Quellenangabe:
Offener Brief von TransX (vom 10.12.2004),
URL: http://no-racism.net/article/1045/,
besucht am 23.12.2024
[10. Dec 2004]
Wir dokumentieren einen kritischen Brief der Transgender Initiative TransX zum Vorschlag eines "Transgender Gesetz" für den sich u.a. SOHO (Sozialismus und Homosexualität) stark macht. Der Brief richtet sich an die SPÖ Frauenvorsitzende Barbara Prammer.
Sehr geehrte Frau Magistra Prammer,
wir sind tief betroffen, dass sich der Bundesparteitag der SPÖ für ein "Transgender-Gesetz" und ein darin enthaltenes "flexibleres Namensrecht" (ähnlich etwa der "kleinen Lösung" in Deutschland) ausgesprochen hat.
Wie Sie wissen, haben wir uns immer strikt gegen eine an Deutschland angelehnte Lösung ausgesprochen, bei der Zwangsoperationen und Zwangskastrationen als Bedingung zur Änderung des Personenstands auch gesetzlich verankert werden. Das deutsche TSG aus dem Jahr 1980 ist veraltet und wird von Betroffenen und Experten fundamental kritisiert. Die Variante der "kleinen Lösung", bei der sich Transsexuelle gerichtlichen Verhören über intime Bereiche ihrer Privatsphäre unterziehen müssen, halten nicht nur wir, sondern auch der EuropäischeGerichtshof (Urteil van Köck, 2003) für bedenklich.
Wir haben ja bei unseren letzten Gesprächen vor der Nationalratswahl 2002 durchaus darin übereingestimmt, dass die Problematik Transsexueller ohne ein spezifisches Transgender-Gesetz alleine durch Änderung anderer diskriminierender Gesetze weitestgehend entschärft werden kann. Eine Streichung des Geschlechtsbezugs im Namensänderungsrecht würde das Annehmen passender Vornamen ermöglichen. Eine Novelle des Personenstandsrechts könnte gewährleisten, dass sich Transsexuelle ihrem gelebten Geschlecht entsprechend ausweisen können. Schließlich ist es unzumutbar, dass sich Transsexuelle, die sich dem Zwang zur genitalanpassenden Operation nicht unterwerfen, öffentlich in ihrem Geburtsgeschlecht und damit zu ihrer Transsexualität deklarieren müssen.
Wir nehmen an, dass dem Antrag der SOHO der Beschluss des letzten Wiener Landesparteitags zur Änderung des Namensrechts zu Grunde liegt. Mit der Forderung nach einem TransGender-Gesetz steht er jedoch im diametralen Widerspruch zu der von allen Österreichischen Transgender-Gruppen getragenen Politik für die Beseitigung von Geschlechtszwängen im Namens- und Personenstandsrecht. Unsere - unter allen Transgender-Gruppen Österreichs akkordierte - Stellungnahme zur Änderung der Behandlungsrichtlinien (Salzburger Konsensustreffen 2004) wurde völlig ignoriert.
TransX steht der SOHO jederzeit als Ansprechpartner für Transgender-Fragen zur Verfügung. Leider wurde dieses bereits mehrmals ausgesprochene Angebot auch im vorliegenden Fall nicht in Anspruch genommen. für uns ist es nicht nachvollziehbar, worauf sich die "Expertise" der SOHO stützt. Unseres Wissens hat sie ihren Antrag auch mit keiner anderen Österreichischen Transgender-Gruppe abgesprochen.
So sehr wir es begrüßen, dass der Bundesparteitag der SPÖ den Anliegen von Transgender-Personen positiv gegenüber steht, so sehr bedauern wir, dass die SPÖ solcherart die Politik einer ihrer Teilorganisationen gegen die deklarierten Interessen der Transgender-Bewegung unterstützt.
Mit freundlichen Grüßen
TransX - Verein für TransGender Personen
Mag. Eva Fels (Obfrau)