no-racism.net Druckversion

Quellenangabe:
VolxTheaterKarawane / Lambach: Prozessbericht - 3. Verhandlungstag (vom 28.06.2005),
URL: http://no-racism.net/article/1276/, besucht am 21.11.2024

[28. Jun 2005]

VolxTheaterKarawane / Lambach: Prozessbericht - 3. Verhandlungstag

Im Strafverfahren gegen 4 Volxtheater - ArtivistInnen wurden am 1. Juni 2005 zwei Lehrerinnen des Stiftsgymnasium Lambach einvernommen. Die Verhandlung wurde vertagt auf 22. September 2005, 10 Uhr zur Vernehmung weiterer ZeugInnen.

R = Richter
S = Staatsanwältin
V = Verteidigerin
A1 = erster Angeklagter
A3 = dritter Angeklagter
A4 = vierte Angeklagte
Z1 = Zeugin, Lehrerin im Stiftsgymnasium Lambach
Z2 = Zeugin, Lehrerin im Stiftsgymnasium Lambach

Zuerst einige Berichtigungen im Protokoll der Verhandlung vom 7.4.2005.

"Unsichtbares Theater ist das Ziel der AufKlärung" wird zu "Unsichtbares Theater beinhaltet das Ziel der AufKlärung".
Frage an den Lehrer des Stiftsgymnasium: "Haben sie mitgespielt?" - Antwort: "Ja, ich habe die Gruppe schauspielerisch übertrieben aus der Klasse geworfen."

Beweisverfahren.

Vernehmung einer Lehrerin des Stiftsgymnasium Lambach als Zeugin



R: Halten sie ihre Aussage bei der Gendarmerie aufrecht?

Z1: Ja.

R: Schildern sie kurz an was sie sich erinnern können.

Z1: Ich machte mit einem Kollegen ein Projekt mit einem Schauspieler und 10 Schülern. Dann kamen Leute herein, wir nahmen sie nicht ernst. Ich betrachtete sie als "Gäste" weil ich vermutete, dass es sich um eine abgesprochene Aktion handle, eventuell Schüler einer anderen Schule. Wir fragten nach ob das abgesprochen war, sie sagten ja. Ich kann mich an die Personen nicht mehr erinnern.
Wir fragten dann nach, die Antwort war "wir waren beim Direktor". Im Nachhinein betrachtet war dann klar, dass damit nicht eine Erlaubnis gemeint war.
Sie platzten herein, wir fanden das am Anfang lustig.
Sie bauten Geräte auf, Kamera etc., verlangten die Schülerliste. Wenn ich gewusst hätte was rauskam hätte ich das nicht getan. Sie begannen mit der Untersuchung - es war alles hektisch und schnell.
Sie stellten Fragen nach den Eltern, ob sie Drogen nehmen. Ich war noch nicht skeptisch am Beginn. Dann kam aber die Aufforderung nach Stuhl- und Urinproben. Ich sagte einer Schülerin sie solle Wasser einfällen. Speichelproben sah ich nicht, davon erfuhr ich später.

R: Eine Zeugin sagte aus die Stuhlproben seien mit Einverständnis der Lehrkräfte vorgenommen worden.

Z1: Das stimmt nicht. Ich habe gesagt sie sollen Wasser und Klopapier reingeben.

R: Wie lange dauerte die Aktion?

Z1: 5 - 10 Minuten. Mein Kollege erkannte dann die Volxtheaterkarawane. Er sagte, dass das keine abgemachte Aktion war und dass sie gehen sollen. Das Funktionierte zuerst nicht, dann wurde er lauter, wieder nicht. Er ging dann mit einer Person hinaus und erklärte, dass wir Projektwoche hätten.

R: Gab es eine AufKlärung seitens der Gruppe?

Z1: Wir bekamen einen Zettel. Wir klärten die Schüler dann auf, von der Volxtheaterkarawane kam keine AufKlärung.

R: Hatten sie den Eindruck, dass die Schüler freiwillig mitmachten?

Z1: Wir motivierten die Schüler zuerst - das klingt im nachhinein naTürlich komisch.
Die nicht beteiligten Schüler fanden es lustig, die beteiligten nicht.

