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      Innenministerium weigert sich, EFF-Förderung auszuzahlen. 
      Begründung: ein kritischer Artikel über das Bundesasylamt 
       
      Angriff auf die Pressefreiheit 
      Ein Bericht von Michael Genner - Asyl in Not 
      Asyl in Not 
        soll im Jahr 2002 vom Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) - 
        dessen Gelder seit einigen Jahren von den nationalen Regierungen verwaltet 
        werden - eine Förderung in Höhe von 20.000 Euro bekommen. So 
        lautet der Beschluß der Auswahlkommission vom 20.2.2002; das Geld 
        ist zur Kofinanzierung unserer (größtenteils aus Eigenmitteln 
        bezahlten) Rechtsberatung für Asylwerber bestimmt. 
         
        Der Vertrag wurde - spät, aber doch - im Juni 2002 an uns geschickt, 
        von uns unterschrieben und retourniert; vom Geld haben wir bis heute nichts 
        gesehen. Nun erfuhren wir, das Innenministerium - genauer gesagt: Sektionschef 
        Szymanski - verweigere die Unterschrift. Es bestehe kein Vertrauen mehr 
        zu uns. Man habe nämlich soeben im Internet einen Artikel entdeckt, 
        den ich am 25. Dezember 2000 (!) in der elektronischen Tageszeitung "MUND" 
        veröffentlichte. 
         
        In diesem Artikel ("Fall des Jahres 2000  Frau K. hat Asyl") 
        berichtete ich über das Schicksal einer Frau aus dem Irak, die in 
        Saddam Husseins Gefängnissen jahrelang eingekerkert gewesen, von 
        den Wächtern immer wieder vergewaltigt worden war und in der Haft 
        ein Kind zur Welt gebracht hatte, das ihr sofort nach der Geburt weggenommen 
        worden war. 
         
        Als sie in Österreich Asyl beantragte, traf Frau K. auf den Beamten 
        Aschauer, der ihren Antrag als "unglaubwürdig" abwies. 
        In unserer Berufung griffen wir Aschauer direkt an und warfen ihm Befangenheit 
        vor. Wir legten ein Gutachten eines bekannten Psychotherapeuten vor, der 
        bezeugte, daß Frau K. ein Vergewaltigungsopfer sei. Der Unabhängige 
        Bundesasylsenat (UBAS)  die Berufungsinstanz im Asylverfahren  
        gab unserer Berufung Folge und gewährte Frau K. Asyl.  
         
        Darüber schrieb ich in unserer Weihnachtsaussendung am 25. Dezember 
        2000 und berichtete zugleich über vier weitere Flüchtlinge, 
        deren Anträge Aschauer abgewiesen hatte. 
         
        Drei von ihnen erhielten im Berufungsverfahren Asyl (einer nach acht Jahren, 
        eine andere nach zehn Jahren quälender, nervenzermürbender Wartezeit; 
        der dritte war in Schubhaft gesessen, wäre beinahe in den Tod geschickt 
        worden und kam nur durch Proteste von Asyl in Not, SOS-Mitmensch und Amnesty 
        international frei). In diesen Fällen (und so manchen anderen auch) 
        wurden Aschauers Bescheide von der Berufungsinstanz für rechtswidrig 
        erklärt. 
         
        Die vierte Betroffene (eine junge Kurdin, ebenfalls ein schrecklich zugerichtetes 
        Vergewaltigungsopfer) hatte das Verfahren nicht abgewartet, sondern war 
        in die Türkei zurückgekehrt, wo sie neuerlich verhaftet wurde. 
         
        Dokumentationsmaterial über diese Fälle schicken wir auf Wunsch 
        gerne zu. 
         
        In meinem Rundbrief nannte ich Herrn Aschauer einen "Schreibtischtäter, 
        wie es viele gab in der blutigen Geschichte dieses Landes". Er habe 
        "das Leben vieler Menschen zerstört". Ich schloß 
        den Artikel mit den Worten: "Herr Aschauer muß aus dem Bundesasylamt 
        hinaus. Sein Maß ist voll." 
         
        Dieser Artikel, der an tausende Email-Adressen verschickt worden war, 
        blieb dem Bundesasylamt angeblich bis vor kurzem unbekannt. Herr Aschauer 
        tut auch noch immer seinen Dienst. 
         
        Das Bundesasylamt hat nun gegen mich eine Anzeige wegen "übler 
        Nachrede" erstattet. Diesem Verfahren sehen wir gelassen entgegen; 
        es wird uns Gelegenheit bieten, all die Menschenrechtsverletzungen noch 
        einmal zu dokumentieren, deren Zeugen wir in unserem jahrelangen Umgang 
        mit dieser Behörde geworden sind. 
         
        Das Innenministerium nimmt nun diese Anzeige zum Vorwand, um unsere Förderung 
        nicht auszuzahlen. Sektionschef Szymanski verlangt allen Ernstes, der 
        Artikel über Frau K.  der im Archiv des "MUND" nachgelesen 
        werden kann - müsse "aus dem Netz genommen werden". 
         
        Unser Versuch, Szymanski begreiflich zu machen, daß Asyl in Not 
         selbst wenn wir es wollten - nicht ins Archiv des "MUND" 
        eingreifen kann, weil der "MUND" von uns völlig unabhängig 
        ist, schlug fehl; ebenso unsere Bemühung, Szymanski den besonderen 
        Wert der Pressefreiheit in einer modernen Demokratie zu erklären. 
         
        Auch daß die 20.000 Euro zur Förderung unserer Rechtsberatung 
        und nicht unserer Öffentlichkeitsarbeit bestimmt sind, wollte Szymanski 
        nicht verstehen. Er beharrte darauf, nur dann zu zahlen, wenn der Artikel 
        aus dem Netz verschwindet. 
         
        Dieser Starrsinn wird Folgen haben  juristisch und medial. Wir lassen 
        uns die Pressefreiheit nicht abkaufen, nicht für 20.000, nicht für 
        200.000, nicht für 2 Millionen Euro. 
         
        Herr Szymanski wird lernen müssen, daß er von einem Vertrag, 
        den er uns angeboten und den wir angenommen haben, nicht so einfach zurücktreten 
        kann. Unser Anwalt hat ihn aufgefordert, den Betrag binnen vierzehn Tagen 
        zu überweisen; sonst müssten wir den Rechtsweg beschreiten. 
         
        Die Causa Szymanski ist kennzeichnend für das obrigkeitsstaatliche 
        Denken, das in diesem Lande seit Metternichs Tagen herrscht. Einen Beamten 
        öffentlich zu kritisieren  das ist Majestätsbeleidigung. 
        Es wird durch Geldentzug bestraft. 
         
        Asyl in Not kämpft für eine Reform der Beamtenschaft an Haupt 
        und Gliedern. Nur dann werden echte demokratische Reformen möglich 
        sein. Wir erinnern uns 
        nur zu gut, wie Caspar Einem an der Sabotage durch seine eigenen Beamten 
        gescheitert ist. Vielleicht gibt Szymanskis Affäre den Anlaß 
        zu einem grundlegenden Neubeginn... 
      
      
      
       
        
         
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        Asyl in Not  
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        Montag von 9 bis 13 Uhr 
        Dienstag und Donnerstag von 13 bis 18 Uhr 
         
         
         
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