Strassentheater gegen die Asylgesetznovelle 2003
04.06.2003
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„…tschüs die Asylanten, schleichts euch die Flüchtlinge!“

Strassentheater gegen das neue Asylgesetz


Mit einem Strassentheater machten am Samstag, den 31. Mai 2003, Mayday-AktivistInnen in Graz auf die geplante menschenrechtswidrige Novelle des Asylgesetzes aufmerksam:

In der Innenstadt ging die erste „Ernst-Strasser-Nächstenliebe-Gala“ über die Bühne unter dem Titel: „Servas die Madl, Servas die Bubn, tschüs die Asylanten, schleichts euch die Flüchtlinge!“

Flankiert von PolizistInnen und Kronenzeitung-lesenden, jubelnden Schafen - den „echten Österreichern“ ­ präsentierte der „Innenminister“ seine Vision eines flüchtlingsfreien Österreichs. Die Kulisse bildete ein stacheldrahtumzäuntes „Lager“, das für den von Strasser bejahten Vorschlag Blairs stand, ein Internierungslager für Flüchtlinge außerhalb der EU zu errichten. Die „Nächtenliebe-Gala“ ging weiter mit einer Vorstellung des neuen Asylgesetzes, und die zwei Polizisten führten mal auf die schnelle ein künftiges Asyl - d.h. Abschiebeverfahren vor. Ein Beamter überreichte anschließend dem Herrn Innenminister „zum erfolgreichen Abschuss des Asylrechts“ die Goldene Puffn von Österreich.

Die Vorführung endete mit dem gemeinsamen Absingen der „Ernst-Strasser -Nächstenliebe“-Hymne: „Du geh wieder ham/ Wir wolln di da net hobn/ A wenn di der Hunger quält/ Schleich di in die 3. Welt! Du geh wieder ham/ Wir wolln di da net hobn/ Obs di umbringt oder nicht/ Unsre Grenzen, die san dicht!“

Während des Strassentheaters verteilten einige Leute Flugblätter mit Informationen zur geplanten Asylrechtsnovelle. Die Aktion verlief ohne irgendwelche Zwischenfälle, von einigen zustimmenden Äußerungen von PassantInnen abgesehen war die häufigste Reaktion Desinteresse gegenüber dem Thema.



Das Stück:

Die Strasser-Nächstenliebe-Gala

Bühnenbild: Strasser in abgegrenztem Viereck, Transparent mit Showbezeichnung, drum herum Schafe mit Krone und Polizisten. Daneben Lager (Stacheldraht und Holz).


Strasser: Servas die Madl, Servas die Bubn, tschüs die Asylanten, schleichts euch die Flüchtlinge!

Applaus und Jubel.

Strasser: Es ist mir eine große Freude, hier in Graz meine erste Ernst-Strasser-Nächstenliebe-Show zu eröffnen! Nächstenliebe ist ja etwas, meine lieben Freunde, das uns Christlich-Soziale in ganz besonderem Maß auszeichnet. Wir schon oft in seiner ruhmvollen Geschichte hat Österreich eine Vorreiterrolle gespielt. Nun ist es wieder an Zeit, mit gutem Beispiel der Welt voranzugehen. Aus Liebe zu meinen Mitmenschen ­ solange sie halt weiss und blond wie die Kaisersemmerln sind und echte Österreicher ­ aus Liebe zu diesen Urgesteinen unserer deutschen ­ah mitteleuropäischen Kultur, habe ich mich entschlossen, dieses Land endgültig von Flüchtlingen und Asylwerbern zu befreien. Wir sind und bleiben dem verpflichtet, was unsere Väter und Mütter vor, äh nach 1945 aufgebaut haben. Deshalb haben meine lieben Mitstreiter und ich ein neues Asylgesetz erarbeitet, ach was mehr als nur ein Gesetz, ein christlich-sozialer Befreiungsschlag der Nächstenliebe!!!

Applaus und Jubel, Schafe: Die Liebe, die Liebe ist eine Himmelsmacht!

Strasser Es ist mir eine Ehre, Euch das Wichtigste aus diesem Asylgesetz in Kürze zu präsentieren. Wer nicht direkt mit einer Rakete aus seinem Land hierhergeschossen wird, hat keine Chance mehr auf Asyl. Alle Nachbarstaaten Österreichs werden zu sicheren Drittländern erklärt, und wer über diese Staaten reinkommt, fliegt gleich wieder raus, ohne dass ein Asylverfahren noch durchgeführt werden muss. Und zwar ganz egal, warum er zu uns will: Krieg, Folter, Hunger und ähnliche Ausflüchte und Jammereien interessieren uns alle nicht mehr! Wer keine gültigen Dokumente dabei hat, den schmeissen wir ebenfalls raus. Wär ja gelacht, wenn eine Behörde, die einen verfolgt, nicht auch in der Lage ist, ordnungsgemäße Reiseunterlagen auszustellen. Und für die ganz Raffinierten, die einen Charterflug nach Wien-Schwechat erwischen, ist das Verfahren in 48 oder 72 Stunden spätestens zu Ende. Was sollen wir da viel untersuchen, und was soll eine Berufung mit Abschiebeschutz noch ändern! Besser gleich rausschmeissen! Schnell und schmerzlos die Sache erledigen, das gebietet uns die christliche Humanität.