R: Eine Zeugin sagte aus, dass es nicht freiwillig war. Sie fühlte sich unter Druck gesetzt.

Z1: Sicher, es war unter Druck.

R: Eine Zeugin sagte, dass sie sich bei den Schülern entschuldigt haben.

Z1: Ja, wir waren mitschuld.

S: Sie waren mit ihrem Kollegen in der Klasse. Wie stellten sich die Personen vor? Als Amt für biometrische Datenerfassung oder fiel das Wort "Innenministerium"?

Z1: Ich glaube schon, dass sie "Amt für biometrische Datenerfassung" und "Innenministerium" sagten.

V: Sie haben gesagt, sie glauben?

Z1: Ich bin mir nach 2 Jahren nicht sicher. Eher aber schon.
Es war für mich klar, dass die Leute nicht von einer Behörde sind. Ich dachte, dass sie von einer Theatergruppe sind - von Seriosität bin ich nicht ausgegangen.

V: Sonst hätten sie Schülern nicht gesagt, dass sie was anderes anstatt der Stuhlproben reingeben sollen.

Z1: Ja.

V: Sie sprachen dann mit den Schülern.

Z1: Wir versuchten über die Gefahren der biometrischen Datenerfassung zu reden. Ich glaube nur nicht, dass die Aktion das verständlich machte. Wir entschuldigten uns im Nachhinein bei den Schülern.

V: Haben sie vom Festival der Regionen gewusst?

Z1: Die Volxtheaterkarawane habe ich nicht gekannt. Vom Festival der Regionen habe ich schon gewusst, die Volxtheaterkarawane habe ich vorher nicht gekannt.

S: Erklären sie mir bitte das Wort "seriÃŒs" in diesem Zusammenhang.

Z1: Ich dachte, dass es Theater war, es war von Anfang an klar, dass es eine gespielte Aktion war, dass es nicht vom Innenministerium kam.

V: Inwiefern hatten sie den Eindruck, dass die Schüler das unter Druck machten?

R: Bitte keine Suggestivfragen, nichts in den Mund legen.

V: War ihr Verhalten entscheidend für das Verhalten der Schüler?

Z1: Ja.

V: Haben sie das Gefühl, dass ihr Verhalten gemeinsam mit dem Verhalten der Volxtheaterkarawane die Schüler unter Druck setzte?

Z1: Ja.

A4: Hatten sie den Eindruck, dass die AufKlärung durch ihren Kollegen unterbunden wurde durch dessen lautstarken Rausschmiss?

Z1: Ich konnte nicht wissen, dass eine AufKlärung geplant war.

A4: Durch Schreien wurden die Schüler eingeschÃŒchtert.

Z1: Das Schreien war der letzte Versuch nachdem er es vorher mehrmals leiser versucht hatte.

A3: Wenn die Aktion mit dem Direktor abgesprochen worden wäre, wäre sie für sie ok gewesen?

Z1: Nein. Ich glaube auch nicht, dass der Direktor das erlaubt hätte.

V: Finden sie den Sinn der Aktion ok?

Z1: Ja, am Nachmittag ging ich zum Marktplatz. Ich versuchte zu sagen, dass ich die Art der Aktion nicht gut fand, den Inhalt aber schon.

R: Eine Zeugin sagte, dass sie Angst hatte, dass das WattestÀbchen infiziert war.

Z1: Ich weiss nicht, wie ich das verhindern hätte können. Ich sah das bei der Aktion nicht. Wir versuchten den Kindern die Angst zu nehmen.

Vernehmung einer weiteren Lehrerin des Stiftsgymnasium Lambach als Zeugin



R: Bleiben sie bei ihrer Aussage die sie bei der Gendarmerie abgegeben haben?

Z2: Ja.

R: An was können sie sich erinnern?

