Regenblume
Ein Theaterstück der Interkulturellen Bühne Frankfurt/Main
Regie und Konzept: Yusuf Kilic
Mit Ute Ehrenfels
Fr. 28. Sept. 2001, 20 Uhr
Sa. 29. Sept. 2001, 20 Uhr
So. 30. Sept. 2001, 17 Uhr
Jeweils mit anschließender Diskussion
Ernst-Kirchweger-Haus, Wielandgasse 2-4
1100 Wien, U1 Keplerplatz
In "Regenblume" wird geschildert, welche Furcht und Einsamkeit gefolterte
Menschen auch noch im nachhinein erleben. Gerade für gefolterte Frauen
ist es oft sehr schwer über ihre Erfahrung und Demütigung zu sprechen.
"Regenblume" ist eine wahre Geschichte einer Frau - die Aufführung in
verschiedenen Sprachen löst die Geschichte vom Hintergrund einer bestimmten
Gesellschaft oder Kultur. Die Interkulturelle Bühne ist ein Theaterprojekt,
das aus Menschen verschiedener Herkunft besteht, die - fast alle ohne
Bühnenerfahrung- sich gemeinsam ein mehrsprachiges Stück erarbeiten.
Die MitspielerInnen sind nicht immer konstant dabei, sie kommen und
gehen, was der MigrantInnensituation als ReisendeR entspricht. Zusätzlich
werden dadurch bestimmte Machtstrukturen verhindert.
Gewalt kann eine Menschen zerstören
Folter ist ein besonders perfides Mittel der Gewalt: sie beschädigt
Körper und Seele eines Menschen gleichermaßen. Neben die unmittelbar
erlittenen körperlichen und seelischen Schmerzen tritt die grausame
und qualvolle Erfahrung der Einsamkeit. Gefolterte Menschen isolieren
sich selbst, weil sie anderen nicht mehr vertrauen können. Und sie werden
isoliert durch die Mitmenschen, die eine Begegnung verweigern, denn
Begegnung bedeutet Auseinandersetzung, Auseinandersetzung mit einem
furchteinflößenden Thema.
Frauen sich in besonderem Maße von diesem Thema betroffen. Sie sind
weltweit in spezifischer Weise Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.
Neben Abtreiben weiblicher Föten, Genitalverstümmelung, Mord aus Gründen
der Familienehre und vielfältigen rechtlichen und sozialen Diskriminierungen
sind Frauen jeder Form sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Sie werden
verfolgt und vergewaltigt weil sie sich politisch betätigen oder auch
weil ihre Lebensführung nicht den ideologischen Vorstellungen der jeweiligen
Machthaber entspricht. Oft werden Frauen stellvertretend für ihre Familienangehörigen
oder als Angehörige einer ethnischen Gruppe verfolgt und mißhandelt.
Als systematische Foltermethode zielt sexuelle Gewalt aber immer auch
darauf, Frauen in ihrer Würde und körperlichen Integrität, in ihrem
Frau-Sein zu verletzen und zu zerstören. In Gesellschaften, in denen
die körperliche Integrität einer Frau als Garant der Familienehre gilt,
bedeutet dies für die Frauen häufig nicht nur den sozialen Tod, sondern
auch den tatsächlichen. Um sich zu schützen, sprechen Frauen nicht über
ihre Gewalterfahrung und geraten in eine tiefe Isolation und Einsamkeit.
Interkulturelle Bühne:
Regenblume ist eine wahre Geschichte. Der Grund, warum wir die Geschichte
Regenblume genannt haben, ist der, dass die Regenblume an einem verregneten
Tag dem Leben "Hallo" sagt.
