El Ejido - ein Jahr nach den Ausschreitungen |
Protestbriefvorlagen: Spanischer Botschafter in Wien
|
Dringender Aufruf, bei der spanischen Regierung zu protestieren |
|
|
Im Februar vor einem Jahr ging fast gleichzeitg mit der Regierungsbeteiligung der FPÖ in Öster-reich noch eine andere schlechte Nachricht um die Welt: die rassistische Massengewalt gegen Im-migrantInnen im Süden Spaniens. Drei Tage lang jagten die Einwohner der Stadt El Ejido, nahe der andalusischen Mittelmeerküste, marokkanische Migranten, schlugen mit Baseballschlägern auf sie ein, zerstörten ihr ärmliches Hab und Gut, ihre dürftigen Behausungen sowie die Büros der wenigen Vereine vor Ort, die EinwanderInnen beraten. Das alles geschah mit dem Einverständnis der lokalen Behörden, unter den Augen der örtlichen Polizei, die tatenlos zusah. Erst am dritten Tag der systematischen und organisierten Hetzjagd, schritten von außen zugezogene Ordnungskräfte ein. Ein Jahr danach ist die Situation vor Ort weiterhin höchst explosiv. Deshalb möchten wir Sie bitten, sich an der internationalen Protestbriefkampagne des Europäischen Bürgerforums zu beteiligen. Im April vergangenen Jahres besuchte eine Delegation des Europäischen Bürgerforums, zusammengesetzt aus Landwirtschaftsfachleuten, Juristen und VertreterInnen von Menschenrechtsorgani-sationen aus acht europäischen Ländern Andalusien. Im Herbst veröffentlichte die Delegation ihren ausführlichen Bericht "Anatomie eines Pogroms - z.B. El Ejido" auf Deutsch, Französisch und Spanisch, der Ursachen und Hintergründe der rassistischen Ausschreitungen aufzeigt. Die Vorstellung des Delegationsberichtes in der Provinzhauptstadt Almeria Ende November 2000 löste eine geradezu hysterische Reaktion in den lokalen Medien aus und führte zu einem Schulter-schluss der wichtigsten gesellschaftlichen Kräfte in der Region - von Behörden über PolitkerInnen (der konservativen Partido Popular ebenso wie der sozialdemokratischen PSOE) bis zu Unterneh-merverbänden und Mehrheitsgewerkschaften (CCOO und UGT). Alle, die mit der Delegation zu-sammengearbeitet hatten, wurden unter Druck gesetzt, sich von dem Bericht zu distanzieren. Lokale Vertreter der Partido Popular (Regierungspartei) forderten umgehend die Streichung aller Subventionen für die Organisationen, welche die Untersuchungen der Delegation unterstützt hatten. Der Delegation wurde und wird noch immer vorgeworfen, für die Interessen der ausländischen Konkur-renz zu arbeiten. In El Ejido treten die Auswüchse einer intensiven landwirtschaftlichen Produktionsweise, die Mensch und Natur missachtet, in geballter Form zu Tage. Auf 35.000 ha werden in der Provinz Almeria in Treibhauskulturen Obst und Gemüse außerhalb der Saison für den gesamten europäi-schen Markt produziert. Unter diesem "Plastikhimmel" arbeiten Tausende vorwiegend marokkani-sche, rechtlose Landarbeiter, nahezu wie Sklaven. Sie sind gezwungen mitten zwischen den Gewächshäusern, weit abseits von den Ortschaften zu wohnen, oft in verlassenenen landwirtschaflichen Gebäuden oder in notdürftig mit Plastikresten abgedeckten Verschlägen, ohne Strom und Wasser und vor allem ohne jeglichen Kontakt zur spanischen Bevölkerung. Auf die gewalttätigen Ausschreitungen reagierten die Immigrierten mit einem Generalstreik in allen Gewächshausbetrieben. Unter diesem Druck - die täglichen Verluste, beliefen sich auf mehrere Millionen Euro - setzten sich alle Beteiligten an den Verhandlungstisch. Am 12. Februar 2000 unterzeichneten die VertreterInnen der Unternehmerverbände, der nationalen und regionalen Behörden, der großen Gewerkschaften sowie der MigrantInnenorganisationen ein für alle bindendes Abkommen über elf Punkte. Die wichtigsten
darunter sind: Darüber hinaus wurden folgende weitere Maßnahmen vereinbart: eine öffentliche Untersuchung der Ereignisse, die Unterstützung der örtlichen Vereine für eine bessere Verständigung zwischen immi-grierter und spanischer Bevölkerung, die Schaffung lokaler Beratungsbüros für EinwanderInnen. Ein Jahr danach müssen wir feststellen, dass der größte Teil des Abkommens bis heute nicht umgesetzt wurde. Im Dezember warnte der andalusische Volksanwalt ("defensor del pueblo") in der Öffentlichkeit : "Die Nichteinhaltung des Abkommens könnte erneut zu Gewaltakten führen." Um neuerlichen ras-sistischen Unruhen in El Ejido zuvorzukommen, muss eine breite Öffentlichkeit ihre Betroffenheit äußern. Schreiben Sie an den spanischen Ministerpräsidenten und an den spanischen Botschafter in Wien. Anbei finden Sie einen Briefentwurf, den Sie kopiert mit Ihrem Absender versehen und unterzeich-net abschicken oder nach Ihren Vorstellungen verändern können. Bitte schicken Sie eine Kopie Ih-res Schreibens an das Europäische Bürgerforum. Mit freundlichen
Grüßen, Vorlage
für einen Protestbrief an den Ministerpräsidenten in Spanien
Herrn
