*deportation.class stop!*
*Aufruf zur Demonstration am 27. Mai 2000 auf dem Rhein-Main-Flughafen*


Wut und Trauer angesichts des Suizids der algerischen Asylbewerberin Naimah H.: Sieben Monate eingesperrt im Transitbereich des Frankfurter Flughafens, hielt sie den Druck der drohenden Abschiebung in den Folterstaat Algerien und der Gefangenschaft im deutschen Internierungslager nicht mehr aus. Wir fordern die sofortige Abschaffung des tödlichen "Flughafenverfahrens" und des Internierungslagers "C 182"


Zum Todestag von Aamir Ageeb vor einem Jahr: Die Beteiligung der Lufthansa bei erzwungenen Abschiebungen muss gestoppt werden!

Mehr als 10.000 Menschen werden alljährlich über den Rhein-Main-Flughafen abgeschoben. Offiziellen Angaben zufolge setzen sich etwa 10 % der Flüchtlinge aktiv zur Wehr. Kaum jemals wird dieser Widerstand öffentlich bekannt. Vieles wird geheimgehalten, vertuscht und bagatellisiert. Etwa die Hälfte aller Abschiebungen werden unter der Beteiligung der Lufthansa AG durchgeführt. Einer, der sich zur Wehr setzte, war Aamir Ageeb. Der sudanesische Asylbewerber sollte am 28. Mai 1999 mit Zwang abgeschoben werden. Aus Angst vor Folter und Gefängnis im diktatorischen Sudan leistete er Widerstand. Drei Beamte des Bundesgrenzschutzes fesselten ihn an Händen und Füßen und setzten ihm einen Motorradhelm auf. Sie drückten ihn in den Sitz. Er erstickte. Dies geschah in der Lufthansa-Maschine LH 558 nach Kairo.

Aamir Ageeb ist nicht das erste Todesopfer. Im August 1994 starb der Nigerianer Kola Bankole, ebenfalls in Frankfurt. Er war gefesselt, "wie eine Wurst verpackt", mit Skisocken und einem Rolladengurt geknebelt, vom Bundesgrenzschutz in das Flugzeug getragen und mit lnjektionsspritzen "ruhiggestellt" worden. Er starb. Gegen die BGS-Beamten fand kein Prozeß statt. Keiner der Beteiligten wurde verurteilt. Auch Kola Bankole kam in einer Maschine der Lufthansa zu Tode.

Hauptverantwortlich für diese Tode sind die Gesetzgeber, welche das Asylrecht bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und das rassistische Ausländergesetz beschlossen haben, das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, das sich korrekterweise zum Bundesamt gegen die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge umbenennen sollte und alle anderen Institutionen, die an der Umsetzung der organisierten Unmenschlichkeit beteiligt sind. In diesem Kontext ist die Rolle der Lufthansa zu sehen: Durch ihre Beteiligung an Abschiebungen macht sie sich zum willfährigen Handlanger der Abschieber.

Proteste gegenüber der Lufthansa führten zu ersten Reaktionen:
Schon im letzten Jahr sah sich Lufthansa mehrfach Protesten von Menschenrechts-, Migranten- und Flüchtlingsorganisationen ausgesetzt. Immer wieder ist auch zu lesen, dass Piloten sich weigern, Menschen gegen ihren Willen mitzunehmen. Das antirassistische Netzwerk "kein Mensch ist illegal" startete im März
2000 eine Kampagne gegen die Beteiligung der Lufthansa AG am Abschiebegeschäft. Mit Zeitungen, Plakaten und Aktionen an Flughäfen, Reisebüros sowie auch am Ausbildungszentrum in Seeheim-Jugenheim wurde die LUFTHANSA-"Deportation Class" thematisiert und öffentlich angegriffen. Infolgedessen sah sich die LUFTHANSA genötigt, mit folgender "Klarstellung" an die Öffentlichkeit zu treten. Sie behauptete: "Lufthansa lehnt Abschiebungen gegen den Widerstand der Betroffenen grundsätzlich ab und befördert sie seit Juni 1999 nicht mehr." (Lufthansa-Pressestelle vom 11.4.2000). Am 12.4. wiederholte sie nochmals: "Der Lufthansa-Vorstand hat angesichts einzelner Protestaktionen erneut bekräftigt, dass auf Flügen mit einer Lufthansa-Flugnummer keine so genannten Deportees mehr akzeptiert werden, die Widerstand gegen die Abschiebung leisten."

Wie ernst meint es die Lufthansa wirklich?

