Quellenangabe:
Diskriminierung homosexueller NS-Opfer (vom 22.01.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1534/,
besucht am 21.11.2024
[22. Jan 2006]
Homosexuelle NS-Opfer werden nur rehabilitiert, wenn sie zuvor selbst Angehörige der NS Staatsmacht waren. Alle anderen werden nicht als Opfer anerkannt.
Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL) sieht dringenden Handlungsbedarf angesichts jüngster Anfragebeantwortungen der Justiz- und der Sozialministerin. Gastinger und Haubner bestätigen darin, dass die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus nach wie vor nicht rehabilitiert sind. Einzige Ausnahme: homosexuelle VertreterInnen der NS-Staatsmacht selbst!
Am 1. Juli 2005 ist das Anerkennungsgesetz 2005 in Kraft getreten, mit dem sämtliche Urteile aus der Nazizeit aufgehoben wurden, die auf „typisch nationalsozialistischem Unrecht“ beruhen. Desweiteren wurde „sexuelle Orientierung“ als Anspruchsgrund in das Opferfürsorgegesetz eingefügt.
Nach wie vor nicht enthalten sind homo- und bisexuelle Opfer des Nationalsozialismus jedoch in den Wiedergutmachungsbestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), sodass ihre Haft- und KZ-Zeiten immer noch nicht als Pensionszeiten zählen, die ihrer dortigen Peiniger jedoch schon. Diese standen ja in einem Dienstverhältnis.
Die grüne Justizsprecherin Terezija Stoisits, hat daher Anfragen an Justizministerin und Sozialministerin gestellt. Sie wollte darin insbesondere wissen, ob Verurteilungen im Dritten Reich wegen homosexueller Kontakte als "typisch nationalsozialistisches Unrecht" angesehen werden und warum homo- und bisexuelle Opfer des Nationalsozialismus in die Wiedergutmachungsbestimmungen des ASVG wieder nicht aufgenommen wurden.
Die Beantwortungen durch die Ministerinnen sind ernüchternd. Verurteilungen wegen homosexueller Kontakte seien kein "typisch nationalsozialistisches Unrecht" und die entsprechenden Verurteilungen daher nach wie vor aufrecht, so Justizministerin Gastinger. In diesem Sinne auch Haubner bezüglich Entschädigungen nach dem Opferfürsorgesetz. Haubner sieht auch keine Notwendigkeit, die Haft- und KZ-Zeiten der homosexuellen Opfer des NS-Regimes als Pensionszeiten anzurechnen, so wie dies für rassisch und politisch Verfolgte bereits vor langem geschehen ist.
Stattdessen verweisen die Ministerinnen darauf, dass Angehörige der Wehrmacht, der SS- oder von Polizeiverbänden, die selbst unter die Räder der anti-homosexuellen Verfolgung gerieten, im Gegensatz zu Zivilpersonen umfassend rehabilitiert wurden. Bereits 1946 wurden ihre Verurteilungen aufgehoben und 2005 folgte nun die sozialversicherungsrechtliche Entschädigung durch Anerkennung ihrer Haftzeiten als Pensionsersatzzeiten.
"Es ist schier unerträglich, dass nur jene Opfer der NS-Homosexuellenverfolgung rehabilitiert werden, die zuvor VertreterInnen der NS-Staatsmacht waren", sagt der Wiener Rechtsanwalt Helmut Graupner, Präsident der Homosexuellen-Bürgerrechtsorganisation Rechtskomitee LAMBDA. "Das Parlament muss endlich den Entwurf eines umfassenden Rehabilitierungsgesetzes aufgreifen, der dort seit Monaten unbehandelt liegt".
Quelle:
www.RKLambda.at