Quellenangabe:
VolxTheaterKarawane / Lambach: Prozessbericht - 1. Verhandlungstag (vom 02.12.2004),
URL: http://no-racism.net/article/1036/,
besucht am 26.12.2024
[02. Dec 2004]
Im Strafverfahren gegen 4 Volxtheater - ArtivistInnen wurden am 25.11.04 drei Angeklagte, fünf SchülerInnen sowie der Direktor des Stiftsgymnasium Lambach einvernommen.
R = Richter
S = Staatsanwältin
V = Verteidigerin
A1 = erste/r Angeklagte
A2 = zweite/r Angeklagte
A3 = dritte/r Angeklagte
AA = abwesende/r Angeklagte
Z1, Z2, Z3, Z4, Z5 = ZeugInnen der Anklage (SchülerInnen des Stiftsgymnasium Lambach)
D = Direktor des Stiftsgymnasium Lambach - Zeuge der Anklage
Der Richter zählt aus dem Gerichtsakt Ordnungsnummer 27, 28, 29 auf
(Briefe einer Angeklagten und von zwei Zeuginnen, dass sie an diesem Tag aus verschiedenen Gründen nicht am Verfahren teilnehmen können)
S: Tatbestand: Amtsanmaßung, TÀuschung § 108 Absatz 1 StGB wegen des Vorfalls vom 30.6.2003, indem sie sich unter Vorweis einer falschen Eingriffsermächtigung und dem Sammeln personenbezogener Daten oben genannter Delikte schuldig gemacht haben.
V: Die Angeklagten werden sich nicht schuldig bekennen. Der Tatbestand des § 108, TÀuschung ist nicht gegeben, die Lehrpersonen erkannten die Situation sofort. Es handelte sich um einer künstlerisch, aktionistische AufFührung. Ein Schaden im Sinne des § 108 liegt nicht vor, da ein materieller Schaden vorhanden sein müsste. Eine Absichtlichkeit der TÀuschung und ein Schaden kann den MandantInnen nicht vorgeworfen werden. Auf künstlerische Art und Weise sollten öffentliche Themen den SchülerInnen nahegebracht werden.
Auch das Delikt der Amtsanmaßung liegt nicht vor. Es gibt kein biometrisches Vermessungsamt im Innenministerium, es wurde daher auch keine Amtshandlung vorgenommen. Es handelte sich um eine Fantasieamt und um künstlerisches, schÃŒpferisches Streben der MandantInnen.
Die Freiheit der Kunst hat normativen Gehalt der sich in allen Rechtsnormen auswirkt (bezug auf Artikel 17a Staatsgrundgesetz Freiheit der Kunst). Es handelte sich um eine aktionistische Kunstaktion, das Thema der Biometrie sollte nahegebracht und thematisiert werden. Biometrie ist zu Recht ein Thema, das öffentlich diskutiert wird.
R: überprüft die Generalien der drei anwesenden Angeklagten
(Geburtsdatum, Meldeadresse, Name der Eltern, Familienstand, Einkommen )
R: Schildern Sie aus Ihrer Sicht was am 30.6.2003 passiert ist.
A1: Ich bekenne mich nicht schuldig und halte aufrecht was ich bei den Einvernahmen vor der Untersuchungsrichterin und vor der Gendarmerie gesagt habe.
Wir waren vom Festival der Regionen eingeladen am Festival teilzunehmen, das unter dem Motto "Die Kunst der Feindschaft" stand. Eine wesentliche aktuelle politische Frage - die Biometrie - die kurz davor beim EU-Gipfel in Thessaloniki verhandelt wurde, wollten wir mit unseren Methoden sichtbar machen und zur Diskussion stellen. Es ging um den "gläsernen Mensch" und die Frage, inwieweit der Staat Zugriff auf persönliche Daten haben soll.
Unsichtbares Theater ( nach dem Brasilianer Augusto Boal ) ist eine unserer Methoden mit denen wir arbeiten. Im Vorfeld hatten wir das Thema Biometrie bei mehreren Aktionen während des Festivals und außerhalb schon bearbeitet, zum Beispiel beim Volksfest in Schwanenstadt.
Nach unserer Herangehensweise verlässt das Theater den klassischen Bühnenraum und wählt sich einen Ort, einen öffentlichen Ort und deklariert diesen zur Bühne. In diesem Fall war die Schule die Bühne.
