Quellenangabe:
ÖVP-Wien will 'Pro Life'-Aktivistin in den Gemeinderat bringen (vom 09.10.2005),
URL: http://no-racism.net/article/1379/,
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[09. Oct 2005]
Mit Gudrun Kugler-Lang befindet sich eine Aktivistin der Anti-Abtreibungs Bewegung "Pro Life" unter den KandidatInnen der ÖVP für den Wiener Gemeinderat.
Ihr Motiv für das Engagement in der Wiener Politik und der ÖVP sei "die Verteidigung der Würde jedes Mitglieds der menschlichen Familie", verkündet Gudrun Kugler-Lang von der Homepage der ÖVP-Wien. "Ungeborene Kinder sollen willkommen sein", heißt es dort weiter.
Die Kandidatur einer "Pro Life"-Aktivistin auf dem Listenplatz Nummer 18 stellt nur einen weiteren Höhepunkt einer bereits länger existierenden Zusammenarbeit zwischen radikalen AbtreibungsgegnerInnen und der ÖVP dar. Bereits im Vorfeld der steirischen Landtagswahl intervenierte die Organisation Human Life International (HLI) zugunsten der ÖVP. "Wir haben (...) auch in der Steiermark mobil gemacht und dort in den letzten Tagen all unsere Möglichkeiten ausgeschöpft und an über 13.000 Mitbürger in der Steiermark einen Gebetsaufruf und eine Wahlempfehlung für Waltraud Klasnic ausgesprochen", so HLI-Chef Dietmar Fischer im kath.net-Interview. Klasnic sei "eine Lebensschützerin von Anfang an", begründet die HLI- und "Pro Life"-Symbolfigur Fischer das Engagement.
Dass mit Gudrun Kugler-Lang nun sogar eine "Pro Life"-Aktivistin auf ÖVP-Mandat in den Wiener Gemeinderat gehievt werden soll, kommentiert Dietmar Fischer mit den Worten: "Gott sei Dank ist es gelungen, eine echte Pro-Life-Kandidatin bei der kommenden Wiener Landtagswahl auf die ÖVP-Liste zu bringen." Fischer zu folge soll Kugler-Lang mit einem Vorzugsstimmenwahlkampf unterstützt werden, "sodass in Zukunft in der ÖVP und somit im ganzen Wiener Landtag das Thema Lebensschutz und christliche Familienpolitik einen besonderen Stellenwert einnehmen wird."
Was darunter zu verstehen ist, wird mit Blick auf die Geschichte von HLI und "Pro Life" sehr schnell klar. Insbesondere in den USA haben radikale AbtreibungsgegnerInnen seit den 1970er Jahren zum Teil sogar durch terroristische und kriminelle Aktionen wie Bombenlegen, Mord und Mordversuche an ÄrztInnen, die Abtreibungen durchführen, ein Klima der Angst verbreitet. Auch wenn die meisten "Pro Life"-Gruppen sich von diesen Taten offiziell distanzieren, sind diese für ihre Ziele durchaus brauchbar. So finden sich in den USA immer weniger ÄrztInnen die bereit sind Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen. Da Abtreibungen dort auch im Studium nicht mehr verpflichtend durchgenommen werden, fehlt in Zunehmenden Maße nicht nur die Bereitschaft sondern auch schlicht und einfach die nötige Fachkenntnis um Schwangerschaftsabbrüche durchführen zu können.
Auch in Österreich sind die "Pro Life"-AktivistInnen sehr aktiv. Gezielte Belästigungen vor Abtreibungskliniken, NS-Verbrechen relativierende Wortschöpfungen wie "Babycaust" oder Texte in denen das Medikament Mifegyne mit Zyklon B, das die Nazis zum Massenmord in den Gaskammern verwendeten verglichen wird, machen deutlich in welchem Teil des politischen Spektrums die AktivistInnen um Dietmar Fischer und Gudrun Kugler-Lang zu verorten sind.
Die Aktivitäten der radikalen AbreitungsgegnerInnen waren auch im roten Wien in den vergangenen Jahren verstärkt von Erfolg gekrönt. Etwa musste die Mairo-Klinik im zweiten Bezirk vor einiger Zeit schließen, da dem systematischen Terror der Anti-Abtreibungs-AktivistInnen nichts mehr entgegen gesetzt werden konnte, nachdem das Gebäude in dem sich die Klinik befand von HLI gekauft wurde. Heute befindet sich dort eine von den BetreiberInnen als "Baby-Holocaust-Museum" betitelte rechte Propagandastätte.
Mit Gudrun Kugler-Lang wollen die revisionistischen AktivistInnen aus dem Umfeld von HLI-Österreich nun ihren politischen Einfluss weiter ausbauen. "In den nächsten drei Wochen sind wir neben unserer alltäglichen Rettungsarbeit in den Lebenszentren und vor den Tötungsstätten (sic) vor allem im Wiener Wahlkampf zugunsten der christlichen Pro-Life-Kandidatin Gudrun Kugler-Lang engagiert", so Dietmar Fischer zu den kurzfristigen Zielen der radikalen AbtreibungsgegnerInnen in Österreich. Die langfristigen Ziele sollen dann offensichtlich sowohl auf der Straße, als auch innerhalb der ÖVP verwirklicht werden. Schließlich handelt es sich um die Partei, die schon in den 70er Jahren gegen die Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen war und die entsprechende Gesetzesänderung damals gemeinsam mit der katholischen Kirche um jeden Preis verhindern wollte.
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