Flüchtlingskongress 21. April bis 1. Mai 2000 in Jena/D

Die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen


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Einleitung
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Die "Karawane"-Bewegung begann kurz vor den Bundestagswahlen 1998. Unter dem Motto "Wir haben keine Wahl, aber eine Stimme!" reisten wir in 35 Tagen durch 44 deutsche Städte und ermöglichten Zehntausenden von Flüchtlingen ihre politischen Forderungen zu artikulieren. Dort wurde der Grundstein dafür gelegt, unter Flüchtlinge und MigrantInnen aus Afrika, Südamerika, Asien und dem Nahen Osten sowie deutschen AntirassistInnen und AnifaschistInnen eine zielgerichtete Einheit zu bilden. Doch es ist nicht nur die Angst vor Abschiebung oder der persönlich erlebte Rassismus, die uns zusammengebracht haben:

Während des G8-Gipfels 1999 in Köln drückten wir unter dem Motto "Wir sind hier, weil Ihr unsere Länder zerstört", ein weiteres Mal unsere politischen Forderungen aus. Mit einem Hungerstreik klagten wir als Flüchtlinge aus vier Kontinenten die Herrschenden der westlichen Industrienationen vor der Weltöffentlichkeit an. Um ihre Profite zu maximieren, unterstützen die westlichen Staaten die diktatorischen und faschistischen Regime in unseren Herkunftsländern. Auf diese Weise schaffen sie erst die Ursachen für unser Leid und unsere Flucht.

Als wir begannen, für unsere Rechte zu kämpfen, sahen wir uns anfänglich verstärkten Repressionen ausgesetzt,. Doch in den letzten eineinhalb Jahren waren wir zunehmend darin erfolgreich, gerade diejenigen zu verteidigen, die sich trotz der Gefahren engagierten und sich unserem Kampf anschlossen. Außerdem begann die Karawane als Netzwerk zwischen verschiedenen Städten und Nationalitäten zu fungieren und legte somit das Fundament dafür, als eine starke und ernstzunehmende Bewegung in Kraft zu treten.

Schon wird unser Kampf von den Industrienationen auf eine höhere Ebene gezogen, mit immer neuen technischen Innovationen rüsten sie ihren Repressionsapparat auf, um "ausländische Kriminelle" fernzuhalten oder sich ihrer zu entledigen. Gleichzeitig wird mit geschickter Propaganda die Plünderung unserer Länder gerechtfertigt und gedeckt und die brutale Unterdrückung jeglichen Widerstandes verschleiert.

Wir denken, daß es nun an der Zeit ist, zu reflektieren; genauso besteht aber auch die Notwendigkeit, den Kampf unvermindert fortzuführen. Wir müssen einerseits unsere Errungenschaften und Erfolge festigen und ausbauen, aber auch neue Überlebens- und Widerstandsstrategien erwägen. Die Kafkaeske Festung Europa wird zu einem sehr realen Alptraum für Flüchtlinge. Wenn schon "gewöhnliche" europäische BürgerInnen zum Spitzeltum und der Beteiligung am Kampf gegen den imaginären Feind von außerhalb ermutigt werden, wird der Erfolg des Kampfes unserer Brüder und Schwestern in unseren Herkunftsländern mehr und mehr davon abhängen, wie effektiv wir unsere Solidarität hier gestalten und wie wirkungsvoll die Strategien sein werden, die wir entwickeln. Aber Abschiebung und Isolation machen den Aufbau einer solchen Solidarität nahezu unmöglich. Vor diesem Hintergrund organisiert die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen einen zehntägigen Kongress, der darauf abzielt, die Kräfte für den Aufbau einer schlagkräftigen Einheit gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung zu bündeln.

Abschiebung stellt nicht nur deshalb eine massive Menschenrechtsverletzung dar, weil Menschen, die vor Verfolgung, Folter und Tod fliehen, zynisch an ihre Häscher ausgehändigt werden, sondern auch deshalb, weil Abschiebung das grundlegende Recht aller Menschen auf Freizügigkeit verletzt. In der Abschiebepraxis des Westens manifestiert sich ein weltweites Netzwerk von Apartheid zwischen einigen wenigen, die sich an Früchten des Neoliberalismus ergötzen, und den vielen, die, wie es ein tamilischer Dichter einst ausdrückte "ihr Schicksal nur wie mit einem auf die Stirn gebrannten Kainsmal ertragen". Die kleine Zahl derer, die den Weg in die "Festung Europa" gefunden haben, sieht sich einem ständig stärker werdendem Druck und ebensolcher Demütigung ausgesetzt, die nur das eine Ziel kennen: uns das Leben so schwer zu machen, so daß wir "freiwillig" zurückkehren.

