TAROM-Fluggesellschaft mit Flüchtlingsknast
12.06.2001
no-racism.net | deportatiNO

       

Artikel aus "junge Welt" vom 09.06.2001
Von Gerhard Klas
 

 

Rumänische Airline TAROM verdient mit Abschiebung

»Für Ihre Gesellschaft sind die Vereinbarungen mit dem Bundesgrenzschutz und
anderen deutschen Behörden sicherlich ein lukratives Geschäft, schließlich
bieten Sie einen umfassenden Abschiebe-Service«, schrieb das
antirassistische Netzwerk »Kein Mensch ist illegal« vor drei Wochen an die
Geschäftsleitung der rumänischen Fluggesellschaft TAROM. Weil TAROM auf den
Brief nicht reagierte, wiederholten rund 50 Angehörige des Netzwerkes am
Freitag ihre Aufforderung, »das Geschäft mit Abschiebungen sofort
aufzugeben«, während einer knapp zweistündigen Besetzung des Düsseldorfer
Geschäftsbüros der Fluggesellschaft. Zeitgleich fanden Aktionen in Berlin
und Frankfurt am Main statt. In der Bankenstadt wurden die Scheiben der
TAROM-Filiale mit Plakaten verklebt, die einen geknebelten Flüchtling in
der »Deportation-Class« zeigen.
Bundesweite Aktionen des Netzwerks gegen die Lufthansa haben in den
vergangenen Jahren dazu geführt, daß Gewerkschaften das Geschäft mit der
Abschiebung verurteilten. Auch mehr und mehr Piloten weigern sich,
sogenannte »passengers not willing to travel« - sprich »unfreiwillige
Fluggäste« - zu transportieren. Also suchen die Beamten der
Grenzschutzdirektion in Koblenz nach neuen und effektiveren Wegen für
Massenabschiebungen. Auch wenn nach Angaben des Bundesgrenzschutzes (BGS)
knapp 90 Prozent aller Abschiebungen in Linienmaschinen ohne Begleitung
durch Beamte stattfinden, machen ihm die als »renitent« oder »potentiell
gefährlich eingestuften Abschüblinge« Sorgen. Nachdem Flüchtlinge bei diesen
Abschiebungen infolge des Einsatzes körperlicher Gewalt durch Beamte ums
Leben gekommen waren, fürchten die großen Fluggesellschaften um ihren Ruf.
Die Behörden gehen deshalb dazu über, Flugzeuge bei kleineren
Fluggesellschaften zu chartern. Besonderer Beliebtheit erfreut sich auch die
TAROM, die ihren eigenen »Sicherheitsdienst« zur Verfügung stellt.
Seit Abschluß einer Rahmenvereinbarung mit der Grenzschutzdirektion Koblenz
fliegt TAROM wöchentlich eine Sammelabschiebung ab Düsseldorf. Die meisten
davon gehen in die Länder des ehemaligen Ostblocks und in die Türkei, seit
diesem Frühjahr auch in das Kosovo. An Bord befinden sich ausschließlich
Abschiebehäftlinge. »Um öffentliches Aufsehen zu vermeiden«, erklärt ein
Vertreter von »Kein Mensch ist illegal«, werden sie weitab von den übrigen
Passagieren im Cargobereich des Düsseldorfer Flughafens gesammelt.
Anschließend werden sie dem Sicherheitsdienst der TAROM übergeben. Von den
insgesamt 32 000 Abschiebungen pro Jahr aus der Bundesrepublik gehen mehrere
tausend auf das Konto der rumänischen Fluggesellschaft. In der Regel
verlaufe diese »organisierte Unmenschlichkeit reibungslos und diskret«,
erklärt ein Sprecher des Netzwerks.
Schon seit 1992 fliegen TAROM-Maschinen »illegale Grenzgänger«, die der BGS
an der Ostgrenze oder in Berlin aufgreift, nach Bukarest aus. Die
Fluggesellschaft am dortigen Flughafen unterhalte »eine Art Haftzentrum, in
dem Abgeschobene, deren Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, z. T. monatelang
interniert wurden«. Auch vom Frankfurter Rhein-Main-Flughafen starten
regelmäßig TAROM-Flugzeuge Richtung Bukarest.
Von dort geht es weiter nach Istanbul und Beirut. Nach Erkenntnissen der
UN-Flüchtlingsorganisation wurden kurdische Flüchtlinge in TAROM-Maschinen
gefesselt, geschlagen und mit einem Elektroschockgerät mißhandelt. Bei einem
Großteil der TAROM-Sicherheitskräfte soll es sich um ehemalige Angehörige
des rumänischen Geheimdienstes Securitate handeln.
Trotz der Zusage der TAROM-Geschäftsleitung in Bukarest gegenüber den
Besetzern des Düsseldorfer Geschäftsbüros, sich zu den Vorwürfen zu äußern,
war bis Redaktionsschluß keine Stellungnahme eingegangen.

   
 

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