Parlamentarische Anfrage zur Operation
Spring Am 14. Juli reichten die Grünen eine parlamentarische Anfrage an den Innenminister ein. Mit vielen der Betroffenen hatte vor allem die Minderheitensprecherin Stoisits kurz vorher noch intensiven Kontakt. Ein großer Teil der Verhafteten war in die Proteste gegen den Tod von Marcus Omofuma, der am 1. Mai 1999 von drei Polizisten getötet wurde aktiv involviert. |
Anfrage
von Therezija Stoisits und FreundInnen |
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres betreffend Großrazzia am 27.5.1999 gegen Drogendealer
"Seit einem Jahr liefen die Vorbereitungen zur "Operation Spring", in den vergangenen Stunden schlugen 850 Beamte der Exekutive in Wien, Niederösterreich, Linz und Graz zu: Ein international agierende Drogenbande wurde zerschlagen, vorerst 80 Personen festgenommen und mehrere Kilo Suchtgift sichergestellt. Erstmals kam bei der Aktion der Lauschangriff zum Einsatz", sagte Innenminister Karl Schlögl bei einer Pressekonferenz Ende Mai in Wien.
"Mehr als 80 % der Mitglieder der Gruppe sind Asylbewerber oder Personen ohne Aufenthaltsbewilligung in Österreich", berichtete Schlögl. Aufgriffe erfolgten auch in Integrationsheimen. Die Amtshandlung unter Federführung des Sicherheitsbüros in Kooperation mit Einheiten des Innenministeriums, der Sicherheitsdirektionen Graz und Linz sowie der Kriminalabteilung Niederösterreich war die größte der vergangenen Jahre.
"Die grundlegenden Informationen gegen die Bande lieferten technische Observationen (Audio und Video). Mehrere hundert Personen wurden innerhalb von drei Wochen bei Suchtgiftgeschäften in Räumen beobachtet", so Michael Sika, Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit. Die Aktion richtete sich nicht gegen Konsumenten und Kleindealer, sondern professionell agierende Händler. (So Standard Online - Dienst vom 27.5.1999) Zum gleichen Zeitpunkt gaben die Wiener Freiheitlichen in den Zeitungen Krone, Presse und Kurier je ein Inserat unter dem Titel "Machtlos gegen 1000 Nigerianer! und der Aufforderung an den Innenminister "Handeln Sie endlich, Herr Minister Schlögl!", in Auftrag.
"Man kann ruhig sagen, dass die Bande versucht hat, den Rechtsstaat zu untergraben", so der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit Michael Sika. "Leider, das muss auch einmal deutlich gesagt werden, spielen da immer wieder verschiedene verantwortungslose Medien und Anwälte mit", führte der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit weiter aus.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wieviele von den Personen, die im Zuge der "Operation Spring" verhaftet wurden und die sich zum Zeitpunkt der Verhaftung in Österreich aufhielten, befanden sich hier in Österreich, da ihre Abschiebung aufgrund des Non - Refoulement - Gebotes bzw aus anderen Gründen nicht möglich war?
2. Die Fernmeldeanlagen wievieler Personen wurden im Zuge der "Operation Spring" über welchen Zeitraum überwacht?
3. Wieviele Personen, deren Fernmeldeanlage überwacht wurden, wurden in der Folge verhaftet?
4. Erstmals wurden technische Observationen mittels Audio und Video durchgeführt. Mehrere hundert Personen wurden innerhalb von drei Wochen beobachtet. Konkret wieviele Personen wurden mittels Audio und Video observiert?
5. Wieviele von diesen Personen wurden in der Folge verhaftet?
6. Wurden im Zuge der "Operation Spring" Beratungsstellen bzw BeraterInnen oder Rechtsbeistände von Flüchtlingen, MigrantInnen mittels Audio und Video observiert?
