Quellenangabe:
Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh: Aktivisten droht Schließung seines Telecafés (vom 03.02.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1550/,
besucht am 27.12.2024
[03. Feb 2006]
Am 7. Jänner 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Zelle. Am selben Tag starb auch :: Laye Kondé in den Händen der deutschen Polizei. Die Täter laufen weiterhin frei herum; statt diese zur Rechenschaft zu ziehen, werden die Opfer zu TäterInnen gemacht.
Oury Jalloh verbrannte gefesselt an Händen und Füßen in einer Dessauer Polizeizelle. Daraufhin gründete sich die "Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh" und forderte Aufklärung seiner dubiosen Todesumstände. Durch viel Druck schaffte es die Initiative die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, sogar die ARD berichtete in einem Dokumentarfilm ausführlich über den Fall. Doch anstatt die Verantwortlichen für den Tod Oury Jallohs zur Rechenschaft zu ziehen, setzen staatliche Behörden Mouctar Bah, einen Freund Ourys, unter Druck.
Pressemitteilung der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh vom 30-01-2006
In Dessau verbrannte ein Mensch, Oury Jalloh, in einer Polizeizelle - gefesselt an Händen und Füßen. Seit seinem Tod am 7. Januar 2005 wurde den Forderungen nach Aufklärung, Gerechtigkeit und Entschädigung nur auf zynischste Weise begegnet und zwar mit Vertuschung, Ungerechtigkeit und Straflosigkeit. Nun wird der Mensch kriminalisiert und verfolgt, der sich als einer der wenigen für die Aufklärung der Todesumstände eingesetzt hat: Mouctar Bah, Freund von Oury Jalloh und Vertreter dessen Familie in Deutschland und nicht etwa die Personen unter deren Verantwortung Oury Jalloh starb. Sein Telecafé in Dessau soll am 7. Februar 2006 geschlossen und ihm die Gewerbelizenz entzogen werden.
Der Laden war schon immer ein Dorn im Auge mancher Leute in Dessau. Es ist ein Ort, an dem sich afrikanische Menschen aus Dessau und Umgebung treffen, miteinander und mit ihren Familien reden und sich ein bisschen sicherer fühlen können als auf der Straße.
Bereits 2004 wollte das Ordnungsamt Dessau den Laden schließen mit der Begründung, dort würden illegalerweise Lebensmittel verkauft. Dieser Vorwurf stellte sich jedoch als haltlos heraus, da Mouctar Bah eine entsprechende Lizenz besitzt. Auch eine Ladendurchsuchung konnte keinen Vorwurf gegen ihn belegen. Ein Jahr lang hatte das Landesverwaltungsamt Halle den Fall auf dem Tisch. Nichts wurde unternommen, denn laut eines Mitarbeiters des Amtes, gäbe es keinen Grund, ihm die Gewerbelizenz zu entziehen. Aber dann starb Oury Jalloh und Mouctar Bah hat einfach das getan, was von allen Menschen in einem Land, wo "Nie Wieder" angeblich Bedeutung beigemessen wird, zu erwarten ist. Er hat sich für Aufklärung und Gerechtigkeit eingesetzt. Jetzt muss er die Folgen tragen und sein Engagement wird bestraft.
Offiziell heißt es: Mouctar Bah duldet, dass sich Menschen, die im Stadtpark Drogen verkaufen, in seinem Laden aufhalten. Kein Wort über Kauf oder Konsum im Laden, auch keine Beweise. Doch die rassistische Zuschreibung "Schwarze Haut = Drogendealer" scheint auszureichen.
Mouctar Bah soll eine dauerhafte Gewerbeuntersagung erteilt werden - aus "öffentlichem Interesse". Herr Bah hat mittlerweile sämtliche juristischen Mittel ausgeschöpft, um seinen Laden zu schützen. Auch das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat seine Beschwerde abgelehnt. Jetzt, ein Jahr nach Oury Jalloh’s Tod, erhielt er einen Brief vom Ordnungsamt Dessau, dass sein Laden spätestens am 7. Februar 2006 geschlossen sein muss. Dadurch wird die Existenzgrundlage von Mouctar Bah und seiner Familie entzogen.
Die offensichtliche Kollaboration der staatlichen Institutionen dient der Leugnung jeglichen Zusammenhangs zwischen Rassismus, dem Tod von Oury Jalloh und der Schließung des Ladens von Mouctar Bah. Diese Vorgänge in so einer bürokratischen und lautlosen Art und Weise zeigen deutlich die Intention, die Wahrheit über den Tod von Oury Jalloh zu vertuschen und jeglichen Widerstand gegen solche unmenschlichen und undemokratischen Maßnahmen zu brechen.
Wir fordern nach wie vor:
Diese Pressemitteilung wurde am 30. Jänner 2006 von der Flüchtlingsinitiative Dessau, der Antirassistischen Initiative Berlin (ARI), der Plataforma der Flüchtlinge und MigrantInnen und vom The Voice-Refugee Forum, als Teil der Initiative in Gedenken an Oury Jallow herausgegeben.