Quellenangabe:
Gedenkveranstaltungen am 9. November 2004 (vom 06.11.2004),
URL: http://no-racism.net/article/1008/,
besucht am 23.11.2024
[06. Nov 2004]
Niemals Vergessen!
Gegen Antisemitismus und Faschismus!
übersicht über Gedenkveranstaltungen Österreichweit soweit bekannt...
Wien 17:00
Kundgebung Ecke Zirkusgasse / Schmelzgasse, 2. Bezirk
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Wien 17:30
Mahnwache und Kundgebung am Aspangbahnhof
1030 Wien, Aspangstrasse 2/Platz der Deportierten
In den Jahren 1939-1942 wurden vom ehemaligen Aspangbahnhof zehntausende Österreichische JüdInnen in Vernichtungslager deportiert...
Und wer es wissen wollte, hat Bescheid gewuÃt.
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Wels 17:00
Gedenkfeier am Jödischen Friedhof
Die Gedenkrede am Dienstag, 9. November, auf dem Jödischen Friedhof in Steyr hält Adolf Brunnthaler aus Weyer, Autor des Buches "Strom für den führer".
außerdem soll heuer besonders der Opfer des Todesmarsches der ungarischen Juden gedacht werden, der im April 1945 durch das Ennstal führte
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Graz 18:00
Tanzen für Frieden und Verständigung
Synagoge Graz
Diese jungen Leute aus Serbien, Bosnien und Kroatien haben ihre gemeinsame Freude am israelischem Volkstanz als ein verbindendes Element entdeckt. Dadurch gelingt es ihnen, ihre nationalen und religiösen Grenzen zu überschreiten und einfach nur mit Gleichgesinnten ihres Alters zu feiern und tanzen. Wir haben für diese Veranstaltung bewußt den Jahrestag der Kristallnacht gewählt, weil diese junge Gruppe zeigt, dass das Streben nach Frieden und Verständigung unzersTürbar ist.
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Wien 19:00
Gedenkrundgang durch den 2. Bezirk anlässlich des Novemberpogroms
Kleine Sperlgasse 2a / 1020 Wien
Während des Novemberpogroms 1938 wurden in Wien 27 Jödinnen und Juden ermordet, 4000 Wohnungen und Geschäfte sowie 42 Synagogen vom antisemitischen Mob zersTürt. Mit einem Rundgang (Kleine Sperlgasse - Malzgasse - fürstergasse - Schiffamtsgasse - große Schiffgasse - Kl. Sperlgasse) wollen wir aufzeigen, wie flächendeckend die antisemitischen Ausschreitungen und Arisierungen in Wien stattfanden. Mit Beiträgen und Textauszügen zum Novemberpogrom, vorgetragen vom 1. Wiener Lesetheater. Wir wollen euch jedoch bitten, Gegenstände wie Transparente, Fahnen, Megaphone etc. zuhause zu lassen. Das Gedenken an die Opfer des 9. November soll nämlich weder "Democharakter" haben, noch eine Art "Lichtermeer"-Trauermarsch sein, da ein inhaltsleeres, mystifizierendes Gedenken die Umstände, die diesen Wahnsinn ermöglicht haben, nicht anspricht und ähnliche Umstände, die weiterexistierten, nicht aufgreift.
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Wien 19:00
Gedenkveranstaltung der Jugendkommission im Gemeindezentrum der IKG Wien
Wien 19:00
ökumenischer Gedenkgottesdienst
in der Ruprechtskirche im 1. Bezirk
Wels 19:00
Mahnmal-EnthÃŒllung im Pollheimer-Park
Bei der Stadtpforte im Pollheimerpark das neue Mahnmal für die jüdischen bürger von Wels feierlich enthüllt. Mit dem neuen Mahnmal wollen die Stadt Wels und die Antifa ein deutliches Signal gegen menschenverachtendes Gedankengut setzen.
Wien 20:00
Gedenkkonzert des Tiroler Ensemble für Neue Musik Abend
mit Text und Musik (Komponisten Erwin Schulhoff und Pavel Haas) im Konservatorium
Graz 20:00
Gedenkkonzert
Epitaph Bernd Luef mit seinem Jazztett Forum im Museum
Steyr 19:00
Eröffnung der Ausstellung: Die Verfolgung und Ermordung der Europäischen Juden 1933-1945
im Museum Arbeitswelt Steyr
Die Ausstellung geht auf den rassistischen Antisemitismus des 19. Jahrhunderts ein, verfolgt seine Entwicklung zur staatlichen Politik, seine Radikalisierung zum Massenmord und schließlich zum systematischen völkermord in den Vernichtungslagern der Nazidiktatur.
