S26 - GEGEN IWF UND WELTBANK
Bericht vom 26. Sept 00 in Prag

in den untergrund gezwungen - sollen die teilnehmerInnen der iwf/wb tagung in Prag geworden sein. dies erinnert ein wenig an die "untergrundregierung" in oesterreich, die sich noch immer an der macht befindet und deren finanzminister von der wb jetzt sogar fettes lob fuer seine antisoziale politik bekam. ganz so war es freilich nicht. zwar konnte der erste tag des gipfels nicht ganz ohne einfluss von aussen, aber doch, abgehalten werden. dass die proteste kein erfolg waren, kann aber trotzdem nicht gesagt werden: aus dem inneren des kongresszentrums wurde berichtet, dass sich unter den delegierten panik ob der proteste ausloeste, die laenger anhielt als aktivistinnen die strassen blockierten. die proteste zeigten wieder einmal auf, wohin sich die globalisierte politik bewegt. knueppelnde riot-police, zahlreiche schwerverletzte demonstratntinnen, einschraenkung der persoenlichen rechte der prager bevoelkerung, ausnahmezustand, internationale zusammenarbeit der polizeikraefte, aberkennung der rechte fuer demonstrantinnen und die forderung nach "hartem durchgreifen" gegen diese sind nur einige punkte, die hier aufgezaehlt werden koennen.

zwischen 10.000 und 20.000 demonstrantinnen protestierten am 26. september in prag gegen die globalisierte politik von iwf und weltbank, sowie gegen kapitalismus im allgemeinen. nach einem gemeinsamen auftakt am namesti miru teilte sich der demonstrationszug spaeter in drei teile. auf drei routen wurde versucht, den tagungsort zu erreichen, die tagung zu stoeren und die teilnehmerinnen am verlassen des militaerisch gesicherten kongresszentrums zu hindern. prag glich in den vergangen tagen dem, was mensch sich unter polizeistaat vorstellt. an jeder ecke polizistinnen, leute, die bis vor die haustuere von zivilen polizistInnen verfolgt werden, willkuerliche ausweiskontrollen in der ganzen stadt und verstaerkte polizeipraesenz samt schikanen vor den orten, an denen sich aktivistInnen treffen. zusaetzlich wurden die staedtischen verkehrsbetriebe und sogar die rettung in die arbeit miteingebunden. am abend des 26. september wurden einige teile des oeffentlichen verkehrsnetzes gesperrt und dienten nur noch dem transport von bankerinnen. die polizei informiert in einem flugblatt die prager bevoelkerung darueber, dass sie sich im falle der beteiligung an den protesten - selbst wenn diese nur passiv sein solten - selbst zum ziel der repression
erklaert: "in der zeit der imf sitzung respektieren sie alle anordnungen und weisungen, auch wenn sie diese einschraenken sollten! befolgen sie alle aufforderungen ohne kommentar. auch wenn ihre persoenlichen gruende wichtig sind, kann ihnen die polizei nicht entgegenkommen." weiter heisst es in dem
informationsblatt der polizei: "suchen sie gleich den ort des zwischenfalls verlassen zu koennen und verlieren sie keine zeit mit zuschauen! es geht nicht um einen film, es geht um eine realistische bedrohung ihrer person." wie deutlich diese drohung ist, bekamen sehr viele demonstrantinenn zu spueren: platzwunden, gebrochene haende usw. bildeten keine seltenheit. dass es nicht zu mehr derartigen verletzungen kam, hat wohl damit zu tun, dass auf den einsatz anderer waffen gesetzt wurde. masenweise wurden traenengasgranaten verschossen, zum teil sogar auf mit vorbeifahrenden personen besetzte strassenbahnen. wasserwerfer schossen der polizei die strassen frei. die frage der gewalt wurde in den berichten der buergerlichen medien jedoch auf "gewaltbwereite demonstrantInnen" konzentriert - das sog. "gewaltmonopol des staates" darf in keiner weise angegriffen werden. wie sehr sich dieses monopol weltweit gegen menschen richtet und wie oft ueber leichen gegangen wird, bleibt unerwaehnt.