Ministerpräsidenten Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Die rassistischen Ausschreitungen vor einem Jahr in El Ejido haben in und über Europa hinaus eine Welle der Empörung ausgelöst. Die ausländische Bevölkerung in El Ejido hat auf die Gewalttätigkeiten mit einem Generalstreik in den Gewächshäusern reagiert und so am 12. Februar 2000 eine vertragliche Übereinkunft erwirkt. Das elf Punkte umfassende Abkommen zwischen allen Beteiligten vor Ort wurde auch von Ihrer Regierung unterzeichnet. Ziel des Abkommens ist die materielle Wiedergutmachung für die Opfer der rassi-stischen Gewalt sowie die Umsetzung grundlegender Maßnahmen zur Verbesserung der unerträglichen so-zialen Situation: - Die sofortige
Unterbringung aller, deren Behausungen während der Unruhen zerstört
wurden; Darüber hinaus hat sich Ihre Regierung verpflichtet, in Zusammenarbeit mit den regionalen Behörden ein umfangreiches Programm für den Bau von Sozialwohnungen in die Wege zu leiten. Am 17. Februar 2000 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution um dieses Abkommen zu unterstützen und die Einhaltung aller Maßnahmen einzufordern. Ein Jahr danach müssen wir feststellen, dass die wesentlichen Punkte des Abkommens nicht umgesetzt wor-den sind. Die Verantwortlichen für die Gewalttaten wurden nie ermittelt, die Täter nie gerichtlich belangt. Mit dem Bau von Sozialwohnungen wurde nicht einmal begonnen und tausende Immigranten sind weiterhin ohne Aufenthaltsbewilligung. Es hat sich nichts geändert, abgesehen von einer verstärkten Polizeipräsenz vor Ort und der Verschärfung des Fremdengesetzes. Wir sind uns bewusst, dass heute überall in Europa rassistische Gewaltakte begangen werden, und dass die schamlose Ausbeutung von illegalen Arbeitskräften eine verbreitete Praxis ist. Die allgemeine Diskussion darüber kann uns aber nicht vergessen lassen, dass in El Ejido konkrete Vereinbarungen unterzeichnet wur-den, um die bestehenden Konflikte zu lösen. Ihre Umsetzung könnte als positives Beispiel in die allgemeine Debatte über die Bekämpfung des Rassismus in Europa ein-fließen. Leider ist das Gegenteil der Fall: in El Ejido drohen jederzeit neuerliche Ausbrüche rassistischer Gewalt. Wir fordern Sie auf, der Verantwortung Ihrer Regierung für die Einhaltung des Abkommens vom 12. Fe-bruar 2000 nachzukommen. Hochachtungsvoll Protestbrief
an den spanischen Botschafter in Wien Herrn Botschafter Sehr geehrter Herr Botschafter! Die rassistischen Ausschreitungen vor einem Jahr in El Ejido haben in und über Europa hinaus eine Welle der Empörung ausgelöst. Die ausländische Bevölkerung in El Ejido hat auf die Gewalttätigkeiten mit einem Generalstreik in den Gewächshäusern reagiert und so am 12. Februar 2000 eine vertragliche Übereinkunft erwirkt. Das elf Punkte umfassende Abkommen zwischen allen Beteiligten vor Ort wurde auch von Ihrer Regierung unterzeichnet. Ziel des Abkommens ist die materielle Wiedergutmachung für die Opfer der rassi-stischen Gewalt sowie die Umsetzung grundlegender Maßnahmen zur Verbesserung der unerträglichen so-zialen Situation: - Die sofortige
Unterbringung aller, deren Behausungen während der Unruhen zerstört
wurden; Darüber hinaus hat sich Ihre Regierung verpflichtet, in Zusammenarbeit mit den regionalen Behörden ein umfangreiches Programm für den Bau von Sozialwohnungen in die Wege zu leiten. Am 17. Februar 2000 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution um dieses Abkommen zu unterstützen und die Einhaltung aller Maßnahmen einzufordern. Ein Jahr danach müssen wir feststellen, dass die wesentlichen Punkte des Abkommens nicht umgesetzt wor-den sind. Die Verantwortlichen für die Gewalttaten wurden nie ermittelt, die Täter nie gerichtlich belangt. Mit dem Bau von Sozialwohnungen wurde nicht einmal begonnen und tausende Immigranten sind weiterhin ohne Aufenthaltsbewilligung. Es hat sich nichts geändert, abgesehen von einer verstärkten Polizeipräsenz vor Ort und der Verschärfung des Fremdengesetzes. Wir sind uns bewusst, dass heute überall in Europa rassistische Gewaltakte begangen werden, und dass die schamlose Ausbeutung von illegalen Arbeitskräften eine verbreitete Praxis ist. Die allgemeine Diskussion darüber kann uns aber nicht vergessen lassen, dass in El Ejido konkrete Vereinbarungen unterzeichnet wur-den, um die bestehenden Konflikte zu lösen. Ihre Umsetzung könnte als positives Beispiel in die allgemeine Debatte über die Bekämpfung des Rassismus in Europa ein-fließen. Leider ist das Gegenteil der Fall: in El Ejido drohen jederzeit neuerliche Ausbrüche rassistischer Gewalt. Wir fordern Sie auf, der Verantwortung Ihrer Regierung für die Einhaltung des Abkommens vom 12. Februar 2000 nachzukommen. Datum (Unterschrift)
|
Europäisches
Bürgerforum Österreich
Lobnik 16 A-9135 Bad Eisenkappel/Zelezna Kapla Tel.: 042 38/87 05 Fax: 042 38/87 05-4 e-mail: austria@civic-forum.org Internet: www.civic-forum.org |
||
|
Für
eine Welt ohne Rassismus
|