Soziale Ausgrenzung hat zwei Dimensionen. Zum einen verhindert sie jeglichen Kontakt zwischen Flüchtlingen und der örtlichen Bevölkerung - von Integration ganz zu schweigen. Aber sie ist auch der Versuch, Flüchtlinge in ein politisches Vakuum einzusperren, so daß es uns unmöglich gemacht wird, etwas gegen die hinterhältige Propaganda des Westens zu unternehmen, die die Zustände in unseren Herkunftsländern beschönigt, verschleiert und verharmlost. Genauso wie die Isolierung von Flüchtlingen uns daran hindert, unsere Solidarität mit dem Widerstand unserer Brüder und Schwestern in unseren Herkunftsländern auch nur zum Ausdruck zu bringen.

Wir glauben, daß der Kampf gegen Abschiebung und Isolation alle Facetten unseres Widerstandes zusammenbringen kann. Wenn wir gegen Abschiebungen kämpfen, kämpfen wir nicht nur für unser Recht als Menschen behandelt zu werden, sondern wir zerreißen auch den Schleier aus Lügen und Korruption, mit dem der Westen versucht, die Ausbeutung unserer Länder und den Widerstand unserer Brüder und Schwestern totzuschweigen, sowie die tyrannischen Regime zu legitimieren. Dabei besteht ihre einzige Legitimation darin, sich zum Erfüllungsgehilfen der Verbrechen der Industrienationen zu machen.

Wenn wir gegen Isolation kämpfen, kämpfen wir nicht nur für unser Recht, Teil der menschlichen Gesellschaft sein zu dürfen und nicht in Gettos eingepfercht zu werden, sondern auch darum, echte Solidarität mit denen üben zu können, die in den Ländern, die wir hinter uns gelassen haben, kämpfen und weiter Widerstand leisten.

Der unerbittliche Angriff auf unsere Rechte, hat unseren Willen nicht brechen können. Aus den Isolationsgefängissen genannt "Flüchtlingslager" heraus werden wir unseren Kampf führen. Diese vom "The Voice" Afrika-Forum, der Jenaer Karawane-Gruppe, koordinierte Konferenz wird unsere Entschlossenheit dokumentieren, mit der wir "gemeinsam gegen Isolation und Deportation" kämpfen werden.

Obwohl wir "Flüchtlingskongreß" sagen, und er im Wesentlichen von Flüchtlingen organisiert wird, möchten wir alle ernsthaften antirassistischen Kräfte ermutigen, sich vorzubereiten und den Zeitraum vom 21. April bis zum 1. Mai 2000 freizuhalten, um an diesem wichtigen Ereignis teilnehmen zu können. Euer Beitrag wird ein notwendiger Teil beim Aufbau eines erfolgreichen Widerstands sein. Außerdem rufen wir alle Flüchtlinge, MigrantInnen und AntirassistInnen zu diesem frühen Zeitpunkt auf, ihre Ideen und Vorstellungen zu den Inhalten des Kongresses beizusteuern, da das Programm noch weitgehend offen ist.


Programm
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Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört

Europäische Politiker, wie der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl, geben zu, "sicher, es gibt Probleme in der Welt", um dann zu fragen "aber warum müssen alle Flüchtlinge ausgerechnet nach Deutschland kommen?". Seine Antwort ist, daß Deutschland nicht in der Verantwortung stehe, sich um die Probleme der ganzen Welt zu kümmern. Ihm zufolge trifft Deutschland keine Schuld an den Ursachen der Probleme der Welt. In Wahrheit aber gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Deutschlands Wirtschafts- und Außenpolitik und dem Entstehen von Fluchtgründen.