Regenblume ist der Glaube an das Leben, auch wenn das Leben selbst oft
schmerzhaft und grausam ist. Die Geschichte spiegelt den Lebenszyklus
wieder. Auf jeden Tag folgt ein neuer. Regenblume versucht weniger,
Unterdrückung und Zerstörung des Menschen darzustellen, als aufzuzeigen,
was der Mensch unter dem Einfluß von Folter denkt, empfindet und wie
er daraus resultierend seine Umwelt wahrnimmt. Regenblume möchte aufzeigen,
daß die Absonderung des Gefangenen nicht nur während der Haft, sondern
in besonderem Maße erst danach ersichtlich wird. Diese Isolation findet
jedoch nicht nur einseitig vom Folteropfer ausgehend statt.
Der Gefolterte
sondert sich ab, da sein Vertrauen in andere Menschen zerstört worden
ist. Und gleichzeitig sind die Mitmenschen dem Opfer gegenüber verunsichert
und distanzieren sich, wodurch eine beidseitige Belastung auftritt.
Nicht nur der Mensch, der eine solche Situation durchlebt hat, hat Angst.
Nein, auch der "normale" Mensch, der nie in solch einer Situation gewesen
ist, zeigt Furcht. Diese Furcht spielt eine noch gewichtigere Rolle:
im Cafe, auf der Straße oder irgendwo anders, wo das Leben spielt, wo
Begegnungen stattfinden, spürt der "normale" Mensch wenn er einem "Opfer"
begegnet, das Verlangen, sich von diesem Ort zu entfernen. Er scheut
sich zu grüßen, als kenne er sein Gegenüber nicht. Genauso schlimm ist
aber auch das Mitleid, das der "Normale", oftmals krampfhaft, versucht
zu vermitteln. Regenblume versucht diese Mechanismen aufzuzeigen! Einsamkeit
entsteht auf sehr unterschiedliche Weise: das versucht Regenblume darzustellen.
Nämlich die Einsamkeit aus dem tiefen Ozean der (verletzten) Menschenseele.
Eine verlassene, gedemütigte und durch Unterdrückung entstandene Einsamkeit.
Regenblume
versucht herauszufinden, wer wie bzw. wodurch einsam geworden ist. All
das und dem ähnelnde Lebensbegebenheiten (Lebensschicksale) schildert
Regenblume anhand einer 60tägigen Haft von Hungerstreikenden, die ihre
Träume und Gedanken, Empfindungen und Sehnsüchte erzählen. So wie Regenblume
es formuliert: " ... Mit meiner einzigen Waffe, meinem Körper, kämpfe
ich für eine schönere Zeit, gegen Unterdrückung, Verfolgung und Bedrängung
und trete somit in einen Hungerstreik. Ich werde solange hungern, bis
die Menschenrechte dem humanistischen Bild entsprechend eintreten und
befolgt werden und die Folter und Vergewaltigung gegen meine Person
gerichtsmedizinisch aufgedeckt werden ..."
Gewalt, Krieg, Folter, Unterdrückung
Die Gründe, warum Menschen aus ihren "Heimat"ländern fliehen müssen,
sind hinlänglich bekannt. Auch PolitikerInnen, Gerichten und Behörden.
Dennoch wird Flüchtlingen grundsätzlich mißtraut. Man glaubt ihnen die
Geschichte ihrer Verfolgung nicht und unterzieht sie von seiten der
Behörden unfairen und demütigenden Behandlungen. Besonders Flüchtlingsfrauen
sind davon betroffen. So wird z.B. geschlechtsspezifische Verfolgung
im Asylverfahren nicht berücksichtigt. Nach wie vor wird die Verfolgung
von Frauen allzuoft als nicht-politisch und somit als nicht asylrelevant
deklariert. Oftmals wird verneint, daß die Verfolgungshandlungen gegenüber
Frauen an ein asylrelevantes Merkmal anknüpfen. Frauen wird es daher
wesentlich schwerer gemacht, ihr Schutzbedürfnis geltend zu machen.
Sie stehen im Asylverfahren damit häufig noch isolierter da als Männer.
Unterstützt von: VolxTheaterKarawane, www.no-racism.net,
Plattform für eine Welt ohne Rassismus, Ernst-Kirchweger-Haus