Statement eines Mitglieds der VolxTheaterkarawane auf der Pressekonferenz 20.8.2001
Vor nicht einmal 2 Monaten, am 26.6. fand im Wiener Cafehaus Landtmann die Pressekonferenz zu Beginn der Nobodertour statt. Zeitgleich, und via Videolivestream auf die Pressekonferenz übertragen, wurde die Tour an der Schengengrenze Nickelsdorf/Ungarn mit einer thetralischen Aktion eröffnet. Die Volxtheaterkarawane definierte sich dort als dezitiert politisches Projekt, - offen, transparent, heterogen - und erzählte mit anderen prominenten UnterstützerInnen über die Inhalte des kommenden "Stücks": Die Zusammenhänge verweisen auf die Themen - Migration und Globalisierung - verbunden mit der zentralen Forderung des "Rechts auf Freiheit von Bewegung". Das Tourmotto lautete: noborder - nonation - no one is illegal. Nicht viel Presse hat sich damals dafür interessiert.
Die VolxTheaterKarawane bereitete die Tour in Zusammenarbeit mit der "Plattform für eine Welt ohne Rassismus" und dem europaweiten "noborder"-Netzwerk vor. Ziel war intensiver Theater-Work in progress-Prozess unter dem Motto "noboder - nonation": eine Reise an verschiedene Orte gesellschaftspoltischer Auseinandersetzung, theatrale Eingriffe in öffentliche Räume, Mediendokumentation (Internet) und Informationsvermittlung zum Thema des Rechts auf Freiheit von Bewegung. Unser Theaterbegriff includiert nicht nur Strassentheateraktionen, sondern auch Medien - und Informationskampagnen. Die VolxTheaterkarawane ist international und heterogen: Von Anfang an war es Anspruch mit Menschen von unterschiedlichen Nationalitäten zusammenzuarbeiten und mit Personen aus verschiedenen sozialpolitischen und künstlerischen Kontexten.
Wir hatten unsere Anfangsouverture bei WEF-Gipfel in Salzburg mit Mozartskostümen und Riesenschlauchmonstern, die den WEF symbolisierten. Danach nahmen wir an einem Grenzcamp an der slowenisch-ungarisch-kroatischen Grenze teil und machten kostümiert unsere Anliegen in den Dörfern kund. In Kärnten stellten wir das Karawanenprojekt im Partisanenmuseum vor und nahmen an der Diskussion über Minderheitenrechte teil.
Nach einem Kurzauftritt bei einem kulturpolitischen Festival in La Spezia
fuhren wir nach Genua, (dem vorletzten Tourstop vor dem Grenzcamp am
Frankfurt Flughafen.). Hauptanliegen war die Volxtheaterbeteiligung an der
Demonstration für die Rechte von MigrantInnen am 19.7, aber auch an den
folgenden Tagen partizipierten wir zum Teil an Demonstrationen, und machten
Dokumentation- und Medienarbeit.
Nach der Abfahrt von Genua am So. den 22. 7. begann für uns der Teil eines
unkontrollierbaren Polit-Theaterprozesses:
Die erste Maßnahme die uns traf: Wir wurden des Rechts auf Freiheit der
Bewegung beraubt: Wir wurden angehalten, bedroht und unter dem Vorwand der
Identifizierung nach Genua gebracht. Danach folgte in der
Carabinierisstation eine nächtliche systematische Tortur mit Psychoterror,
Mißhandlungen und sexuellen Belästigungen. Danach wurden wir ohne Wissen
warum, ohne Übersetzungen, eingesperrt.
Im 2.Akt sprach das juristische Staatstheater plötzlich davon: Wir wären
eine kriminelle Vereinigung und wir hätten die Stadt Genua zerstört und
dafür stünden im schlimmsten Fall 15-18 Jahre. Es folgte ein furchtbar
quälendes und lähmendes Trauerspiel im Gefängnis, während wir in Österreich
zu StatistInnen in ein Sommertheater wurden: In den Hauptrollen der
Medieninszenierung eine grinsende Außenministerin und ein coller
Innenminister. Der 3. Akt endete nach einem spannenden Gerichtssaalkrimi mit
der Haftentlassung.
Die internationale VolxTheaterkarawane tritt für das Recht auf Freiheit von
Bewegung ein, für die Abschaffung der Schubhaft und den Stop von Deportationen.
Am Ende folgte für alle 25 eine demütigene Deportation an die Grenzen. Die
meisten von uns wurden an der Brennergrenze ausgesetzt, 2 SlowakInnen der
Karawane wurden vor ihrer Deporation in Schubhaft gesteckt, - sie dürfen den
Schengenraum nicht mehr betreten, 2 der 3 AmerikanerInnen wurden in die USA
geschickt und der Australier wurde, obwohl er noch länger in Europa bleiben
wollte, über die halbe Weltkugel gezwungen.
Doch: Die Karawane geht weiter.