7. Bei der Razzia waren offensichtlich nur die Fotografen und Journalisten der Kronenzeitung und des Kuriers anwesend. Ist es richtig, dass die Journalisten der Kronenzeitung und des Kuriers sowie deren Fotograf exklusiv von der gegenständlichen Razzia informiert wurden? Wenn nein, welche weiteren Medien samt Fotografen wurden noch eingeladen? Wenn ja, entspricht das der Öffentlichkeitsarbeit Ihres Ministeriums?
8. Wen meinte der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit Michael Sika konkret mit "verantwortungslose Medien und Anwälte"?
9. Ist es herrschende Meinung der Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit, dass "verschiedene verantwortungslose Medien und Anwälte mit nigerianischen Drogenhändlern den Rechtsstaat unterwandern?
10. Ist es auch geltende Ansicht Ihres Ministeriums, dass Anwälte, die Asylwerber und MigrantInnen oder Beschuldigte vertreten bzw verteidigen sowie Medien, die sich kritisch zu manchen Aktionen der Exekutive äußern, den Rechtsstaat unterwandern?
11. Die Sicherheitsbehörden sind nur im Dienste der Strafjustiz tätig. Wurden die Justizbehörden von der Pressekonferenz verständigt?
12. Wenn nein, warum nicht?
13. Was waren die Gründe für die Entscheidung, den ersten "großen Lauschangriff" gegen schwarzafrikanische Drogendealer einzusetzen?
14. Wieviele Sicherheitsbeamte wurden bei der "Operation Spring" für welchen Zeitraum eingesetzt?
15. Welche Menge an Suchtmittel welcher Art wurde nachweislich während des Überwachungszeitraumes umgesetzt?
16. Gegen wieviele Personen kommen bis heute sogenannte Zufallsfunde gemäß § 149h Abs 2 StPO als Beweismittel zur Anwendung?
17. Gegen wieviele Personen kommen bis heute sogenannte Zufallsfunde gemäß § 149c Abs 3 StPO als Beweismittel zur Anwendung?
18. Welche Unterlagen erhielt der Rechtschutzbeauffragte zur Prüfung und Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen?
Antwort
Auf die Anfrage der "Grünen" antwortete der
zuständige Minister Schlögl
6197/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 14. Juli 1999 unter der Nr. 6606/J eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend ,Großrazzia am 27.05.1999 gegen Drogendealer" an mich gerichtet:
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Im Zuge der "Operation Spring" wurden über die Monate verteilt, der Großteil jedoch am 27.05.1999 - insgesamt 127 Personen in Wien, Graz, Linz und verschiedenen Teilen Niederösterreichs festgenommen. Während des Hauptoperationszeitraumes vom 25.05. - 28.05.1999 kam es zu insgesamt 82 Festnahmen, die weiteren Festnahmen erfolgten davor und danach.
Gesamtoperation: Unter den 127 festgenommenen Personen befanden sich 114 Fremde, darunter 1 EU - Bürger, 8 Personen aus Europa und 105 Afrikaner. Von den 114 Fremden hatten 43 keinen Aufenthaltsstatus bzw. hielten sich illegal in Österreich auf. Die Detailaufgliederung gestaltet sich wie folgt:
34 illegale:
seit 1995: 3
seit 1996: 1
seit 1997: 9
seit 1998: 4
seit 1999: 5
Bezüglich 6 Personen ist das Berufungsverfahren noch offen,
Aufenthaltsbewilligungen wurden keine erteilt (1 seit 1996, 1 seit 1997,3 seit 1998, 1
seit 1999 im Bundesgebiet).
8 weitere Festgenommene sind nach Erteilung der aufschiebenden Wirkung durch den VwGH,
jedoch ohne Erhalt einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung im Asylverfahren im
Bundesgebiet eigentlich illegal aufhältig, können jedoch nicht abgeschoben werden und
befinden sich derzeit (Stand 21.07.1999) noch in Untersuchungshaft. Von diesen Personen
befinden sich 4 seit 1996, 1 seit 1997 und 3 seit 1998 im Bundesgebiet. 1 Festgenommener
befindet sich nach VfGH - Beschwerde ohne Erteilung einer aufschiebenden Wirkung und ohne
Erhalt einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung seit 1/98 illegal im Bundesgebiet.