Wir benutzten unsere schlecht gemachten Requisiten, beispielsweise einen Iris-Scanner der aus einer schwarzen Schachtel mit einer Taschenlampe bestand, einen Computer, eine Videokamera, eine Brain-Wash-Maschine. Ich war gekleidet in Sakko und Krawatte, die anderen hatten weisse MÀntel an. Wir hatten kleine selbstgemachte Ausweise des "European Institute for Biometric Research" mit Fotos, auf denen alle Sonnenbrillen trugen.
Ich bin dann mit AA in das Zimmer des Direktors des Gymnasiums gegangen. Wir erzählten ihm von unserem EU-Pilotprojekt biometrischer Untersuchungen am Stiftsgymnasium Lambach. Wir hatten eine Eingriffsermächtigung. Der Direktor war sehr höflich, aber überrascht. Er wunderte sich, dass er vorher nicht informiert worden war.
R: Welchen Zweck haben Sie verfolgt?
A1: Wir wollten auf das Thema Biometrie aufmerksam machen. Die Volxtheaterkarawane versucht politische Fragen mit künstlerischen Mitteln sichtbar zu machen, Sensibilität für Datenerfassung und überwachung zu schaffen.
R: Warum haben Sie den Direktor nicht eingeweiht ?
A1: Der Zweck der Aktion hätte so nicht erreicht werden können. Unser eigentliches Ziel war es, ein ausfÃŒhrliches Gespräch mit den SchülerInnen und LehrerInnen über biometrische Datenerfassung zu führen.
R: Was haben die anderen währenddessen gemacht?
Während wir beide beim Direktor waren fingen die anderen in einer Klasse mit biometrischer Datenerfassung an. Zuerst wurden Fragen gestellt: Name, Haarfarbe, Schuhgröße, Kreditkartennummer, pin-code etc. Es wurden Bildaufnahmen gemacht. Eine Aufforderung zur Abgabe von Speichelproben wurde wahrscheinlich gemacht, so genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Aufforderung zur Abgabe von Stuhlproben wurde von den Kindern nicht ernst genommen.
In der ersten Klasse hat uns ein Lehrer erkannt. Er war ein paar Tage zuvor bei der Eröffnung des Festivals gewesen.
R: Hat er mitgespielt?
A1: Mehr oder weniger...
R: Ich bin ja nicht der liebe Gott! Was war?
A1: Er hat uns erkannt und gesagt "ihr kommt vom Festival der Regionen und seid die Volxtheaterkarawane." Er meinte, dass dies ein Phantomimeworkshop sei, für den bezahlt worden war und dass er gern damit weitermachen wollte.
R: Vorhalt: Ein Lehrer sagte, er hätte die Volxtheaterkarawane nicht sofort erkannt, erst als der/die AA hereinkam.
A1: Das war praktisch gleichzeitig.
R: Eine Lehrerin sagte aus, sie Wären quasi überfallsartig in die Klasse gekommen. Wer hat gesagt, dass es sich um eine künstlerische Aktion handelt ?
A1: Der/die nicht anwesende Angeklagte hat es aufgelöst, als der Direktor in die Aula kam .Es gab eine Absprache unter den KünstlerInnen, zuerst 10-15 Minuten die Aktion zu machen um es dann aufzulösen. Anschliessend folgte eine Diskussion mit den SchülerInnen.
V: Bitte beschreiben Sie einige Aktionen des Volxtheaters.
A1: Das Volxtheater gibt es seit 10 Jahren. Zuerst wurden klassische Theaterstücke gespielt, dann traten andere Fragen auf wie zum Beispiel zu Asyl- und Grenzproblematik sowie Biometrie und Technologie. Mit den Mitteln des versteckten Theater wurde versucht verschiedene aktuelle Themen zu bearbeiten. Es gibt einen starken theoretischen Background.
Die Eingriffsermächtigung war so konzipiert, dass sie als FÀlschung erkannt werden müsste. Der Stempel war ein Abdruck einer 2 Euro-Münze, unterschrieben war das Papier mit "Iris.Scanner".
R: Warum wurde das Wort "Eingriffsermächtigung" gewählt?
A1: Weil der Begriff nicht existiert. Ähnlich wie das European Institute for Biometric Research.
R: Warum wurde der Bundesadler verwendet?
A1: Es ist ja eine schlechte Kopie. Es musste irgendwas drauf, um das echter zu machen.
R: Haben sie gegenüber dem Direktor gesagt, sie kÀmen vom Innenministerium?
