3. Mai 2001 / 10:00-13:00 Uhr / Wickenburggasse
18-20 / 1090 Wien
Aushang im BesucherInnenraum des LG1: |
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Im
Herbst 2000 gab es nicht zum ersten Mal eine drastische Verschärfung
der Bedingungen für die Häftlinge, besonders in der Justizanstalt
Josefstadt.
Alltägliche Dinge wie Kleider oder Handtücher, die bisher kostenlos
an zwei Wochentagen abgegeben werden konnten, sowie Zeitschriften, Bücher
und fremdsprachige Tageszeitungen müssen nun in einem langwierigen
Behördenweg beantragt werden. Sie werden nur in ganz besonders
berücksichtigungswürdigen Fällen (siehe Anhang) bewilligt
und müssen anschließend für teures Porto mit der Post
ins Gefängnis geschickt werden.
Diese Bestimmung der besonders berücksichtigungswürdigen
Fälle ist äußerst vage und eröffnet der Willkür
und unfairen Behandlung Tür und Tor.
In der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten heißt es in Artikel 10/1: Jeder Mensch hat
Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt
die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung
von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden
und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. [
]
Diese Deklaration lässt außer Zweifel, dass es zu den Grundrechten
gehören muss, auch in der U-Haft, während der noch die Unschuldsvermutung
gilt, weiterhin alle Formen von Informationen, sofern sie nicht den Prozess
beeinflussen, beziehen zu können.
Den Zugang zu Information zu verwehren, die der Unterhaltung oder der
Weiterbildung dienen, ist ob in U-Haft, Strafhaft oder Schubhaft
nichts anderes als eine Beschneidung der Meinungsfreiheit.
Das Recht auf Bildung darf niemanden verwehrt werden. [
]
Artikel 2 (Recht auf Bildung) Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention.
Gerade für Menschen mit nicht-österreichischer StaatsbürgerInnenschaft
(oder solche, die nicht über gute Sprachkenntnisse verfügen)
bedeuten diese neuen Bestimmungen eine besonders schlimme Verschlechterung.
Sie können die deutschsprachigen Zeitungen nicht lesen oder Anträge
an die Gefängnisleitung formulieren.
Diese Verschlechterungen stehen in einer längeren Reihe. Häftlinge
haben grundsätzlich keine Ansprüche auf Besuch oder Post. Alles,
was in einer Haftanstalt zugelassen wird, beruht im Wesentlichen auf Begünstigungen,
die die Anstaltsleitung gewährt. Und Begünstigungen werden jetzt
zunehmend eingespart. Dazu braucht gar kein Gesetz geändert zu werden,
es genügt, wenn sich Haltungen und Werteinschätzungen ändern.
Es geht in der derzeitigen Gefängnisdiskussion in erster Linie nicht
um die Lebenssituation der Häftlinge, sondern darum, den Strafvollzug
noch wirksamer machen, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Möglichkeiten
des Strafens zu richten.
Diese Verschlechterungen sind Ausdruck dessen:
· Fernseher mit Teletext wurden abgeschafft, weil der Teletext
vielleicht von kriminellen Organisationen zur Nachrichtenübermittlung
verwendet werden kann.
· Es gibt willkürlich festgelegte Arbeitsmöglichkeiten
für Männer und Frauen, für Drogenabhängige, für
AusländerInnen, für Farbige, für ÖsterreicherInnen
wer sich weigert, die ihm/ihr bestimmte Arbeit zu tun, der/dem werden
die Tage der Weigerung nicht an die Strafzeit angerechnet.
· In manchen Anstalten gibt es plötzlich jeden Tag genau die
gleiche Konservenkost. In einer Situation wo Essen sowieso das Einzige
ist, was kurz von der Situation der Gefangenschaft ablenken kann, führt
dies dazu, dass die InsassInnen mehr Geld für zusätzliches Essen
ausgeben müssen. Das wieder dürfen sie nicht, wie früher,
auf begleiteten Ausgängen kaufen, sondern nur zum (hohen) Sonderpreis
in der Anstalt selbst.
· Es gibt keine Möglichkeit mehr, den Gefangenen Weihnachts-
oder Geburtstagspakete zu schicken.
· Die öffentlich ausgehängten Regelungen für die
Abgabe von Wäschepaketen (siehe Anhang) werden in einer willkürlichen
Art und Weise ausgelegt: So heißt es in den neuen Bestimmungen unter
Punkt 1: Wäschepakete ausschließlich per Post,
und max. 2 Pakete pro Monat (nur Wäsche!). In den letzten Wochen
wurden jedoch viele Wäschepakete, die vorschriftsmäßig
per Post abgeschickt wurden, wieder zurückgeschickt. Auf Beschwerden
erklärten die zuständigen BeamtInnen, dass für die Wäsche
seitens der Häftlinge um keine Bewilligung angesucht wurde. Auf Nachfragen,
dass Bewilligungen nach den neuen Bestimmungen doch bloß für
Bücher und Zeitschriften, jedoch nicht für Kleidung eingeholt
werden müssten, meinte ein Beamter wörtlich, das sei halt
blöd geschrieben. In der Zwischenzeit wurden auch beantragte,
bewilligte Pakete zurückgeschickt.
Die Rücknahme dieser Hausordnung, die das Beziehen von Büchern
zum Gnadenakt von Seiten der Anstaltsleitung und zur Ausnahme
macht, kann also nur der erste dringlichste Schritt sein.
Auch die Einrichtung einer, im Ministerrat diskutierten und versandeten,
Rechtsmittelinstanz für Beschwerden der Anstaltsinsassen gegen Beschlüsse
der Leiter von Justizanstalten scheint jedenfalls nicht so schnell voranzugehen,
wie die Realität dies verlangen würde.
Wir fordern:
- Rücknahme der aktuellen Hausordnung im Landl.
- Die Hausordnung muss den Bedürfnissen der Menschen und nicht denen
der Verwaltung angepasst sein.
- Uneingeschränkter Zugang zu Büchern, Zeitungen und Zeitschriften,
Fernsehen und Radio.
- Einheitliche und klar definierte Richtlinien, die allgemeine Gültigkeit
haben. Besagte Richtlinien dürfen keinen Ermessensspielraum eröffnen,
Willkür muss ausgeschlossen sein. Ausnahmen dürfen nicht zur
Regel werden.
Aushang im BesucherInnenraum des LG1:
Werte Besucher!
Um Ihnen die Belastung von Wartezeiten zu ersparen, treten ab 6. November
2000 folgende Änderungen in Kraft:
1. Wäschepakete
- ausschließlich per Post und max. zwei Pakete pro Monat (nur
Wäsche!)
2. Tageszeitungen (in- und ausländische)
- können nur mehr vom Insassen selbst (auf eigene Kosten) ho. angekauft
werden.
3. Besucherservice (in der Torwache)
- hier können nach Ansuchen des Insassen und dessen Bewilligung abgegeben
werden: optische Brillen, Kontaktlinsen, Zahnersätze, Prothesen,
Hörgeräte oder deren Batterien.
- Andere als in Punkt 2 angeführte Zeitschriften sowie Fachbücher
werden nur mehr in ganz besonders berücksichtigungswürdigen
Fällen, auf Ansuchen des Insassen und dessen Bewilligung angenommen.
Der Anstaltsleiter
Hr. Mag. Friedrich NOWAK
Besucherservice
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