Das billige Öl, das von Nigeria nach Deutschland fließt und die Diktatur, die den multinationalen Konzernen wie Shell dazu verhilft das Land auszubeuten, hängen direkt zusammen. Es waren die Interessen des Westens, die den Militärputsch im Jahre 1966 lenkten. Dieser Putsch bedeutete das Ende des postkolonialen Demokratisierungsprozesses in Nigeria, der erstmals Minderheiten, wie den Ogoni im Niger-Delta Rechte zugestanden hatte. Die Demontage dieses Prozesses ging einher mit der Ausbeutung der Ölvorräte des Deltas durch ausländische Firmen.

Mehr als drei Jahrzehnte strömte das Öl aus Ländern wie Nigeria um "Wirtschaftswunder" wie das deutsche voranzutreiben. Aber das Niger-Delta steht in Flammen und wenn die in bittere Armut getriebenen Menschen gegen Obasanjo, den ehemaligen Militärdiktator, den der Westen nun versucht, als liberalen Demokraten darzustellen, protestieren, gibt dieser die Order, sie "wie Tiere zu erschießen"!

Einige Wochen später wurde für ihn bei einem Staatsbesuch in Deutschland der rote Teppich ausgerollt, während zu selben Zeit politische Flüchtlinge aus Nigeria wegen "offensichtlich unbegründeter" Asylanträge aus Deutschland abgeschoben werden.

Getrieben von wirtschaftlichen und strategischen Interessen haben die amerikanische und die europäischen Regierung das faschistische Regime in der Türkei gestärkt und so den schmutzigen Krieg gegen das kurdische Volk unterstützt und vorangetrieben.

Die PKK hat im Jahre 1993 einen Friedensprozeß begonnen, der bis zum heutigen Tag keine Erwiderung durch die türkische Regierung gefunden hat. Die Antwort des Westens jedoch bestand in offenem Terrorismus und Konspiration, die ihren Höhepunkt in der Entführung von Abdullah Öcalan fand. Die ungezügelte Repression gegenüber kurdischen Flüchtlingen in Deutschland ist die direkte Fortsetzung der Gewalt, die sie durch das türkische Regime und die extreme Rechte in ihrem eigenen Land zu erleiden hatten, und die sich in dem Todesurteil gegen Abdullah Öcalan manifestiert. Abschiebungen legitimieren das Handeln des türkischen Regimes durch den Westen und verleihen diesem - und nicht der kurdischen Bewegung - den Nimbus des Friedensschaffenden. Die gleiche Wirkung zeigt das weiter aufrechterhaltene Verbot der PKK in Deutschland, das ihre Unannehmbarkeit als legitimen Verhandlungspartner symbolisiert. Eine demokratische Lösung für die Türkei setzt voraus, daß der wahre Charakter des Regimes beim Namen genannt wird, statt ihn zynisch aus egoistischen Gründen zu leugnen, wie Europa dies tut. Eben darum ist es heute nötiger denn je, gegen die Abschiebung kurdischer Flüchtlinge zu kämpfen, um ihrer Stigmatisierung als Terroristen zu begegnen. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie der Westen - in Hoffnung auf weitere lukrative Märkte und Projekte wie den Ilisu-Staudamm, oder die geplante Öl-Pipeline zwischen Aserbaidschan/ Kurdistan und den türkischen Schwarzmeerhäfen - versucht, die kurdische Bewegung endgültig zu zerschlagen.

Auch Sri Lanka ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Von den Industrienationen wird es als eine Art Brückenkopf für die neoliberale Rückeroberung des indischen Subkontinents betrachtet. Deswegen sehen sie in dem Kampf des tamilischen Volkes für politische Unabhängigkeit und Emanzipation, mit dem Millionen unterdrückter Menschen in dieser Region große Hoffnungen verknüpfen, eine große Gefahr. Um den tamilischen Kampf niederzuschlagen, massakrierten, von westlichen Geberländern finanzierte Milizen mehr als 80.000 Menschen.

wichtige HauptrednerInnen aus Afrika, Asien, dem Mittleren Osten und Süd Amerika werden dieses Themaeinleiten. (nähere Informationen erhaltet ihr unter den Kontaktadressen)


Festung Europa, Grenz- Regimes und die internationale Organisierung von Flüchtlingen
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Sie waren 16 als sie sich in einer kalten Winternacht aufmachten. Sie ließen einen Alptraum namens Sri Lanka hinter sich. Sie waren Tamilen, auf der Suche nach Zuflucht, Freiheit vor Verfolgung. Am nächsten Morgen hatte nur einer überlebt.