A1: Es kann sein, dass gesagt wurde, dass das Institut mit dem Innenministerium zusammenarbeitet.
V: Kann man sagen, dass das Schreiben ein Requisit war?
A1: Ja. Das Volxtheater wurde vom Festival der Regionen eingeladen eine Ausstellung über die bisherige Arbeit zu zeigen und Aktionen zum Thema "die Kunst der Feindschaft" zu machen.
S: Wer war Ihr Auftraggeber? Wieso die Unterschrift einer Richterin Iris.Scanner?
A1: Unser Ziel war eine Diskussion mit den Schülern zu führen.
Wir überlegten uns wer eine derartige Eingriffsermächtigung unterschreiben würde - wahrscheinlich eine Richterin.
R: Sie bekennen sich auch nicht schuldig?
A2: Ja! Wir wurden vom Festival der Regionen eingeladen. Nach dem EU-Gipfel in Thessaloniki haben wir uns verstärkt mit den Thema Biometrie auseinandergesetzt. Zu den Themen Biometrie und überwachung arbeiten wir schon länger.
Wir machten unsichtbares Theater in der Öffentlichkeit und wollten die SchülerInnen für das Thema interessieren.
Warum wählen wir diese Form des Theaters? Weil wir einen anderen Weg finden wollen um Leuten Inhalte zu vermitteln, Flugblätter werden oft nicht gelesen.
Ich war zuerst in der Klasse und dann in der Aula.
R: Nach dem was im Akt steht sind sie überfallsartig in die Klasse gekommen.
A2: Ich weiss nicht, wie der Eindruck entstanden ist. Wir haben angeklopft. Haben uns vorgestellt. Es war nicht überfallsartig. Die Requisiten wurden aufgebaut, kaputte Laptops, eine Videokamera. Wir versuchten vertrauliche Daten zu erfragen. Eine Namensliste von den Schülern wurde uns übergeben. Wir haben Gesichtsvermessungen im theatralen Sinn durchgeführt. Sie wurden angedeutet.
R: Hat man Speichelproben angedeutet? Hat man WattestÀbchen in die Mundöffnung hineingeschoben?
A2: Es war eine Andeutung im theatralischen Sinne. Die Zunge wurde herausgestreckt, mit WattestÀbchen wurde auf die Zunge getippt. Ein Lehrer erkannte das Volxtheater und sagte, dass er seinen Pantomime-Workshop weitermachen wollte. Wir gingen dann in die Aula und machten dort weiter
Unsere Absicht war eine Reflexionsrunde in der Aula. Eine Runde aus Schülern und uns mit der Frage, wie fühlt man sich wenn man solche Fragen gestellt bekommt?
R: Ist es vorgekommen, dass man mit einem WattestÀbchen die Zunge berÃŒhrte? Dachten Sie nicht, dass das unangenehm ist für die Kinder? Hatten Sie den Eindruck, es war humorvolle Auflockerung?
A2: Es war entspannte Stimmung. Bei den Kindern die nicht wollten war es eben so, es war nicht bei allen gleich. für die Kinder war es eher eine Auflockerung, humorvoll, es wurde viel gelacht und die Kinder kommunizierten miteinander
R: Humorvolle Auflockerung? - Oder könnten ein paar Kinder das unangenehm aufgefasst haben?
A2: Zuerst nicht. Erst in der Aula haben welche gesagt, dass es unangenehm ist Fragen zu beantworten.
V: Wie haben Sie das Projekt vorgestellt ?
A2: Wir sagten, es sei ein Pilotprojekt. Die Beantwortung der Fragen auf den verteilten Fragebögen war freiwillig.
V: Wie nahmen die Schüler die Aktion im NachGespräch auf? Waren sie interessiert ? Scherzfragen gab es ja auch, z.B. wie viele Augenfarben haben Sie.
A2: Einige waren sehr interessiert. Einerseits waren Scherzfragen auf den bögen. Die Schüler setzten sich mit dem Thema auseinander, hatten Spaß dabei.
Ich hatte den Eindruck, es war eine willkommene Abwechslung. Es war ja die letzte Schulwoche vor den Ferien. Die Schüler fragten: is des eine Verarschung oder ernst? Die Geräte belustigten sie, da sie sehr dilletantisch waren.
S an A1: Der Direktor sagt im Erinnerungsprotokoll: er wollte das zuerst rechtlich abklären und im Innenministerium nachfragen. Er hat bei der falschen Telefonnummer, die angegeben war, angerufen.