Hauptoperation:
Unter den im Zuge der Hauptoperation vom 25.05. - 28.05.1999 festgenommenen 82
Personen befanden sich 73 Fremde. Davon wiederum waren oder sind 65 Personen Asylwerber.
43 Asylverfahren sind offen. 18 Asylverfahren rechtskräftig negativ, 2 Asylverfahren
wurden zurückgezogen und 2 Personen Asyl gewährt. Die detaillierte Aufbereitung
gestaltet sich wie folgt:
43 Personen befinden sich in einem offenen Asylverfahren, wobei bezüglich 13 Personen
Asylverfahren in erster Instanz offen sind, 16 Verfahren befinden sich im
Berufungsstadium, 13 Verfahren sind derzeit beim Verwaltungsgerichtshof und 1 Verfahren
beim Verfassungsgerichtshof anhängig. Der Abschiebung steht somit bei diesen Personen
schon die Bestimmung des § 21 Abs. 2 1. Satz AsylG (grundsätzlich Unzulässigkeit der
Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Asylwerbers in seinen
Herkunftsstaat) entgegen, selbst wenn diese mit einem Aufenthaltsverbot belegt sind (dies
ist bei 11 Personen der Fall) oder eine rechtskräftige Ausweisung bescheidmäßig
ausgesprochen wurde (dies ist bei 17 Personen der Fall). Generell ergibt sich das Problem,
dass vor allem Schwarzafrikaner ohne Reisedokument illegal in das Bundesgebiet einreisen
und dann einen Asylantrag stellen. Bemerkt wird, dass unter den Fremden, die bei der
"Hauptoperation Spring" festgenommen wurden und im Bundesgebiet einen Asylantrag
stellen, sich nur 1 Person befand, welche legal einreiste, und dass 2 weitere Personen
zwar über keinen Reisepass aber zumindest über ein Personaldokument verfügten. Selbst
bei einem negativen Abschluss des Asylverfahrens oder eines Verfahrens gem. § 75 FrG
(Feststellung, dass die Abschiebung in einen bestimmten Staat nicht unzulässig ist) gibt
es Schwierigkeiten hinsichtlich der faktischen Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden
Maßnahmen, da autgrund falscher Angaben der Schubhäftlinge zu ihrer Identität die
angefragten Konsulate oftmals keine Heimreisezertifikate ausstellen bzw. erst nach
mehrmaligen Nachfragen und neuerlichen Erhebungen hierzu in der Lage bzw. bereit sind.
Neben den zuvoi erläuterten 43 anhängigen Asylverfahren wurden bezüglich 8 Fremder die
Asylverfahren in 1. Instanz rechtskräftig negativ, sowie in 10 weiteren Verfahren die
Asylgewährung in 2. Instanz negativ beschieden. Diese 18 Personen konnten aus folgenden
Gründen nicht abgeschoben werden:
- 10 Personen waren flüchtig bzw. für die Behörde nicht greifbar oder sie wurden von
der örtlich zuständigen Fremdenbehörde wegen faktischer Unmöglichkeit der Erlangung
eines Heimreisezertifikates nicht in Schubhaft genommen; 1 von diesen 10 Personen wurde
nach Nichterhalt eines Heimreisezertifikates wieder aus der Schubhaft entlassen.
- 2 Personen wurde ein Abschiebungsaufsehub nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes
erteilt.
- 1 Person wurde ein Abschiebungsaufschub nach einer Ausweisung erteilt.
