3. Februar 2001: weltweiter Aktionstag gegen FPÖ
05.02.2001

 

6 Jahre nach dem Anschlag von Oberwart

Rede von Ljubomir Bratic bei der Demo am 3.2.2001

3rd of February 2001: worldwide against the FPÖ

 

   

 

Ein Jahr nach der Machtübernahme einer Regierungskoalition unter Beteiligung der rechtsextremen FPÖ in Österreich, soll am 3. Februar eine Großdemonstration in Wien stattfinden. Am selben Tag rufen wir alle AntifaschistInnen weltweit dazu auf Aktionen, Demonstrationen und Kundgebungen vor österreichischen Konsulaten und Botschaften abzuhalten um ein klares Zeichen gegen jede Regierungsbeteiligung postfaschistischer Parteien zu setzen.

Weg mit der Regierung und ihrem Programm
Gegen Bildungs- und Sozialabbau

Gleiche demokratische Rechte für Alle
Gegen jede Form von Rassismus und Sexismus


6 Jahre nach dem Anschlag von Oberwart

Am 4. Februar 1995 starben vor der Roma-Siedlung in Oberwart Erwin Horvath, Karl Horvath, Peter Sarközi und Josef Simon beim Versuch eine Tafel mit der Aufschrift "Roma zurück nach Indien" zu entfernen durch eine Sprengfalle. Seit Anfang Dezember 1993 war Österreich von einer Serie von Brief- und Rohrbomben-Anschlägen heimgesucht worden, die bis Ende 1996 elf teilweise Schwerverletzte und die 4 Toten von Oberwart forderte. Am 1. Oktober 1997 wurde in der Steiermark Franz Fuchs verhaftet, der hinter all den Anschlägen der letzten Jahre gesteckt haben soll. In den Medien und durch Justiz und Politik wurde Franz Fuchs zum Einzeltäter stilisiert, die politischen Rahmenbedingungen, unter denen sich ein solcher rechter Terror entwickeln konnte wurden grossteils ausser Acht gelassen.

·Die konstituierende Geschichtslüge Österreichs als erstes Opfer des Nationalsozialismus
·Die fehlende Aufarbeitung der Rolle Österreichs und von ÖsterreicherInnen im Nationalsozialismus
·Das grosse WählerInnenstimmenpotential ehemaliger Nazis nach dem Krieg
·Die Parteien, die alle Augen zudrückten um die Stimmen der Ehemaligen zu gewinnen
·Die Gedächtnislücken Kurt Waldheims
·Die Ressentiments gegen Minderheiten, die von allen etablierten Parteien und grossen Teilen der Gesellschaft getragen wurden und werden
·Die Verschärfung der "Ausländer"- und "Fremden"gesetze ab Ende der 80er Jahre unter SPÖ-Innenministern
·Die Politik der FPÖ
·Die Abschottungstendenzen gegen aussen und neues in Gesellschaft, Politik und Kultur
·Die Reinwaschungsversuche der jetzigen Regierung bei
Zwangsarbeiterentschädigung und Restitutionszahlungen für "arisiertes" Vermögen
·Die immer wieder anklingenden antisemitischen Töne und Vorurteile
·Der alltägliche Rassismus und Sexismus
·Der Chauvinismus (z. B. können "wir" zur Zeit sehr stolz auf "unsere" Skifahrer sein - Dumpfpatriotismus)

Am 3.2.2001 wird unter dem Motto "1 Jahr Regierung - 1 Jahr Widerstand" gegen die derzeitige Regierungskonstellation demonstriert. Wichtig und gut. Doch was passiert, falls nach der Wiener Wahl am 25.3. die FPÖ die Regierung verlässt und beispielsweise die nächste Konstellation Rot-Grün lautet?
Alles eitel Wonne?

Die vier Toten von Oberwart, Ahmed F. und Marcus Omofuma.
Die Opfer des Rassismus in Österreich werden immer in unseren Köpfen bleiben. Die Geschichte Österreichs ist untrennbar mit Holocaust und Nationalsozialismus verbunden. Die Kontinuitäten müssen durchbrochen werden. Durch offensives Auftreten gegen jede Form von Unterdrückung.



Rede von Ljubomir Bratic bei der Abschlusskundgebung der Demonstration "1 Jahr Regierung - 1 Jahr Widerstand" am Ballhausplatz am 03.02.2001

Liebe Mitdemonstrantinnen und Demonstranten!

Dobro vece, dragi prijatelji!

Zdravstvuite tovarischi!

Guten Abend

1961 ist die Raab-Olah-Vereinbarung unterzeichnet worden. In trauter Freundschaft, so die Überlieferungen, haben damals Julius Raab, der Präsident der Wirtschaftskammer, und Franz Olah, der Präsident des Gewerkschaftsbundes, die Vereinbarung unterzeichnet, in der stand, dass Österreich bereit ist, 47.000 MigrantInnen aufzunehmen. Die MigrantInnen hießen damals „Gastarbeiter“. Die Gewerkschaft, die eigentlich dagegen war, gab nach ein paar Zugeständnissen seitens der Wirtschaftskammer ihr Njet auf. So rieben sich alle die Hände, und es beginnt die vierzigjährige Geschichte der Migration nach Österreich, in der sich die oben genannten Vereine nach wie vor zufrieden die Hände reiben.

