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Quellenangabe:
Gedenkkundgebung zum Novemberpogrom (vom 31.10.2003),
URL: http://no-racism.net/article/120/, besucht am 24.11.2024

[31. Oct 2003]

Gedenkkundgebung zum Novemberpogrom

9. November 2003, 14 Uhr
Altes AKH - Uni Campus, Hof 6, 1090 Wien

mit Beiträgen und Textauszügen zum Novemberpogrom und zur Geschichte der Synagoge im alten AKH

Flugblatttext:

9. November 1938 // Niemals vergessen!

Zum 65. Mal jährt sich am 9. November jener Pogrom, der im 3. Reich die Verfolgung jüdischer Menschen eskalieren liess. Gab es schon zuvor Diskriminierungen durch die NÃŒrnberger Rassengesetze und antisemitische Ausschreitungen, sollte der Novemberpogrom (von den Nazis als Reichskristallnacht bezeichnet), die Deutschen und ÖsterreicherInnen auf die Ausrottung des Europäischen Judentums einschwÃŒren und gleichzeitig der NaziFührung ein Stimmungsbild verschaffen. Sie wurden nicht enttÀuscht. Nachdem der 17-jährige Hershel Grynszpan den deutschen Botschaftsrat in Paris getötet hatte (aus Rache, weil seine Eltern aus Deutschland ausgewiesen wurden, und im deutsch-polnischen Niemandsland wie viele tausend JüdInnen herumirrten), sah die Nazispitze die Chance gegeben, im ganzen Land die Bevölkerung gegen jüdische Menschen zu mobilisieren.

Und an jenem 9. November 1938 kam es zur Reichskristallnacht (weil sich in der Nacht das Licht in den zerbrochenen Fensterscheiben jüdischer Geschäfte widerspiegelte). Nicht bloss organisierte SA-Banden führten den Pogrom durch, nein die Bevölkerung mischte tatkräftig mit. Plünderungen, Demütigungen und Morde wurden in jener Nacht vom Mob verÃŒbt. Teilweise ging das selbst den Machthabern zu weit, weil sie befürchteten, dass materielle Werte dem "Volksvermögen" verloren gehen könnten. Allein in Österreich wurden in jener Nacht 27 JüdInnen ermordet, 88 schwer verletzt, mehr als 6.500 festgenommen, 42 Synagogen wurden in Wien zersTürt, mehr als 4.000 Wohnungen und Geschäfte verwÃŒstet und 2.000 Wohnungen zwangsgeräumt. Die Wiener Bevölkerung trieb es soweit, dass selbst die Gestapo Mühe hatte den Mob unter Kontrolle zu bringen.

für die Nazis war es ein Erfolg: nun waren sie sich der Unterstützung der Bevölkerung sicher. Was danach kam, ist bekannt: Einsatzkommandos, Vernichtungslager, sechs Millionen ermordete Jödinnen und Juden. Und alles mit Präzision und Gewissenlosigkeit. Am 8. Mai 1945 wurde diesem Treiben durch die Alliierten Streitkräfte ein Ende gesetzt.

Und nicht etwa durch ÖsterreicherInnen oder Deutsche. Die überwältigende Mehrheit hat den Holocaust und den Raubkrieg unterstützt oder toleriert. Viele profitierten davon und zeigten kein Interesse daran, den Wahnsinn von sich aus zu beenden. Von sich auf andere schliessend, ist die Vergeltung von Gleichem mit gleichem erwartet worden. Die unfassbaren Opferzahlen selbst interessierte hier aber niemand. Die Alliierten mussten nach der Befreiung feststellen, dass von Reue keine Spur war, eher depressive Gleichgültigkeit und bei vielen die (berechtigte) Angst vor den Alliierten. Allein die sowjetische Bevölkerung hatte durch den deutschen Vernichtungskrieg einen Blutzoll von 25 Millionen Toten bezahlt. Zwecks Wiederaufbau wurde die deutsche Volksgemeinschaft durch die Österreichische Volksgemeinschaft ersetzt, und beim vielen Zupacken wollte sich hier niemand mit der gerade verflossenen Nazizeit beschäftigen. Die Entnazifizierung wurde bald beendet, viele TäterInnen und MitläuferInnen kamen ungeschoren davon, und besetzten bald wieder politische Ämter und behördliche Funktionen. Selbst im Kabinett Kreisky fanden sich noch drei ehemalige NSDAP-Mitglieder. Und davon gab es nach 1945 so viele, dass SPÖ- und ÖVP sich nicht genierten, um ihre Stimmen zu buhlen. Die FPÖ-Vorgängerpartei Verband der Unabhängigen (VdU) war ohnehin Sammelbecken all jener, denen Jörg Haider noch 1995 eine "ordentliche Gesinnung" attestierte.

Und so konnte es geschehen, dass ein Kurt Waldheim WEGEN seiner SA-Vergangenheit Bundespräsident wurde, dass ein Jörg Haider mit Nazikoketterie die FPÖ an 28% heranführen konnte, dass antisemitische Aussagen von PolitikerInnen, die zu ernsthaften Konsequenzen führen müssten, hier noch augenzwinkernd akzeptiert werden. Die Israelitische Kultusgemeinde wird ausgehungert, und geschichtsrevisionistische Einrichtungen wie das Haus der Heimat mit Geld überhÀuft. Und machen wir uns nichts vor: auch wenn die FPÖ am Boden liegt, die Motive, mit denen sie gewählt wurde sind immer noch im gleichen Ausmass vorhanden: Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie, Denunziantentum und Autoritätshörigkeit. All diese in Österreich tief verwurzelten Eigenschaften machten auch den 9. November 1938 möglich. Diese Kundgebung will ein Anstoss dazu sein, diesen Zuständen entschieden entgegenzutreten - in jeder Situation.

In diesem Sinne:
Niemals vergessen!
Österreichische Zustände bekämpfen!

Initiative "Niemals vergessen!"

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