Warum haben Sie überhaupt ein Formular benutzt ?
A1: Das Formular war ein Requisit. Wir wollten die Aktion machen und waren erstaunt, dass er das überhaupt ernst nahm. Der Direktor sollte damit auch auf das Thema aufmerksam gemacht werden, er ist ja der Aufsichtsbevollmächtigte. Die Requisiten waren für die Aktion nötig, es waren bewusst schlechte, unechte Requisiten.
V: Gab es Versuche mit dem Direktor zu sprechen?
A1: Nach der AufKlärungsrunde sprach ich mit dem Direktor. Am Nachmittag gab es ein Gespräch zwischen einer Leiterin des Festivals der Regionen (eine abwesende Zeugin) und dem Direktor.
A3: Ich war in der Klasse. Wir klopften an und gingen rein mit unserem Equipment, stellten uns als European Institute for Biometric Research vor. Wir fragten nach einer Klassenliste, die wir dann bekamen. Wir haben einzelne Schülerinnen befragt, gefilmt (nach dem Namen gefragt, dem Namen der Eltern).
V: Gab es Requisiten wie WattestÀbchen ?
A3: Ich hab diese A5-Zettel, die Fragebögen ausgeteilt. Die Vermessungen wurden gespielt mit den Geräten. Ein Lehrer hat sich eingeschaltet. Die machten gerade einen Pantomime-Workshop. Der hat dann mitgespielt. Also sonst hätte er mir nicht diese Frage gestellt:
Er fragte mich dann, weil er weiter mit dem Workshop machen wollte und unser Spiel beenden wollte: geben Sie mir Ihr Handy, ich rufe die Polizei!
Dann haben Sie uns rausgeworfen. Die Nachbesprechung wurde dadurch aber verhindert.
V: Gab es ähnliche Aktionen beim Festival der Regionen?
A3: Ja, ein Projekt zum Thema Schnurrbart. Die Künstler entwickelten ein Wahlkampf-Szenario - Inhalt war der Kampf gegen den Schnurrbart - das ganze wurde mit Vorurteilen aufgeladen und sollte zeigen, wie leicht Feindbilder geschaffen werden können.
Unser Angebot auf Nachbearbeitung unserer Aktion steht noch immer! Eine Diskussion war uns ein massives Bedürfnis da uns ja mit Anzeige gedroht wurde. Das Angebot wurde jedoch nicht angenommen.
R zu Z1: Du brauchst keine Angst zu haben. Es ist nicht so schlimm wie beim Zahnarzt.
Z1: Wir hatten einen Phantomime-Workshop, die Klasse war zusammengemischt. Mitten unter dem Workshop kamen Leute mit einer Kamera in die Klasse....
R: Sind die reingesTürmt oder haben die angeklopft?
Z1: weiss ich nimma.
R: Na überraschend?
Z1: Eher überraschend.
R: Wie ham die ausgschaut?
Z1: weiss nimma.
R: So wie Ärzte?
Z1: Ja, vielleicht.
R: War das im Befehlston, wie die mit Dir geredet haben?
Z1: Eher! Wir wurden nach der Liste aufgerufen. Der zweite der Liste wurde aufgerufen, dann gingen sie nicht mehr nach der Liste vor, wir konnten uns freiwillig melden. Es wollte aber niemand. Sie drängten, einer schaute mich an, es war so lÀstig und lauter Ton. Dann kam ich dran, zuerst wurden Fragen gestellt nach dem Bankkonto, dem Code - komische Fragen - Schuhgröße, Schuhgröße der Eltern, Zugang zum Konto. Der Professor unterbrach dann. WattestÀbchen sah ich. Einer wusste seine Augenfarbe nicht, es war eine Mordsgaudi. Die anderen sprachen über andere Sachen.
R: Hast die Tage danach nicht gut schlafen können oder war sonst irgendwas?
Z1: Ich hatte danach keine Einschlafprobleme. Am nächsten Tag wurde beim Workshop kurz über die Sache gesprochen. ich habe mich nicht gefürchtet vor den Leuten.
R: (fragt die Eltern von Z1) Es gibt einen Schmerzensgeldanspruch bei seelischen Schmerzen. Wollen sie den geltend machen?
Die Eltern erklären, dass sie sich dem Strafverfahren nicht als Privatbeteiligte anschließen.
