Österreichische
Justizwachebeamte wegen schwerer Körperverletzung angeklagt Salzburg
- DerStandard, 10.8.00
Kommenden Montag muss
der Kurde Dogan I. wieder einmal vor Gericht erscheinen. Diesmal ist er allerdings
als Zeuge geladen. Vor einem Schöffengericht müssen sich vier Salzburger
Justizwachebeamte wegen "schwerer Körperverletzung mit schweren
Dauerfolgen" verantworten. Die Salzburger Staatsanwaltschaft fährt
gegen die vier Beamten mit massiven Vorwürfen auf. Diese hätten
den Schubhäftling im November 1998, obwohl Dogan I. gegen seine Vorführung
beim Amtsarzt nur "passiven Widerstand" geleistet hatte, "mit
Verletzungsvorsatz" mehrmals geschlagen. Der Häftling erlitt neben
Abschürfungen, Blutergüssen und Prellungen eine Trommelfellperforation
und ist seither auf einem Ohr praktisch taub.
Seit 1990 lebt und arbeitet
der 38-jährige Kurde Dogan I. in Salzburg. Auch seine Frau und seine
drei Kinder sind hier heimisch geworden. Der Kurde, Anhänger der alewitischen
Minderheit, wurde 1989 in seiner Heimat in eine Schießerei verstrickt,
bei der ein Mann angeschossen wurde. Er flüchtete nach Österreich.
Im Herbst 1998 sollte Dogan I. nach einem Auslieferungsbegehren der türkischen
Behörden plötzlich abgeschoben werden - obwohl zu diesem Zeitpunkt
das Asylverfahren nicht abgeschlossen war. Der Kurde wurde inhaftiert, in
der Schubhaft begann er einen Hungerstreik. Die Anwälte von Dogan I.
setzten in letzter Minute durch, dass ihr Mandant im Land bleiben konnte.
Medizinische Hilfeleistung erst vier Tage nach dem Vorfall In der Schubhaft
waren die nun angeklagten Justizbeamten auf ihn getroffen.
Die Gefängnisleitung
hatte den Zwischenfall danach gegenüber dem STANDARD bestätigt,
jedoch eingeschränkt, die Verletzungen seien "mit einem Heftpflaster
abgetan". Ärztliche Hilfe erhielt der Mann erst vier Tage nach dem
Vorfall, als er auf Initiative der zuständigen Gerichtsmedizinerin ins
Landeskrankenhaus überstellt wurde. Die medizinischen Gutachter sind
es auch, auf die sich die Staatsanwaltschaft stützt. Die Version der
vier Beamten, wonach Dogan I. wild um sich geschlagen, den Kopf "wild
hin und her bewegt" habe und so an der Wand oder am Eisengitter angestoßen
wäre, konnte laut Expertise eindeutig widerlegt werden. Die hochgradige
Schwerhörigkeit des Mannes sei "durch einen Schlag mit der flachen
Hand" oder mit der Faust verursacht worden.