Quellenangabe:
Dessau: 1000 fordern Gerechtigkeit und Aufklärung des Mordes an Oury Jalloh (vom 02.04.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1620/,
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[02. Apr 2006]
Mehr als 1000 Menschen demonstrierten am 1. April 2006 in Dessau für die Aufklärung des Todes von Oury Jalloh, der am 7. Jänner 2005 im Polizeigewahrsam verbrannte. Doch die Vertuschung geht weiter...
Ab 13:00 Uhr trafen sich über 1000 Menschen am Dessauer Hauptbahnhof, um gegen rassistische Staatsgewalt, Vertuschung und Straflosigkeit zu protestieren. Ungefähr um 15:00 Uhr ging's los, nach dem die Busse aus Hamburg und Bremen auch die letzten Polizeikontrollen überwunden hatten. Die Demo war schön laut und bunt. Die Polizei war eher sparsam vertreten, hat aber viel gefilmt.
Im folgenden dokumentieren wir eine Aussendung der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh vom 31. März 2006:
In den wenigen Tagen vor der bundesweiten Demonstration in Dessau für Aufklärung, Gerechtigkeit, Entschädigung im Mordfall von Oury Jalloh sind wir wiederholt mit der traurigen Wirklichkeit des institutionellen Rassismus und den Versuchen konfrontiert, dies zu vertuschen.
Zum einem haben wir gestern die Information von einer Journalistin und einem Menschen aus Dessau bestätigt bekommen, dass es jetzt entschieden worden ist: die Nebenklage der Eltern Oury Jallohs wurde abgelehnt. Nach wie vor bezweifeln sie, ob die Eltern tatsächlich die Eltern sind. Das, obwohl die verkohlte Leichnam von Oury Jalloh schon im März letztes Jahres zurück an die Eltern in Zusammenarbeit mit der Botschaft von Guinea geschickt worden ist.
Aber die Vertuschung des Mordes an Oury Jalloh geht viel, viel weiter als die koordinierten Versuche ein Gerichtsprozess zu verhindern und die Ausschließung der Familie und deren RechtsanwältInnen. Um die Vertuschung vollständig machen zu machen, müssen eben die Stimmen die sich dagegen aussprechen zum Schweigen gebracht werden. Dies ist der wahre Grund warum sie das Telecafé von Mouctar Bah geschlossen haben – aus "öffentlichem Interesse". Obwohl sie behaupten, dass es um was anders geht, der Laden sei "stark frequentiert (Stadt Dessau)" von der Drogenszene und Mouctar habe nicht genug unternommen um Drogen von der Straße fernzuhalten. Da viele daran eine politisch-motivierte Bestrafung sehen, wurde eine "kleine Anfrage" beim Landstag gestellt, wo u.a. gefragt wurde: "Stellt die Polizei zwischen dem sich dort befindenden Callcenter [Mouctar Bah's Telecafé] und den Straftaten einen Zusammenhang her? Wenn ja, welchen? Wie wird das begründet?" Die Antwort von der Landesregierung, die gezwungen war ihre polizeilichen Kenntnisse offen zulegen lautete: "Der Landesregierung ist ein 'dort befindliches Callcenter' nicht bekannt." Das nennen wir Polizeiterror. Wir fordern Entschädigung für die Verfolgung von Mouctar Bah!
Letztens verurteilen wir die Versuche die Demonstration am kommende Samstag zu kriminalisieren und die Versuche uns davon abzuhalten, dass wir unsere Meinung in der Öffentlichkeit tragen: OURY JALLOH WURDE IN EINER POLIZEIZELLE ERMORDET.
Die Stadt Dessau und Polizei tun alles um Angst zu schüren, uns als "gewaltorientiert" zu bezeichnen und um unsere Stimme zum Schweigen zu bringen. Heftige Auflagen wurden uns aufgezwungen, u.a. dass wir das Wort Mord nicht benutzen dürfen. Die Widerspruch dagegen ist beim Verwaltungsgericht Dessau gescheitert. Die Ablehnung basiert sich zum Teil aus einem Urteil aus Frankfurt von... 1976 (!) Außerdem bestätigt das Gericht die extreme Gefahrenprognose der Polizei. Ihre Begründung: Zum Teil gelogene Einzelfälle von zwei vorherigen Demonstrationen in Dessau bezüglich des Mordes an Oury Jalloh, wobei sie jeweils zwei Beispiele benutzen, um die Forderungen nach Aufklärung, Gerechtigkeit und Entschädigung zu kriminalisieren. Unsere Beschwerde liegt zur Zeit beim OVG-Magdeburg.
Wir rufen alle solidarischen Menschen dazu auf, an der Demonstration teilzunehmen. Außerdem machen wir bekannt, dass wir eine friedliche Demonstration durchsetzen wollen und alle Provokationen und Eskalationen deutlich ablehnen. Wir fordern die Behörden dazu auf, unsere Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu respektieren und keine Gewalt auf einer Demonstration wo viele Flüchtlinge und MigrantInnen erwartet werden, ausüben!
AUFKLÄRUNG, GERECHTIGKEIT, ENTSCHÄDIGUNG
FÜR EINE FRIEDLICHE DEMO UND EINE SOFORTIGE ERÖFFNUNG EINES ÖFFENTLICHEN PROZESSES IM MORDFALL OURY JALLOH
SOFORTIGE ANERKENNUNG DER ELTERN OURY JALLOH´S
BESTRAFUNG UND ENTSCHÄDIGUNG FÜR DIE VERFOLGUNG VON MOUCTAR BAH!
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, Berlin, 31.03.2006