"Wir wurden mitten im Wald abgesetzt", berichtete der Überlebende. "Es war kalt und wir hielten uns an den Händen, um uns nicht zu verlieren. Einige Kilometer weiter wurden wir von Suchscheinwerfern geblendet, wir hörten Stimmen und bellende Hunde. Wir wurden verfolgt und versuchten zusammenzubleiben, als wir davonliefen. Das Bellen und die Stimmen kamen näher. Plötzlich gerieten wir an das Ufer eines Flusses. Uns wurde gesagt, daß er flach sei, er sah aber sehr tief aus und die Strömung war heftig. Wir wußten, daß wir auf die andere Seite mußten, anderenfalls würden wir zurück nach Sri Lanka zurückgeschickt werden. Aber die Strömung war zu stark und ich hörte die Schreie meiner Begleiter, als sie davongespült wurden. Ich sah, wie das Wasser über einer Frau mit zwei Kindern zusammenschlug, ich versuchte sie zu retten, aber es war zu spät... unmöglich, hoffnungslos."

Für uns Flüchtlinge ist das die Realität an den Grenzen, die Realität der Festung Europa. Die Grenze zwischen den Städten aus Smaragden, gebaut auf allem Reichtum dieser Erde und der Wüste des Elends, zu der der Rest der Welt geworden ist.

Deutschland, die stärkste Wirtschaftsmacht Europas, treibt die Aufrüstung und den Ausbau der "Festung" weiter voran, immer ihr Ziel vor Augen, keine Flüchtlinge mehr ins Land lassen zu müssen. Während des Wirtschaftswunders im Nachkriegsdeutschland waren die europäischen Länder gezwungen, billige Arbeitskräfte ins Land zu holen, um die Produktion aufrechterhalten zu können. Heute, in Zeiten der Globalisierung, verfrachten multinationale Konzerne die Arbeit dahin, wo sie am billigsten ist und wo die ArbeiterInnen skrupellos ausgebeutet werden können. Heute gibt es nicht nur keine legale Möglichkeit der Einwanderung in die BRD mehr, es wird auch das Asylrecht abgeschafft, um möglichst jeden Nichtdeutschen daran zu hindern, ins Land zu gelangen.

Deutschland versucht mit massivem Aufwand eine stärkere Kontrolle aller Grenzen Europas durchzusetzen, um die Chancen für Flüchtlinge zu minimieren, über Drittstaaten einzureisen. 1998, als kurdische Flüchtlinge Italien erreichten, und diese von der italienischen Regierung als politische Flüchtlinge bezeichnet wurden, bestand die deutsche Regierung auf der Sprachregelung "kriminelle Migranten" und warf Italien mangelnde Gewissenhaftigkeit bei seinen Grenzkontrollen vor. Alle europäischen Randstaaten haben an ihren Grenzen "Sicherheitsmaßnahmen" zu ergreifen, die den deutschen entsprechen, anderenfalls müssen sie um ihren Verbleib im "Schengener Abkommen" oder der EU fürchten. Weiterhin hat Deutschland die sogenannte "Drittstaatenregelung" eingeführt, um einen "Zustrom" von Flüchtlingen über ärmere europäische Länder zu unterbinden und eine computergestützte, europaweite Fingerabdruckdatei (EURODAC) eingerichtet. EURODAC ist in der Lage, anhand der Fingerabdrücke festzustellen, wo ein Flüchtling nach Europa eingereist ist. Die Drittstaatenregelung gibt den reicheren und mächtigeren europäischen Ländern die rechtliche Möglichkeit, Flüchtlinge in die ärmeren Randstaaten abzuschieben, über die wir in die EU eingereist sind. Die Bundesrepublik Deutschland, der ethnische Säuberungen nicht fremd sind, ist auf dem besten Wege, uns nicht nur daran zu hindern, nach Europa einzureisen, sondern versucht darüber hinaus auch noch einen Schutzwall, speziell für uns Flüchtlinge, um seine Grenzen aufzubauen.