- Bei 5 Personen ist das Verfahren nach § 75 FrG (Feststellung, ob die Abschiebung in
einen bestimmten Staat zulässig ist) noch offen:
1 Person: 1 Instanz
3 Personen: Berufungsinstanz
1 Person: VwGH - Beschwerde mit Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Zu Frage 2:
Insgesamt wurden 16 Telefonüberwachungen durchgeführt, somit die Fernmeldeanlagen von 16 Personen überwacht. Die Überwachungsdauer betrug jeweils mindestens 3 Wochen, die längste Telefonüberwachung erstreckte sich vom 21.01. - 27.05.1999.
Zu Frage 3:
Außer 1 Person wurden sämtliche Personen, deren Fernmeldeanlagen überwacht wurden, in der Folge festgenommen.
Zu Frage 4:
Die Anzahl der durch die technische Observation mittels Audio - und Videogeräten überwachten Personen hing von der jeweiligen Lokalfrequenz der überwachten Personen ab; demnach wurden im Überwachungszeitraum täglich zwischen 15 und 45 Personen überwacht.
Zu Frage 5:
Von den in der Vorfrage erwähnten überwachten Personen wurden 43 Personen festgenommen.
Zu Frage 6:
Nein.
Zu Frage 7:
Von der Bundespolizeidirektion Wien wurden Medienvertreter zu bevorstehenden Festnahmen weder "eingeladen" noch vorinformiert.
Zu den Fragen 8 und 9:
Aus den allgemein gehaltenen Äußerungen des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit - sollten sie so getätigt worden sein - kann ich keinen Vorwurf gegen eine konkrete Person bzw. ein konkretes Medium entnehmen.
Zu Frage 10:
Nein.
Zu Frage 11:
Seit Beginn der Amtshandlung waren Vertreter der Justizbehörden in diese ständig eingebunden und im Rahmen der 1-lauptoperation und zum Zeitpunkt der Pressekonferenz vom 25. - 28.05.1999 sowohl ein Staatsanwalt als auch eine Richterin im Sicherheitsbüro (Bundespolizeidirektion Wien) welches als Einsatzzentrale diente, anwesend. Die Bundespolizeidirektion Wien hat über die am 27.05.1999 um 11.30 Uhr bei der hs. Behörde stattfindende Pressekonferenz durch eine Presseaussendung an die APA informiert bzw. hierzu Vertreter aller Medien eingeladen.
Zu Frage 12:
Die Antwort ergibt sich aus den Ausführungen zu Frage 11.
Zu Frage 13:
Die Entscheidung für die Anwendung optischer und akustischer Überwachungsmaßnahmen gemäß den §§ 149d ff. StPO beruhte auf dem Vorliegen der sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen der genannten Gesetzesbestimmungen und wurde von den zuständigen Gerichtsbehörden getroffen.
Zu Frage 14:
An den Ermittlungen waren ca. 40 Exekutivbeamte beteiligt bzw. täglich im Einsatz; für die Vielzahl der Festnahmen am 27. Mai 1999 mussten österreichweit 853 Beamte eingesetzt werden.
Zu Frage 15:
Im Rahmen der Operation Spring wurden rund 5 kg Heroin und 4 kg Kokain mit einem Verkaufswert von über 10 Millionen Schilling sichergestellt.
Zu den Fragen 16 und 17:
Sogenannte "Zufallsfunde" gemäß den §§ 149c Abs. 2 und 149h Abs. 1 StPO kommen gegen niemanden als Beweismittel zur Verwendung.
Zu Frage 18:
Seitens der Sicherheitsbehörden wurden dem Rechtsschutzbeauftragten sämtliche Maßnahmen zur Prüfung und Kontrolle der Anordnung und Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z. 3 gemäß den Bestimmungen des § 149o ermöglicht. Von der Sondereinheit für Observation der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit wurden sämtliche verfassten Schriftstücke in vierfacher Ausfertigung (Gericht, Staatsanwalt, Rechtsschutzbeauftragter BPD Wien, SB) der zuständigen Untersuchungsrichterin, Mag. Weis, übermittelt. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass dem Rechtsschutzbeauftragten von den Justizbehörden alle Unterlagen gemäß § 149o übermittelt wurden.
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