jedenfalls teilte sich die demonstrationen in drei teile, die versuchten, die kongressteilnehmerinnen am verlassen des tagungsortes zu hindern, was nicht einfach war und auch nicht lueckenlos gelang. waren in den tagen zuvor fast an jeder ecke polizistInnen zu sehen, aenderte sich das bild am 26. september etwas - sehr viele ecken wirkten ploetzlich einsam und verlassen. es glich der ruhe vor dem sturm. dieser setzte los, als sich die demonstrationszuege dem tagungsort naeherten. rauempanzer, wasserwerfer, traenengasgranaten und eine militarisierte polizei erwarteten die globalisierungsgegnerinnen. als reaktion auf diese einschraenkung des demonstrationsrechtes und die offene gewalt seitens des staates kam es immer wieder zu auseinandersetzungen zwischen polizei und aktivistInnen. steine und alles andere greifbare hagelten auf die einsatzkraefte, die mit wasserwerfern, knueppelorgien und traenengas auf die demonstrantInnen schossen. nach wenigen minuten mussten die ersten demonstrantInnen verletzt weggetragen werden. doch nicht an allen stellen kam es sofort zu solchen ausschreitungen. viele aktivistInnen versuchten mit phantasievollen aktionen ihren widerstand auszudruecken. doch auch dies nutzte nichts gegen das brutale vorgehen der polizei. in der pressekonferenz von inpeg (www.inpeg.org) zu den demonstrationen wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass selbst am boden liegende demonstratntInnen von polizisten verpruegelt wurden. inpeg selbst zeigte aber auch keine klare linie zu den protesten. einerseits wurde gesagt, dass die gewalt klar von den polizeikraeften ausging und ein teil der globalen gewalt gegen menschen ist, wie sie vertreibungen, kriege usw. darstellen, in die iwf und wb ebenso verwickelt sind, wie viele regierungen, die sich als "demokratisch" darstellen. andererseits wurde zwischen den sog. gewaltfreien und den sog. gewaltbereiten demonstrantInnen unterschieden. auch wenn letztere nur ein prozent darstellen sollen, wird die staatliche unterscheidung in verschiedene gewaltformen dadurch uebernommen: auf der einen seite diejenigen, die legal morden. auf der anderen diejenigen, die wegen eines geworfenen steines fuer monate hinter gitter landen koennen. inpeg war selbst angriffen der staatlichen repression ausgesetzt, auch wenn von beginn an sehr deutlich gesagt wurde, dass sich diese gruppe von jeder form der gewalt distanziert. die telefone des pressebueros funktionierten seit montag abend ploetzlich nicht mehr, von der tschechischen telekom gab es dazu keine verstaendliche begruendung, in den medien wurden schon monate vorher bilder von gewaltbereiten demonstrantInnen gezeigt usw.

wie wenig wert bei politik und exekutive auf die geltenden rechte gelegt wird, zeigten die proteste sehr deutlich. eine unabhaengige rechtsbeobachtung, die sog. "legal observer" (siehe www.oph.cz) beschwerten sich ueber die polizei, die weder bekannt gab, wieviele leute in haft sitzen, aber auch die rechte der inhaftierten ignorierte. kaum einer konnte bis dato von recht eines anrufes gebrauch machen, die verhaftungsgruende wurden prinzipiell nicht mitgeteilt. eine besondere qualitaet erreichte die repression in der zusammenarbeit der verschiedenen behoerden und institutionen. so teilten kontrollorInnen in oeffentlichen verkehrsmittlen den benutzerInnen mit, dass es eine abmachung mit der polizei gaebe und personen aus dem ausland im falle einer fahrt ohne ticket der polizei uebergeben wuerden. am 26. september wurden dann sogar leute, die sich in aerztliche behandlung begaben, nachdem sie von polizisten schwer verletzt wurden, direkt aus dem krankenhaus verhaftet. die krankenhaueser verweigerten nach angaben von inpeg teilweise die auskunft ueber den verbleib von verletzten und fertigten keine beahndlungsprotokolle aus.

wie weit dies praxis war, kann jedoch erst spaeter festgestellt werden, da es wie gesagt keine offiziellen informationen gibt. derzeit (ca. 24.00) wird von 500-600 verhafteten ausgegangen. die polizei schlauesste im laufe der proteste viele zivile polizistinnen und provokateure in die demos ein. nicht selten wurden vermeintliche demonstrantInnen ploetzlich in oder hinter den reihen der polizei gesehen und tauchten dann wieder in der demo auf. sie verfolgten auch leute, die sich von den kundgebungen entfernten, vereinzelt kam es dann abseits der demos zu verhaftungen. in den abendstunden des 26. september wurden die proteste fortgesetzt. in der oper trafen sich die weltbanker(Innen) zu einem happening, das von einigen tausend demonstrantInnen besucht wurde. in der folge demonstrierten diese durch die stadt und entglasten mc donalds und kentucky fried chicken lokale, die in den letzten tagen rund um die uhr unter polizeibewachung standen. einige der delegationsteilnehmerInnen von iwf und weltbank waren in ihrer bewegungsfreiheit eingeschraenkt. so wurde z.b. ein bus aufgehalten und besprueht. weltweit kam es am 26. september an mehreren 100 orten zu protestaktionen (einiges davon findet ihr unter http://prague.indymedia.org).

die tage bis zum 28. september wird es zu weiteren protesten kommen und sicher auch zu weiteren berichten ueber bereits geschehenees und noch zu erwartendes.


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