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Die Pogrome rund um den 9. November 1938 waren nur die Höhepunkte eines von antisemitischen Ausschreitungen geprägten Jahres. Im Raubzug gegen ihre jüdischen NachbarInnen spielten die OstmÀrkerInnen eine Vorreiterrolle. Bereits vor der umjubelten Vereinigung Österreichs mit Nazideutschland am 12. März 1938 fanden Pogrome statt, die nach dem Anschluss durch "wilde" Arisierungen ergÀnzt wurden. Dieser Fanatismus veranlasste sogar die zentralen Stellen zu maßnahmen, um die Enteignung der Jödinnen und Juden im gesamten NS-Reich in "ordentliche" Bahnen zu lenken. Nachdem es im Oktober in Wien erneut zu Gewalttaten, Plünderungen und Brandstiftungen gekommen war, schien die Zeit in den Augen der Nazis reif für ein Vorgehen im gesamten Deutschen Reich. Der Pogrom im November 1938 übertraf die bisherige Barbarei, und die Blutorgie ließ für die Zukunft noch Schlimmeres erwarten. Er war die endgültige Enthemmung des antisemitischen Mobs und der Auftakt zum Massenmord. Die damalige "Ostmark" und insbesondere Wien bildeten die Vorhut der Vernichtung.
Die NSDAP-Propaganda versuchte, den Pogrom als "spontane" Antwort der Bevölkerung auf den Tod eines deutschen Diplomaten darzustellen. Der "Startschuss" zum Pogrom wurde dann vom Propagandaminister gegeben. Alle, die in den letzten Wochen und Monaten von den Parteistellen und Gauleitungen wegen unkontrollierbaren und "wilden" Arisierungen zur Ordnung gerufen wurden, durften nun endlich wieder zuschlagen. Der von den Nazis geprägte Name "Reichskristallnacht" kokettiert dabei mit dem "schaurig-schönen" Widerschein des Feuers in den auf der Strasse liegenden Glasscherben und verharmlost die blutige Gewalt.
Während die SA in Zivil gemeinsam mit Angehörigen der Hitlerjugend und anderen Parteiorganisationen jüdische Geschäfte und Wohnungen plünderte und zersTürte, ging die SS, ebenfalls in Zivilkleidung, gezielt gegen Funktionäre jüdischer Organisationen vor. Verhaftete Jödinnen und Juden brachte man in Schulen, Gefängnisse und in die spanische Hofreitschule neben der Hofburg, zwang sie zu gymnastischen Ãbungen, ohne ihnen Nahrung zu geben und ließ sie aufrecht stehend schlafen. Einige Jödinnen wurden gezwungen, sich zu entkleiden und zur Unterhaltung der Sturmtruppen sexuelle Handlungen mit Prostituierten auszuführen; andere mussten nackt tanzen. Ein Gestapo-Agent aus Wien berichtete später, dass er und seine Kameraden Schwierigkeiten gehabt hätten, die Menschenmenge davon abzuhalten, noch mehr Jödinnen und Juden tätlich anzugreifen.
In Wien wurden insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser meist durch BrÀnde zersTürt. 27 Juden wurden getötet und 88 schwer verletzt. 6.547 Jödinnen und Juden wurden in Wien verhaftet, fast 4000 von ihnen wurden ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Tausende jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden zersTürt. 4.083 jüdische Geschäfte wurden gesperrt. Allein im "Kreis Wien I" wurden 1.950 Wohnungen zwangsgeräumt. Hunderte Jödinnen und Juden begingen darauf hin Selbstmord. Eine Rückgabe der enteigneten Wohnungen und Geschäfte nach 1945 fand praktisch nicht statt. Bis zum heutigen Tag profitieren die Nachkommen der TäterInnen in Wien und ganz Österreich von den Verbrechen, die damals ihren Anfang nahmen.
