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Quellenangabe:
Proteste gegen Schubhaft und 'Paragraphendschungel' (vom 27.05.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1696/, besucht am 20.04.2024

[27. May 2006]

Proteste gegen Schubhaft und 'Paragraphendschungel'

Seit Inkrafttreten des Fremdenrechtspaketes mit 1. Jänner 2006 hat sich die Kriminalisieung und Illegalisierung von Menschen drastisch verschärft. Immer öfter werden Menschen in Schubhaft genommen. Dagegen protestiert u.a. die Initiative Ehe ohne Grenzen.

Hochzeitsreise statt Schubhaft


Am Mittwoch, 24. Mai 2006 wurde im Rahmen der wöchentlichen Kundgebungen vor dem Innenministerium zur :: "Hochzeitsreise statt Schubhaft" aufgerufen. Ca. 70 Leute beteiligten sich an diesem Protest der etwas anderen Art. Liegestühle wurden aufgestellt, eine Cocktailbar errichtet. Zahlreiche schlürften rastend von ihren Drinks. Andere plauderten miteinander oder lauschten den Reden bzw. der Musik, die über die Anlage die Herrengasse beschallte.

Die Kundgebungen der :: Initiative: Ehe ohne Grenzen dauern nun schon sechs Wochen an. Jede Woche wird unter einem anderen Motto gegen die österreichische Fremdenpolitik und das :: Fremdenrechtspaket 2005. Mit diesem wurden via Inkrafttreten am 1. Jänner 2006 die rassistischen Sondergesetze für Menschen ohne EU-StaatbürgerInnenschaft massiv verschärft. Die Einschränkungen für sogenannte binationale Ehen (EU-BürgerInnen mit Drittstaatsangehörigen) machen es vielen fast unmöglich, in diesem Land in Ruhe und ohne Angst gemeinsam bzw. mit ihren Kindern zu leben. Binationale Familien sind durch diese Politik diskriminiert und in ihrer Existenz bedroht: Denn die Tatsache, mit einem/r ÖsterreicherIn verheiratet zu sein, berechtigt nicht automatisch zum legalen Aufenthalt in Österreich.


Freiheit für Schubhäftlinge!


Ein Beispiel für die Konsequenzen der rassistischen Gesetzgebung ist Udoka. Dieser ist seit Herbst 2005 mit Veronica verheiratet. Auf auf dem Heimweg von seiner Arbeit wurde er verhaftet und mehr als neun Wochen im Schubhaftgefängnis Hernals festgehalten. Sein Fall wurde bei der Kundgebung am 24. Mai speziell thematisiert. Für den darauffolgenden Sonntag war darüber hinaus geplant, Veronica beim wöchentlichen Besuch ihres Ehemannes im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Hernalser Gürtel zu begleiten.

Am 23. Mai 2006 wurde Udoka überraschend freigelassen. Doch hunderte andere Menschen sind nach wie vor inhaftiert und ihre Zukunft völlig ungewiss.


Kundgebung gegen die Schubhaft


Die für Sonntag, 28. Mai 2006 geplante Kundgebung vor dem Schubhaftgefängnis Hernalser Gürtel wird wie geplant abgehalten. Denn obwohl Udoka wieder frei ist, bleiben genug Gründe, um gegen die Verhängung von :: Schubhaft zu protestieren. Denn nicht nur, dass diese Form der Internierung an sich in Frage gestellt werden muss, sind die :: Haftbedingungen miserabel. Es kommt immer wieder zu :: Hungerstreiks und Selbstverletzungen bis hin zu :: Selbstmorden.

Selbst wenn die Situation der Inhaftierten nicht immer so aussichtslos ist, die ständige Bedrohung in Schubhaft genommen und gegebenenfalls abgeschoben zu werden, beeinträchtigt das Leben vieler Menschen. In einer Aussendung der Initiative: Ehe ohne Grenzen ist dazu zu lesen:

"Wir PartnerInnen von sogenannten "Drittstaatsangehörigen" leben mit der ständigen Angst, dass unsere Liebsten/Mütter/Väter/FreundInnen jederzeit in Schubhaft genommen werden können. Wir wollen gemeinsam gegen diese Angst angehen und jene, die am Sonntag ihre Angehörigen im Schubhaftgefängnis am Hernalser Gürtel besuchen, unterstützen. Kommt zahlreich!"

Solidarität mit allen Schubhäftlingen!
Kundgebung am Sonntag, 28.5.2006, 11:45 Uhr
Schubhaftgefängnis PAZ Hernalser Gürtel 8-12, 1080 Wien


update: Kurzbericht von der Kundgebung


Rund 20 Personen beteiligten sich an der Kundgebung von 11:45 bis 13:00 Uhr. Bei strömenden Regen waren nur wenig Wartende anwesend. Diesen wurde Tee und Kaffee angeboten (was sehr willkommen war) und Gespräche geführt.


Im Paragraphendschungel


Am Mittwoch, dem 31. Mai 2006 wird sich die Herrengasse von 17:00 bis 18:00 Uhr in einem Dschungel voller Paragraphen verwandeln, durch den sich die betroffenen Paare vor und nach der Eheschließung durchschlagen müssen. Selbst die Behörden haben da nicht überall den Durchblick, wie die leidvollen Erfahrungen der Betroffenen zeigen. Zusätzlich werden juristische Schmankerln verlesen und einwenig Einblick in den juristischen Wahnsinn geben, dem die binationalen Paare ausgesetzt sind.

Binationale Paare im Paragraphendschungel
wöchentliche Kundgebung der Initiative: Ehe ohne Grenzen
Mittwoch, 31. Mai 2006, 17:00-18:00
vor dem Innenministerium in der Herrengasse 7, 1010 Wien