Z1: Die Mädels, die vor mir dran waren, sollten eine Stuhl- oder Harnprobe abliefern.
S: Woher hatten die Leute die Klassenliste?
Z1: Die Liste hatten sie vom Lehrer. Wir hatten diesen Pantomime-Workshop, Lehrer waren im Klassenraum. für uns wars eine Gaudi: Das Vorgehen der Leute war aber nicht angebracht. Sie waren ungeduldig, lÀstig. Ihr Aussehen war anders, sie hatten längere Haare.
V: Wie haben die ausgesehn?
Z1 (grinst): Lustig: lange Haare haben die ghabt. Sie haben auch gesagt, dass sie eine Theaterkarawane sind.
V: Sagt dir diese AufFührung der Theatergruppe etwas?
Z1: Ich kann mit der konkreten Aktion nichts anfangen - diese Ausfragerei - mich würde interessieren, was für einen Sinn das hatte. Unsere Daten gehn sie nichts an.
Vater von Z1: Wir wollten mit unserer Tochter über diese Sache vorher nicht sprechen um sie nicht zu beeinflussen.
Z1: Die Ausfragerei habe ich nicht gut gefunden.
R: woran kannst Du Dich heute erinnern?
Z2: Die kamen herein, baten um Aufmerksamkeit, sie kamen überraschend, zügig herein. Sie erzählten, dass sie von der EU sind, in nächster Zeit wird ein Chip ins Hirn eingesetzt, wir müssen daher Daten abgeben. Die Lehrerin glaubte das auch. Auf der Klassenliste war ich erster, sie nahmen mich mit der Kamera auf, fragten Daten ab und schickten mich aufs Klo zur Urinprobe. Der Direktor verlangte später die bänder von der Kamera und vom Tonband.
Die Leute waren in weissem Kittel, sahen wie Forscher aus.
R: Also wie Ärzte!
Z2: Jaja! Sie nahmen von mir auch eine Speichelprobe. Ich glaube, dass sie ca. eine Stunde geblieben sind. Niemand sagte, dass das eine künstlerische Aktion war.
Sie sagten, sie sind von der EU, das ist Gesetz, das ist beschlossen worden.
Mir war die Urinprobe peinlich. Schlaflose NÀchte hatte ich nicht, ich stelle keine Anspruch auf Schmerzensgeld.
Die Lehrerin war zu Beginn da, ich kann mich aber nicht erinnern ob die ganze Zeit.
V: In deiner Vernehmung am 21.8.2003 klang es ein bischen anders. Da hast du gesagt, dass die Leute von Vision, nicht von Gesetz, gesprochen haben.
Z2: Ich glaube, dass das Wort Gesetz damals gefallen ist. Wir sind Schüler, das sind Doktoren - wir können uns nicht wehren - so kam mir das vor.
Es kam mir komisch vor, dass gerade unsere Schule ausgesucht worden war. Wir haben zwei Wochen vorher mit dem Lehrer über Datenschutz gesprochen.
Ich zog mich dann zurück, hörte von anderen, dass das ganze dann erklärt wurde. Es war aber nicht das große Thema. Der Direktor hat dann durchgegriffen.
Z3: Wir hatten Projekttage in der Aula, da kamen Leute in weissen MÀnteln mit Geräten. Sie sahen aus wie Ärzte und sagten, sie sind so was wie eine Karawane. Der Rest hat nicht wirklich dazu gepasst.
Sie machen Forschung für Ausweise und Identität.
Vor der Kamera haben sie lauter unwichtige Fragen gestellt. Ich bin mir ziemlich verarscht vorgekommen. Sie waren eher dominant.
Sie verlangten Harn- und Speichelproben, fuhren im Mund mit WattestÀbchen herum.
Welche Geräte sie hatten weiss ich nicht mehr, das ganze dauerte ca. eine halbe Stunde. Sie sagten, sie kommen von der Universität.
Ich habe keinen Schaden seelischer Natur, ich fand das lustig aber verarschend. Am Schluss lachte ich sie nur mehr aus. für die Stuhlprobe bekam ich einen Becher, ich ging aber nicht auf die Toilette.
Ich kann mich nicht erinnern, dass, als sie noch mal reinkamen, über die Sache gesprochen wurde.
Zur Professorin wurde gesagt, dass sie vom Festival der Regionen und der Uni Wien kommen.
R: Erkennst du sie wieder?
