Quellenangabe:
Nein zu Deportationen! Meldungen gegen Rassismen (vom 07.06.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1705/,
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[07. Jun 2006]
Informationen zu einer geplanten Massendeportation aus Österreich, das EU-Lagersystem, zur Sexarbeit, grenzenloser Liebe und zu Protesten gegen staatliche Rassismen und für gleiche Rechte.
Es ist eine mehr als bedenkliche Entwicklung innerhalb der EU: Menschen mittels Charter- oder Militärflugzeugen außer Landes zu schaffen. In den vergangenen Jahren waren zehntausende Personen von dieser menschenunwürdigen Maßnahme betroffen. Sammel-Deportationen sind in einzelnen EU-Staaten längst etablierte Praxis. Nun wurde auf EU-Ebene eine gemeinsames Vorgehen beschlossen und mehrere Millionen Euro dafür bereitgestellt. Mit der Organisierung und Abwicklung der Charterdeportationen wurde die Mitte 2005 gegründete EU-Grenzschutzagentur "Frontex" mit Sitz in Warschau betraut.
Die Abzuschiebenden werden im Rahmen dieser Deportationen entweder zu einem Flughafen gebracht oder die Maschinen fliegen verschiedene Flughäfen an, wo sie die Leute aufsammeln. Wie dies in der Praxis aussieht, zeigt die in der Nacht von 24. auf 25. April 2006 unter Regie der Hamburger Innenbehörde durchgeführte Sammeldeportation nach Westafrika. Die 24 Menschen, die gemeinsam abgeschoben wurden, waren gefesselt, allen war ein Helm über den Kopf gezogen worden. Wer sich unter dieser Tortur nicht ruhig verhielt, dem wurden zwangsweise Drogen/Medikamenten verabreicht. Begleitet wurde der Flug von mehr als 70 PolizistInnen in Kampfmontur, plus SchreibtischtäterInnen der Behörden, DolmetscherInnen und ÄrztInnen.
Nach Angaben der österreichischen Innenministerin Liese Prokop soll der erste gemeinsame Flug, bei dem Österreich die führende Rolle übernehmen will, noch während des EU-Vorsitzes bis Ende Juni 2006 stattfinden.
Weitere Informationen: http://no-racism.net/deportatiNO
Ein Sprecher des senegalesischen Außenministeriums kritisierte die Abschiebepraxis Spaniens. Laut Standard vom 2. Juni 2006 würde das afrikanische Land erst dann wieder die Rückführungen akzeptieren, sobald Spanien formell die Würde der Menschen respektiere und die Rückführungen unter "menschenwürdigen Verhältnissen" organisiere. Als Reaktion darauf schickte Spanien den Staatssekretär für Außenbeziehungen, Bernardino León, nach Dakar, um die Situation zu klären.
Weitere Informationen: http://de.indymedia.org/2006/06/149259.shtml
Die EU ist derzeit dabei, Lager für MigrantInnen und Flüchtlinge rund um die Schengengrenzen zu errichten. Das Lagersystem innerhalb der EU, das in den vergangenen Jahren mehr und mehr perfektioniert wurde, soll nun auch nach Außen verlagert werden. Motiv dafür ist vor allem die Aufrechterhaltung der rassistischen Ordnung innerhalb der EU. Unter dem EU-Vorsitz Österreichs starten Pilotprojekte in der Ukraine und Tansania. Weitere Lager werden vor allem auf Betreiben Spaniens und Italiens in verschiedenen afrikanischen Ländern errichtet. Der Trend sieht vor, Menschen die in die EU einreisen wollen abzufangen und in sogenannten "temporäreren Schutzzonen" zu internieren. Dort sollen in Zukunft via Selektionsverfahren benötigte Arbeitskräfte rekrutiert werden, denen lediglich eine vorübergehende Einreise gestattet wird.
Weitere Informationen: http://no-racism.net/migration
Obwohl Österreich - mit Ausnahme der Schweiz und Lichtensteins - nur noch von EU-Staaten umgeben ist, ist von "offenen Grenzen" nichts zu bemerken. Die EU-Propaganda, mit der vor allem um Zustimmung zum EU-Beitritt vor mehr als 10 Jahren geworben wurde, hat sich längst als Lüge entpuppt. Es bleibt beim Traum, Grenzkontrollen und damit auch die Grenzen selbst würden für den überwiegenden Teil Europas verschwinden.
Nicht nur, dass die Grenzkontrollen "bei Bedarf" wieder eingeführt werden können, bestimmen mehr und mehr "Ausgleichsmaßnahmen" den Alltag. Mit einer Aufrüstung der Außengrenzen, Verschärfung der Asyl- und Visumspolitik, verstärkter polizeilicher Zusammenarbeit, bis hin zum Aufbau eines gemeinsamen Fahndungssystems soll ein Sicherheitsverlust wettgemacht werden, der angeblich durch die Aufhebung der Binnengrenzkontrollen entstehe.
