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Quellenangabe:
Proteste in australischem Asylwerberlager Woomera gehen weiter (vom 25.01.2002),
URL: http://no-racism.net/article/173/, besucht am 19.04.2024

[25. Jan 2002]

Proteste in australischem Asylwerberlager Woomera gehen weiter

Widerstand von AsylwerberInnen gegen die Haftbedingungen in Woomera und die Politik der australischen Regierung gehen weiter

Die Vorgangsweise der australischen Regierung hat nach Angaben von FlüchtlingsanwÀlten mindestens 15 Asylbewerber im Lager Woomera zum Selbstmordversuch getrieben. Die Flüchtlinge, darunter auch ein Jugendlicher, hätten in der Nacht zum Donnerstag, 24. Jänner versucht, sich zu erhängen. Die Behörden lenkten unterdessen teilweise ein. Die Regierung in Canberra entschied, die vor einigen Wochen ausgesetzte Prüfung der Asylgesuche von Afghanen wieder aufzunehmen.

Mit ihrem seit mehr als einer Woche anhaltenden Hungerstreik protestieren rund 200 Asylbewerber in Woomera, überwiegend Leute aus Afghanistan, gegen schlechte Unterbringung sowie Verzügerungen in ihren Asylverfahren. Mehrere dutzend Flüchtlinge haben sich sogar die Lippen zunähen lassen, und etwa 30 weitere schluckten eine Mischung aus Shampoo und Reinigungsmittel. Die Regierung hatte im Dezember die Bearbeitung der Asylverfahren für Afghanen eingestellt, mit der Begründung, nach dem Sturz der Taliban hätten sich die Voraussetzungen geändert.

Die Behörden bestätigten die Berichte über die Selbstmordversuche nicht. Sie erklärten lediglich, dass sich drei Erwachsene und ein Kind in ärztlicher Behandlung befÀnden, nachdem diese sich Schaden zugefügt hätten. Der Sozialminister des Staates South Australia, Dean Brown, räumte ein, er sei darüber informiert worden, dass ein Elternteil im Lager damit gedroht habe, Kinder zu erhängen. Fünf Kinder wurden am Morgen aus dem Lager gebracht. Einwanderungsminister Philip Ruddock hatte am Mittwoch erklärt, es bestehe die Befürchtung, dass sie misshandelt würden.

Menschenrechts- und Wohlfahrtsorganisationen, darunter auch Vertreter der UNO und der katholischen Kirche, äußerten am Donnerstag in einem Brief an Ruddock ihre Sorge über die Lage in Woomera. "Wir sind sehr besorgt, dass es in dieser Einrichtung bald Tote geben könnte", hieß es in dem Schreiben.

In Melbourne sTürmten mehr als 50 Demonstranten ein Gebäude der Einwanderungsbehörden und protestierten gegen die Bedingungen in Woomera. Dem dortigen Hungerstreik haben sich auch 35 Flüchtlinge in Maribyrnong bei Melbourne angeschlossen.

Asylbewerber in Australien werden in spartanisch eingerichteten Lagern interniert, die sich oftmals in entlegenen Gegenden befinden. Gegenwärtig leben rund 3.000 Erwachsene und Kinder in insgesamt fünf Lagern. Viele warten bereits seit mehr als drei Jahren hinter Zäunen und Stacheldraht auf eine Entscheidung über ihr Schicksal.

"Wie kann ein Mensch abgeschieden zwei Jahre lang mitten in der Wüste sitzen?" fragte der Iraner Babak Ahmadi, der am Donnerstag Woomera verlassen durfte. "Die meisten von uns sind psychisch krank." Die Behörden betonten, die Entlassung Ahmadis und 21 weiterer Flüchtlinge stehe in keinem Zusammenhang mit den Protesten. Ihr Asylgesuch sei angenommen worden und sie hätten eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis erhalten.

Quelle: derStandard