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Quellenangabe:
Auftaktkundgebung für Ehen ohne Grenzen (vom 20.04.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1648/, besucht am 24.04.2024

[20. Apr 2006]

Auftaktkundgebung für Ehen ohne Grenzen

Am Mittwoch, 19. April 2006 trafen sich mehr als 100 Leute vor dem Innenministerium, um die verantwortlichen PolitikerInnen zu einer Entschärfung des Fremdenrechts zu bewegen. Doch diese überlegen weitere Verschärfungen. Deshalb gibt es ab sofort jeden Mittwoch um 17:00 eine Kundgebung in der Wiener Herrengasse.

Ab 17:00 Uhr trafen sich die Leute zu der von der :: Initiative "Ehe Ohne Grenzen" organisierten Kundgebung vor dem Innenministerium. Nach mehreren :: erfolglosen Versuchen, einen Gesprächstermin mit der zuständigen Politikerin, Innenministerin Liese Prokop zu erhalten, machten sich am 12. April 2006 einige AktivistInnen auf den Weg ins Innenministerium, um Frau Prokop auf das Rechte auf Familienleben aufmerksam zu machen. Dort trafen sich jedoch nur auf Beamte, die "von nichts wissen" wollten (:: mehr im Audiobericht). Die Initiative sammelte zahlreiche Fallgeschichten, die gesammelt als "Unsere Geschichte" der Innenministerin übergeben werden sollen. (Die Geschichten von betroffenen Ehepaaren können an unseregeschichte (at) gmx.at gemailt werden.)

In der Folge wurde von der Gruppe von internationalen Paaren in Österreich, die sich unter dem Namen "Ehe ohne Grenzen" zusammengeschlossen hat, zu einer Protestkundgebung am Mittwoch, 19. April 2006 vor dem Innenministerium :: aufgerufen. Im Aufruf hieß es: "Das neue Fremdenrechtspaket verhindert, dass wir hier gemeinsam in Ruhe mit unseren PartnerInnen und Kindern leben können." Viele Ehen wurden aufgrund von Schlamperei und (bewusst?) falschen Informationen der Fremdenbehörden illegalisert. Sie alle leiden unter der Ungerechtigkeit der neuen Bestimmungen!

Und genau darauf wurde bei dieser ersten Kundgebung aufmerksam gemacht. Es wurden Flugblätter verteilt, in denen klargestellt wurde, dass das seit 1. Jänner 2006 in Österreich gültige Fremdenrecht einen Verstoß gegen grundlegende Menschenrechte darstellt. Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) besagt: "Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs."

Doch diese Rechte werden, wie viele andere Rechte, mit Füßen getreten. Dazu kommt noch, dass Leuten, die bereits vor einiger Zeit heirateten und im zweiten Halbjahr 2005 mit der Fremdenpolizei wegen der Bearbeitung der Niederlassungsbewilligung ihrer EhepartnerInnen in Kontakt traten, bewusst falsche Informationen gegeben wurden, Akten wurden liegen gelassen - womit die Anträge mit 1. Jänner 2006 nach dem neuen Regelungen bearbeitet werden.

Wir fragten einige KundgebungsteilnehmerInnen vor dem Innenministerium , warum sie gekommen waren. Und die Antworten zeichnen ein klares Bild der Situation. Und es wurde auch deutlich, dass sich die Paare nicht mit der Situation zufrieden geben.

Aussagen von KundgebungsteilnehmerInenn


"Wir kommen nächste Woche wieder! Es wird immer wilder, täglich gibt es mehr Betroffene, die Verzweiflung wächst, der Handlungsbedarf wächst."

"Ich bin 'nur' solidarisch, aber ich finde es erschreckend. Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist ohnehin schon auf niedrigem Niveau und es sinkt weiter."

"Wir fordern unsere Menschenrechte ein, wollen in Frieden und angstfrei leben, wie andere Familien in Österreich auch."

"Ich hoffe, das bewegt was, wir werden nächste Woche wieder kommen."

"Ich hoffe, es kommen beim nächsten Mal mehr und dass die Leute sehen, was das Gesetz bewirkt, denn viele wissen es nicht. Ich hoffe, die Innenministerin Prokop ändert was."

"Ich bin betroffen und mir reicht's! Betroffen, getroffen! Es ist eine Frechheit, wie sie auch uns Österreicher hier behandeln. Nur weil du dich zur falschen Zeit in den falschen Mann verliebst. Ich fühle mich nicht mehr sicher in der eigenen Wohnung. Was wenn es plötzlich läutet und wer kommt, der alles zerstört? Jedesmal wenn es läutet, zucke ich zusammen. Wir wurden illegalisiert!"

"Ich find's schön, dass so viele Leute da sind und hoffe, das die Ministerin nächste Woche Zeit hat und bald was ändert. Denn dieses Gesetz gehört dringend geändert!"


Die Forderungen


Im Rahmen der Kundgebung wurden auch Unterschriften an die Innenministerin gesammelt, die :: von allen unterstützt werden können. Die Forderungen lauten:

1) Keine Schubhaft und Abschiebung dafür Aufenthaltsrecht für unsere EhepartnerInnen.
2) Kein neuerliches Ansuchen der bereits eingebrachten Anträge (Rückwirkende Übergangsbestimmungen).
3) Sanierung des Fremdenrechts: Recht auf Niederlassungantrag für EhepartnerInnen aus dem Inland.
4) Keine Anwendung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes auf Eheleute.


Die Reaktion der PolitikerInnen


Bis dato gab es keine Antwort auf die zahlreichen Versuche, mit den verantwortlichen PolitikerInnen ins Gespräch zu kommen. Frau Ministerin Liese Prokop sieht "keinen Gesprächsbedarf" und auch keine Notwendigkeit, auf die Forderungen einzugehen. Statt dessen will sie sich lieber mit dem Koalitionspartner BZÖ auf weitere Gespräche einlassen. Das BZÖ und dessen Obmann Jörg Hainder fordern laut Medienberichten eine Revision bzw. Aufhebung der Genfer Flüchtlingskonvention, die Abschiebung arbeitsloser Flüchtlinge und die Abschaffung der Zuwanderungsquote. Und auch letzterer Vorschlag betrifft u.a. das Recht auf Familienleben. Denn das BZÖ soll auf einer Abschaffung einer "qoutenfreien Zuwanderung" bei wie beim Familiennachzug beharren.

Ministerin Prokop erteilte laut Medien dem BZÖ anfangs eine klare Absage, präsentierte aber nun einen eigenen Vorschlag: Die Zuwanderungsquote soll nach ihren Vorstellungen künftig mit dem Arbeitsmarkt abgestimmt werden, möglichst flexibel sein und nicht wie bisher nur einmal im Jahr festgelegt werden.

Um sich auf ein weiteres Vorgehen zu einigen, wurde für 2. Mai 2006 ein so genannter "Ausländer-Reformdialog" angesetzt, bei dem sich die Regierungsparteien wohl über weitere Verschärfungen der rassistischen Gesetze unterhalten werden. Dass es dabei um konkret Lösungen gehen wird, wie von der Initiative "Ehe ohne Grenzen" gefordert, ist nicht anzunehmen. Um so wichtiger ist es, dass diese Initiative vermehrt Unterstützung erfährt und in Zukunft die rassistischen Gesetzte nicht weiter ausgebaut, sonder letztendlich abgeschafft werden.

Deshalb sei hier noch mal auf die nun wöchentlich angesetzten Kundgebungen hingewiesen. Treffpunkt ist jeden Mittwoch um 17:00 Uhr vor dem Bundesministerium für Inneres, Herrengasse 7, 1010 Wien.