Aber nicht nur in Wien, auch in der ostmÀrkischen Provinz tobte der Mob: Im heutigen NiederÖsterreich kam es zur Sprengung von Synagogen und zu Massenfestnahmen. Die Tempel in Berndorf, VÃŒslauund Baden fielen dem Pogrom zum Opfer. In Baden wurden alle Jödinnen und Juden verhaftet, in St. PÃŒlten kam es zu Massenfestnahmen. In Salzburg-Stadt wurden Geschäfte verwÃŒstet, Akten aus der Kultusgemeinde weggeschafft und die Synagoge demoliert. Im Land Salzburg wurden etwa hundert Juden und Jödinnen festgenommen. In OberÖsterreich wurden 65 Jödinnen und Juden bereits am 8. November festgenommen. In Linz und Graz wurden in der Nacht zum 10. November die Synagogen niedergebrannt. In Klagenfurt wurde der Tempel völlig zersTürt. Der Mob wandte sich vor allem gegen Wohnungen der Jödinnen und Juden, da die Geschäfte bereits vorher "arisiert" worden waren. 40 Jödinnen und Juden wurden verhaftet und nach Dachau deportiert. In Tirol konzentrierte sich der Terror auf Innsbruck, wo vier Juden ermordet wurden. Im Burgenland wurde die Synagoge in Eisenstadt zersTürt.
Der für die Österreichische postnationalsozialistische Gesellschaft charakteristische Antisemitismus tobt sich heute zunehmend im Hass auf den Staat der Shoah-überlebenden aus. Der von Deutschen sowie ÖsterreicherInnen mit Begeisterung vom Zaun gebrochene Vernichtungsfeldzug gegen Polen und die Sowjetunion, der Beginn der totalen Vernichtung des Europäischen Judentums im Herbst 1941 und die Flucht von vielen Jödinnen und Juden waren die entscheidenden Ursachen für die Gründung Israels. Während der Zionismus in den 50 Jahren davor noch von vielen Jödinnen und Juden abgelehnt wurde, da sie die Hoffnung auf Assimilierung nicht aufgaben oder ein Ende des Antisemitismus durch die revolutionäre Veränderung der Gesellschaft erkämpfen wollten, bestätigte der deutsch-Österreichische Vernichtungswahn in grausamer Weise die Notwendigkeit eines jüdischen Staates.
Trotz widriger Umstände und gegen den erbitterten Widerstand großbritanniens gelang Tausenden Opfern des NS-Terrors die Flucht nach PalÀstina. Nach der Staatsgründung Israels und der Nichtanerkennung des UN-Teilungsplanes durch die arabischen Nachbarstaaten begannen diese ihren ersten Krieg gegen den neuen Staat. In den 15-monatigen Kampfhandlungen ließen über 6000 Israelis, viele eben erst den nationalsozialistischen TodesmÃŒhlen entkommen, ihr Leben. Israel ist seitdem Schutzmacht und Zuflucht für Jödinnen und Juden weltweit. Selbst wenn, wie im 2. Weltkrieg, fast alle länder dieser Erde ihre Grenzen nochmals für jüdische Flüchtlinge schließen sollten, mit Israel gibt es einen Ort, wo sie, solange die Möglichkeiten zur Militärischen Selbstverteidigung gewährleistet sind, relativen Schutz vor antisemitischer Gewalt finden.
Genau diese Selbstverteidigung wird jedoch in Europa Israel zunehmend abgesprochen. Von den Medienberichten im ORF und den verschiedenen Tageszeigungen über die Rechte bis zu weiten Teilen der radikalen Linken wird die Schuld an der Eskalation des Nahostkonfliktes seit Beginn der "al-Aqsa-Intifada" ausschließlich bei Israel gesehen. Dabei wird der Hass auf Israel zunehmend auch zur Gefahr für die jüdischen Gemeinden in Europa. Mit dem Vorwand gegen Israel vorzugehen, werden in ganz Europa mittlerweile jüdische Gemeinden und Einrichtungen angegriffen. Dabei gilt es lÀngst als normal, dass jede Synagoge, jede jüdische Schule und Organisation bewacht werden muss.
Vor einem Jahr, am 9. November 2003 wurde auch unsere Kundgebung, organisiert von jüdischen Organisationen und antifaschistischen Linken, die an die ZersTürung der Synagoge in der Zirkusgasse im zweiten Wiener Gemeindebezirk am 11. November 1938 durch die Nationalsozialisten erinnern wollten, von aus der Linken stammenden AntisemitInnen angegriffen.