Z2: Wir waren in der Aula, es waren Projekttage. Die Kommunikation unter den Lehrer war deshalb nicht gut. Wir waren mit ca. 25 Schülern in der Aula.
Die Gruppe kam herein, A1 und A4 kamen zu mir und sagten, dass sie vom Bundesministerium für Inneres kÀmen.
Der Herr hatte einen dunklen Anzug, die Dame hatte einen Hosenanzug an. Sie Zeigten mir ein Schreiben der Republik Österreich. Meine erste Frage war ob sie beim Direktor waren, dann wäre das in Ordnung. Sie sagten "ja".
Sie sagten, dass es um biometrische Untersuchungen ginge und es für den Direktor ok war, deshalb war es auch für mich in Ordnung. Ich spielte mit Schülern Backgammon.
Ein Schüler sagte es komme ihm komisch vor. Ich lief zum Direktor, er kam in die Aula, da war ich nicht mehr dabei. Der Direktor brach die Aktion sofort ab.
Es wurde gefilmt, die Schüler fällten Formulare aus, es wurden WattestÀbchen für Speichelproben im Mund verwendet, von den Stuhlproben wurde mir später erzählt. Ich wusste auch nicht, dass die Gruppe schon vorher von meinen Kollegen in der anderen Klasse rausgeworfen wurde.
Es gab an diesem Tag einen Bauchtanz-, einen Digeridoo-Workshop. Nur an diesem Tag war eine solche Aktion möglich, in der Schule herrschte buntes Treiben.

S: Sie spielten mit 25 Schülern Backgammon?

Z2: Die Kinder spielten verschiedene Spiele. Einige Kinder wurden immer rausgerufen.

S: Welche Schüler kamen zu ihnen?

Z2: Ein Zeuge und ein anderer kamen und sagten "das ist wie versteckte Kamera" - ich lief daraufhin sofort zum Direktor.

V: Sie zählten auf was die Gruppe machte. Was sahen sie?

Z2: Ich sah ein KÃŒfferchen, WattestÀbchen, Glasampullen, eine Kamera. Die Schüler wurden nach der Klassenliste aufgerufen.

V: Empfanden sie es als bedenklich erst als die Schüler zu ihnen kamen?

Z2: Ja, ich habe mich darauf verlassen, dass die Wahrheit gesagt wurde - das war nicht der Fall.
Das ganze dauerte ca. 15 - 20 Minuten. Sie kamen um 11 Uhr 20, um 12 Uhr war das Schulprojekt zu Ende.

V: Wussten sie vom Festival der Regionen?

Z2: Nein.

V: Wir war das Erscheinungsbild der Gruppe?

Z2: weisse MÀntel, einer hatte kurze Rastalocken. Ich nahm an, dass das Studenten waren.

S: Welche Studenten?

Z2: Ich weiss nicht. Zwei Personen sahen offiziell aus. Nur einer mit Rastalocken kam mir eigenartig war.

V: Bei ihrer ersten Aussage sagten sie, dass das Aussehen sonderbar war.

Z2: Der Herr mit den Dreadlocks kam mir sonderbar vor. Vom Innenministerium war er eher nicht, vielleicht ein Student. Das Stichwort war "versteckte Kamera". Der Direktor war sehr verärgert, ich habe ihn noch nie so erlebt.
Der Direktor sagte, dass er beim Innenministerium, beim Landesschulrat angerufen und er die Leute schon rausgeworfen hatte. Die Direktion ist neben der Aula.

V: Was machte der Direktor in der Aula?

Z2: Er brach die Aktion sofort ab. Er war wÃŒtend. Die Gruppe wollte erklären und ging mit dem Direktor in die Direktion.

V: Kennen sie die Volxtheaterkarawane?

Z2: Vorher nicht, mittlerweile schon. Mein Kollege erzählte mir davon, auch von Genua. Auch von der Aktion in Schwanenstadt erfuhr ich später.

V: Wissen sie jetzt den Sinn der Aktion?

Z2: Ich sprach mit meinem Kollegen nicht darüber.

V: Eine der Zeuginnen war bei ihrer Gruppe, sie sagte bei der Gendarmerie aus, dass die Leute zum Professor sagten, dass sie vom Festival der Regionen bzw. von der Uni Wien waren.