Z3: (dreht sich um) Die haben alle so komische Frisuren gehabt.
Mir persönlich ist das wurscht. Aber die Schule ist verarscht worden. Deshalb möchte ich die Anklage so lassen wie es ist.
Z4: Es hat geklopft. sie haben so weisse Kittel angehabt. Und die Klassenliste haben sie gehabt. Sie wirkten echt, hatten aber Rastas. Der Professor sagte, das könnte auch Theater sein, wir machten ja gerade den Phantomime-Workshop
Ich bin vor der Kamera gesessen und hab Fragen beantwortet.
In der Schule tut man, was man einem sagt.
Eine Frau hat mich aufgefordert eine Urin-Probe abzugeben. Ich hab dann auf dem Klo in den Becher Wasse und Seife gegeben. 10 min bis eine Viertel Stunde waren die da.
Eine Frau hat gesagt, das ist ernst und hat mir einen Ausweis gezeigt. Ich glaubte, es seien Ärzte. Wegen den Kitteln. Und dem Koffer mit den Flascherln. Ich hatte Angst, dass das WattestÀchen infiziert hätte sein können.
"Wir werden uns weiter um eure Gesundheit bemühen" sagten sie. Die Fragen waren nicht witzig, ich fragte, ob das eine Verarschung sei, sie sagten aber, das sei ernst. Die Mitschüler lachten schon, nur drei kamen dran. Die Fragen waren komisch, z.b. "bist du schon mal vorbestraft gewesen"?" "sind in deiner Familie Drogen vorgekommen?" Ich habe das aber nicht als Scherz aufgefasst.
R: Sie haben die Möglichkeit Schmerzensgeld zu beantragen.
Mutter von Z4: Es hat eine längere Zeit gedauert, bis es vorbei war. Bei der richtigen Schularztuntersuchung hat meine Tochter vom Klo aus mit dem Handy angerufen (beim Opa) und gefragt, ob es eine richtige Untersuchung ist.
R: So wie Sie das schildern, ist das eine längerfristige Irritation.
Mutter von Z4 schließt sich dem Strafverfahren nicht an. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung zieht auch Sie nicht zurück.
Z5: Sie haben gesagt, sie sind Ärzte und haben Kittel angehabt. Ich glaubte das. Und dass ich tun muss, was sie sagen. Sie sagten: Die Gesundheit von euch liegt uns am Herzen, zeigten Ausweise und hatten die Klassenliste vom Lehrer.
Vor der Kamera fühlte ich mich unwohl, musste in die Kamera blicken. Sie fragten nach meiner Augenfarbe. Ein anderer fuhr mit einem WattestÀbchen in meinen Mund. Dann sollte ich eine Stuhlprobe in einem Becher abgeben. Die Professorin sagte, ich soll Wasser und Klopapier reingeben. Dann schickte sie der Professor raus.
Das ganze klang schon ernst, ich fühlte mich unwohl, konnte zwei Wochen lang nicht gut schlafen. Ich habs noch immer nicht ganz verarbeitet. Es waren für mich komische Ärzte, ich fühlte mich unbehaglich. Die Lehrer sagten nicht dagegen obwohl ich glaube, dass sie es für einen Scherz hielten. Andere Schüler waren froh, dass sie nicht drankamen.
R: (teilt den anwesenden Eltern mit): wegen Unbill kann man Schmerzensgeld beantragen.
(währenddessen gÀhnt die Staatsanwältin)
Die Eltern hoffen, dass es mit ihrer Hilfe alleine geht (es müsste ein Psychiater hinzugezogen werden).
Die Eltern möchten ebenso nicht die Ermächtigung zur Strafverfolgung zurückziehen.
D: Zwei Personen kamen zu mir. Sie waren offiziell gekleidet mit Namensschild und Kittel. Sie sagten, sie Wären vom Innenministerium und müssten biometrische Untersuchungen machen. Ich sagte, ich weiss von nichts, und dass das nicht geht. Sie waren verwundert, dass ich es nicht wusste. Ich sagte, ich möchte das zuerst überprüfen. Auf dem Schreiben, der Eingriffsermächtigung, war das Staatswappen. Ich hab das dann kopiert und sagte, ich würde das überprüfen, sie sollten warten. Ich bin in die Kanzlei. Habe verschiedene Leute angerufen, den Vorsitzenden der Direktorenkonferenz, beim Landschulrat.
