Scheiß Polizist, Scheiß Rassistenpack, Scheiß österreichische
Justiz - Verstoß gegen die Menschewürde?
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In einem Urteil des Landesgerichtes Linz wird festgestellt, dass die Bezeichnung
"Scheiß Neger" für einen Schwarzafrikaner zwar eine
Ehrenbeleidigung sei, aber kein Verstoß gegen die Menschenwürde.
Der Anwalt des Mannes bezeichnet die Entscheidung als "unverständlich".
Der Mann aus einem afrikanischen Land - ein von Österreich anerkannter
Flüchtling, der hier mit seiner Familie lebt - war im Jahr 2002 im
Zuge einer Lenkerkontrolle von einem Polizeibeamten als "Scheiß
Neger" bezeichnet worden. Die Staatsanwaltschaft Linz brachte einen
Bestrafungsantrag gegen den Polizisten ein, weil der Verdacht einer "feindseligen
Handlung gegen eine Rasse" bestand. Das Bezirksgericht stellte das
Verfahren allerdings ein. Die Sache ging zur zweiten Instanz, dem Landesgericht
Linz. Und dieses bestätigte die Verfahrenseinstellung durch das Bezirksgericht.
Unter anderem mit folgender Begründung:
Ein Verstoß gegen die Menschenwürde läge nur dann vor,
wenn jemandem "unmittelbar oder mittelbar das Recht auf Menschsein
schlechthin abgesprochen wird". Dies wäre beispielsweise der
Fall, wenn Personen als "Untermenschen" bezeichnet werden oder
wenn geäußert werde, "man soll sie 'vergasen' oder 'vertilgen'".
Wenn also mit der Bezeichnung "Scheiß Neger" Äußerungen
verbunden würden wie "ihr gehört alle weggeräumt",
so wäre die Menschenwürde verletzt. "Mit der bloßen
Verwendung des Wortes 'Scheiß...' wird jedoch nur der Unmut gegenüber
einer Person, einer Verhaltensweise, einer Tätigkeit etc. bekundet,
nicht jedoch das Lebensrecht einer Person generell abgesprochen",
so der Richter in seiner Begründung.
Dann kommt er zu folgendem Schluss: "Die Äußerung 'Scheiß
Neger' stellt einen Angriff gegen das Persönlichkeitsrecht der Ehre
dar, verletzt als bloße Unannehmlichkeit jedoch nicht die Menschenwürde."
Die Ehrenbeleidigung richte sich gegen eine individuell bestimmte Person,
"die 'zufällig' der schwarzen Rasse angehört und nicht
gegen die schwarze Rasse als solche. Eine die Menschenwürde verletzende
Beschimpfung der schwarzen Rasse konnte diese Äußerung daher
nicht begründen".
Der Linzer Anwalt Helmut Blum, der den Betroffenen vertritt, sieht die
Dinge gänzlich anders: "Es ist nicht verständlich und nicht
nachvollziehbar, wie ein österreichisches Gericht die Auffassung
vertreten kann, dass die Bezeichnung 'Scheiß Neger' gegenüber
einem Schwarzafrikaner nicht die Menschenwürde verletzt." Sein
Mandant habe sich sehr wohl in seiner Würde als Mensch zutiefst verletzt
gefühlt, betonte Blum.
Der Vizepräsident und Pressesprecher des Landesgerichtes Linz, Karl
Makovsky, meint in der Stellungnahme zu diesem Fall, dass mit der Entscheidung
keinerlei Diskriminierung beabsichtigt gewesen sei: "Die in Diskussion
gezogene Rechtsmittelentscheidung hat nicht im Entferntesten eine Diskriminierung
der Rasse der Schwarzen beabsichtigt und auch nicht zum Ausdruck gebracht."
Er lege Wert auf die Feststellung, dass sowohl vom Bezirksgericht Linz
als auch vom Landesgericht "zutreffend das Vorliegen einer gerichtlich
strafbaren Ehrenbeleidigung bejaht wurde", so Makovsky.
Die Gerichte vertraten allerdings den Standpunkt, dass der/die GesetzgeberIn
bei rassistisch motivierten Beleidigungen zwischen "einfachen"
und solchen, die die Menschenwürde verletzen, unterscheidet. "Bei
letzteren muss also ein höherer Grad an Beleidigung erreicht werden."
Die Entscheidungen im konkreten Fall des Schwarzafrikaners "stellen
somit auf den graduellen Gehalt einer Ehrenbeleidigung ab", erläuterte
der Gerichtssprecher.
Makovsky wies weiters darauf hin, dass es in der anstehenden Rechtsfrage
bis jetzt "keine auf einen solchen konkreten Fall bezughabende oberstgerichtliche
Judikatur" gebe. Die Staatsanwaltschaft habe daher die Möglichkeit,
zur Klärung dieser Rechtsfrage beim Generalprokurator eine "Nichtigkeitsbeschwerde
zur Wahrung des Gesetzes" anzuregen. Auf diesem Weg könnte diese
Rechtsfrage zur Prüfung an den Obersten Gerichtshof herangetragen
werden.
Er habe, teilte der Gerichtssprecher mit, diesbezüglich bereits
die Initiative ergriffen und sowohl mit der Staatsanwaltschaft als auch
mit der Oberstaatsanwaltschaft Linz Kontakt aufgenommen. "Beide halten
diese Vorgangsweise für zweckmäßig" (Makovsky).