Karawanen, Küsschen und
Tänzerinnen
[2004-04-15]
Vor dem TV-Duell der
Hofburg-Kandidaten nehmen die Untergriffe stündlich zu. Zuletzt griff
die SPÖ gegen Benita Ferrero- Waldner ins Volle.
Die Nervosität vor dem zur Vorentscheidung hochstilisierten TV-Duell nimmt zu. Während sich die Kandidaten selbst in immer staatstragender werdenden Auftritten und nobler Zurückhaltung üben, erhöhen die Wahlkampfmanager die Anstrengungen, der Gegenseite am Zeug zu flicken.
Wehgeschrei der Parteien
War es zuletzt vor allem die ÖVP gewesen, die unter dem Wehgeschrei der
Gegenpartei den SPÖ-Kandidaten Heinz Fischer attackiert hatte, so holten
jetzt die Fischer-Wahlhelfer zum Gegenschlag aus. SPÖ-Geschäftsführerin
Doris Bures kramte gestern einen "Showtänzerinnen-Erlass" hervor,
mit dem die Außenministerin die österreichischen Botschaften angewiesen
habe, diesen Tänzerinnen problemlos Aufenthaltsgenehmigungen auszustellen,
sofern sie in einem Sexclub Anstellung gefunden hätten. Das zeige die
"frauenpolitische Unsensibilität" Ferrero-Waldners, beharrte
Bures auch nach der wütenden Reaktion der ÖVP. VP-Generalsekretär
Reinhold Lopatka verteidigte die Vorgangsweise des Außenministeriums,
das hier nur "als Postfach für das Innenministerium" fungiert
habe. Außerdem, belehrte Lopatka, existiere ein Unterschied zwischen
Prostituierten und Showtänzern. Die Attacken der SPÖ zeigten nur,
wie nervös die SPÖ angesichts der Aufholjagd Ferrero-Waldners geworden
sei: "Fischers Vorsprung schwindet."
Konfrontation
Der Angriff aus der SPÖ-Zentrale war nicht der einzige, der die ÖVP-Kandidatin
in diesen Tagen überraschte. Montagabend sah sich Ferrero-Waldner bei
einem von ihrem Wahlkampfkomitee inszenierten Heurigenabend mit Aktivistinnen
der "VolxTheaterKarawane" konfrontiert. Mitglieder dieser als Künstlergruppe
auftretenden Gegner der Globalisierung waren vor zwei Jahren nach Ausschreitungen
während des Wirtschaftsgipfels in Genua inhaftiert worden. In der Folge
hatten sie sich von der Außenministerin im Stich gelassen gefühlt.
Nun hatten sich Aktivistinnen inkognito bei einem Sloganwettbewerb der "Wir
für Benita"-Initiative beteiligt und waren als Dankeschön mit
Promis wie Edith Klestil und Franz Antel zum Heurigen eingeladen worden. Ferrero
überwand den ersten Schreck und stellte sich tapfer der Diskussion.
Zuckerlproblem
Mit einem neuen Zuckerlproblem muss sich heute das Wahlkampf-Schiedsgericht
herumschlagen. Denn nun klagt auch die SPÖ, Ferrero habe "Ferrero-Küsschen"
und Schokohasen verteilt und so das Fairnessabkommen gebrochen. Bei so viel
Süßem ist kaum zu erwarten, dass auch die beiden Kandidaten einander
beim morgigen TV-Duell Saures geben werden.
Kleine Zeitung, 15.04.2004