Lassen wir die Fakten sprechen:
Lufthansaflug LH 4115 Paris-Berlin am 13. März: Zwei zivil gekleidete französische Begleitpolizisten haben nach Aussagen eines Leipziger Professors einen Abzuschiebenden inhuman und mit exzessiver Gewalt behandelt Trotz der Schreie des Opfers und der Proteste einiger Passagiere habe die Crew zunächst nicht reagiert, bis der Beschwerdeführer dem Flugkapitän mit juristischen Schritten gedroht habe. Daraufhin wurde der Flug abgesagt und alle Passagiere hatten das Flugzeug zu verlassen. Bekannt wurden zumindest zwei weitere Zwangsabschiebungen in Lufthansa-Maschinen von Frankfurt in den Jemen und nach Sri Lanka. Auch der kurdische Flüchtling Abdulcabbar Akyüz aus Wiesbaden wurde eindeutig gegen seinen Willen von zwei Polizeibeamten und einem Arzt im Februar diesen Jahres nach Istanbul abgeschoben, nach Angaben des Magazins "Stern" ebenfalls in einer Lufthansa-Maschine. Und auf Anfragen Anfang Mai bei Flugbegleitern und Piloten erklärten diese, dass ihnen eine Erklärung zu einem Stopp der Abschiebungen bei Widerstand leistenden Menschen nicht bekannt sei. Lufthansa scheint der pressewirksamen Kampagne von "kein mensch ist illegal" mit luftigen Statements den Wind aus den Segeln nehmen zu wollen. Wir werden jedoch keine Ruhe geben, bis Lufthansa tatsächlich niemanden mehr gegen seinen Willen ausfliegt und wir werden nicht zulassen, dass sie ihre Beteiligung an den Abschiebungen nach der Devise: "Hauptsache keine weitere öffentliche Auseinandersetzung" fortführen kann.

Was geschieht in anderen Ländern der Festung Europa?

In Belgien löste der Tod der Nigerianerin Semira Adamu im Herbst 1998 einen Sturm der Entrüstung aus. Sie war von Polizisten bei der Abschiebung mit einem Kissen erstickt worden. In Österreich geriet der Innenminister unter Druck, nachdem am 1. Mai 1999 der Nigerianer Marcus Omufuma bei der Abschiebung erstickte. Er war mit Leukoplaststreifen verschnürt worden. Ebenso erstickte der Palästinenser Khaled Abuzarifeh im März 1999 bei der Abschiebung auf dem Flugplatz Kloten in der Schweiz. Seitdem weigert sich das Flugpersonal der Swissair, gefesselte, geknebelte oder mit Betäubungsmitteln "ruhiggestellte" Abschiebehäftlinge mit an Bord zu nehmen. Kampagnen in Belgien, Frankreich und den Niederlanden führten ebenfalls zu ersten Erfolgen. Einige Fluggesellschaften gaben ihre Beteiligung an gewaltsamen Transporten von Abschiebehäftlingen auf. Am weitesten geht dabei die belgische Fluggesellschaft SABENA. Sie nimmt generell keine Zwangspassagiere mehr mit: "We never accept accompanied deportees... who are forced to go back." Es ist an der Zeit, dass auch die Lufthansa ihren Teil der Verantwortung übernimmt: am Tod von Kola Bankole und Aamir Ageeb, an den vielen Namenlosen, die - mithilfe der Lufthansa deportiert - von ihren Peinigern auf den Heimatflughäfen verhaftet und gefoltert wurden.

Von der Lufthansa AG, und auch von allen anderen Fluggesellschaften, fordern wir:
Keine Beförderung von Passagieren gegen deren Willen!

Wir fordern Alle auf:
Das Recht auf Freizügigkeit fällt nicht vom Himmel - wir müssen es erkämpfen!
Sagt NEIN! Keine Festung Europa! Nie wieder Wegschauen!
Eingreifen gegen Ausgrenzung und Rassismus, Illegalisierung und Abschiebungen!

Beteiligt Euch an der Protestdemonstration am Samstag, 27.5.2000, im
Lufthansa-Terminal (Beginn um 12 Uhr, Terminal 1, Bereich A)

INFORMATIONSVERANSTALTUNG zu Lufthansa: Dienstag 23.5.2000 im Dritte
Welt-Haus in Frankfurt, Falkstr. 74.

AUSSTELLUNG zur Kampagne gegen Lufthansa: am 22./23.5. in der
FH-Frankfurt, am 23.5. abends im Dritte-Welt-Haus.

VeranstalterInnen:

Aktionsbündnis gegen Abschiebungen Rhein-Main
c/o Dritte Welt Haus Frankfurt
Falkstrasse 74, 60487 Frankfurt/Main
Tel. 069-79201772, Fax 78960399
Email: DWHFFM@t-online.de
http://www.deportation-alliance.com


Für eine Welt ohne Rassismus
[www.no-racism.net]