Quellenangabe:
Erste offizielle gemeinsame Charterdeportation der EU (vom 12.06.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1715/,
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[12. Jun 2006]
Unter dem EU-Vorsitz Österreichs hat die EU gemeinsam Charterdeportationen beschlossen. Schon lange Praxis steht diese Form der "effizienten Deportation" nun auf der offiziellen Agenda der EU.
Laut Medienberichten wird die Charterdeportation am 12. Juni 2006 von einer polnischen Airline durchgeführt. Acht Personen aus Frankreich, Polen und Österreich werden nach Angaben des Innenministeriums mit Zwischenstopp in der armenischen Hauptstadt Erewan nach Tiflis geflogen.
Die Sicherheitsvorkehrungen seien "umfassend": "Für die acht Abzuschiebenden wird ein Begleitpersonal von 17 Leuten zur Verfügung stellt, alle drei beteiligten Länder müssen Ressourcen zur Verfügung stellen. Österreich entsendet Polizeibeamte, einen Arzt und einen Menschenrechtsbeobachter. Die Standards für die Abschiebungen werden von der EU-Grenzschutzagentur Frontex festgelegt." (Standard)
Den Harmonisierungsprozess der EU-Asyl- und Migrationspolitik voranzutreiben war eines der erklärten Ziele des Österreichischen Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2006. Eine dieser Harmonisierungen betrifft die Praxis der Deportationen. Für die nächsten Jahren stellte die EU mehrere Millionen für Sammeldeportationen mit gecharterten Flugzeugen bereit. 80 Prozent der Kosten wird demnach die EU-Komission, den Rest die jeweiligen Mitgliedsstaaten übernehmen. Nach Angaben des Innenministeriums ziehe eine Charter-Abschiebung, wenn sie von Österreich alleine vorgenommen wird, Kosten bis zu 44.000 Euro nach sich. Der Kostenanteil Österreichs bei der gemeinsamen Überführung schläge sich hingegen nur mit 5.000 Euro nieder.
Beim Rat Justiz und Inneres der EU von 27.-28. April 2006 in Luxemburg wurden sogenannte Vorschläge zur "Bekämpfung des Menschenhandels und über gemeinsamen Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg angenommen" (Mitteilung des Rates der EU 8402/06). Begründet wurde dieser Beschluss damit, dass sich das Modell der gemeinsamen Deportationen erfolgreich erwiesen habe.
Die österreichische Innenministerin und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Liese Prokop (ÖVP) kündigte in der Folge an, noch bis Ende Juni 2006 eine derartige Deportation unter Regie Österreichs durchfürhen zu lassen. Sie hatte laut OÖ Nachrichten "das Projekt der gemeinsamen Abschiebungen während der gesamten österreichischen Ratspräsidentschaft vorangetrieben." Mit der Abwicklung der Sammeldeportationen wurde die im Sommer 2005 gegründete Grenzschutzagentur der EU Frontex mit Sitz in Warschau betraut. Diese ist auch dafür zuständig, gemeinsame "Standards" festzulegen.
Seit einigen Jahren arbeiten die EU-Behörden an den rechtlichen Grundlagen für "Sammelflüge zur Rückführung von illegalen Zuwanderern". Mit dem Ziel: "gemeinsame Rückführungen auf dem Luftweg von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen, aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten zu koordinieren."
Auf der Homepage der EU zum Politikbereich Justiz und Inneres ist die Durchführung auf Grundlage der "Entscheidung 2004/573/EG des Rates vom 29. April 2004 betreffend die Organisation vom Sammelflügen zur Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen, aus dem Hoheitsgebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten" zusammenfassend beschrieben:
"Jeder Mitgliedstaat bestimmt die einzelstaatliche Behörde, die für die Organisation von Sammelflügen zuständig ist. Die einzelstaatliche Behörde des organisierenden Mitgliedstaats ergreift folgende Maßnahmen:
Es ist eine mehr als bedenkliche Entwicklung innerhalb der EU: Menschen mittels Charter- oder Militärflugzeugen außer Landes zu schaffen. In den vergangenen Jahren waren zehntausende Personen von dieser menschenunwürdigen Maßnahme betroffen. Sammel-Deportationen sind in einzelnen EU-Staaten längst etablierte Praxis, die nun auch auf EU-Ebene verstärkt Anwendung finden sollen.