Quellenangabe:
Neues Asyl- und Fremdenpaket im Ministerrat beschlossen (vom 10.05.2005),
URL: http://no-racism.net/article/1215/,
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[10. May 2005]
Trotz massiver Proteste und fundierter Kritik wurde das Gesamtpaket am 10. Mai 2005 vom Ministerrat beschlossen. Die zahlreichen Änderungen in den verschiedenen Gesetzen lassen beinahe den überblick über die Punkte der Grausamkeiten verlieren und einige Punkte scheinen in der Diskussion vergessen zu werden:
Bundeskanzler Wolfgang schüssel und Innenministerin Prokopp sind sich einig: "Es ist ein Gesetz, das verfassungskonform ist.", doch daran kann massiv gezweifelt werden: Die mögliche Abschiebung traumatisierter Flüchtlinge, wenn ein anderes EU-Land bzw. Norwegen oder Island für das Verfahren erstzuständig sind sowie Gemeinheiten bei der Zustellung, da der Asylbescheid in Zukunft nicht mehr dem Rechtsvertreter, sondern dem Asylsuchenden erstzugestellt wird, wodurch dieser sofort in Schubhaft genommen werden kann, werden kritisiert. Es gab in diesem Gesetzespaket so viele kritikwürdige Punkte, sodass manche vor dem Hintergrund des Kontests der Grausamkeiten zu kurz kamen wie die Verhinderung von binationalen Eheschliessungen, wenn gegen eineR der PartnerInnen ein Aufenthaltsverbot verhängt wurde.
Bisher wurden die Asylverfahren von traumatisierten Flüchtlingen automatisch in Österreich durchgeführt. Dies soll sich bei Dublin-fällen ändern. Ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes sollen auch Traumatisierte in andere EU-Staaten abgeschoben werden können, um dort ihr Verfahren durchzuführen. Ausgenommen sind schwer (körperlich oder seelisch) Kranke sowie Schwangere.
Strenger gehandhabt wird künftig die Dauer der Schubhaft. Bisher war sie mit maximal sechs Monaten beschränkt, künftig sind zehn Monate innerhalb von zwei Jahren möglich. außerdem wird bei straffälligen MigrantInnen, die vom Gefängnis aus einen Asylantrag stellen, auch im Anschluss an die Strafe Schubhaft verhängt.
Absolut skandalös ist die Möglichkeit zur Zwangsernährung, wenn ein Asylwerber kurz vor seiner Abschiebung in den Hungerstreik tritt. Es gab massive Kritik von ÄrztInnen, die jedoch fast ungehört blieb. Denn dass die Innenministerin sich vorstellen könnte, auf die umstrittene Zwangsernährung zu verzichten, liegt wohl eher daran, dass für der Gesetzesvorschlag eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, die sie sich als Gegenleistung sichern will.
Menschen in ihrer verzweifelten Situation in Schubhaft versuchen oftmals auf diese aufmerksam zu machen und durch die Gefährdung ihrer eigenen Gesundheit ihre Freilassung zu erreichen. Die Erläuterungen zum Gesetzesvorschlag führen die Zahlen aus: So wurden im Jahr 2004 in Österreich 1072 Personen wegen krankheitsbedingter Haftunfähigkeit - zum großteil hervorgerufen durch Hungerstreik - aus der Schubhaft entlassen. Im Vorblatt zum FPG wird mit ungefähren Kosten für eine Zwangsernährung von 1.900 Euro pro Person und Tag gerechnet.
Der Gesetzesvorschlag will nicht mehr nur das Vermitteln von Scheinehen unter Strafe zu stellen (bis zu drei Jahre Haft), sondern auch das wissentliche Eingehen einer solchen Ehe. Wer als ÖsterreicherIn dafür Geld nimmt, riskiert ein Jahr Gefängnis. Wird ohne finanziellen Vorteil geheiratet, droht nur eine Geldstrafe. Und wer sich selbst anzeigt, bleibt straffrei.
Die Änderungen im Personenstandsgesetz werden nicht thematisiert, obwohl sie konkret bedeuten, dass ab dem Inkrafttreten des Gesetzespakets das Recht auf Eheschließung für Menschen mit prekärem Aufenthalt kaum und für Menschen mit Aufenthaltsverbot gar nicht mehr besteht!
Das Standesamt soll in Hinkunft die Daten binationaler Paare an die Fremdenpolizei weitergeben dürfen. Gibt diese die Auskunft, dass ein Aufenthaltsverbot vorliegt oder strafrechtliche Ermittlungen geführt werden, so hat das Standesamt die Trauung abzulehnen, die Eheschließung ist dann nicht möglich. Das widerspricht klar dem in der Menschenrechtskonvention abgesicherten Recht auf Ehe und Familie, denn heiraten kann ja nicht an den Aufenthaltsstatus gebunden sein!
Doch das Gesetz mit den vielen Gemeinheiten, die erst im Details stecken und deren Auswirkungen in der Praxis noch nicht absehbar sind, wird voraussichtlich beschlossen werden.
Obwohl sich Innenministerin Prokop sich im März für mehr ArbeitsMöglichkeiten für Flüchtlinge im Asylverfahren aussprach, wird nun das Gegenteil beschlossen.
Asylwerber haben künftig keine Chance mehr auf eine persönliche Arbeitsbewilligung.
Im geplante Ausländerbeschäftigungsgesetz werden Arbeitsbewilligungen für AsylwerberInnen grundsätzlich abschafft - für sie bleibt als einzige Option die Beschäftigungsbewilligung, die jedoch an ArbeitgeberInnen ausgestellt wird, von deren Goodwill sie dann völllig abhängig sind, was beinahe eine Aufforderung zur Ausbeutung beinhaltet.
Beim Integrationsvertrag wird in Zukunft ein vom Bund finanzierter Alphabetisierungskurs im Ausmaß von 75 Stunden angeboten. Danach müssen die NeuzuwanderInnen 300 Stunden Deutschkurs (statt bisher 100) absolvieren, die mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Ist der Vertrag nach fünf Jahren nicht erfüllt, kann die Aufenthaltsberechtigung erlöschen. Die neuen Arbeitsregelungen für Zuwanderer sehen u.a. vor, dass nachgereiste Familienangehörige nach einem Jahr Aufenthalt die Möglichkeit zur Beschäftigung erhalten - und zwar in dem Ausmaß, wie sie die Person besitzt, der sie nachgekommen sind.