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Quellenangabe:
Repression in Italien (vom 22.03.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1606/, besucht am 21.11.2024

[22. Mar 2006]

Repression in Italien

Seit über einem Jahr sind AnarchistInnen und andere soziale RebellInnen in Italien mit einer harten Repressionswelle konfrontiert.

Zwar war der Repressionsapparat auch davor niemals untätig, aber vor allem im letzten Jahr fand eine enorme Zahl von Operationen gegen Companer@s in ganz Italien statt um sie und ihre Kämpfe - gegen Abschiebegefängnisse und Knäste im Allgemeinen - zu kriminalisieren. Ziel dieser Operationen waren meist AnarchistInnen, aber nicht nur - erst kürzlich waren auch viele AntifaschistInnen betroffen.

Auf internationaler Ebene, vorüberwiegend in Griechenland und Spanien, gab es einige Solidaritätsaktionen. In Spanien fand daraufhin eine unglaubliche Repression gegen Companer@s, die sich mit den AnarchistInnen in Italien solidarisch zeigten, statt.

Dass einige der kriminalisierten AnarchistInnen in die Aktivitäten von Anarchist Black Cross Italien involviert sind, zeigt wieder einmal wie interessant die Arbeit unseres Netzwerkes und von anderen Anti-Knast-Gruppen/ Gefangenenunterstützungsgruppen für den repressiven Apparat ist.

Wir versuchen hier die Ereignisse des letzten Jahres kurz zusammenzufassen um einen Eindruck über die aktuelle Situation in Italien zu geben, wollen allerdings keine weiterführenden Analysen anstellen.

Besonders auffällig und wichtig ist, dass Justiz und Polizei in allen Operationen gegen AnarchistInnen versuchen die Form der "Bezugsgruppen" zu kriminalisieren: der Paragraph 270, "klassische" subversive Vereinigung für Terrorismus, wurde erst kürzlich verändert um auch die "Bezugsgruppen" miteinzuschließen.

Justiz und Polizei nehmen an, dass die Gruppen gegen die sie die Operationen durchgeführt haben, auf zwei Ebenen basieren. Erstens auf einer öffentlichen Ebene, womit das Organisieren von Demonstrationen, Infoveranstaltungen und insbesondere Antiknastveranstaltungen (dieser Punkt wurde immer von den Polizeibehörden betont) gemeint ist. Und zweitens auf einer subversiven Ebene in der "Bezugsgruppen", manchmal gemeinsam mit anderen "Bezugsgruppen", gewalttätige Angriffe durchführen.

Sie sehen dies als eine konstitutive Praxis der "anarchistischen Aufständischen", die in Italien, aber nicht nur da, als politisches Böse gesehen und oft auf dieselbe Ebene mit dem so genannten radikal-islamischen Terrorismus gestellt werden. In allen informativen Papieren der Antiterror-Polizei werden diese beiden Gruppierungen als aktivste und gefährlichste Erscheinungen bezeichnet.

Während wir diese Broschüre geschrieben haben, wurde am 16. Januar 2006 Rose Ann Scrocco, die lange Zeit auf der Flucht vor den italienischen Behörden war, während einer gemeinsamen Operation der italienischen R.O.S. (eine Spezialeinheit der Carabinieri) und der niederländischen Polizei verhaftet. Die Anarchistin Rose Ann Scrocco wurde während des "Marini-Prozess" zu 30 Jahren Haft verurteilt und von den italienischen Behörden auf die Liste der 30 meistgesuchten Menschen gesetzt.

Die "Mitgliedschaft" in der F.A.I. (Anarchistische Informelle Föderation), ein in Italien seit ein paar Jahren aktives Netzwerk klandestiner Gruppen, ist ein Grund, der viele Companer@s auch ohne irgendwelche Beweise ins Gefängnis gebracht hat.

Es ist wichtig zu verstehen, dass mit diesem Konstrukt der Bezugsgruppen es vielleicht nur noch eine Frage der Zeit sein könnte bis die meisten von uns sich im Gefängnis wieder finden, da es offensichtlich schon ausreicht Freundschaft und politische Ideen mit anderen Companer@s zu teilen um Mitglied in einer so genannten terroristischen Vereinigung zu sein.

Es liegt an unserer Kreativität dieser Situation entgegenzutreten, die Verhafteten unsere Solidarität spüren zu lassen, als auch weiterzukämpfen und uns nicht von ihren vielen Wegen der Repression einschüchtern zu lassen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig daran zu erinnern, dass die italienischen Behörden immer die Existenz eines südeuropäischen Dreiecks von Aufständischen, Italien - Spanien - Griechenland, betont.

Leider ist der Mangel an Solidaritätsaktionen für italienische AnarchistInnen im restlichen Europa nur ein weiterer Beweis im Verfahren: es liegt, einmal mehr, an uns, zu zeigen dass das System nicht nur vor diesem konstruierten Dreieck Angst haben muss, sondern vor jeder individuellen Handlung auf dieser Welt...

Dies ist der Einleitungstext zur Broschüre "Repression gegen AnarchistInnen und AntifaschistInnen in Italien" von :: Anarchist Black Cross Berlin, erschienen im Februar 2006.