Quellenangabe:
Unsichtbare Netze in der Enge von Gibraltar (vom 14.07.2005),
URL: http://no-racism.net/article/1300/,
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[14. Jul 2005]
Unsichtbare Netze in der Enge von Gibraltar
An der südgrenze Europas trafen sich über 500 AktivistInnen und KünstlerInnen um eine " zivil-strategische Gegen- beobachtung" der Meerenge zwischen Tarifa und Tanger zu entwickeln: Mit recyceltem Militärgerät ...
Die AktivistInnen und KünstlerInnen die zwischen dem 17. und 26. Juni 2005 zusammenkamen, kämpfen auf höchst qualifizierte Weise um Wissens-, Informations- und Bewegungsfreiheit. Während die G5-Staaten der EU sich in brandneuer übereinkunft anschicken, Abschiebeflüge und Meerespatroullien aus Gründen der Kosteneinsparung koordiniert auszuweiten, wurde im Juni mit der Initiative "Fada""at", was auf arabisch "zwischen den räumen" bedeutet, in der Meerenge von Gibraltar die Arbeit eines sozialen, künstlerischen und unabhängigen Medien-Projektes mit neuen Technologien aufgenommen (bzw. weiterkoordiniert, siehe unter: FEATURE - Migration/südgrenze - Teil zwei)
FADA`IAT: DIE UNSICHTBAREN NETZE DER MEERESENGE
Vierzig Kilometer trennen die HÀfen von Tarifa und Tanger. Von beiden aus ist vage der gegenüberliegende Kontinent zu sehen - für die "Europäischen MarokkanerInnen" eine Entfernung von fünfunddreiÃig Minuten Fahrt auf der Fähre. Aber für die Bevölkerung/en Marokkos ist Tarifa ein unsicherer Hafen, der nur nach monatelangem Papierkrieg um die Bewilligung eines Visums, welche fast nie erteilt wird, oder per der gefährlichen Reise in einem Boot betreten werden kann.
Dessen ungeachtet haben andere, unsichtbare Netze die Träume der beiden Kontinente zusammengeführt. Unabhängige TechnikerInnen und AktivistInnen für die Rechte der MigrantInnen haben die Enge durchquert und komplexe und plurale Gegenkoordinationspunkte entlang der grausamen Grenze errichtet - um der Hoffnung Einlaà zu verschaffen. Es war die zweite Auflage von Fada""at in den andalusischen Medien, zu deren Organisation sich mehr als fünfhundert AktivistInnen und KünstlerInnen aus ganz Europa zusammengefunden hatten.
Das Treffen war organisiert von der " technologischen Beobachtungsstelle der Meeresenge" und der "Internetplattform der Europäischen Komission der Jugend (DASH) " in Zusammenarbeit mit der Delegation für Kultur der Stadt Tarifa und zahlreichen AktivistInnen von verschiedenen Orten des Globus. Diese pluralistische Zusammensetzung reflektierte den Charakter des Treffens: Ein Ort, an welchem Kreativität und Politik ausgdrückt wurde und an dem soziale und technologische Netze sich wechselseitig unterstützen, um die Grenze als einen Ort der Beobachtung anzuzeigen.
Die OrganisatorInnen definieren die Ziele als "Markierungen innerhalb der politischen Agenda der globalen Bewegung "und als Realisierung der Notwendigkeit, die Verbindungen zwischen Untersuchungen, aufbauender Entwicklung und Widerstand gegen das aktuelle Grenzregime und die Prekarisierung der Existenz zu stärken - in dem Versuch, die kämpfe gegen die Grenze mit dem Widerstand gegen den Neoliberalismus und die Regime der Privatisierung der Informationssysteme zu verbinden." Hierzu wurden Arbeitsgruppen zur Prekarisierung, Migration und zu Karteographierung entwickelt; künstlerische Projekte wurden ebenso vorgestellt, wie technische Werkzeuge und neue Medien; vermischt mit nächtlichen Konzerten und Videofilmen, die mit Freier Software produziert worden waren. Das Schloß von Guzm"¡n El Bueno in Tarifa, über dem Hafen gelegen, von welchem aus die Berge Marokkos zu sehen sind, verwandelte sich in ein qualifiziertes Laboratorium zum Ausdruck der Stärke von Experimentierfreudigkeit und kollektiver Kreativität.
DIE ZURÃCKEROBERUNG DER MEDIEN
Nachts verwandelte sich der Schloßhof in einen Ort der Vernetzung der Netze. Die mittelalterlichen Mauern wurden zur Projektionsfläche für "streamings" ( Video-und Audioemissionen in Direktzeit, quer durch das Internet). Von verschiedenen Orten wurden andere Erfahrungen, Bilder des globlen Widerstandes, aus dem Spektrum des Netzes übertragen. Aus Tanger wurde direkt die dort stattfindende Entwicklung der Arbeitsgruppen kommentiert.