Jubel und Applaus.

Schaf mit Klebeband: Lieber Ernstl, wir echten Österreicher danken dir! Nimm dies als Zeichen, dass du deinem Vorgänger ein würdiger Nachfolger bist. Das Karl-Schlögl-Gedenk-Klebenband!

Strasser: So etwas, liebe Österreicher, wird gar nicht mehr nötig sein. Mit meinem englichen Kollegen arbeite ich bereits an einer glänzenden Zukunftsvision. Nicht nur Österreich, ganz Europa soll flüchtlingsfrei werden. Wir haben an der glorreichen Vergangenheit der christlich-sozialen Bewegung einiges abgeschaut und ich präsentiere mit Stolz das Projekt dieses Jahrtausends: Ein riesiges Flüchtlingslager außerhalb der Union, weit weg von Österreich, für alle Invasoren: Ukrainisch-Wöllerdorf. Da unten, in der Ukraine oder in Albanien, da werden wirs schon bauen dürfen, die brauchen eh unser Geld, diese Hungerleider…

Jubel und Applaus.

Polizist überreicht goldene Pistole: Geliebter Ernstl, zum erfolgreichen Abschuss des Asylrechts die „Goldene Puffn von Österreich“!

Strasser: In Zukunft schaut das ganze dann so aus:

Polizist 1 zerrt Flüchtling in Handschellen herbei.

Polizist 2: Aha, was haben wir da: Reza Alewi oder so, das Zeug kann ja eine deutsche Zunge nicht aussprechen, mit Familie aus dem Iran, angeblicher Asylgrund politische Verfolgung, Verhaftung und Folter, paar Tote hats da auch gegeben. Mit dem Flugzeug in Wien angekommen. Bled, net über ein sicheres Drittland. Aber was haben wir da, 30 Minuten Zwischenlandung in Budapest, und schon…

Schafe, Polizisten: Abschieben! Abschieben! Abschieben!

Polizist 2: Und das wars, nix ist mit Asylurlaub! Dank dir, Ernstl, geht das dann ganz schnell.

Polizist 1 schleppt Flüchtling grob ins Lager.

Strasser: Natürlich gibt’s da immer welche, die jammern, die UNO und Menschenrechtsorganisationen. Der von der UNO hat sogar gesagt, wenn wir das Gesetz beschließen, sind wir selbst kein sicheres Drittland mehr. Gut so, kann ich da nur sagen…

Applaus und Jubel

Strasser: Dann sind wir in einer Reihe mit Afghanistan und China, wo man noch die richtige Einstellung zu Menschenrechten hat und die Anschauungen noch nicht durch die political correctness verdorben sind.

Ruf (2mal): Abschieben, abschieben, alle abschieben!

Strasser: Wir kommen nun zum musikalischen Abschluss unserer Show und singen gemeinsam die Ernst-Strasser-Nächtstenliebe-Hymne:


Ernst-Strasser-Nächtstenliebe-Hymne

Langsam find der Tag sei End und die Nacht beginnt
An der Grenz da steht a Afrikanerin mit an klan Kind.
Sie wollt nur in Friedn leben in an ruhigen sichern Land
Hat net amal a Schlapfn
Und an Fetzen nur als Gwand.

Strasser:
Wann i das Wort Asyl nur her
Gfreit mis Leben scho net mehr.
Langsam krieg i wirklich gnua
Doch ich waß ich jetzt tua.

Alle:
Du geh wieder ham
Wir wolln di da net ham
A wenn di der Hunger quält
Schleich di in die 3. Welt.

Strasser:
Der Schwarzen nimm i des net o
Was wü de überhaupt do.
I gaub net dass der was fehl
Wü sicher a nur unser Geld.

Schaf überreicht goldenen Schlagtsock.

Alle:
Du geh wieder ham
Wir wolln di da net ham
Obs die umbringt oder nicht
Unsre Grenzen, die san dicht!

Strasser:
Abschiebn tu ich liebend gern
Von Menschenrechten wü i nix hörn
Komm i a net in Himmel rein
Ladt Dichand mi zum Essen ein.

Alle:
1.
Du geh wieder ham
Wir wolln di da net ham
A wenn di der Hunger quält
Schleich di in die 3. Welt.
2.
Du geh wieder ham
Wir wolln di da net ham
Obs die umbringt oder nicht
Unsre Grenzen, die san dicht!

Jubel und Applaus

Strasser: Ein Hoch auf die Nächstenliebe! Gott schütze Österreich!

Alle: Wir - greifen - zur - Gewalt!

 

 

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