Z2: Nein. Sie stellten sich mit Innenministerium vor, es könnte sein, dass das am Schluss erwähnt wurde. Es war eine angespannte Situation, vielleicht wurde das im Zuge der AufKlärung erwähnt. Sie sagten, dass es im Sinne der Kunst wäre die Leute über Biometrie aufzuklären, da war der Direktor dabei.

V: Ein Zeuge sagte aus, dass die Leute sagten, dass sie Forscher der EU seien, dass es ein EU-weites Projekt sei.

Z2: Nach zwei Jahren kann ich mich an das nicht mehr erinnern. Es waren mehrer Personen, ich weiss nicht mehr was alle sagten.

V: Sie sprachen mit dem Angeklagten 1 und widmeten sich dann wieder dem Backgammon.

Z2: Ja, für mich war das erledigt - leider.

V: Eine Zeuge sagte, dass die Leute von der Uni Wien seien. Ist die Aula groß?

Z2: Ja, die Aula ist ein großer Raum. Von Uni Wien hörte ich nichts.
Wer mit wem sprach kann ich nicht sagen. Ich gehe davon aus, dass die Schüler nichts dazudichteten.

V: Sie hatten die Aufsicht über die gesamte Aula?

Z2: Ich war dafür verantwortlich und ging von Tisch zu Tisch.

A4: Ich hatte damals Dreadlocks, sah ich für sie seriÃŒs aus?

Z2: Ich kann mich nicht an Dreadlocks erinnern.

A4: Ich sagte vor allen Schülern, dass ich von der Uni Wien bin, das gibt es auch auf Video. Ich sprach mit allen Schülern über die Aktion, wÀrhrend A1 beim Direktor war.

Z2: Sie filmten dann aber trotz Verbot weiter. Ich kann mich nicht erinnern, dass ca. 15 min ein AufKlärungsGespräch stattfand.

A4: Wo waren sie da?

Z2: Wahrscheinlich im Konferenzzimmer.

A4: Wir teilten Zettel an die Schüler aus. Haben sie die Fragen gelesen?

Z2: Nein.

A3: Sie waren im Konferenzzimmer nachdem der Direktor die Aktion beendet hatte?

Z2: Von einer AufKlärung bekam ich nichts mit. Es war 12 Uhr, meine Aufsichtspflicht war vorbei.

V: Hatten die Leute Sonnenbrillen auf?

Z2: Nicht alle, der mit den Dreadlocks glaube ich schon. Es war für mich nicht ungewöhnlich, es war ein heißer, schöner Tag. Die Mitglieder der Gruppe trugen Namensschilder.

A3: Hatten wir Sonnenbrillen auf auf den Namensschildern?

Z2 (aufbrausend): Sie werfen mir vor dass ich ... Sie kommen in die Schule ...
Was auf den Namensschildern stand weiss ich nicht mehr.

V: Haben sie sich die Schilder nicht angeschaut?

Z2: Nein. Ich sprach mit A1 und fragte ob der Direktor davon bescheid wusste, sie hatten ein Schreiben vom Innenministerium.

A3: können sie sich an den Inhalt des Schreibens erinnern?

Z2: später sprach ich mit dem Direktor, es sagte, dass Sachen wir "Iris Scanner" drin standen. Ich bin da drübergestolpert. Auch dem Direktor kam es beim ersten Durchlesen nicht sonderbar vor.

S beantragt einen Zeugen, Schüler des Stiftsgymnasium, zum Beweis, dass er Z2 mitteilte, dass er die Aktion sonderbar empfand. Weiters wird der Direktor neuerlich vorgeladen und zu seinem Schreiben an den Gendarmerieposten (GedÀchtnisprotokoll) befragt. Weiters soll er dazu befragt werden ob der Angeklagte 1 gesagt hat, dass "die Aktion nötigenfalls mit Polizeigewalt durchgeführt wird".

Als Beweismittel der Verteidigung wird das Buch "Kunst und Revolution" von Gerald Raunig beigeführt. Ein Abschnitt dieses Buches behandelt die Aktionen der Volxtheaterkarawane.

Die Verhandlung wird vertagz auf Donnerstag, 22. September 2005, 10 Uhr, Bezirksgericht Lambach.