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Quellenangabe:
Misshandlung eines Schubhäftlings (vom 14.04.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1632/, besucht am 21.11.2024

[14. Apr 2006]

Misshandlung eines Schubhäftlings

Nach einer verhinderten Abschiebung am 7. April 2006 misshandelten Wiener Polizisten einen Mann aus Gambia in einer Lagerhalle.

Am 7. April 2006 sollte der Schubhäftling Bakary J. nach Gambia abgeschoben werden. Er wurde von einem "Abschiebeteam" zum Flughafen Wien-Schwechat gebracht. Beim Einsteigen in das Flugzeug soll Bakary J. sich nach Darstellung der Polizei gewehrt haben. "Das stimmt nicht. Es gab keinen Widerstand. Er hat der Stewardess nur gesagt, dass er nicht freiwillig da ist und nicht fliegen möchte, weil seine Familie nicht weiß, dass er weggebracht wird", teilte Nikolaus Rast, der Anwalt von Bakary J. mit. Die Flugbegleiterin habe darauf den Piloten zu Rate gezogen, der sich seinerseits weigerte, den Mann mitzunehmen, stellte Rast am Freitag im Gespräch mit der APA fest.

Statt den Schubhäftling ins Polizeianhaltezentrum zurück zu bringen, fuhren die Beamten mit ihm in eine Lagerhalle, die von der Polizeisondereinheit WEGA für Trainingszwecke genutzt wird. "Wir haben den Befehl, dich umzubringen", sagten die Polizisten. Dann zerrten sie Bakary J. aus dem Polizeiauto, zogen sich ihre schwarzen Handschuhe über und misshandeln den am Boden liegenden Mann mit Fäust-Schlägen und Fuß-Tritten. "Der Polizist, welcher im Fahrzeug neben mir im saß, zog mich in die Höhe, zerrte mich in eine Ecke und sagte zu mir: 'Sag dein letztes Gebet und dreh dich nicht um'", wird Bakary J. später zu Protokoll geben. Kurz darauf drohen die Beamten, ihn mit einer Granate zu töten.

Der Vorfall wurde von der Ehefrau von Bakary J., einer gebürtigen Wienerin, angezeigt. "Er musste sich auf den Boden hocken. Dann sollen die Beamten mit dem Auto auf ihn losgefahren sein. Er wurde auch gestoßen und geschlagen", beschrieb Staatsanwalt Gerhard Jarosch die Vorwürfe, die vom Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) überprüft werden.

Im Wiener AKH diagnostizierten die ÄrztInnen Prellungen am Kopf, der linken Schulter und beiden Hüften sowie eine Zerrung der Halswirbelsäule. Die Fremdenpolizisten behaupteten gegenüber dem medizinischen Personal, J. sei im achten Bezirk aus dem Polizeiauto geflohen und hätte sich dabei verletzt, wobei jedoch einige Ungereimtheiten auffallen: Als Bakary J. um 8.57 Uhr ins AKH gebracht wurde, nannten die Polizisten als Ort des angeblichen Fluchtversuchs eine Gasse im neunten Wiener Gemeindebezirk, die in Wahrheit im achten liegt. Außerdem hätte die Fahrt vom Flughafen bis dort hin zwei Stunden gedauert - der Abflug war für 7.00 Uhr vorgesehen. Selbst bei hohem Verkehrsaufkommen ist diese Strecke um diese Uhrzeit weit rascher zu bewältigen.

Gegen die drei Polizisten, die vorübergehend vom Dienst suspendiert sind, sind gerichtliche Vorerhebungen wegen Quälen eines Gefangenen und gefährlicher Drohung anhängig. "Die Verdachtslage ist relativ dicht", erklärte Gerhard Jarosch, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Wien. Sollte es zu einem Verfahren kommen, drohen den Beamten bis zu zwei Jahre Haft und Amtsverlust.

Trotzdem bleiben viele Fragen offen. So schildert Bakary J. in seinem Vernehmungsprotokoll, wie die Polizisten mit ihm durch Wien fuhren und schließlich beim Handelskai parkten. Dort wartete bereits ein weißer Lieferwagen. "Nach einigen Minuten kam eine weitere männliche Person dazu", gibt J. zu Protokoll. Dieser vierte Mann habe keine Uniform getragen, "jedoch eine Wollhaube auf seinem Kopf, welche bis zu den Augen ins Gesicht gezogen und hochgerollt war."

Im Innenministerium stellt man sich unwissend: "Von einem vierten Mann wissen wir gar nichts", sagte die Sprecherin von Innenministerin Liese Prokop gegenüber MedienvertreterInnen. Andererorts dürfte der vierte Mann jedoch bereits bekannt sein. "Es handelt sich ebenfalls um einen Polizisten", teilt die Staatsanwaltschaft dem Falter mit. Sorgen, die gerichtliche Klärung könnte durch die jederzeit mögliche Abschiebung Schubhäftlings behindert werden, zerstreute die Anklagebehörde mittlerweile. "Wir haben inzwischen die nötigen Schritte in die Wege geleitet, dass der Zeuge auf jeden Fall so lange im Land bleibt, bis das anhängige Verfahren abgeschlossen werden kann", garantierte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Quellen:
Der Standard
Falter
APA