Quellenangabe:
Abolishing the Borders from Below (vom 27.03.2005),
URL: http://no-racism.net/article/1152/,
besucht am 22.12.2024
[27. Mar 2005]
Eine kurze Geschichte des anarchistischen Kollektivs Abolishing the Borders from Below und ihres gleichnamigen Maganzins, dem Anarchistischen Kurier aus Oseuropa.
Dieses Berliner Kollektiv von "Abolishing the Borders from Below" wurde von einigen ostEuropäischen anarchistischen und politisch bzw. subkulturell engagierten anti-autoritären MigrantInnen im Herbst 2001 gegründet. Von Anfang an konzentrierten sich unsere Aktivitäten auf beide, kulturelle und sozial-politische Aspekte, während die anarchistischen Prinzipien von unhierarchischen Strukturen und Entscheidungsprozessen als das Fundament für alle diese Aktivitäten genommen wurden. Widerstand leistend, gegen die Gesetze kapitalistischer, parlamentarischer und anderer Doktrinen, die heutzutage alle Aspekte der zwischenmenschlichen Relationen dominieren, entschieden wir uns gleichzeitig, den Anarchismus als eine mögliche Alternative zu propagieren. Eine Alternative zu bestehenden sozialen Systemen, die sich grundsätzlich auf Konkurrenz, Segregation, Gehorsam, Ausbeutung und Gewalt stützen. Dabei muss aber betont werden, dass wir uns als Kollektiv nie auf irgendein Programm entschieden haben und auch nie exakt definiert, welche Form des Anarchismus wir anstreben. Es gibt eine ganze Menge Gründe dafür, unter anderem: eine immense Verschiedenheit im Bezug auf unsere Hintergründe, die von einem Anarcho-Punk Standpunkt bis zur Erfahrung aus der Teilnahme in der Solidarnosc-Bewegung (polnische ArbeiterInnenbewegung in den 1980ern) reichen. Von Anfang an haben wir eher intuitiv diese Verschiedenheit von Erfahrungen, Standpunkten und Vorstellungen zur Durchbrechung von bestehenden Dogmen eingesetzt, um damit die Entfaltung unserer Vorstellung des Anarchistischen freien Lauf zu lassen und sie mehr als einem vorangehenden Prozess und weniger als ein konkretes und prinzipiell perfektes Konzept, das wir eines Tages erreichen sollten, zu sehen. Wenn jemand also unbedingt AbolishingBB (2001-2004) auf einer globalen Karte der revolutionären Linken einordnen möchte, der sollte unsere Bestrebungen in Richtung des Kollektivismus mit starker Unterstützung von Verschiedenheiten, gestützt von anarchistischen Prinzipien sehen, während unsere Vorstellungen von Anarchismus als ein permanenter Prozess der kollektiven Praxis und Theorie zu betrachten sind, um eine eigene Alternative zu erstellen und sie als kleinen Teil eines Komplexes von vielen ähnlichen alternativen sozialen Lösungen zu sehen, den wir als Anarchismus bezeichnen. Darum haben wir uns als anarchistisches Kollektiv und nicht als eine anarchistische Organisation bezeichnet.
In wenigen Jahren hat es das Kollektiv geschafft, eine regelmäßig erscheinende anarchistische Publikation mit relativ breiter LeserInnenschaft, aus verschiedenen anarchistischen Spektren des ganzen Kontinents (und darüber hinaus) zu erstellen und kontinuierlich zu verbessern. Die Zeitschrift trägt den gleichen Namen wie das Kollektiv und der vollständige Titel heißt: Abolishing the Borders from Below - an Anarchist Courier from Eastern Europe. Das ist auch der Grund, warum viele Menschen glauben, dass wir explizit ein Zeitungskollektiv sind. In Wirklichkeit gab es einige Projekte die wir durchgeführt haben und solche mit welchen wir uns immer noch beschäftigen. Gemeinsam mit einigen anderen Menschen, haben wir einen Büro- und Veranstaltungsraum gebaut (wörtlich!) und gestaltet. Heutzutage ist dieser ein Ort des Treffens und der Aktivitäten mehrerer anti-autoritärer linker Gruppen, ein Video-, Radio- und Zeitungsschnittraum und eine kleine Bibliothek mit Schwerpunkt Osteuropa. AbolishingBB hat auch mehrere solidaritätsaktionen mit anderen libertÀren Projekten durchgeführt, ebenso wie Infoveranstaltungen, Ausstellungen und andere politische und kulturelle Events. Von Anfang an kooperierten wir mit verschiedenen anarchistischen Gruppen, Projekten und Kampagnen, auf lokaler Ebene wie auch international, besonders in Bezug auf Osteuropa. Im Rahmen unserer begrenzten Kapazitäten versuchten wir immer verschiedene lokale und globale kämpfe gegen alle Art und Weisen der Unterdrückung zu unterstützen, immer versuchend, diese kämpfe um eine anarchistische Perspektive zu bereichern.
Von Beginn an versuchte das Kollektiv sich mit einem der größten Aufgaben der anarchistischen Wahrnehmung der sozialen Relationen zu konfrontieren und sukzessive auseinander zu setzten: mit der progressiven Lösung der Spannungen zwischen den individuellen Freiheiten und Bevorzugtheiten und dem Konzept des Kollektivismus. Im Laufe der Zeit haben wir unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe praktiziert, offenbar waren einige besser als andere. Aus den eigenen Fehlern zu lernen und den Progress in eigener Praxis zu feiern, scheinen zwei elementare Teile der Abolishing-Realität zu werden. Unserem intuitiven Verständnis von Anarchismus als einem Prozess ständiger Konstruktion treu bleibend, haben wir auch nie die Entfaltung unserer internen Strukturen als beendet betrachtet. Diese Tatsache wurde im Winter 2004/2005 von besonderer Bedeutung, als das Kollektiv sich in einem sehr schwierigen Moment befunden hat.