Während der Rede des Psychologen Alexander Friedmann, Mitglied des Vorstandes der Israelitischen Kultusgemeinde und Gründer von ESRA, sTürmten etwa 10 Personen mit palÀstinensischen Fahnen in die Zirkusgasse und sTürten das Gedenken an die Opfer mit PalÀstina-Fahnen, "Freiheit für PalÀstina und den Irak"-Transparenten und Parolen gegen Israel und die USA, die durch Megaphone gerufen wurden. Die Polizei reagierte auf die Aufforderung der Veranstalter, die STüraktion sofort zu beenden, zunächst überhaupt nicht. Erst als die TeilnehmerInnen der Gedenkkundgebung die Gruppe abdrängten und ihr Megaphon abnahmen, schritten die Beamten ein. Zu einer kurzfristigen Festnahme eines der antisemitischen Rädelsführer kam es lediglich, weil sich der MÃŒchtegernmÀrtyrer für die palÀstinensische Sache weigerte, seinen Ausweis zu zeigen.
Gegenüber der APA meinten die Beamten: "Nach einem neonazistischen Hintergrund schaut es eher nicht aus" - tatsächlich handelt es sich bei den AngreiferInnen um Mitglieder der Gruppe "Sedunia" und des der PFLP nahe stehenden "Arabischen PalÀstinaclub", die unter dem Label "Antirassismus" seit einigen Jahren ihren rabiaten Antizionismus und Antisemitismus auf diversen "linken" Demonstrationen und Kundgebungen zum besten geben. Bereits in den Wochen zuvor waren AktivistInnen der "Sedunia" in physische Auseinandersetzungen mit linken Studierenden auf der Fakultätsvertretung der Human- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät verwickelt.
Alexander Friedmann erklärte nach dem Zwischenfall: "Dieser Angriff ist ein Beweis dafür was los ist. Das ist eine Dokumentation dafür, welches Bündnis zwischen Islamismus und Neonazismus auch hierzulande besteht. Die haben das Gefühl, das ihre Zeit wieder gekommen ist." In Österreich wurden laut Veranstaltern im ersten Halbjahr 2003 108 antisemitische Vorfälle gemeldet.
In der Folge distanzierten sich zwar alle möglichen linken Gruppen vom Vorgehen der "Sedunia", allerdings änderte dies nichts am rabiaten "Antizionismus", dem die Mehrheit der Österreichischen Linken weiterhin frünt.
Wir wollen uns mit dieser Normalität nicht abfinden und uns mit dieser Kundgebung auch mit den jüdischen Gemeinden Europas und mit Israel als dem Staat solidarisieren, der im Erstfall die Selbstverteidigung von Jödinnen und Juden ermöglichen kann. Unterstützt von: Archiv der sozialen Bewegungen/Wien, Grünalternative Jugend (GAJ) Wien, StRV Politikwissenschaft, www.juedische.at
In der Zirkusgasse 22 stand bis zu ihrer ZersTürung und Plünderung durch den Nazi-Mob am 10. November 1938 die Synagoge der seit 1736 bestehenden Türkisch-jüdischen Gemeinde, auch "Türkischer Tempel" genannt. Sie wurde im maurischen Stil zwischen 1885 und 1887 nach den Plänen des Architekten Hugo von Weidenfeld erbaut. Als Vorbild diente die Alhambra, worin sich das Andenken an die ehemalige spanische Heimat der Sepharden äußerte. Die Synagoge verfügte über 424 Sitz- und 250 Stehplätze und war in der Ersten Republik vor allem als Wirkstätte des Oberkantors Isidor Lewit von Bedeutung. Erst 1988, ein halbes Jahrhundert nach der ZersTürung der Synagoge, wurde eine von der Stadt Wien gestiftete Gedenktafel am ihrem ehemaligen Ort angebracht.
9.11.04, 19 Uhr, Kleine Sperlgasse 2a, 1020 Wien
Zum 65. Mal jährt sich am 9. November jener Pogrom, der im 3. Reich die Verfolgung jüdischer Menschen eskalieren ließ. Gab es schon zuvor Diskriminierungen durch die "NÃŒrnberger Rassengesetze" und antisemitische Ausschreitungen, sollte der Novemberpogrom (von den Nazis als "Reichskristallnacht" bezeichnet) die Deutschen und ÖsterreicherInnen auf die Ausrottung des Europäischen JüdInnentums einschwÃŒren und gleichzeitig der NaziFührung ein Stimmungsbild verschaffen. Sie wurden nicht enttÀuscht.
