspolitischen Anliegen gerecht werden.


Ziel dieser Allianz wäre es auch, sich bewusst mit den unterschiedlichen, jeweils über den ‚eigenen Minderheitstellerrand’ hinausgehenden systematischen Diskriminierungsmechanismen auseinander zusetzten und dabei verinnerlichte bzw. in Sprache, Organisationsformen und Arbeitskonzepten u.s.w. reproduzierte Rassismen, Homophobien und Diskriminierungen gegen Menschen mit Behinderungen zu thematisieren. Es gilt hier explizit die Rechte und Standards zu verankern, die wir gesamtgesellschaftlich n i c h t verwirklicht sehen und die es für uns noch zu erkämpfen gilt. Eine dahingehende Betriebsvereinbarung kann dabei als Grundlage für die fortwährende Erarbeitung antidiskriminierender Fähigkeiten innerhalb von Betrieben und Institutionen dienen.


Gelingt es uns dieses Projekt zu verwirklichen hätten wir also ein vielseitig ‚verwertbares’ praktisches, Lobbyingtool für die Bekämpfung struktureller Diskriminierungen am Arbeitsplatz in der Hand, mit dem wir unsere unterschiedlichen, gesellschaftlichen Anliegen in einer gestärkten Gesamtheit nach Außen tragen könnten.