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Quellenangabe:
Hungerstreik von AsylwerberInnen im australischen Internierungslager Woomera (vom 29.01.2002),
URL: http://no-racism.net/article/175/, besucht am 23.04.2024

[29. Jan 2002]

Hungerstreik von AsylwerberInnen im australischen Internierungslager Woomera

Derzeit befinden sich zahlreiche AsylwerberInnen im australischen Internierungslager Woomera in Hungerstreik. Sie wollen dadurch auf ihre Situation aufmerkasm machen. Neben einer Demonstration zur Unterstützung der Forderungen der Flüchtlinge wird vom 27. März bis 2. April 2002 ein Grenzcamp in Woomera stattfinden.

Die australische Regierung betreibt auf einem ehemaligen Militärgelände in Woomera in der Wüste von südaustralien ein Flüchtlingslager, sechs Stunden Autofahrt nÃŒrdlich der südaustralischen Hauptstadt Adelaide. Es gilt als ökologisch wie ökonomisch totes Land und blickt auf eine Geschichte der Vertreibung von Indigenas zurück. Ab 1947 stand Woomera dem Militär des UK als Areal zum Testen von Raketen und atomaren Sprengkörpern zur Verfügung. Zwischen 1960 und 1972 nutzte es die NASA zur Entwicklung von Spionage-Utilities. Im kompletten Stadtgebiet von Woomera war bis 1982 der Zutritt verboten. Obwohl die Stadt selbst nicht mehr als "Prohibited Area" klassifiziert wird, ist sie noch immer unter Militärischer Kontrolle durch das Kriegsministerium.

Derzeit leben in Woomera 835 Männer, Frauen und Kinder hinter Nato-Stacheldraht. Immigrationsminister Philip Ruddock betont laufend, sie seinen "illegale Immigranten", die mit Hilfe von Schmugglern ohne die notwendigen Papiere auf Booten ins Land gekommen seinen.

Seit einer Woche verstärken die Flüchtlinge in Woomera, einem von sechs australischen Internierungslagern für AsylwerberInnen, ihren Widerstand gegen die Flüchtlingpolitik der Regierung Howard. Hunderte Menschen sind im Hungerstreik, einige Internierte haben versucht, sich mit Tabletten, Shampoo und Reinigungsmitteln zu vergiften.

Die vor allem aus Afghanistan, Iran und dem Irak stammenden Flüchtlinge wollen die sofortige Bearbeitung ihrer Asylanträge. Mehrere warten schon seit Jahren auf einen Entscheid der Behörden. Doch diese lassen sich Zeit.

Flüchtlingshilfsorganisationen werfen ihnen vor, Entscheide zu verzügern, um die Insassen zu zermÃŒrben und so potentielle NachahmerInnen abzuschrecken.

Das System der Zwangsinternierung für "illegale Immigranten" wurde nicht von der seit 1996 regierenden konservativen Koalition von Premierminister John Howard eingeführt, sondern Anfang der Neunzigerjahre von der sozialdemokratischen Labour-Party. BootsFlüchtlinge aus südostasien waren die ersten InsassInnen der Internierungslager. Damals gab es allerdings wesentlich mehr Freiheiten als für die heutigen Internierten.

Die Howard-Regierung verschÀfte die Bedingungen in den Lagern drastisch. Unterhalten werden die Anlagen von einer privaten US-Gefängnisfirma. Die australische Regierung beauftragte das Unternehmen ACM - Australasian Correctionals Management - mit der Leitung der Internierungslager. ACM ist Teil der Wackenhut-Gruppe, einer der größten amerikanischen "Sicherheits"-Firmen. Fast alle Lager liegen abseits von größeren Städten. Kontakt zur aussenwelt ist schwierig.

Wenn Medien Zugang zur den Lagern erhalten, was nur selten vorkommt, dann unter schärfster Aufsicht. So wenig Informationen wie möglich sollen an die Öffentlichkeit gelangen. Flüchtlinge beschweren sich regelmäßig über einen Mangel an Einrichtungen. Es gibt nichts zu tun, manche werden über Jahre festgehalten. Selbstmordversuche kommen oft vor.

Die Situation in Woomera hat vor allem den Ruf nach der Freilassung von Kindern lauter werden lassen. Ihre Festhaltung widerspricht den von der australischen Regierung unterzeichneten UN-Konventionen zum Schutz des Kindes. Ende vorigen Jahrs lebten 582 Kinder in australischen Internierungslagern, darunter 53 ohne jeden Schutz von Eltern oder Bekannten.

In der australischen Öffentlichkeit gibt es noch wenig Widerspruch gegen die Flüchtlingspolitik. Vorigen Mittwoch trat der Vorsitzende der Kommission für Multikulturalität "aus Abscheu" über das Verhalten Ruddocks von seinem Amt zurück. Man solle ihn wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" anklagen, lautet die Forderung eines anderen Kritikers.

solidaritätsaktionen in Australien

Am Samstag, 2. Februar 2002 findet in Sydney eine Demonstration zur Unterstützung der hungerstreikenden AsylwerberInnen in Woomera und anderen Internierungslagern statt. Vom 27. März bis 2. April finden in Woomera im Rahmen der "auto-nomadic caravan and festival of freedoms" autonome Aktionen, Sreenings, Media-Streams, Workshops, Diskussionen usw. statt. Thematisiert werden neben dem Internierungslager auch die ökonomische und ökologische Situation in Woomera sowie die Vertreibung von Indigenas.