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Quellenangabe:
Noch kein Urteil im letzten Operation Spring-Prozess (vom 24.11.2005),
URL: http://no-racism.net/article/1467/, besucht am 22.12.2024

[24. Nov 2005]

Noch kein Urteil im letzten Operation Spring-Prozess

Am 24.11.2005 fand der vorerst letzte Prozesstag im Verfahren gegen Emmanuel Chukwujiekwu statt. Urteil wurde keines gesprochen, der Prozess auf den 29.12.2005 vertagt.
Gegen den Anwalt von Emmanuel Chukwujiekwu, Lennart Binder, wurden Ermittlungen wegen Verleumdung eingeleitet.

Der Prozess hätte im dritten Rechtsgang nach 40 Verhandlungstagen abgeschlossen werden sollen. Der Zeitplan war jedoch nicht einzuhalten da der Akt, der zur Gänze verlesen wird, 19 Bände umfasst.

Zum Hintergrund

Im Mai 2001 war Emmanuel Chukwujiekw nach dem Suchtmittelgesetz zu neun Jahren Haft verurteilt und in der Begründung als "Massenmörder unserer Jugend" bezeichnet worden. Der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidung auf, im zweiten Rechtsgang wurde er mangels Beweisen :: freigesprochen. Dies hätte eigentlich :: Konsequenzen nach sich ziehen müssen, doch die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel ein, denen der :: OGH statt gab. Die Verhandlung wird seit Oktober 2003 neu aufgerollt.

In den Verhandlungen zeigten sich Ungereimtheiten, die für Diskussionen sorgten. Der für die Ibo-Sprache zugezogene Dolmetsch hatte unvollständig und zum Teil falsch übersetzt. Video-Bänder der Polizei erwiesen sich als teilweise unbrauchbar.

Bei den heutigen Verlesungen kämpfte der Richter vor allem mit den Ergebnissen der Rufdaten-Erfassung. "Wer mit wem telefoniert hat, lässt sich aus dieser Aufstellung nicht entnehmen", erklärte er. Ein Gesprächsteilnehmer war von der Polizei lapidar als "Unbekannter Täter Nummer 270" bezeichnet worden. Ein 32 Sekunden dauerndes Gespräch wiederum hatte man lediglich mit der lapidaren Feststellung "Anmerkung: Ibo-Dialekt" versehen. Die Übersetzung fehlte.

Ein Teil der Telefon-Überwachungs-Protokolle sei nicht mehr verfügbar, Anmerkung des Richters: "sie können daher auch nicht mehr übersetzt werden".

Auf Anfrage des Angeklagten, was die Übersetzungen im Protokoll sollen da der Übersetzer bewiesenermaßen nicht Ibo kann gibt der Richter an, dass im Beweisverfahren die Protokolle trotzdem verlesen werden müssen, der Rest sei Sache der Beweiswürdigung.

Teilweise waren sogar die Inhalte der Telefongespräche nicht mehr eruierbar, "weil sämtliche Aufzeichnungen dieses eines Lauschangriffs nicht mehr erhältlich sind", so der Richter. Die Anklagebehörde teilte auf Anfrage mit, dass die Festnetz-Überwachungen für den Zeitraum 21. Jänner bis 10. März 1999 fehlen. Sie seien auf Grund technischer Probleme "nicht mehr abrufbar".

Gegen den Anwalt von Emmanuel Chukwujiekwu, Lennart Binder, wurden von seiten der Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Verleumdung eingeleitet. Binder hatte bereits am :: 38. Verhandlungstag, 16.11.2005, Richter Wilhelm Mende wegen Befangenheit abgelehnt, weil ihm Informationen vorlägen, wonach dieser, ein Staatsanwalt und eine U-Richterin einen zunächst anonymisierten Zeugen zu einer falschen ZeugInnenaussage angestiftet hätten. Dem als "AZ 3000" bekannt gewordenen Zeugen wären in seinem Verfahren 13 Jahre Haft angedroht worden, sollte er nicht andere Angeklagte belasten. Der Mann hatte gegen in Operation Spring-Prozessen angeklagte Menschen ausgesagt (siehe :: übersetztes Interwiew mit AZ 3000).

Der Befangenheitsantrag gegen Richter Mende wurde vom Senat formell gar nicht behandelt, sondern unter Verweis auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs (OGH) als verfristet zurück gewiesen. Begründung: "AZ 3000" hatte die Justiz schon im Mai 2003 der Anstiftung zur Falschaussage bezichtigt. Binder habe davon Kenntnis gehabt und hätte daher binnen 24 Stunden einen Befangenheitsantrag stellen müssen.

Gegen den Anwalt wurde ein so genanntes Tagebuch wegen des Verdachts der Verleumdung angelegt. Vorerhebungen laufen. Binder hatte in einem Interview unter anderem erklärt, in den Operation Spring-Verfahren wäre "vom rassistischen Gehabe von vornherein geplant gewesen, sie (die Angeklagten, Anm.) zu verurteilen." Die Polizei habe "die Justiz übernommen", die RichterInnen wären "in Wirklichkeit nur mehr das Anhängsel der Polizei". Binder wurde deswegen auch bei der Rechtsanwaltskammer angezeigt, so dass sich der Disziplinarsenat mit ihm befassen muss.

nächster Verhandlungstermin:
Donnerstag, 29. Dezember 2005, 9.15 Uhr, Saal 303
Landesgericht für Strafsachen
Wickenburggasse 18 - 20, 1080 Wien

Quellen: www.afrikanet.info, APA, Recherchen von no-racism.net