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Quellenangabe:
Amnesty fordert neuen Prozess zum Tod von Seibane Wague (vom 16.11.2005),
URL: http://no-racism.net/article/1460/, besucht am 28.03.2024

[16. Nov 2005]

Amnesty fordert neuen Prozess zum Tod von Seibane Wague

Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei und Justiz nach dem Skandalurteil im Prozess zum Tod von Seibane Wague. Das Urteil sei das Ergebnis "gesetzgeberischer Feigheit", ein zweiter Strafprozess sei "zwingend notwendig".

"Wäre die Polizei ein Privatbetrieb, müsste man ihn sofort zusperren", sagte der Generalsekretär von Amnesty International Österreich (AI) Heinz Patzelt am Mittwoch, 16. November 2005. Es werde "nicht nach Ziel, sondern nach Zeit ausgebildet", außerdem sei die Ausbildung nicht für alle Polizisten gleich.

"Da werden Leute vorsätzlich auf die Straße geschickt, die nicht das können, was sie eigentlich können sollten."

Patzelt bezeichnete es als "unerträglich, wenn statt strafrechtlicher Konsequenzen nichts passiert und vom Innenminister vorab freigesprochen wird".

Die Polizei müsse "jederzeit in der Lage sein, Menschen zu helfen" und sei die "wichtigste und unverzichtbarste Einrichtung, um Menschenrechte zu schützen".

AI stellte bei der Polizei "keine gesicherte Absolvierung vorgeschriebener Ausbildungsinhalte" und "Dienst der Beschuldigten trotz unterdurchschnittlichem Ausbildungsstand" fest.

Dazu kämen "unzureichende Schulung von Fixierungen" bzw. "Fixierungstechniken in Eigenregie" und die "angebliche Nichtkenntnis von Informationsbriefen", deren "verbindlicher Charakter angeblich unbekannt" war.

Eine Mitarbeiterin von Ammesty berichtete weiters, dass sowohl der damalige Innenminister Ernst Strasser als auch Polizeipräsident Peter Stiedl noch vor Durchführung einer unabhängigen Untersuchung die Amtshandlung als "entsprechend den Vorgaben und der Situation angepasst" bezeichnet hatten.

Für Amnesty stellt der Prozessablauf ein "unfaires Verfahren wegen fehlender Unabhängigkeit" dar: "Die Polizei ermittelt gegen sich selbst, Innenminister spricht Polizisten unmittelbar danach von jeder Verantwortung frei."

Darüber hinaus sei ein Urteil zweieinhalb Jahre nach dem Todesfall ebenfalls "unfair", weil dadurch "Wahrheitsfindung und Beweiswürdigung erheblich beeinträchtigt sind".

Quelle: orf.at