Wenn mit Anfang 2007, spätestens aber 2008 die "Öffnung der Grenzen" zu den neuen EU-Mitgliedsstaaten erfolgt, bedeutet dies nicht, dass die Grenzkontrollen entfallen. Denn dann wird z.B. die jetzige Grenzstation Spielfeld (an der Grenze zu Slowenien) zu einem Stützpunkt für die Schleierfahndung, von der aus die Grenzkontrollen im weiten Umkreis durchgeführt werden.
Doch schon jetzt sind sogenannte Grenzkontrollen im Inneren gang und gäbe. So kommt es im Rahmen der "Schengener Ausgleichsmaßnahmen" fast täglich zu rassistischen Razzien im Stadtgebiet von Wien.
Die Initiative hat sich in Folge der Fremdenrechtsnovelle 2005 (in Kraft seit 1.1.2006) gegründet. Denn: "Die österreichische Fremdenpolitik und das neue Fremdenrechtspaket verhindern, dass wir in diesem Land in Ruhe und ohne Angst gemeinsam mit unseren PartnerInnen und Kindern leben können. Die Tatsache mit einem/r ÖsterreicherIn verheiratet zu sein, berechtigt nicht automatisch zum legalen Aufenthalt in Österreich. Für uns gibt es keine Sicherheit, jetzt und in Zukunft ein selbstbestimmtes Familienleben führen zu können - weder hier noch in den Herkunftsländern der PartnerInnen noch anderswo." Deshalb fordert die Initiative bedingungsloses Arbeits- und Aufenthaltsrecht für die EhepartnerInnen ohne EU-StaatsbürgerInnenschaft.
Zur Bekräftigung dieser Forderung finden jeden Mittwoch um 17:00 Kundgebungen vor dem Innenministerium in der Herrengasse 7, 1010 Wien statt.
Weitere Informationen: http://ehe-ohne-grenzen.at
Am Samstag, 3. Juni 2006 fand in Wien eine antirassistische Kundgebung statt. Protestiert wurde gegen den Angriff gegenüber MigrantInnen durch die neuen Regelungen der AusländerInnengesetze und die rassistischen Aussagen von Innenministerin Liese Prokop im Rahmen der "Integrationsdebatte". In einem Flugblatt der Föderation der Arbeiter und Jugendlichen aus der Türkei in Österreich (ATIGF), die seit 25 Jahren für gleiche Rechte kämpft, heißt es: "Es muss die Pflicht aller fortschrittlichen und demokratischen Einrichtungen sein, gegen diese Anschauungen zu kämpfen und die Rechte der MigrantInnen zu verteidigen. Die MigrantInnen werden in Österreich bleiben, diese Realität muss ins Bewusstsein gebracht werden."
Als BürgerInnen dieses Landes fordern MigrantInnen ihre Rechte: "Der juristische Status derjenigen Menschen, die sich entschieden haben in Österreich zu leben, muss gleich gestellt und alle juristischen Regelungen, die mit dem Wort 'Ausländer' bezeichnet werden, müssen aufgehoben werden. Wir wollen an den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in diesem Land ohne Hindernisse teilhaben und wollen deswegen das aktive und passive Wahlrecht sowie gleiche Rechte in allen Ebenen."
Anlässlich des internationalen Hurentages am 2. Juni fand auch dieses Jahr eine Kundgebung in Wien statt. Dabei forderte LEFÖ (ein Verein zur Beratung, Bildung und Begleitung von Migrantinnen) Anerkennung und (Arbeits-)Rechte statt Doppelmoral, denn: Die Rechtlosigkeit migrierter Sexarbeiterinnen und der illegale Status vieler Migrantinnen zwingt sie in ausbeuterische und gefährliche Situationen.
"Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz vor Ausbeutung und Gewalt. Ausbeutung von und Gewalt gegen Frauen zu verhindern, bedeutet nicht, Prostitution abzuschaffen! Sondern: unsere Menschen-/Frauenrechte sicherzustellen und zu schützen!"
Weitere Informationen: http://www.lefoe.at
Überall in Europa kommt es zu Protesten gegen rassistische Ausgrenzung sowie für gleiche soziale und politische Rechte. Mittlerweile haben sich mehrere Netzwerke gebildet, die ihre Kämpfe verbinden. Es kommt immer wieder zu Aufständen und Hungerstreiks in Lagern. Zur Unterstützung dieser Kämpfe finden während der Sommermonate europaweit Camps und Karawanen gegen Internierungslager statt. Für 7. Oktober 2006 wird bereits zum dritten Mal eine europaweiter Aktionstag geplant. Weitere Informationen unter:
http://no-racism.net/deportatiNO
http://noborder.org