Nachdem der 17-jährige Hershel Grynszpan den deutschen Botschaftsrat in Paris getötet hatte (aus Rache, weil seine Eltern aus Deutschland ausgewiesen wurden und im deutsch-polnischen Niemandsland wie viele tausend JüdInnen herumirrten), sah die Nazispitze die Chance gegeben, im ganzen Land die Bevölkerung gegen jüdische Menschen zu mobilisieren. Und an jenem 9. November 1938 kam es zur "Reichskristallnacht" (weil sich in der Nacht das Licht in den zerbrochenen Fensterscheiben jüdischer Geschäfte widerspiegelte). Nicht bloß organisierte SA-Banden führten den Pogrom durch, nein, die Bevölkerung mischte tatkräftig mit. Plünderungen, Demütigungen und Morde wurden in jener Nacht vom Mob verÃŒbt. Teilweise ging das den Machthabern insofern zu weit, als sie befürchteten, dass Werte zersTürt und verloren gingen.
Allein in Österreich wurden in jener Nacht 27 JüdInnen ermordet, 88 schwer verletzt, mehr als 6.500 festgenommen, 42 Synagogen wurden in Wien zersTürt, mehr als 4.000 Wohnungen und Geschäfte verwÃŒstet und 2.000 Wohnungen zwangsgeräumt. Die Wiener Bevölkerung trieb es soweit, dass selbst die Gestapo Mühe hatte, den Mob unter Kontrolle zu bringen. für die Nazis war es ein Erfolg: nun waren sie sich der Unterstützung der Bevölkerung sicher. Was danach kam, ist bekannt: Einsatzkommandos, Vernichtungslager, sechs Millionen ermordete Jödinnen und Juden. Und alles mit Präzision und Gewissenlosigkeit. Am 8. Mai 1945 wurde diesem Treiben durch die Alliierten Streitkräfte ein Ende gesetzt.
Und nicht etwa durch ÖsterreicherInnen oder Deutsche. Die überwältigende Mehrheit hat den Holocaust und den Raubkrieg unterstützt oder toleriert. Viele profitierten davon, und zeigten kein Interesse daran, den Wahnsinn von sich aus zu beenden. Von sich auf andere schließend, ist die Vergeltung von Gleichem mit Gleichem erwartet worden.
Die Alliierten mussten nach der Befreiung feststellen, dass von Reue keine Spur war, eher depressive Gleichgültigkeit und Angst vor Vergeltung. Allein die sowjetische Bevölkerung hatte durch den deutschen Vernichtungskrieg einen Blutzoll von 25 Millionen Toten bezahlt. Die unfassbaren Opferzahlen selbst interessierten hier aber niemand. Zwecks Wiederaufbau wurde die deutsche Volksgemeinschaft durch die Österreichische Volksgemeinschaft ersetzt und beim vielen Zupacken wollte sich hier niemand mit der gerade verflossenen Nazizeit beschäftigen. Die Entnazifizierung wurde bald beendet, viele TäterInnen und MitläuferInnen kamen ungeschoren davon, und besetzten wieder politische Ãmter und behördliche Funktionen. Selbst im Kabinett Kreisky fanden sich noch drei ehemalige NSDAP-Mitglieder. Und davon gab es nach 1945 so viele, dass SPÖ und ÖVP sich nicht genierten, um ihre Stimmen zu buhlen. Die VorgängerInnen-partei der FPÖ, der Verband der Unabhängigen (VdU), war ohnehin Sammelbecken derer, denen Jörg Haider noch 1995 eine ordentliche Gesinnung attestierte.
Und so konnte es geschehen, dass ein Kurt Waldheim WEGEN seiner SA-Vergangenheit Bundespräsident wurde, dass ein Jörg Haider mit Nazikoketterie die FPÖ an 28% heranführen konnte, dass antisemitische Aussagen von PolitikerInnen, die zu ernsthaften Konsequenzen führen müssten, hier noch augenzwinkernd akzeptiert werden. Die Israelitische Kultusgemeinde wird ausgehungert, und geschichtsrevisionistische Einrichtungen wie das Haus der Heimat mit Geld überhÀuft. Und machen wir uns nichts vor: auch wenn die FPÖ am Boden liegt, die Motive, mit denen sie gewählt wurde sind immer noch im gleichen Ausmaß vorhanden: Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie, DenunziantInnentum und Autoritätshörigkeit. All diese in Österreich tief verwurzelten Eigenschaften machten auch den 9. November 1938 möglich. Diese Kundgebung will ein Anstoß dazu sein, diesen Zuständen entschieden entgegenzutreten - in jeder Situation.
In diesem Sinne:
Niemals vergessen! Österreichische Zustände bekämpfen!
Initiative Niemals Vergessen
Der Aufruf wird unterstützt von:
Bund sozialdemokratischer Juden - AVODA, Grünalternative Jugend (GAJ) Wien, Grundrisse, Rosa Antifa Wien (RAW), TATblatt