Soziale Ausgrenzung, staatlicher Rassismus und Faschismus
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Im Zuge der wirtschaftlichen Einigung Europas, sehen Europas Bürger die Grenzen verschwinden. Für uns aber tun sich überall Grenzen auf. In jeder Stadt, jedem Bahnhof und auf den Straßen werden wir kontrolliert und erniedrigt. Deutschland ist , einmal mehr, die treibende Kraft, uns zu isolieren und von der europäischen Gesellschaft auszuschließen. Mit unsäglichen Gesetzen wie der "Residenzpflicht", die die Bewegungsfreiheit von uns Flüchtlingen auf ein eng begrenztes Gebiet in Deutschland einschränkt und uns zwingt in "Flüchtlingslagern", die vielmehr den Charakter von Gefängnissen haben, zu leben, hat die deutsche Regierung das Instrumentarium aus der Taufe gehoben, uns zu isolieren und auszuschließen. Im Mikrokosmos Ostdeutschland spürt man die Folgen dieser Entwicklung besonders deutlich. Hier hat die Fieberkurve des sozialen Drucks auf uns Flüchtlinge einen Höhepunkt erreicht. Eine unheilvolle Wechselwirkung zwischen neofaschistischen Anschlägen, Propaganda und Abschiebungen - als der letzten Konsequenz staatlicher Repression - setzt uns einem unerträglichen physischen und psychischen Druck aus.

Der Prozeß der Ausgrenzung und Isolation beschränkt sich mitnichten auf diejenigen von uns, die erst kürzlich hier angekommen sind. Einflußreiche Wirtschaftsführer lassen keine Zweifel daran aufkommen, daß sich dieses Land selbst Kinder und Enkelkinder von Einwanderern, die einen nicht unerheblichen Teil der Jugend dieses Landes darstellen, entledigen sollte. Denn "die deutsche Wirtschaft hat keine Verwendung für sie, zumal sie unterqualifiziert sind, keinen Respekt gegenüber den deutschen Gesetzen haben, sich zumeist kriminellen Banden anschließen und schlicht und einfach keinen Platz in der deutschen Gesellschaft haben." Diese Rhetorik ist, wie wir finden sehr, symptomatisch für die Verachtung, die die herrschende Klasse dieses Landes nicht nur uns Flüchtlingen, sondern auch einem großen Teil ihrer eigenen Bevölkerung entgegenbringt. Während die Arbeitslosigkeit in Deutschland zunimmt und die Reichen immer reicher werden, verteidigen zynische deutsche Politiker den Status Quo und das System, indem sie die - legitime - Wut der Armen in Deutschland in einen Haß auf Ausländer umlenken

Mit einem Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald


Frauen und Flucht/ Migration
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"Ich kam hierher in dem Glauben, mich in einem freien Land zu befinden, aber das Verhalten der deutschen Polizisten war dasselbe wie im Iran. Ich konnte nicht glauben, das sie mich hier ebenso schlecht behandeln würden und das sie mich gewaltsam zwingen würden, einen Schleier anzulegen. Sie verletzten meine Rechte und meine Würde als Frau (...)" -Roya Mosayebi-

Roya Mosayebi, der es gelungen war, aus der Islamischen Republik Iran nach Deutschland zu fliehen, um der brutalen Unterdrückung von Frauen zu entrinnen, wurde nach zweieinhalb Jahren erneut mit den repressiven islamischen Gesetzen konfrontiert. Bundesamt und Gerichte verweigern ihr das Recht auf Asyl und wollen sie zur Ausreise zwingen. Die iranischen Behörden verlangen, daß sie auf dem Reisedokument, das für ihre Abschiebung angefertigt werden muß, mit Kopftuch abgebildet ist. Doch als sie Deutschland erreichte, hatte sie sich geschworen, daß sie nie wieder in ihrem Leben ein Kopftuch tragen würde. Darum schleppten Polizeibeamte Roya gewaltsam auf die Polizeiwache, banden ihr -trotz ihres Protestes- ein Kopftuch um und fotografierten sie in dieser Aufmachung. Ausgerechnet die Behörden des Landes, in das sie kam, um Schutz zu suchen, macht sich so zum Erfüllungsgehilfen der frauenfeindlichen Gesetze im Iran. Dieselben Behörden verboten einer Lehrerin, einer deutschen Staatsbürgerin islamischen Glaubens, ihren Beruf auszuüben, da sie für gewöhnlich einen Schleier trägt. Sie begründete dieses Verbot mit der Unvereinbarkeit solchen Verhaltens mit den Grundprinzipien eines säkularisierten Staates. Doch in das Problem ist nicht das Kopftuch als solches, sondern ein brutaler Chauvinismus gepaart mit Rassismus, der Frauen fremder Herkunft das Recht versagt, frei über sich selbst zu bestimmen.