Die MigrantInnen aber stehen nach wie vor dort, wo sie am Anfang waren. Sie haben keine Rechte auf Rechte. Zu 70% arbeiten sie in drei Niedriglohnbranchen, im Baugewerbe, im Gastgewerbe und Reinigungsgewerbe. Und auch dort nur als HilfsarbeiterInnen. Sie verdienen bedingt durch das rassistische Ausländerbeschäftigungsgesetz durchschnittlich 15% weniger als lokal people und zahlen durch die Exklusivreservierung der Gemeindebauten für die lokal people 15% mehr für ihre Wohnungen.

Das sind ungefähr die rassistischen Verhältnisse, aus denen das Austrian Network against Racism (ANAR) und die Wiener Wahl Partie entsprungen ist.

Natürlich sind da auch die Ereignisse im letzten Jahr, der gemeinsame Kampf gegen die rechtsrassistische Regierung, die zu dieser Koalition der Szenen der Minderheiten, politisierten Künstlerschaft, AntirassistInnen, MigrantInnen und ihrer Kinder, der Zweiten Generation, geführt hat.

Aber diesen Boden hat man lange vorbereitet.

Dieser Boden ist der rassistische Konsens, in dem sich ein breiter Bevölkerungsteil Österreichs bereit erklärt hat, die MigrantInnen auszubeuten.

Auf diesem Boden sind alle sogenannten „Ausländergesetze“ entstanden.

Auf diesem Boden herrscht ein Konsens darüber, dass die MigrantInnen überwacht gehören, dass es für sie notwendig ist, spezielle polizeiliche Einheiten zu schaffen, dass man in ihre Wohnungen und Unterkünfte wann man will eindringen kann, dass sie ununterbrochen und überall ihr Ausländerdasein mit einem Pass vorzuweisen haben, usw. Diese Liste lässt sich noch seitenweise fortsetzen, ohne dass wir dabei nur mit einem einzigen Wort die Benachteiligungen im sozialen, im kulturellen, im medialen, im wirtschaftlichen usw. Bereich erwähnen. Nicht einmal die österreichische StudentInnenschaft, die demnächst vom 15. bis 17. Mai wählen wird, diese vermeintlichen Fahnenträger des intellektuellen Österreichs hat es bisher gewagt, ihren KollegInnen ohne Staatsbürgerschaft das passive Wahlrecht zu gewähren. Auch dort genießen die MigrantInnen einen marginalisierten Status in den sogenannten „Ausländerreferaten“.

Die Rolle der Gewerkschaft, die eigentlich in anderen EU-Ländern die Vorantreiber der Eingliederung der MigrantInnen in der Gesellschaft sind, ist durch das oben erwähnte, vor 40 Jahren begonnene Interessentechtelmechtel mit der Wirtschaftskammer in der Migrationspolitik verheerend. Bis heute kann man von diesem Verein behaupten, dass er ethnisch rein ist. Sie verweigern bis heute den MigrantInnen ein passives Betriebsratswahlrecht. Ich glaube, ich brauche hier nicht zu erwähnen, daß die BetriebsrätInnen die Sprungsbretter in alle gewerkschaftliche Funktionen sind.

Wohlgemerkt, ich rede hier nicht über Wirtschaft, ich rede auch nicht über die NachfolgerInnen von dem Antisemiten Karl Lueger und nicht über die offen rassistischen VertreterInnen der Partei, die vor eine Woche in der Kurhalle Oberla ihre Schlacht um Wien begonnen hat. Ich rede über den ganz normalen, von den meisten relevanten politischen Kräften vertretenen, rassistischen Wahnsinn.

Das ist der Boden, auf dem sich die MigrantInnen bis jetzt behauptet haben und auf dem sie sich in Zukunft auch behaupten werden. Denn der migrantische Widerstand ist da, auch wenn er, weil wir in verschiedenen Welten leben, von den VertreterInnen der ersten Welt der lokal people kaum oder ganz wenig wahrgenommen wird.

Dieser Widerstand hat verschiedene Formen gehabt und hat dazu geführt, daß wir, trotz der Herren, die eine Überflutung Österreichs vermeiden wollen, und auch der Juristinnen darunter, die meinen, dass die MigrantInnen aus Afrika von Geburt aus kriminell und aggressiv sind, eine permanent steigende Kettenmigration in diesem Land haben. Da helfen keine rüstigen Soldaten auf der Grenze, auch wenn sie alle zwei Meter Wache halten würden.

Da hilft nur die Bekämpfung und Abschaffung des Rassismus und zwar in allen Formen, in dem er uns begegnet. Und wir sollen da keinen Unterschied zwischen denen da drüben im Parlament und denen, die sich hinter Ihnen verstecken und gleichzeitig ein rassistisches Gesetz nach dem anderen produzieren, machen.

Nicht die FPÖ hat Markus Omofuma umgebracht, und auch Lubomir B., Imre B und Richard Ibeque nicht, sie haben auch nicht die Operation Spring durchgeführt, sondern das oben beschriebene rassistische Konsensdenken, an dem alle relevanten politischen Kräfte partizipiert haben.