Dort befanden sich einige MitgliederInnen von Indymedia um ein lokales "nodo" (vernetzter Pool unabhängiger Seiten und Medien) mit Interessierten an der Projektzusammenarbeit einzurichten. Indymedia-Estrecho, als unabhängiges Medium zwischen den beiden Ufern konzipiert, in arabischer und spanischer (castellano) Sprache, ist eine Website freier, öffentlicher Gegeninformation und vernetzter Teil anderer entsprechender Seiten, in mehreren ländern der ganzen Welt. Diese Art von Arbeitsgruppen wird in den Folgemonaten an verschiedenen Orten Marokkos fortgesetzt werden. Osfa, der Organisator von Fada""at: " für uns ist es ein sehr heikles Projekt. Einerseits sehen wir die Relevanz eines solchen Projektes in einem Land, indem es keine Meinungs-und Ausdrucksfreiheit gibt; anderseits sind wir uns der Schwierigkeiten bewußt, die ein Zugang zu diesem Netz hier mit sich bringt und das dies zu einer Einschränkung der Verbreitung von Indymedia führen kann." So drehten sich einige der Debatten dieser Tage darum die Möglichkeiten zur Stärkung der sozialen Netze in Marokko zu reflektieren und die bestehenden Verbindungen zu festigen, um beim nächsten Mal eine größere Präsenz in Marokko aufbieten zu können.
TECHNOLOGISCHE BEOBACHTUNG DER MEERESENGE (als permanente Basis)
Bereits im letzten Jahr zeigte sich die Notwendigkeit, einen dauerhaften Arbeitsort in Tarifa einzurichten, von dem aus die folgenden Treffen angestoßen und organisiert werden können, ebenso wie die entsprechende Ausstattung der Infrastruktur der lokalen Netze und die Einbeziehung entsprechender, technologischer Arbeitsgruppen. Dieses Projekt realisierte sich über das "technische Beobachtungszentrum der Meeresenge" , welches nach dem Festival eingeweiht worden war. Die Promoter sind KünstlerInnen und AktivistInnen eines organisierten, Europäischen Netzes. Die erste Aktivität, die an seinem Sitz, der kulturellen Aula der Stadt Tarifa, stattfand, war die Schaffung eines Videostudios, das ein Laboratorium der Neuen Medien auf Dauer und in permanenter Entwicklung darstellt. Eines der künftigen Ziele ist einen Sitz in Tarifa und einen in Tanger zu unterhalten und somit eine symbolische - und BRücke der Kommunikation zu errichten: Ein unabhängiges, drahtloses Netz, welches die beiden Kontinente verbindet.
Einige Inhalte und Projekte des Treffens:
MAKROLAB-Marko Peljhan: GEGENBEOBACHTUNG DER GRENZE
Makrolab ist eine Gruppe von Personen und Zusammenschluß von Projekten, die auf künstlerische Weise Militärische Nutzung und technische Einrichtungen unterwandern. Während des Fada""at - Treffens hat Makrolab in einem Test die Funktion der Möglichkeit unter Beweis gestellt, eine dauerhafte Monitorbeobachtung der Bewegungen in der Meeresenge realisieren zu können. Mit recycelter Militärtechnologie, genau mit Marineradargeräten zeichnete Marko Peljhan den Schiffsverkehr auf und erstellte mit Aufnahmegeräten für Schallwellen, eine "Informations-Karte" des Nachrichtenflußes, welchen das überwachungsystem der Meeresenge unterhält. Diese gleichzeitige Anwendung von Technologien ermöglicht die Entwicklung einer " taktischen, zivilen Gegenbeobachtung" und mit dieser zu arbeiten.
http://www.makrolab.ljudmila.org
Blinde Zone - Universität Tangente : KARTEOGRAPHIEN
Im vergangenen Jahr wurde eine Karte zur Auslegung der technologischen und sozialen Koordinaten, die sich im Feld der Meeresenge abzeichnen, erstellt und als Basis für eine Kritik derselben vorgestellt. Während des Treffens wurden Software-Basen entwickelt, welche die weitere Erstellung von Karten ermöglichen und diese zur freien Verfügung, zum freien Gebrauch und zur Konfiguration ins Netz zu stellen.
http://www.u-tangente.org
FFTV:
für die Tage des Treffens wurde zeitweise ein konventioneller Fernsehsender eingerichte, der im lokalen Bereich von Tarifa, der Meeresenge und im Netz ausstrahlte. "Fada""at Foobar TV" hat primär zum Ziel, die terrotorialen Orte der Aktionen mit den Häusern der EinwohnerInnen Tarifas zu verbinden und ihnen somit die Möglichkeit der Teilnahme an lokalen Entwicklungen zu bieten; aber auch an Videoaktionen und Dokumentationen aus anderen Teilen Europas und Marokkos.
V2V - GRENZAKADEMIE
Manche der Arbeits-und Gesprächsgruppen wurden von der Borderline Academy abgehalten und sind unter deren Web-Site abrufbar. V2V ist eine Vereinigung die hochqualitative Videos, unter Verwendung von Technologie und Netzen P2P ( von Nutzer zu Nutzer ) im Netz verteilt. Das Projekt basiert auf Freier Software und die Arbeiten sind auf der Ebene freier Beiträge lizenziert und können ohne Einschränkungen angesehen, kopiert und weiterverteilt werden,
http://www.v2v.cc/