In jedem einzelnen unserer Herkunftsländer werden wir als Frauen gleich mehrfach unterdrückt. Ganz abgesehen von der Hausarbeit, die uns als Frauen aufgebürdet wird, stehen uns große Hindernisse im Weg, wenn wir Lohnarbeit verrichten wollen. Politische Selbstbestimmung, Bildung und Teilnahme an sozialen Aktivitäten wird uns fast völlig verwehrt. Beschneidung, Zwangsheirat, Zwangsverschleierung und Steinigung sind die bittere Realität in vielen unserer Herkunftsländer. Wenn wir uns wehren und zurückschlagen, wie es beispielsweise die Kurdinnen oder Tamilinnen tun, greifen die Regime zur Vergewaltigung als Kriegswaffe und politisches Druckmittel. Massenvergewaltigungen sind kein seltenes Mittel kriegerischer Auseinandersetzungen. Die frauenfeindlichen Gesetze, wie die des Regimes im Iran zwar offiziell von den westlichen Industrienationen verurteilt. Doch nichtsdestotrotz unterstützen und stabilisieren sie genau diese Regime für ihren wirtschaftlichen Vorteil. Die Verurteilung bleibt also nicht mehr als eine hohle Phrase. Wirtschaftsliberalismus und reaktionäre Politik gehen Hand in Hand. Diese Kollaboration wird im Fall von Roya Moyasebi besonders deutlich: um sich unliebsamer Flüchtlinge zu entledigen, greifen sie auf die gleichen mittelalterlichen Methoden zurück, die die Regime anwenden, die sie doch angeblich verurteilen.

Neben allgemeineren Fluchtursachen wie Armut, Gewalt und Verfolgung, Krieg und Bürgerkrieg werden die extremen Formen der Unterdrückung von Frauen und Mädchen, die frauenspezifischen Fluchtgründe, nicht für die Gewährung von Asyl anerkannt. In Ländern wie Deutschland ist es für Frauen so gut wie unmöglich, ohne Heirat Asyl zu erlangen. Frauen ohne Aufenthaltserlaubnis, Prostituierte die zwischen Ausbeutung und Abschiebung leben, sind nur die Spitze des Eisberges einer Realität, der wir tagtäglich gegenüberstehen.

Bei allen Themen, die auf dem Kongress behandelt werden, werden aus dem allgemeinen Problem die speziellen Bedingungen für Frauen heraus gearbeitet. Wir müssen für die Anerkennung frauenspezifischer Fluchtgründe als Asylgründe, gegen sexuelle Gewalt und gegen jede Form der Unterdrückung von Frauen weltweit kämpfen. Es gilt, Umgangsformen zu entwickeln, die sicherstellen, daß Frauen auch innerhalb der "Karawane" keine sexistische Aggression und Diskriminierung hinnehmen müssen.


Gemeinsam gegen Abschiebung
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Es wird oft behauptet, daß die neofaschistischen Anschläge, die gewaltsamste Manifestierung des Rassismus in westlichen Demokratien darstellen. Dies bedeutet, die systematisch geplante alltägliche Gewalt gegen Flüchtlinge durch den Staat vergessen zu machen. Diese Gewalt hat einen Namen: Abschiebung. Jeden Tag werden tausende AusländerInnen gefangengenommen, eingesperrt, ja sogar getötet, wie es am 10 Dezember ´99 in Braunschweig der Fall war. Dort wurde ein Flüchtling kurzerhand von der Polizei erschossen, weil er zuvor gedroht hatte, sich aus Angst vor Abschiebung mit einem Messer umzubringen. Dies geschah aus keinem anderen Grund, als dem, daß dieser Mensch kein Recht gehabt hätte, hier zu sein.