Das Ziel des Antirassismus ist, diesen Wahnsinn zu stoppen und die Wiener Wahl Partie macht das jetzt in Wien, was morgen auf der gesamten Bundesebene gemacht gehört. ANAR und die Wiener Wahl Partie, in der es erstmals in der Geschichte Österreich zu einer Koalition zwischen den antirassistischen, künstlerischen, MigratInnen der Ersten und Zweiten Generation und der Minderheiten kommt, fordert:

- Das Wahlrecht für alle in Österreich lebenden Menschen.

- Das passive Wahlrecht für Betriebsrats-, Arbeiterkammer- und Hochschülerschaftswahlen

- Zugang zu allen Berufen im öffentlichen Sektor

- Gezielte Personalzusammensetzungs- und Förderungspläne zugunsten diskriminierter Minderheiten

- Zugang zu Wohnungen im öffentlichen Wohnbau und zu Wohnbauförderung

- Gleichstellung bei allen Sozialleistungen

- Ein ehrliches Antidiskriminierungsgesetz

- Arbeitsbewilligungen für Flüchtlinge

- Erleichterung bei der Staatsbürgerschaftsvergabe sowie Forcierung einer Wohnbürgerschaft

- Besetzung der leitenden Funktionen im Integrationsbereich mit MigrantInnen

Abschließend möchte ich noch auf die Unterschriftenaktion der Bunten Demokratie für Alle hinweisen. Das ist ein Petitionsbrief an die Integrationsstadträtin und die gesamte SPÖ. Es ist genug mit Versprechen und leeren Worten. Jetzt haben sie die Gelegenheit, das Wahlrecht für die MigrantInnen auf der Bezirksebene einzuführen. Jetzt ist die Koalitionstreue zur ÖVP keine Ausrede mehr. Entsprechende politische Schritte sind schon getan worden. Zur Zeit weigert sich die SPÖ, den Ausschuss einzuberufen, wo das beschlossen werden kann. Das heißt für uns wieder nur Lippenbekenntnisse. Wir fordern Wahlrecht für die MigrantInnen und zwar jetzt und hier. Und wir akzeptieren keine Ausreden mehr. Wer das jetzt nicht tut, zeigt damit sein bzw. ihr wahres Gesicht. Wer sich dem Wahrecht für MigrantInnen in den Weg stellt, ist ein(e) RassistIn.

Gegen Rassismus, gegen Sexismus, gegen Klassismus!

Für eine Gesellschaft, in der alle Menschen gleich sind!

Ljubomir Bratic ist Bundessprecher von ANAR. Dieser Text ist Teil der kampagne der Wiener Wahl Partie (WWP). (WWW.WWP.at) ljubomir@magnet.at


3rd of February 2001: worldwide against the FPÖ

One year after the assumption of power of a coalition-government including the right-extremist FPÖ in Austria, there will be a big manifestation in Vienna on the 3rd of February 2001. We apply to all Antifascists worldwide to make actions and manifestations in front of austrian embassies and consulates on the same day to show a clear sign not to accept any post-fascist parties in power.We ask you to circulate this apply worldwide and to inform us about actions in your country so that we can inform the protest-movement in Austria about it.

UnterstützerInnen:
1 ACUS Arbeitsgemeinschaft Christentum Sozialismus 2 Aktionskomitee gegen schwarzblau 3 AMSand 4 ANAR Austrian Network against Racism 5 Antifaschistische Linke AL 6 Ast ArbeiterInnenstandpunkt 7 AUGE / UG 8 Bezirkskomitee Ottakring gegen Schwarz Blau 9 Botschaft der besorgten BürgerInnen 10 Brücken für den Frieden 11 Bunte Demokratie Für Alle (BDFA, AK) 12 Bunte Liste für Alle 13 Casa del Pueblo LA. 14 Die Grünen 15 Die Grünen Frauen 16 GEWI 17 GRAS 18 GRUWI 19 Humanistische Plattform 20 Intiative TschuschInnenPower 21 Jugend gegen Rassismus in Europa 22 Jugendzeitschrift TOPONE 23 KJÖ - Junge Linke 24 KPÖ 25 Kreisky als Vorsitzender der FSG-Belegschaft in der AK 26 KSV 27 LILA Linke Liste Alsergrund 28 Linkswende 29 Plattform Offenes Kärnten 30 Proj.Koordination/rosaflieder 31 Resistancewear 32 REVO 33 Rosa - Antifa 34 Roter Letter (OÖ) 35 Sbg Plattform gegen Rassisums und Sozialabbau 36 Schüler-Innen Aktionsplattform 37 SJ 38 SLP 39 SOAL Sozialistische Alternative 40 SOS-Mitmensch 41 SP-Frauen 42 STRV - Soziologie Sbg 43 VIRUS 44 VSStÖ Georg Brockmeyer 45 WILI (Wr. LehrerInneninitiative)

weitere informationen findet ihr unter www.rassismus.at/demo

 


Für eine Welt ohne Rassismus
www.no-racism.net