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Quellenangabe:
Audioballett auf der Flucht (vom 09.08.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1784/, besucht am 26.04.2024

[09. Aug 2006]

Audioballett auf der Flucht

Im Rahmen der International Refugee Human Rights Tour fanden verschiedene Aktionen statt. Im Rahmen eines Audioballetts in Landshut wurden Flucht, Rassismus und Abschiebepolitik thematisiert.

Es handelt sich in diesem Fall nicht um eine Versammlungs-, sondern um eine Zerstreuungsaktion, bei der die Anweisungen zur Darstellung dieser von Situationen aus dem Alltag von Flüchtlingen und MigrantInnen über mitgebrachte Abspielgeräte erteilt werden. Bei Musik werden die Anweisungen von den AudioaktivistInnen individuell und spontan ausgeführt. Ein subversiv-kreativ-kollektiv-individueller Protest gegen Lagerunterbringung.

Dabei zerstreut das Wetter die Menge zum ersten mal. Diese flüchtet vor dem Regen in der Innenstadt in ein nahe gelegenes Einkaufszentrum. Doch schon zeichnet sich eine neue Gefahr am Himmel ab. Es gilt, vor einem Bombenangriff zu fliehen, in Deckung zu gehen. Danach muss ein Fluss überschwommen werden. Am rettenden Ufer angekommen, kommt der Hunger. Wie reagieren die Menschen in den teuren Cafes, wenn sie damit konfrontiert werden? Sie geben sich vor allem verwundert. Wie kann es Hunger geben, wo die Teller so voll sind?

Die Sachen in den Geschäften sind zu teuer, nicht leistbar. Da kannst du dir nur noch die Nase an der Scheibe platt drücken. Und wieder sind die Menschen verwundert. Einige schütteln den Kopf, andere lächeln. Sie beobachten das Treiben interessiert. Andere werden nervös. Sie sind für die Sicherheit vor Ort verantwortlich. Bezahlte OrdnungshüterInnen...

Eine Schnur wird zur Grenze. PassantInnen sollen dir helfen, diese Schnur zu überqueren. Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu beteiliegen. Vom einfachen "na komm halt mit" bis zum "unter den Arm nehmen", die Wege sind vielfältig. Mit Kreativität werden jene, die eigentlich zum Einkaufen gekommen waren oder in einem der zahlreichen Lokale sitzen, als FluchthelferInnen in das Spiel miteinbezogen. Es gibt eine überraschend große Zustimmung seitens der Leute, die langsam durchschauen, was hier gespielt wird. Nur ein paar grimmige Gesichter, die nicht wissen, wie sie "Herr der Lage" werden und die Ordnung wieder herstellen sollen. So geht das Spiel weiter.

Welche Freude? Wir bekommen es nach der gelungenen Flucht zu sehen. Die Angekommenen sehen sich interessiert um, umarmen ihre Mitmenschen - und tanzen. Ein paar Kindern fehlt wohl die Musik, die die AktivistInnen tanzen lässt. Sie würden gerne mitmachen... Die Stimmung ist jedenfalls gut.

Doch wie im echten Leben ist die Freude am Spiel nicht immer von unbegrenzter Dauer. Überall lauern Gefahren. Den hauseigenen Securities bleibt ob dieser unkontrollierbaren Bedrohung nichts anderes übrig, als bei ihren beamteten KollegInnen um Hilfe zu rufen. Diese sind sichtlich überfordert.

Als die echten PolizistInnen das Spiel betreten, steht Kontrolle am Programm. Der Aufforderung: Ihren Ausweis bitte! kommen sie nicht nach. Ob sie sich nicht ausweisen können? Normal sind sie es, die diese Tätigkeit ausführen. Doch diesmal sind sie ein wenig zu spät gekommen. Denn die Bedrohung hat längst die Flucht ergriffen. So kehren die mit Blaulicht zu Hilfe geeilten in den Alltag zurück. PassantInnen werden kontrolliert.

Während sich das Spiel an anderer Stelle fortgestzt, wo sich die Mitmenschen die Hände reichen und in einer für viele nicht verständlichen Sprache reden. Die Hilferufe, der Ärger über die Essenspakete, die Ausgrenzung, die Abschiebung und die Festung Europa werden bei weiteren Aktionen thematisiert, der Tanz geht weiter...

Mehr dazu auf www.deutschland-lagerland.de