Dieser rassistische Anschlag entbehrt jeder logischen Grundlage, mit Ausnahme der, zu demonstrieren, daß der Staat die absolute Autorität hat, festzulegen, wer hier sein darf und wer nicht. Dabei orientiert er sich ausschließlich an ökonomischen Kriterien. Mit anderen Worten: Menschen dürfen wie Gebrauchsartikel eingeführt werden, wenn sie denn gerade benötigt werden. Und wenn man sie gerade nicht braucht, werden sie ausrangiert. Das ist nicht nur eine Katastrophe für die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, sondern auch für diejenigen, die seit Generationen in diesem Land leben. Das ist der Grund, weshalb Abschiebungen schon für sich genommen einen krassen Verstoß gegen die Menschenrechte darstellen. Es verneint die Würde eines jeden Menschen und erniedrigt sie auf das Niveau von Dingen. Ein Zustand, wie er vor hundert Jahren normal war, als es noch den Sklavenhandel gab.

Als Voraussetzung für jeden Fortschritt, muß deshalb zunächst die letzte Konsequenz des institutionalisierten Rassismus, die Abschiebung, bekämpft werden. Abschiebung ist das Rückgrat und das ausdrucksstärkste Symbol eines Systems internationaler Apartheid, das die armen Länder zu desolaten Homelands degradiert, gerade gut genug, die Tresore gieriger Multinationaler Konzerne zu füllen, den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt alle Rechte abzusprechen und die westlichen Industrienationen zu ermächtigen, über Recht und Unrecht zu entscheiden. So kann jedes Regime zur Absolution durch den Westen gelangen, wenn Schily davon spricht, daß politische Freiheit zwangsläufig auf wirtschaftliche Freiheit folge und somit das Asylrecht in die Bedeutungslosigkeit abgedrängt wird.

Besuch der regionalen Flüchtlingslager


1. Mai - Demonstration
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Es wäre für die deutsche Arbeiterklasse sicher lohnend, sich einmal zu fragen, wie international die Demonstrationen am "Internationalen Tag der Arbeit" in Deutschland überhaupt sind. Will sie weiter den Multinationalen Konzernen nach dem Mund reden, um den Standort Deutschland aufrecht zu erhalten, obwohl genau diese es sind, deren globale Ambitionen an Armut und Arbeitslosigkeit auch in Deutschland schuld sind? Wollen die ArbeiterInnen weiter die Katastrophen in der Dritten Welt ignorieren? Oder wird sie sich endlich einmal solidarisch mit den Flüchtlingen und MigrantInnen erklären, die das lebende Zeugnis der weltweiten Verwüstungen durch das Kapital sind? Wird sie einmal mehr die Augen vor dem Schicksal der Flüchtlinge und MigrantInnen verschließen und die Lebenslüge ihrer Ausbeutung aufrechterhalten? Oder wird sie sich unserem Kampf und unserer Bewegung anschließen?

Der Kongress wird ein Manifest für die `Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen' verabschieden und Aktionen für die nähere und fernere zukunft planen.


Zeitplan
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20. April Ankunft - Einleitung - Kongress Eröffnung

21.- 22. April "Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört"

23. - 24. April Festung Europa, Grenz Regimes und die internationale Organisierung von Flüchtlingen

25. - 26. April Soziale Ausgrenzung, staatlicher Rassismus und Faschismus

27. April Frauen und Flucht/ Migration

28. - 29. April gemeinsam gegen Abschiebung

30. April Zusammenfassung, Manifest und Zukunftsprojekte

01. Mai Internationale Demonstration gegen Abschiebung


Adressen
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Nähere Informationen könnt Ihr unter den nebenstehenden Adressen erhalten:

Kongress - Koordinierungs - Büro:The Voice Africa Forum, Tel (03641) 66 52 14, Fax (03641) 42 37 95, www.humanrights.de/congress, THE_VOICE_Jena@gmx.de

Karawane - Koordinierungs - Büro: Internationaler Menschenrechtsverein Bremen, Tel (0421) 55 77 093, Fax (0421) 55 77 094, www.humanrights.de, mail@humanrights.de

Karawane- Kommittee, "kein mensch ist illegal" in Hanau,Tel (0172) 66 88 454, Fax (06181) 18 48 92

Spendenkonto: kto. nr. 231 633-905, blz. 860 10 90, Postbank Leipzig


Anmeldung
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Zur Anmeldung schickt bitte diese Postkarte zurück. Um Ernährung, Unterbringung und gegebenenfalls die An- und Abreise zu organisieren, ist es wichtig, die Anzahl der teilnehmenden Presonen anzugeben.

Bei Flüchtlingen und evtl. Ausnahmen kann bei der Organisierung und Zahlung der An- und Abreise von uns geholfen werden.


Für eine Welt ohne Rassismus