Während ich die Eingriffsermächtigung durchlas, dachte ich, das kann nicht sein. Ich sah die beiden Personen jedoch nicht mehr.
Als ich zur Aula ging sah ich dort die weissgekleideten Personen.
Ich drohte mit einem Polizeianruf. Dann wollte der A1 ein Gespräch mit mir führen.
In dem Gespräch, in meiner Kanzlei, war unter anderem die Rede davon, das sie beim Festival der Regionen mitmachen und dass das eine künstlerische Aktion sei.
Es war für mich nicht als künstlerische Aktion erkennbar. Ich weiss nicht, wie Mitglieder der Gruppe eine künstlerische Aktion definieren. Sie haben sich den Anschein einer offiziellen persönlichkeit gegeben, sagten, dass sie vom Innenministerium seien.
AA war in ihrem Outfit medizinisch/ärztlich. Im Auftrag vom Innenministerium. Sie hatten auch ein Namensschild, auf dem war glaube ich auch ein Staatswappen.
Ich bin in die Aula hinein. Ein Schüler sitzt vor der Kamera., die mit dem Laptop verbunden war. Ich hab die Kassette verlangt. Sie ist mir nicht ausgehÀndigt worden. Erst durch mein Einschreiten hat sich die Gruppe versammelt. Ich hab eher geglaubt, das sind Kriminelle, komische Leute, die irgendwie verdächtig sind und sich auf illegale Weise Daten beschaffen wollten, auf keinen Fall Künstler. Ich hab die Nummer, die auf der Eingriffsermächtigung angegeben war, angerufen, sie war falsch.
S: Aber Sie müssten doch auch wissen, auch wenn Sie kein Jurist sind, dass es Paragraphen die mit OO beginnen nicht gibt ?
D: Die haben das nicht verstanden, dass sie zu weit gegangen sind. Dass sie sich über Dinge hinweg gesetzt haben.
S: Sie haben gesagt, dass das Schriftstück keinen Sinn ergeben hat. Was hat für sie dafür gesprochen, dass die Leute wie von einer Behörde gewirkt haben.
D: Normalerweise traue ich Menschen. Ich wollte das überprüfen. Das Schreiben war von einer Richterin unterzeichnet. Wenn ich Zweifel habe gehe ich dem nach. Ich glaubte dem Behördentouch weil die beiden so auftraten.
V: Kennen Sie einen Zusammenhang zwischen Biometrie und "Iris Scanner"? (Anm.: Name der Richterin auf der "Eingriffsermächtigung")
D: Nein, damals nicht. Das ganze war unter Zeitdruck, ich habe mich auf die Namen nicht konzentriert. Ich sah nur, dass das Schreiben von einer Richterin unterzeichnet war. Während der Telefonate wurde ich aktiv und schaute, ob sie noch da seien.
Mir ist nicht bekannt ob es ein biometrisches Vermessungsamt im Innenministerium gibt.
für mich heißt offizielles Auftreten z.b. das Tragen von Namensschildern.
V: Was halten sie von derartigen Kunstformen?
R: Subjektive Meinung des Direktors zu derartigen Kunstformen ist nicht Sache des Verfahrens.
(Diskussion zwischen V und R, letztendlich wird die "subjektive Meinung des Direktors" doch Teil des Verfahrens...)
D: Sobald eine künstlerische Aktion die physische und psychische Integrität von Minderjährigen verletzt lehne ich diese Aktion ab.
Es gab am selben Tag ein Gespräch mit Frau B. vom Festival der Regionen, ich wollte ein Gespräch und eine Entschuldigung der Volxtheaterkarawane. Die Mitglieder des Volxtheaters waren jedoch nicht dialogbereit. Ich will mich auch nicht mit den Leuten der Volxtheaterkarawane auseinandersetzen, sie haben das Vertrauen missbraucht.
V: Aber ein Lehrer hat es als Theater-Aktion erkannt?
D: Der Lehrer sagte, dass im aufgefallen sei, dass die Leute T-Shirts mit "Volx" getragen haben. Er hatte sie auch schon Tage vorher bei einer Aktion mitbekommen.
verängstigt war ich auf keinen Fall. Schulfremde haben in der Schule nichts zu suchen.
Das hat mich doch auch stark erregt. Es war eine Zumutung, UnverschÀmtheit und eigentlich kriminell.
Die Verhandlung wurde auf 24. März 2005, 9 - 12 Uhr, im Bezirksgericht Lambach vertagt.